Oceanborn (New Version) - Nightwish Testbericht

Oceanborn-new-version-nightwish
ab 13,12
Auf yopi.de gelistet seit 09/2003
5 Sterne
(7)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)
Summe aller Bewertungen
  • Cover-Design:  sehr gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Erfahrungsbericht von Lanzelot

Nightwish: Oceanborn --> einfach genial!!!

5
  • Cover-Design:  sehr gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Eine Meinung über eine Band, bei der sich selbst Kenner der Szene nicht einig sind, was für Musik sie überhaupt machen. Die einen halten die Musik von Nightwish für melodischen Speedmetal mit weiblichen Vocals, die nächsten glauben, sie haben es mit waschechtem Goth Rock zu tun und die nächsten genießen die Musik im Glauben, gerade bombastischen Hardrock zu hören. In der Tat ist die Klärung dieser Frage nicht ganz einfach, aber vielleicht ist es das, was Nightwish so interessant macht.


+++ DIE BAND NAMENS NIGHTWISH +++

Das vorliegende Werk \"Oceanborn\" (1998) stellt die zweite Veröffentlichung der finnischen Combo um Frontfrau Tarja Turunen dar, die sich 1996 zusammenfand (die Combo, nicht die Frontfrau) und mittlerweile über beachtliche Erfolge und fünf Scheiben (nicht beachtet diverse limited editions) vorweisen kann. Die anfänglich recht unbekannten Musiker experimentierten mit ihrem Ton, bis Spinefarm Records auf sie aufmerksam wurde und ihnen in einem Vertrag zwei (später erweitert auf drei) Alben zusicherte.
Zum Zeitpunkt der Aufnahme von Oceanborn bestand Nightwish aus der Sängerin Tarja, dem Keyboarder und Initiator Tuomas, dem Drummer Jukka und den Gitarristen Emppu (E) und Sami (Bass). Die Studioarbeit wurde im August 1998 in den Caverock Studios begonnen und nur für wenige Live-Events unterbrochen, so dass schon Mitte Oktober das fertige Werk vorlag, das in Kitee am 13. November das erste Mal live vorgestellt wurde.
Das Album entpuppte sich später als Durchbruch für Nightwish auch über die Landesgrenzen hinaus und so ist es nicht verwunderlich, dass es ein Jahr nach dem Ersterscheinen unter Drakkar Records nocheinmal aufgelegt wurde (daher gibt es zwei unterschiedliche Cover Artworks). Als Vorband der alteingesessenen deutschen Gruppe Rage konnten Nightwish dann 1999 erstmals auch in Deutschland ihre Live-Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Nun aber zur eigentlichen CD:


+++ DIE MUSIK VON NIGHTW ISH +++

Wie bereits eingangs erwähnt, ist das ein schwierig zu beschreibendes Kapitel im Hinblick auf Nightwish. Sicherlich finden sich einige Elemente klassischen Metals bei Nightwish wieder, wie die exsessive Nutzung von Schlagzeug und Gitarren beweist, aber auch Bestandteile des Gothics sind nicht zu leugnen, wenn man die Texte und vor allem die weibliche Gesangsstimme in die Waagschale wirft. Um es kurz zu machen: Hier ist für jeden was dabei. Die eher metallisch orientierten Zuhörer lieben die teilweise sehr eingängigen Gitarrenriffs, die anderen hören Nightwish ob ihrer ruhigeren Stücke...
Typisch für die Band ist eindeutig die markante, wiedererkennbare Stimme von Tarja, die über mindestens drei Oktaven gefächert auftritt. Speziell auf der vorliegenden CD finden sich Gaststimmen (z.B. der Pharao bzw. der Devil) von einem Herrn Wilska (mehr war darüber nicht rauszufinden, sowohl im Booklet als auch auf der Homepage werden dazu nicht mehr Angaben gemacht). Auszeichnend für ihren Musikstil ist halt eben ihre Straightness. Nightwish sind sich selbst über die Jahre treu geblieben, haben sich zwar weiterentwickelt, was musikalisches Können angeht, haben aber nichts an ihrem Stil geändert. Kritiker sehen darin einen Ansatzpunkt, indem sie behaupten, die Gitarrenpatterns seien sich doch von Lied zu Lied sehr ähnlich und es werden oft die gleichen Harmonien benutzt. Inwiefern das ein Kritikpunkt ist oder eine positive Eigenschaft, hängt wohl vom Geschmack des Zuhörers ab...
Vergleichbare Bands sind schwer zu finden, Theatre of Tragedy können vielleicht ansatzweise über eine ähnliche Vielseitigkeit verfügen, The Gathering haben eine ähnliche Stimmlage und Powermetal-Bands wie beispielsweise Gamma Ray oder Rhapsody liefern Vergleichsmöglichkeiten im Hinblick auf Fantasygehalt der Texte sowie Gitarren- und Drummsounds.


+++ DIE TEXTE BEI NIGHTWISH +++

Angedeutet habe ich bereits im vorigen Abschnitt, dass sich Nightwish vorwiegend i m Fantasybereich aufhalten, wenn sie ihre Texte ausformulieren, so auch bei der \"Oceanborn\". Man findet viele Motive aus antiken Mythologien wieder (das Dephische Orakel in \"Stargazers\", der See Gethsemane im gleichnamigen Track, der ägyptische Pharao im Track \"The Pharao Sails To Orion\" und der Teufel selbst hat einen Gastauftritt). Erzählt wird die Geschichte eines auserwählten Kindes göttlichen Ursprungs (\"Oceanborn\" - vom Ozean geboren), dessen Lebensstationen im Laufe des Albums erzählt werden. Man kann aber auch jedes der Lieder als eigenständiges Werk betrachten, von daher gibt es genug Interpretationsansätze. Die Aussprache des Englischen hat sich zwar im Vergleich zum Debüt-Album erheblich gebessert, aber dennoch muss man manche Wörter im Booklet nachschlagen, um sie wirklich zu verstehen, was auch das Auswendiglernen etwas schwieriger gestaltet (was ich allerdings persönlich für einen Pluspunkt halte, denn an einem repetitiven \"Hail And Kill...\" von Manowar beispielsweise kann ich nicht recht Gefallen finden).


+++ DIE \"OCEANBORN\" +++

Im Folgenden werde ich kurz auf jeden einzelnen Track eingehen... Wem spätestens jetzt auffällt, dass die Struktur meiner Meinung sich sehr nah an der von Pydracor (z.B. Freedom Call - Crystal Empire) orientiert, der hat vollkommen Recht. Ich halte seine Strukturierung für sehr sinnvoll und habe sie deshalb übernommen... Nun aber in die Materie:

1. STARGAZERS
Das erste Stück auf der CD besticht nicht wie bei anderen Fantasymetallern durch ein tolles Intro, sondern der Zuhörer wird direkt mit einem Keyboardsolo auf das vorbereitet, was noch kommen mag. An und für sich kann dieses Stück als ziemlich typisch angesehen werden. Es ist recht schnell, die Stimme von Tarja ist recht hoch, die Leadgitarre spielt eine eingängige Melodie... nicht auffällig, aber gut.

2. GETHSEMANE
Ein nicht minder schnelles Lied, dass durch ein bi sschen mehr Keyboard ausgezeichnet ist. Gemäß dem etwas bedeutungsschwangeren Textes ist der Gesang tiefer gehalten als im ersten Track. Hier fallen wahrscheinlich die Hintergrundchöre im Laufe des Refrains auf, die sich doch auffällig ebenso anhören, wie Tarja selbst... Ein relativ langes Instumentalstück zwischen den Strophen legt das musikalische Können von Gitarristen und Keyboarder offen und Tarja überzeugt sowieso immer :)

3. DEVIL & THE DEEP DARK OCEAN
Das wohl schnellste Lied der CD, und auch das vergleichsweise härteste. Die oben bereit erwähnten, ausgesprochen tiefen Gastvocals von Wilska liefern sich ein Duett mit Tarja, unterlegt von einem Doublebass-Hagel des Schlagzeugs, von einem sehr böse wirkenden Keyboardpattern unterlegt. An diesem Lied könnten wohl auch Death- und Blackmetaller gefallen finden. Auch der Text deutet auf einen Dialog zwischen dem Teufel selbst und unserem Auserwählten hin. Die wohl beste Stelle ist wahrscheinlich das plötzliche Aussetzen der Instrumente, um dem Teufel Gehör zu verschaffen, wenn er den Fluch ausspricht \"From cradle to coffin / shall my wickedness be your passion\". Auf jeden Fall ein Anspieltipp, sowohl für die Bevorzuger von härteren Klängen, als auch, um die Vielseitigkeit des Albums einschätzen zu können.

4. SACRAMENT OF WILDERNESS
Wieder eine Spur ruhiger erweist sich dieser Track. Dennoch beeindruckt die Rhythmusgitarre durch ein sehr reitendes Riff, bei dem selbst Jon Schaffer (Iced Earth) aufhorchen würde. Ansonsten wieder recht durchschnittlich, was Instrumentierung, Geschwindigkeit und Gesang angeht. Dieses Lied könnte auch schon bekannt sein, ohne das Album zu kennen... Es wird oft als repräsentativ angesehen und daher wird die Single-Auskopplung bzw. das Video eventuell schon mal aufgefallen sein.

5. PASSION AND THE OPERA
Ebenfalls ein Anspieltipp. Wieder reitet die Gitarre, wieder singt Tarja hoch (diesmal sogar sehr) und wieder geht es um Versuchung und d en Teufel... Dennoch überzeugt das Lied durch sehr eingängige Rhythmik und einen der wenigen wirklich mitgröhltauglichen Refrains...

6. SWANHEART
Ein Kontraststück zu den bisher meist recht schnellen Stücken. Die Gitarre tritt eher in den Hintergrund und statt dessen gibt eine Violine die ausgesprochen schöne und ruhige Melodie vor, die Tarja ebenso ruhig mit Text füllt. Auch dieses Lied verfügt über längere Passagen ohne Gesang, was die bedachte Atmosphäre weiter hervorhebt. Dieses Lied scheint der perfekte Übergang zu sein zwischen den schnellen ersten Liedern der Scheibe und den Folgenden.

7. MOONDANCE
Ein gänzlich instrumentales Stück, in dem sowohl schnellere, tanzbetontere Parts genauso eine große Rolle spielen wie von Streichern dominierte ruhige Parts. Man kann sich förmlich einen göttlich anmutenden Tanz dazu vorstellen, vor allem wenn in der zweiten Repetition des Themas rhythmisches Geklatsche bzw. später noch Rufe hinzukommen. Eine beeindruckende musikalische Vorstellung, die für meinen Geschmack nicht hundertprozentig ins Gesamtbild passt, wenn man allerdings den durch Lieder 6 und 7 aufgebauten Spannungsboden berücksichtigt, passts wieder :)

8. THE RIDDLER
Hier dominieren wieder melodische Gitarrenparts und ein recht simples Drumpattern. Vielleicht vergleichbar zum 2. Track ist dies ein weniger herausragendes Lied der Scheibe. Es ist sehr straight, zeichnet sich durch eine schöne Aufteilung der Strophen, Brücken und Soli aus und ist ansonsten nicht weiter auffällig...

9. THE PHARAO SAILS TO ORION
Unheilsschwangere Keyboard-Klänge bilden das Intro für diesen - den längsten - Track, auf das die tiefdüstere Stimme des Pharaos (\"Wilska\") und ein ausgefeilter Drumpart folgen, die wiederum durch kleinere Keyboardpassagen unterbrochen werden. So wechseln sich Wilska und Tarja in diesem Teil beim Gesang ab, bevor die Stimmung im Lied umschlägt, es wird schneller und wieder höher und weist kurz vor E nde ein nettes Flötensolo auf. Erneut lässt sich ein Stück als Beweis dafür anbringen, wie vielseitig Nightwish in einem einzigen Song sein können.

10. WALKING IN THE AIR
Wieder ein sehr ruhiges Stück. Im Studio wurde hier statt einem Keyboard ein echter Flügel benutzt und die Gitarren anfangs nur sehr zaghaft eingesetzt. Später nimmt deren Anteil zwar wieder etwas zu, allerdings ist dieses Lied trotzdem sehr ruhig und fast schon melancholisch mit einem wunderschönen Ausklang. In der ursprünglich von Spinefarm Records vertriebenen Version der CD war an dieser Stelle wirklich Schluß, bei Drakkar wurde obligatorisch der Bonustrack SLEEPING SUN angehängt und für die japanische limited edition noch ein zusätzlicher, zweiter Bonustrack namens NIGHTQUEST.

11. SLEEPING SUN
Erneut total melancholisch kommt dieser Song daher, geprägt von einem Schlagzeug, das mit Besen gespielt wird, schönen sanften Gitarren, der Stimme Tarjas und einem eingängigen Text, der leider zum Mitsingen einlädt, was die Höhe des Gesangs eigentlich nicht tut... Aber um einen Überblick über die ganze musikalische Breite zu bekommen, sollte man diese Ballade mal direkt im Anschluß zu Track 9 hören...

12. NIGHTQUEST (Bonustrack)
Ein *wirklich* rockiges Lied, das quasi als Namenserklärung der Band verstanden werden kann. Es geht inhaltlich um eine Einladung in die Traumwelt, die musikalisch sehr eingängig \'rübergebracht wird. Das Lied ist quasi der Partykracher von Nightwish, sehr rockig, sehr metallig, sehr zum moshen, sehr zum mitgröhlen (die Höhe ist hier weniger von Bedeutung) und mit einigen Gitarren- und Keyboardsoli gespickt.
\"Enter the realm, don\'t stay awake, your dreams remain the only break!\"


+++ FAZIT +++

Nun, nachdem wir einen Überblick über die einzelnen Stücke haben, was können wir festhalten? Es handelt sich um eine unglaublich vielseitige CD (von einer unglaublich vielseitigen Band), die aber trotzdem übe r eine innere Gradlinigkeit verfügt. Wer mir jetzt einen Widerspruch in meiner Argumentation nachweisen will, der sollte unbedingt die CD mal probehalber durchhören und kann vielleicht verstehen, was ich meine. Natürlich ist es keine perfekte CD, die jedem Geschmack und jeder Musikrichtung gefallen kann, aber Freunde von auch nur einer der ganz zu Anfang genannten Stile sollten mal einen genaueren Blick riskieren. Zumal das Album mittlerweile so gut verkauft wurde, dass sich ein bedeutender deutscher Fachhandel, dessen Name einem gewissen Stern in unserem Sonnensystem entspricht, dazu durchgerungen hat, die Scheibe in der NicePrice-Kategorie laufen zu lassen.
Was bleibt noch zu erwähnen? Ja, das Cover Artwork (zumindest die Version von Drakkar) wurde von Markus Mayer kreiert (jedem EMP Besteller sollte dieser Name bekannt vorkommen) und kann sich wirklich sowohl auf dem Booklet als auch auf den Fanshirts der Band sehen lassen. Das Booklet ist leider ein wenig dünn und weist weder eine Erklärung zur CD noch die Vorstellung der Band vor, von Fotos ganz zu schweigen...
Um das Fazit abzuschließen: Für alle Freunde dieser Musik auf jeden Fall eine Kaufempfehlung; für alle, die zumindest schonmal den Herrn-der-Ringe-Soundtrack interessant gefunden haben gilt die Empfehlung, wenigstens mal probezuhören, um was es sich da handelt...
... und für Fans von Nightwish sollte die Sache klar sein, gell?

In diesem Sinne, KEEP ROCKIN\'

Lanzelot

13 Bewertungen