Am Hang (Taschenbuch) / Markus Werner Testbericht

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Erfahrungsbericht von Kerith

Noch "Am Hang" oder schon heruntergefallen?

Pro:

Ein etwas anderer Krimi, der durchaus viel, viel Stoff mit sich bringt, der zum Nachdenken anregt.

Kontra:

Allein schon die fehlenden Anführungszeichen sind für viele ein Grund, ein Buch nicht zu kaufen...

Empfehlung:

Ja

Zuallerst: Dieses Buch hat mich ehrlich gesagt mit gemischten Gefühlen zurückgelassen, denn momentan fühle ich mich, als ob ich das Buch nicht zuende gelesen hätte oder aber man mir die letzten 30 Seiten geklaut hätte...
Aber gut. Erstaunlicherweise stand ich mit ähnlich gemischten Gefühlen vor diesem Buch, als es darum ging, ob ich es nun lesen möchte oder etwa doch nicht, was sicherlich darin zu begründen ist, dass mir aus ihm vorgelesen wurde.
Also saß ich da, hatte die ersten zwei Seiten gehört und war voller freudiger Erwartung, da mir wider Erwarten der Schreibstil sehr gefiel - und dann war da doch etwas, das mir gar nicht schmeckte:
Eine Empfehlung vom lieben Herrn Marcel Reich-Ranicki.
Was nun? Lesen oder nicht?
Letztendlich habe ich mich dazu überreden lassen und das Buch tatsächlich gelesen. Und noch immer bin ich unschlüssig...


Aber nun erst einmal die
allgemeinen Informationen:

Das Buch ist im Januar 2006 als Taschenbuch im Fischer-Verlag erschienen, besteht aus 189 Seiten. Ich habe dafür 7,95€ bezahlt und es in einem Buchladen in einer Stadt in meiner Nähe gekauft. Es lässt sich aber natürlich auch ganz leicht übers Internet bestellen. Da es zudem von Marcel Reich-Ranicki gelobt und gepriesen wird, ist anzunehmen, dass auch die meisten Buchhandlungen es in ihren Regalen stehen haben.


Zum Buch selbst:

"Am Hang" wird aus der Sicht des jungen Scheidungsanwalt Clarins erzählt, der am Freitag vor Pfingsten auf einen Mann namens Loos trifft. Sie begegnen sich eher zufällig, denn Clarin setzt sich zu ihm an den Tisch, da kein anderer Platz frei ist. Aufgrund seiner Extravertiertheit spricht er ihn an und nach und nach finden die beiden ihren Weg in ein Gespräch, in dem sie, platt gesagt, über Gott und die Welt reden. Eigentlich hatte Clarin keine tiefschürfenderen Folgen erwartet, als er Loos ansprach, nur ein Abendessen in angenehmer Gesellschaft, dann würde er sich daran machen, das zu erledigen, weshalb er usprünglich nach Agro gefahren war: Einen Aufsatz für eine Fachzeitschrift zu schreiben.
Unvermittelt aber findet er in Loos den idealen Gesprächspartner für eher philosophisch-tiefgreifende Themen, die er eigentlich gar nicht angestrebt hatte - ob es nun daran liegt, dass sie beiden in nahezu jedem Thema, das sie anschneiden, gegenüberstehende Extreme bilden und daher viel Diskussionsstoff haben, oder aber daran, dass Loos immer mehr von sich offenbart, mag dahingestellt sein; dieser geheimnissvolle Mann mit der toten Frau, die er geradezu götzendienerisch verehrt, hat es Clarin angetan.
Schnell, für den Leser vielleicht etwas zu schnell, um wirklich realistisch zu wirken, wechseln die beiden jedenfalls vom Smalltalk, der Loos wirklich nicht zu liegen scheint, zu Themen, die eigentlich eher Freunde als zwei völlig Fremde besprechen: Ehe, Scheidung, Determinismus, das Leben und nicht zuletzt der von Loos so verhasste Zeitgeist.
Der erste Abend verstreicht und angetrunken, wie Clarin ist, geht er zu Fuß zurück zu seiner Ferienwohnung - in Begleitung Loos'. Sie führen ihr Gespräch weiter und dem Leser wird immer weiter diktiert, er habe sich nun endlich für Loos Frau zu interessieren, von der dieser immer nur alltägliche Dinge preisgibt - eine besondere Frau zumindest muss sie gewesen sein, sonst würde er sie nicht so anbeten. Oder? Und überhaupt, warum ist sie nun eigentlich gestorben? Loos jedenfalls lässt uns in dem Punkt lange im Unreinen.
Auch Clarin kommt von dem kauzigen Mann nicht los, verabredet sich für den nächsten Tag erneut zum Abendessen, wird aber zwischenzeitlich von Zweifeln geplagt. Da er aber nicht von Loos loskommt, entscheidet er sich, die Verabredung einzuhalten und sie führen ihr Gespräch weiter, bis es schließlich zur Klärung des Kriminalfalls kommt, der sich beinahe nebenbei während der langen Gespräche der beiden entwickelt hat, wie ein Knäul, das sich langsam im Hintergrund abrollt.


Zum Aufbau:

"Am Hang" hat einen eher ungewöhnlichen Aufbau: Der Leser wird in der Einleitung mitten in eine Situation geworfen, die er nicht versteht. Clarin ist hektisch und nervös. Ein Dolch wird erwähnt, in dem Zusammenhang Loos. Wer ist Loos eigentlich? Ein Mörder? Und warum verfolgt er Clarin? Und wer ist eigentlich diese Eva, die Clarin angeblich am Nachmittag "den Rest gegeben" hat?
Zwei Seiten voller Fragen, die aufgeworfen werden. Und schon wird die Zeitebene gewechselt, wir befinden uns plötzlich nicht mehr bei Clarin am Pfingstsonntag, sondern bekommen das Geschehen sozusagen live berichtet, denn der Hauptteil des Romans ist eigentlich eine Rückblende. Die Erzählzeit und die erzählte Zeit sind beinahe deckungsgleich, was ebenfalls eine Besonderheit ist - in der sonst als Lektüre gewählten Trivialliteratur wird das eher selten so konsequent durchgehalten wie es hier der Fall ist.
Störend ist aber auf jeden Fall die permanente Abwesenheit von Anführungszeichen. Ob es nun ein wichtiges Stilelement von Markus Werner ist oder nicht, ob es nun ein Zeichen gehobener Literatur ist oder nicht - dem Leser wird der Zugang dadurch ziemlich erschwert.


Meine Meinung:

Stilistisch gesehen fällt dieses Buch ziemlich aus dem Rahmen, den man als Otto Normalverbraucher zu lesen gewohnt ist. Endlich werden die grauen Zellen beim Lesen mal ein wenig angestrengt und man bekommt nicht alles brühwarm vorgekaut und siebzig Mal wiederholt, bis auch der letzte es verstanden hat.
Inhaltlich ist das Buch auf jeden Fall sehr interessant, auch wenn ich gegen Mitte/ Ende des Buches einige Seiten nur zähneknirschend lesen konnte, denn - auch ohne zu wissen, dass es nun ein Autor und keine Autor war, die dieses Werk verfasste - ließ sich schnell feststellen von welchem Geschlecht dieses Buch verfasst wurde. Mag ja sein, dass ich in Schubladen denke, aber einige Formulierungen des lieben Clarin ließen mich sauer aufstoßen. Bleibt nur zu hoffen, dass der Autor nicht derselben Meinung ist, denn manchmal kam der von mir als so sympathisch angesehene Loos auch mal vom Weg ab.
Trotzdem muss ich noch einmal sehr laut meckern: Diese fehlenden Anführungszeichen nerven gewaltig. Mag ja sein, dass es neuerdings nicht mehr literarisch wertvoll ist, wörtliche Rede auch als solche zu kennzeichnen, aber dann ziehe ich es vor, Bücher zu lesen, die es nicht sind.
Ist das der Fluch der Reich-Ranicki-Empfehlungen?

Trotzdem gibt es von mir noch ein "Empfehlenswert", denn das Gedankengut, das dem geneigten Leser zugetragen wird, ist es wert, auch mal kritisch durchdacht zu werden. Leider muss hier aber die Betonung auf "geneigt" liegen, denn ich bin mir sicher, dass viele mit diesem Buch eher weniger anfangen können.

Bleib also nur noch eines zu klären: Was ist jetzt eigentlich mit dem Dolch? (Hab ich was überlesen?)
Ich jedenfalls werde das Buch in einigen Tagen noch einmal lesen.

32 Bewertungen, 13 Kommentare

  • kengi

    06.10.2006, 11:45 Uhr von kengi
    Bewertung: sehr hilfreich

    Deine Buchbeschreibungen gefallen mir sehr gut. Guter Bericht!

  • swissflyer

    05.10.2006, 00:25 Uhr von swissflyer
    Bewertung: sehr hilfreich

    ~°~°~°SH°~°~°~

  • Laylaca

    08.09.2006, 19:22 Uhr von Laylaca
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • Nostradamus0_7

    27.07.2006, 08:13 Uhr von Nostradamus0_7
    Bewertung: sehr hilfreich

    Guter Bericht habe dich jetzt auch abonniert

  • anonym

    21.07.2006, 20:48 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh: ) Otto Normalverbraucher kenn ich die?

  • marina71

    18.07.2006, 16:59 Uhr von marina71
    Bewertung: sehr hilfreich

    hier gibt es ein sh von mir. lg

  • bigmama

    18.07.2006, 00:34 Uhr von bigmama
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh, LG Anett

  • Tweety30

    17.07.2006, 17:15 Uhr von Tweety30
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr schöner Bericht. Liebe Grüße, Tweety30!

  • Estha

    14.07.2006, 11:16 Uhr von Estha
    Bewertung: sehr hilfreich

    ☼☼☼ ... lg susi ... ☼☼☼

  • SuicideToday

    14.07.2006, 11:00 Uhr von SuicideToday
    Bewertung: sehr hilfreich

    ~*~sehr hilfreich~*~man liest sich~*~

  • NancyNoack

    14.07.2006, 01:50 Uhr von NancyNoack
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Bericht :)

  • DieHase

    14.07.2006, 01:31 Uhr von DieHase
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh! habe nichts gegen gegenlesungen =)

  • Emotion

    13.07.2006, 23:51 Uhr von Emotion
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh und lg Claudi