Ich war zwölf (Taschenbuch) / Schweighoffer Nathalie Testbericht

ab 7,36
Paid Ads from eBay.de & Amazon.de
Auf yopi.de gelistet seit 06/2004

5 Sterne
(6)
4 Sterne
(0)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)

Erfahrungsbericht von Die_böse_Maus

Es geschieht jeden Tag und überall!

Pro:

wichtige Thematik / Schreibstil / "Botschaft"

Kontra:

eine reale Begebenheit, die sich täglich millionenfach wiederholt

Empfehlung:

Ja

Willkommen bei der bösen Maus

Beim dem wunderschöne Wetter ziehe ich mich gern mit einem Buch und einer Tasse Kaffee auf die Terrasse zurück. Ich habe unlängst einige Romane sehr preiswert bei Ebay ersteigert. Vorstellen möchte ich Euch heute eines davon und zwar den Ende der 80er Jahre verfassten und Anfang der 90 er erschienende autobiographischen Roman einer sehr tapferen jungen Frau namens Nathalie Schweighoffer. Sie teilt das Schicksal von unzähligen Menschen, die in ihrer Kindheit Opfer von sexuellem Mißbrauch wurden und nicht selten noch Jahrzehnte danach unter den Folgen zu leiden haben. Der Titel:

************************************************************************
"Ich war zwölf…"
- Die erschütternde Geschichte eines sexuellen Mißbrauchs -
************************************************************************

+++ Randdaten +++

Sprache: Deutsch
Broschiert - 304 Seiten - Lübbe
Erscheinungsdatum: August 1992
Auflage: 17., Aufl.
ISBN: 3404612388

+++ Preis +++

Ich habe "Ich war zwölf…" gebraucht über Ebay ersteigert, aber bei amazon. de kann man es online zum Preis von 6,90 € bestellen.

+++ Kurzbeschreibung +++

"Nathalie ist zwölf, gerade am Beginn ihrer Pubertät. Sie liest Micky-Maus-Hefte und spielt gern Prinzessin. Ein ganz normales Mädchen, das stolz ist, wenn ihr Vater sie lobt und "meine Beste" nennt. Doch eines kann sie nicht verstehen: daß ihr Vater auch nachts zu ihr kommt, wenn schon alle anderen schlafen. Er streichelt sie dann und bedrängt sie, Dinge mit ihm zu tun, die man doch nicht tun darf. Lange zeit schweigt Nathalie, aus Verwirrung, Scham und Angst. Eines Tages jedoch faßt sie Mut und beginnt zu sprechen..."

Mit einem Nachwort von Alice Miller

+++ Test und Bewertung +++

"Ich war zwölf…" ist der autobiographische Roman von Nathalie Schweighoffer, die in ihrer Kindheit vom eigenen Vater sexuell mißbraucht, vergewaltigt und sogar geschwängert wurde. Nach dem Prozess gegen ihren Vater entschloss sie sich im Alter von neunzehn ihre Geschichte nieder zu schreiben und zu veröffentlichen, um jenen Mut zu machen die dasselbe durchleben und über - leben musste. Ihre Geschichte beginnt in mitten einer nach aussen hin normal wirkenden Familie: Vater, Mutter und drei Kinder. Nathalie ist ein aufgewecktes Mädchen von zwölf Jahren, das gute Noten in der Schule hat und erste völlig harmlose Kontakte zu Jungen knüpft, die nicht über Händchenhalten hinaus gehen. Doch ihre Kindheit findet ein jehes Ende, als der Vater sie zum ersten Mal nachts besucht…Die junge Autorin schildert nicht jede Begebenheit im Detail, doch der Leser / die LeserIn kann sich sehr wohl vorstellen welche Praktiken dazu führen, dass die Psyche eines unschuldigen Kindes systematisch zerstört wird. Während das Buch anfangs einem Tatsachenbericht gleicht, wendet sich Nathalie später auch an den Leser / die Leserin und hier wird wiederum ihr Hauptmotiv deutlich: sie wünscht sich, dass die Menschen (gemeint sind hier vor allem die Erwachsenen) aufwachen, dass sie hinschauen was in ihrer eigenen Familien, in denen sie alles in Ordnung meinten geschieht und sich damit auseinandersetzen. Es haben sich besonders die Passagen in mein Gedächnis gebrannt, in denen Nathalie sich an den Leser / die Leserin wendet, der sich - sofern er nicht selbst sexuellen Mißbrauch erlebt hat fragt, wieso sie sich niemandem anvertraut hat, vor allem nicht ihrer eigenen Mutter.

"Ich hütete sein Geheimnis aus Angst, bestraft zu werden, falls ich es ausplauderte. Das werden Sie sicherlich nicht verstehen. Die einzige Rettung zu einem früheren Zeitpunkt hätte darin bestanden, dass jemand hinter mein Geheimnis kommt. Nur wurde eben nirgends darüber geredet. So dass ich mich für einen Einzelfall hielt. Das wäre natürlich anders, wenn die Mädchen sich über solche Dinge in der Schule unterhielten, wenn sie den Finger heben würden und zum Lehrer sagten:
>> Herr Lehrer, mein Vater hat mich heute Nacht wieder einmal vergewaltigt, ich hab's satt, ich ertrag's nicht mehr...<<
Aber man hebt nur den Finger, um zu sagen:
>> Herr Lehrer, ich habe meinen Aufsatz nicht erledigt, ich war krank<< (...) " (S. 88)


Hier zeigt sich nicht nur, dass es immernoch an Aufklärung zu dem Thema mangelt, LehrerInnen und Pädagogen nicht für die Verhaltensweisen mißbrauchter Kinder sensibilisiert sind und sie auch nicht als solche deuten können sondern dass Angst und Scham die Gefühle sind, von denen diese Kinder dominiert werden. Sie haben keine andere Wahl, als sich ihrer Ohnmacht zu ergeben und weiterhin das "Geheimnis" zu hüten, deren Wahrung der Täter ihnen (oft unter Androhung von Gewalt) auferlegt hat. Gerade in der Konstellation Vater - Tochter ist der Druck für die Mädchen besonders groß: sie lieben den Vater und hassen ihn zugleich für das, was er jede Nacht mit ihnen macht. Eine weitere "harte" Passage, die ich nicht vorenthalten möchte ist folgende:

"Was hätten Sie an meiner Stelle getan?
An dieser Stelle höre ich, wie Sie mir eine Menge Ratschläge erteilen. Ratschläge sind einfach. Hätten Sie ihm Schimpfworte ins Gesicht geschleudert? Einen ganzen Haufen Schimpfworte? Wären Sie zu Mama gelaufen, um es ihr zu erzählen?
>> Mama, Papa hat überall in seinem Büro Teppichboden ausgelegt, damit du nicht hörst, was er nachts mit mir macht...<<
Ich habe den Kopf gesenkt. Weil es keine Antwort auf die Frage gab, die ich mir immer wieder stellte: >> Was tun?<<
Wenn man vor vollendeten Tatsachen steht, ist man benommen. Beschränkt. Ich war fünfzehn, und ich fühlte mich vollkommen ohnmächtig.
Er hatte seinen Joker: die Erpressung. Ich nichts. Ich war ein Kind, und ein Kind hat keinen Joker. Jeder weiß, dass wir Kinder keinen Anspruch auf Gehör haben, uns hält man nicht für fähig, Intelligentes zu äußern. (...)" (S. 91)

Nathalies Vater nutzte das natürliche Machtgefälle zwischen Eltern und Kinder aus. Er wusste um ihre Abhängigkeit und benutzte sie, um seine sexuellen Bedürfnissen auszuleben - eine erwachsene Sexualität, die ein Kind überfordert, die ihm Angst macht, die ihm Schmerzen zufügt und meistens nicht ohne Folgen für die spätere Entwicklung bleibt. In dem Buch ""Trauma und die Folgen. Trauma und Traumabehandlung, Teil 1" von Michaela Huber, über das ich berichtet habe wird der sexuelle Mißbrauch in der Kindheit als Langzeittraumatisierung bezeichnet, die bei 50 % der Betroffenen über kurz oder lang eine posttraumatische Belastungsstörung auslöst, die sich in Symptomen wie Alpträumen, Eßproblemen (Magersucht, Bulimie, Fettsucht), sogenannten "Flashbacks", Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, dissoziative Störungen, Suchtverhalten (Alkohol, Drogen etc.), Emotionslosigkeit, Panikattacken usw.zeigt. Diese Flashbacks können durch sogenannte "Trigger" enstehen, so dass ich nicht unerwähnt lassen möchte, dass "Ich war zwölf" ein Roman ist, der Passagen enthält die Betroffene schwer triggern können. Wer also sehr labil ist, gerade am Anfang einer Psychotherapie steht oder sich mit Suizidgedanken trägt, der sollte vielleicht (erstmal) Abstand nehmen. Allen anderen sei dieses Buch sehr empfohlen, denn es zeigt exemplarisch für viele viele andere Kinder und Jugendliche, wie grausam die sexuelle Ausbeutung durch Erwachsene ist.

Sexueller Mißbrauch kam in jeder geschichtlichen Epoche vor, er geschieht millionenfach in jeder sozialen Schicht, er wird verübt durch Fremde (die Medien liefern da ja leider genug traurige Beispiele) aber noch häufiger durch Menschen aus der Familie (Vater, Stiefvater, Bruder, Onkel, Opa etc.) oder dem direkten sozialen Umfeld (Lehrer, Trainer, Bekannter / Freund der Familie usw.) Das Thema darf kein Tabu mehr bleiben und die Psychoanalytikerin Alice Miller, die das Nachwort zu "Ich war zwölf" verfasst hat ist der Meinung, dass wer auch immer mit Kinder zu tun hat (vor allem Jugendberater, Psychologen, Therapeuten, Kindergärtner, Erzieher. Lehrer, Juristen etc.) dieses Buch lesen sollte. Kinder, die zu Opfern wurden müssen Lebensumstände geboten werden, in denen sie die Möglichkeit haben ihr Schweigen zu brechen und in denen sie emotional aufgefangen werden und unsere Gesellschaft muss Bedingungen schaffen, in denen Täter nicht ungeschoren davon kommen sondern die Strafe bekommen, die sie verdienen. Nathalie Schweighoffer autobiographischer Roman ist, obwohl er in seiner Erstauflage aus dem Jahr 1989 stammt (mittlerweile ist es in der 16. Auflage erhältlich) aktueller denn je und verdient es ernst genommen zu werden. Mich hat das Lesen sehr aufgewühlt, die geschilderten Gefühle waren so nah an meinen eigenen, dass ich es manchmal fast nicht mehr aushielt und eine Pause einlegen musste. Man sieht zu, wie die Unschuld dieses Kindes förmlich zerfetzt wird und man weiss, dass nichts mehr so sein wird wie vor der ersten Nacht, in dem der Vater Nathalie anfasste und es ensteht schreckliche Wut und Entsetzen darüber, wie Erwachsene Kindern so etwas antun. In den Jahren nach Erscheinen des Buches hat sich die Situation verschärft: auch immer mehr Jungen werden zu Opfern und nicht nur Männer sind die Täter. Bis zu zehn Prozent aller sexuellen Übergriffe auf Kinder und Jugendliche gehen mittlerweile auf das Konto von Frauen. Diese Tatsache wäre aber schon wieder ein eigener Bericht wert, denke ich. Daher möchte ich den Bericht über dieses Buch schliessen, in dem ich es mit fünf Sterne bewerte und es sehr empfehle. Und: Eltern, passt auf Eure Kinder auf! Achtet auf körperliche Signale, aber besonders auf das, was sie sagen: Nehmt sie ernst, wenn sie von sexuellen Übergriffen erzählen. Es ist unsere Pflicht sie zu schützen!

Vielen Dank für Eure Lesungen, Bewertungen und Kommentare

(Da dieser Bericht für mich einen sehr hohen persönlichen Wert hat, freue ich mich inbesondere über Kommentare!

Eure böse Maus
Mausimausmaus bei Ciao

33 Bewertungen, 19 Kommentare

  • topware2002

    08.05.2006, 00:44 Uhr von topware2002
    Bewertung: sehr hilfreich

    ............................///......................... <br/>.........................(o o)....................... <br/>SH-------oOO--(_)--OOo-----------

  • _knuddelmonster88_

    08.05.2006, 00:31 Uhr von _knuddelmonster88_
    Bewertung: sehr hilfreich

    >>> sehr hilfreich<<< <br/>und viele liebe Grüße von Sara

  • schnekuesschen

    07.05.2006, 21:20 Uhr von schnekuesschen
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Bericht...LG Sandy :-)))

  • Zzaldo

    07.05.2006, 21:15 Uhr von Zzaldo
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöner Bericht. Ein klares sh von mir. <br/>Schau doch mal auf meiner Homepage vorbei. Es lohnt sich. Bei Fragen schreib mir einfach ins GB oder schreibt mir eine E-Mail. LG Stephan

  • Estha

    07.05.2006, 21:05 Uhr von Estha
    Bewertung: sehr hilfreich

    toller bericht :-))) ... lg susi

  • jockel2001

    07.05.2006, 20:59 Uhr von jockel2001
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH ^^ Jo

  • SeriousError

    07.05.2006, 20:22 Uhr von SeriousError
    Bewertung: sehr hilfreich

    <b>Ein "sehr hilfreich" von mir für diesen tollen Beitrag. :o) Gruß SeriousError!</b>

  • morla

    07.05.2006, 18:46 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich <br/>

  • anonym

    07.05.2006, 18:35 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :o)

  • Annabell234

    07.05.2006, 18:15 Uhr von Annabell234
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr gut geschrieben, weiter so :-) Man liest sich

  • anonym

    07.05.2006, 18:11 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    <b><<* SH *>></b> <br/>Lieben Gruss, <br/> Manuela <br/> :o)

  • blackangel63

    07.05.2006, 17:54 Uhr von blackangel63
    Bewertung: sehr hilfreich

    ..(* " "*)...(* " "*).. <br/>.( ='o'= ).( ='o'= ). <br/>- (,,)-(,,) - (,,)-(,,)-...LG Anja :-) <br/>super Bericht - schlimmes Thema :-(

  • mcsuttner

    07.05.2006, 17:51 Uhr von mcsuttner
    Bewertung: sehr hilfreich

    es ist traurig und erschütternd, wie oft einem menschen dieses leid angetan wird. es ist noch schlimmer zu sehen, wie wie täter davon kommen und wie wenig rechte die opfer zugesprochen bekommen. ein steuerhinterzieher bekommt doch heute höhere strafen als

  • ColaFantaSprite

    07.05.2006, 17:49 Uhr von ColaFantaSprite
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG ± C.F.S.

  • HiRD1

    07.05.2006, 17:44 Uhr von HiRD1
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH. Gruß, Ralf

  • WreckRin

    07.05.2006, 17:40 Uhr von WreckRin
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh!!! freu mich auch über Gegenlesungen <br/>LG Sandra

  • SORTs_Diener

    07.05.2006, 17:39 Uhr von SORTs_Diener
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • Mogry1987

    07.05.2006, 17:36 Uhr von Mogry1987
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr hilfreich =)

  • iii

    07.05.2006, 17:33 Uhr von iii
    Bewertung: sehr hilfreich

    +++ sehr hilfreich +++