Simson S51 Testbericht

ab 17,98
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Summe aller Bewertungen
  • Zuverlässigkeit:  sehr gut

Erfahrungsbericht von Elektroschmock

Meine Simme - ideal für den Stadtverkehr und immer günstig unterwegs

5
  • Zuverlässigkeit:  sehr gut
  • Besitzen Sie das Produkt?:  ja

Pro:

In jeder Hinsicht preisgünstig und sehr zuverlässig. Für ein Kleinkraftrad erlaubtermaßen 60 kmh schnell Nur Führerschein Klasse M erforderlich (ab 16 Jahren)

Kontra:

Ungemütlich bei Regenwetter und wenn man keine Erfahrung hat, ist ein Handbuch ein absolutes Muß

Empfehlung:

Ja

Hallo,
nachdem mir das Verfassen meines allerersten Testberichts sehr viel Spaß gemacht hat,lege ich gleich noch einen nach.
Computer sind eine meiner Leidenschaften (und mein Beruf); eine weitere sind Fahrzeuge der DDR.
Derzeit besitze ich einen Trabant P601, einen Camptourist CT5 und eine Simson S51 E (wie Enduro). Um letztere geht es hier:

Die Kaufentscheidung
Ich habe einen täglichen Arbeitsweg von ca. 8 km einfacher Strecke. MIt meinem Trabi brauche ich dafür lediglich ca 10 Minuten; mit den Öffentlichen etwa eine halbe Stunde.
Nachdem die Spritpreise mittlerweile ins Uferlose steigen und mein Baby auf derart kurzen Strecken zum absoluten Säufer mutiert, habe ich mich nach Alternativen umgesehen:

  • Öffentlicher Nahverkehr: kaum zu glauben, aber 9l/100KM sind wesentlich günstiger als eine Monatskarte für den hiesigen ÖPNV
  • Fahrradfahren: Klasse Alternative kostet gar nix außer ein paar Pfunden und macht Spaß. Leider aber auch krank: habe mir bei einem fiesen Sturz das Handgelenk in kleine Stückchen geschlagen und war 8 Wochen außer Gefecht gesetzt
  • Vielleicht ein Mofa? Neee - das sieht in meinem Alter immer so aus, als hätte ich meinen Führerschein wegen Saufens am Steuer abgeben müssen.
  • Eine Achtziger? Yup, wäre schon ok, aber dafür habe ich keine Fahrerlaubnis
  • Ein Roller bis 45 kmh? Hmmm, da kommen wir der Sache doch schon näher, da gab's doch mal was aus Suhl, Schwalbe genannt.

Also habe ich im finstersten BaWü versucht, eine Schwalbe zu ergattern. Leider erfreut sich dieses Gefährt derartiger Beliebtheit, daß eine halbwegs gut erhaltene Schwalbe hierzulande für locker 800 - 1200 Euro gehandelt wird.
Also habe ich angefangen, meine Suche auf Spatz, Sperber und auch S51 auszudehnen.
Irgendwann wurde mir dann eine ordentliche S51 Enduro für 200 Euro angeboten und ich habe sofort zugeschlagen.

Meine S51 E
Zunächst machte sie einen etwas traurigen Eindruck, der Tank war weiß und die Seitenteile gelb angepinselt, der Hitzeschutz am Auspuffrohr hatte üble Kratzer von einem Sturz, in den Chrom an Auspuff und Krümmer war das Öl eingebrannt und die Sitzbank war derartig vergammelt, daß ich mich gewundert habe, daß sie beim Probefahren nicht abgerissen ist; aber sie fuhr, und zwar verdammt gut.
Wir mußten eigentlich lediglich die Sitzbank und den Krümmer ersetzen, der Auspuff wurde mit echtem "Elsterglanz" wieder fast wie neu. Zum Geburtstag hat mir mein Mann dann die Blechteile (Seitendeckel und Tank) in einem absolut genialen Effektlack lackiert. Er wechselt die Farbe je nach Lichteinfall von Dunkelgrünmetallic in ein tiefes Blaumetallic. Es sieht einfach nur genial aus!
Das besondere an DDR-Mopeds wie der S51 ist, daß man damit völlig regulär 60 kmh fahren darf, obwohl es "ein Kleinkraftrad mit einem Hubraum nicht über 50 ccm" ist.
Man benötigt dafür lediglich den Führerschein Klasse M, auch ist es nicht steuerpflichtig, man braucht lediglich ein Versicherungskennzeichen.
Der Grund liegt im Deutschen Einigungsvertrag: da in der DDR die Innerortshöchstgeschwindigkeit bei 60 kmh lag, hat man den Kleinkrafträdern aus DDR-Produktion (die von der Höchstgeschwindigkeit an eben diese erlaubten 60kmh angepasst waren), die erstmalig vor Februar 1992 zugelassen wurden einfach eine Ausnahmeregelung verpasst.

Die Ausstattung

Meine Enduro hat folgende Ausstattung:

  • H4 Scheinwerfer vorne
  • 6 Volt Elektrik
  • Zündelektronik
  • Tachometer mit Kilometerzähler
  • Blinker hinten und vorne (nicht lachen, das Ursprungsmodell; die S51 A hatte keine Blinker!)
  • Vier-Gang-Getriebe mit Fußschaltung
  • einklappbarer Kickstarter
  • Scheibenbremse hinten
  • Rückspiegel auf beiden Seiten
  • zusätzlicher Seitenständer
  • regulierbare Stoßdämpfer hinten für das Fahren mit oder ohne Beifahrer
  • Lenkradschloß

Die Sitzbank ist für zwei Personen ausgelegt.
Man kann auf dem kleinen Gepäckträger eine Helmbox oder ähnliches anbringen, außerdem kann man an beide Seiten noch Gepäckträger anbauen.
Im linken Seitendeckel ist außerdem Platz für Bordwerkzeug.
Ich habe mir im Frühsommer bei Plus so einen kleinen Tankrucksack gekauft, da ich ansonsten keinen Platz für Öl gehabt hätte.
Zwar verfügt die S 51 genau wie alle 2-takter aus DDR-Produktion über einen Benzinhahn mit Reservestellung, allerdings bekommt man an den Tankstellen kein Gemisch mehr und für 100 ml Öl in der Tube (was für 5 Liter feinstes Gemisch ausreicht)zahle ich keine 2,50 Euro. Nö.
Also packe ich mein Öl in den Tankrucksack, der auch für andere sinnvolle Kleinigkeiten immer gut ist.
Der Verbrauch liegt im Stadtverkehr ungefähr bei 3 - 3,5 Liter auf 100 km.

Der tägliche Gebrauch
Anfangs war ich etwas skeptisch wegen des hochgestellten Auspuffes, da der linke Unterschenkel genau drauf aufliegt, aber der Hitzeschutz (keine Ahnung aus welchem Material der ist) tut seine Wirkung. Auch bei längeren Strecken habe ich mir noch keine Brandwunden zugezogen.
Das Moped hat meiner Meinung nach sehr angenehme Fahreigenschaften, läßt sich sanft anfahren und gut bremsen, liegt gut in der Kurve und ist sehr stabil beim Geradeausfahren.
Die Schaltung war anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, da meine einzige Mopederfahrung mittlerweile über 10 Jahre her ist und zudem mit einer Automatikschaltung stattfand.
Ein paar Stunden auf dem Feld eines freundlichen Obstbauern ließen meine Unsicherheit allerdings in lecker Zweitaktqualm verpuffen.
Ein weiterer Pluspunkt ist, daß man im Pannenfalle blitzschnell an den Eingeweiden des Mopeds ist.
Reparaturen lassen sich dadurch schnell und effizient durchführen.
Gute Handbücher sind ebenfalls noch im Handel, hier wird jeder Reparaturschritt mit Bild und Wort erklärt.
Inzwische benutze ich meine Simme nicht nur für den Arbeitsweg, sondern bei gutem Wetter auch schon mal für einen Tagestrip zu meinen Eltern (ca 120 km).
Trotz des relativ kleinen Gepäckträgers kann man die Simme auch gut für Einkäufe nutzen.
Für richtige Großeinkäufe oder den Trip zum Getränkemarkt kommt natürlich nach wie vor der Trabi zum Einsatz.
Die finanzielle Entlastung ist allerdings deutlich spürbar.

Fazit
Ich kann dieses Fahrzeug nur wärmstens weiterempfehlen,
es ist günstig in der Anschaffung, im Unterhalt und im Verbrauch.
Ich konnte bislang keine größere Panne verzeichen und neue Ersatzteile kann man im Internet preisgünstig beziehen.
Das einzig negative ist, daß es bei Regenwetter nicht gerade gemütlich, hier wäre ein Roller klar von Vorteil.

Edit
Was ich an Facts vergessen habe:
Der Tank fasst 9,4 Liter, wenn die Reserve aufgemacht werden muß sind noch etwa 700 ml Sprit verfügbar.
Wen einem eine Simme ohne Papiere angeboten wird: kein Problem.
Die Fahrgestellnummer ablesen (findet sich vorne im oberen Bereich der Lenksäule,) mit der Datenbank von gestohlen gemeldeten Fahrzeugen abgleichen und wenn man sicher ist, daß die Simme nicht gestohlen ist einfach beim KFZ-Bundesamt online ein Formular ausfüllen.
Die Papiere kommen spätestens nach 5 Tagen per Nachnahmeeinschreiben. Kostenpunkt ca. 22 Euro.
Dies gilt übrigens für alle DDR-Kleinkrafträder.
Eine sehr informative Adresse zum Thema ist www.s51.de.
Hier gibt es Schaltpläne, Reparaturtips, das Formular für neue Papiere und vieles, vieles mehr.
Noch ein paar Facts: die Polizei wird sehr wahrscheinlich nicht nach Papieren fragen, der Versicherungsschein reicht. Aber man kann auch an ein bärbeißiges Exemplar von Stadtsherrif geraten und dann wird es ungemütlich. Also: lieber haben, als probieren!
Viel wahrscheinlicher ist es (zumindst im Westen der Republik), daß die Polizei behauptet, das Moped sie getuned, da es ja bis 60 kmh fahren kann oder schlimmer noch, man sei nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis zum Führen dieses Kraftrades.
Mir persönlich mit meinen 33 Jahren ost das noch nie passiert, aber gerade Minderjährige Klasse M Besitzer dürfen sich diesen Vorwurf recht häufig anhören.
Deswegen empfiehlt es sich, einen hübschen Handzettel mit folgendem Text mitzuführen:

Gemäß dem Einigungsvertrag Kapitel XI, Sgb. B, Abschnitt III, Ziffer 2, Maßgabe 21 (Bundesgesetzblatt 1990 II, S. 1101) sind Kleinkrafträder im Sinne der bisherigen Vorschriften der Deutschen Demokratischen Republik mit nicht mehr als 50 cm3 Hubraum und nicht mehr als 60 km/h (bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit) zulassungsrechtlich den Kleinkrafträdern im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 4 StVZO gleichgestellt, wenn sie bis spätestens zum 28.02.1992 erstmals in den Verkehr gekommen sind. Nach Auffassung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen wirkt sich die zulassungs-rechtliche Gleichstellung auch auf das Fahrerlaubnisrecht aus, so daß diese Kleinkrafträder mit der Fahrerlaubnisklasse 4 (alt) bzw. M (neu) gefahren werden dürfen.


LG
E-Schmock

12 Bewertungen, 1 Kommentar

  • Aragon88

    14.07.2009, 04:19 Uhr von Aragon88
    Bewertung: besonders wertvoll

    Dein Bericht ist einfach klasse. Sauber gegliedert, alles wichtige drin, und viele eigene Erfahrungen. Weiter so, top! LG Aragon88