Akte X - Season 1 Collection (DVD) Testbericht

Kaum eine Fernsehserie war für die Neunziger so stilprägend, wie die "X-Files", dabei hat ihr Erfinder Chris Carter ganz schön kratzbuckeln müssen, um ein Studio zu finden. Erst im zweiten Anlauf gelang es ihm 1992 20th Century Fox zu überzeugen und 1994/95 ging die erste Staffel on Air. Mit beachtlichem Erfolg. Es folgten ihr 8 weitere Staffeln und zwei - leider eher mäßige - Kinofilme. Eine lange Zeit wurden die "Akte X"- DVD-Boxen für um die 50 Euro pro Season angeboten. 2008 schnürte Fox die Pakete noch einmal neu und warf die 9 Staffeln á 7 DVDs für je etwa 20 Euro auf den Markt. Ein Angebot, welches man selbst als geiziger Interessent der Serie nur noch sehr schwer ablehnen kann.

Zur Story
Special Agent Dana Scully bekommt den Auftrag ihren Kollegen Fox Mulder wissenschaftlich auf die Finger zu schauen. Dieser ist mit den so genannten X-Akten des FBI betraut, welche sich mit ungelösten Fällen befassen, denen der Geruch des Paranormalen anhaftet. Mulder glaubt fest daran, dass es nicht nur Außerirdische auf unserem Planeten gibt, sondern noch viel schlimmer, dass eine globale Verschwörung auf höchsten Regierungsebenen existiert, die dies zu vertuschen versuchen bzw. sogar mit den Aliens unter einer Decke stecken. Zudem ist er überzeugt, dass seine spurlos verschwundene Schwester Samantha von den Fremden entführt wurde. Er war damals in seinen Kindertagen sogar Zeuge davon, wie eine Tiefenhypnose erbrachte. Seither ist der etwas exzentrische aber hochintelligente FBI Ermittler geradezu davon besessen Licht ins Dunkel zu bringen. Offenbar hat er dabei tiefer ins Wespennest gestochen, als er selbst ahnt.

Er bekommt daher nun die promovierte Ärztin und Pathologin als Kindermädchen in den Pelz gesetzt, wie es scheint soll sie Mulders oft grenzwertige Ermittlungen und Theorien zerpflücken und ihn damit unweigerlich in Misskredit bringen. Scully scheint den Drahtziehern ideal, sie ist nicht nur eine brillante Wissenschaftlerin, sie ist vor allem gegenüber Übersinnlichem und speziell was mit UFOs und dergleichen zu tun hat, überaus skeptisch eingestellt. Schon bald jedoch zeigt sich, dass ihr neuer Partner zwar etwas spleenig und voreingenommen sein mag, doch bei weitem kein hirnloser Spinner. Sie versucht die abstrusen Fälle, welche Mulder immer wieder ausgräbt, zusammen mit ihm stets wissenschaftlich-schlüssig aufzuklären. Quasi als rationeller Gegenpol zum eher impulsiven Mulder. Dabei wird immer offensichtlicher, dass ihre Ermittlungen gern von unbekannter Seite behindert werden und sie selbst ihren Vorgesetzten nur begrenzt trauen können.

Eindrücke
Schon der ungewöhnlich kurze Pilotfilm ("Gezeichnet"), in normaler Episodenlänge von rund 40 Minuten, geht gleich in die Vollen und lässt kaum einen Zweifel daran, worum es geht - wiewohl weder irgendwelche UFOs noch Außerirdische gezeigt werden. Das ist übrigens eine der erfolgreichen Maschen, nicht nur der ersten Staffel, sondern der gesamten Serie, dass der psychologisch äußerst wirksamen Kunst des Weglassens gefrönt wird. Oder wie es Schöpfer Chris Carter im (ebenfalls in dieser Box zu findenden) Interview auf den Punkt brachte: Schlimmer als das was man sieht, ist das was man eben nicht sieht und bewusst der Fantasie des Zuschauers entspringen lässt. Dabei sind die visuellen Tricks durchaus auf sehenswert hohem Niveau und noch dazu wohldosiert. Noch so eine Erfolgsmasche und gleichzeitig das Machen einer Tugend aus der Not - nämlich dem niedrigen TV-Budget im Nacken - heraus. So wirken die Inszenierungen stets glaubhaft und nie überladen um der Effekte willen.

Die X-Files spielen lieber auf der subtilen Klaviatur der menschlichen Ängste und das ist auch durchaus so beabsichtigt. Konzipiert wurden sie als Gruselserie, was freilich stimmt, doch sollte Akte X später sogar seine ganz eigene Stilrichtung gründen und diverse Nachahmer in diesem Genre finden: Mystery. Die mancherorts stattfindende Schubladisierung unter SciFi trifft dagegen nur partiell - wenn überhaupt - zu. Die Serie spielt im Hier und Jetzt der Neunziger. Dass es unter anderem um Area 51 und andere populäre (Volks-)Mythen geht, ist nur ein Teil der Geschichte. Außerirdische bzw. ihre Ableger tauchen zwar (in späteren Staffeln häufiger) gelegentlich auch auf, zumeist stehen die Fälle jedoch eher im Zusammenhang mit deren irdischen Handlangern. Zumindest in der ersten Season stand sowieso der Figurenaufbau ganz vorne an im Lastenheft.

Auffällig ist hierbei, dass es eigentlich nie zu irgendwelchen konkreten Festnahmen kommt oder dass wenigstens eine endgültige Klärung eines Falles stattfindet. Ganz oft hängen Mulder und Scully am Ende einer Folge genauso wieder in der Luft, wie am Anfang ihrer Ermittlungen. Der Fall mag (mehr oder weniger) gelöst sein, sie sind zwar einige Erfahrungen und Erkenntnisse reicher, stehen aber grundsätzlich mit leeren Händen und ohne verwertbare Beweise da. Bestenfalls springen weitere Hinweise auf die Verschwörer und ihre Pläne dabei heraus. So gleicht die Serie permanent dem Rennen zwischen Hase und Igel - ihre finsteren Gegenspieler sind den beiden prinzipiell mindestens einen Schritt voraus. Diese bleiben zunächst weitgehend im Dunkeln. Dauerhaftes Bindeglied zu ihnen, welches sich wie ein roter Faden durch die Story zieht, ist der ominöse "Kettenraucher" (William B. Davis). Von dem weiß man wenigstens auf wessen Seite er steht, was man nicht von allen Figuren behaupten kann.

Er ist im Laufe der Zeit eine ebensolche Ikone der Serie geworden, wie die unbestrittenen und verdienten Stars der Serie David Duchovny und Gillian Anderson selbst. Dass Akte X ganz stark auch von den durchweg guten Darstellern abhängt (Es gibt sich sogar Brad "Grima Schlangenzunge" Dourif in einer superben Gastrolle die Ehre) zeigte sich später, als Duchovny die Serie verließ - es war der Anfang vom Ende. Der neue Partner an der Seite Scullys, in Gestalt von Robert "T-1000" Patrick ("Terminator 2"), konnte Mulder nicht auf Dauer ersetzen. Doch dies ist zu diesem Zeitpunkt noch ferne Zukunftsmusik. Der Kettenraucher - von Mulder auch gern abfällig als "Der Krebskandidat" verunglimpft - hat jedenfalls in der Season One jeweils beim Pilot und der letzten Folge dieser Staffel ("Das Labor") die letzte, nahezu identische Einstellung - der Kreis schließt sich und die X-Files werden auf Betreiben der Verschwörer vorerst geschlossen. Doch dies ist bekanntlich nicht das letzte Wort, denn die Wahrheit ist immer noch irgendwo da draußen.

DVDs und Bonusmaterial
Die neue, recht schmucklose 7er Amaray-Box ist ausstattungsseitig mit den aufwändigeren Staffel-Sammelpaketen identisch. Fox hat selbstverständlich darauf verzichtet den Inhalt einer digitalen Frischzellenkur zu unterziehen. Das 4:3 Fullframe-Bild sowie der DolbyDigital-lose Stereosound fallen aber in Anbetracht einer TV-Produktion immerhin standesgemäß ordentlich aus. Zwar sind auf allen DVDs Trailer untergebracht, das wirkliche Bonusmaterial befindet sich jedoch auf einer gesonderten Disk und darf als vergleichsweise üppig bezeichnet werden. Wobei die etwa nur einminütigen Teaser-Beiträge für den "F/X-Channel" ziemlich nervig, weil lediglich einzeln anwählbar, sind. Die Interviews mit Chris Carter und die Behind-the-Scenes-Beiträge erweisen sich hingegen als nicht nur für Fans der Serie interessant. Ein paar Deleted Scenes aus dem Pilotfilm, sowie weitere Trailer zu allen 24 Folgen der ersten Staffel runden die Sache ab.

Fazit
Viele Köche, respektive Regisseure, verderben den Brei? Oftmals ist das so, bei der ersten Akte X Season jedoch nicht. Alle 24 Episoden wirken wie aus einem Guss. Natürlich gibt es immer persönliche Favoriten und Highlights, was stets subjektiv gefärbt ist, doch wirkliche Ausfälle sind aber gar nicht anzutreffen. Alle Folgen befinden sich auf dem hohen Level, den Chris Carter an sein, damals wie heute, originelles Baby stellte. Sowohl was Inszenierung, Kontinuität, Spannung als auch die technische Machart, sprich: Das Visuelle, betrifft. Kaum verwunderlich, dass die Serie einschlug wie eine Bombe und sich den leider oft inflationär verwendeten Titel "Kult" vollkommen berechtigt ans Revers haften darf. Die 2008 neu aufgelegten Sammelboxen sind eine gute Gelegenheit für bisherige Zauderer sich die 9 kompletten Staffeln mit reichhaltigem Hintergrundmaterial zu einem fairen Preis zuzulegen. Je etwa 17 Stunden Suspense sind ihre derzeit rund 20 Euro in jedem Fall wert - Interesse an der Thematik vorausgesetzt.

Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT: "The X-Files - Season 1"
USA 1992 - 1994 (Erstausstrahlung 1994 - 1995)
Genre: Mystery, TV-Serie
DVD 2008, Fox
Version: 7 DVD Box, FSK 16
EAN: 4010232043764
Laufzeit: ca. 17 Stunden.
Bildformat: 4:3 Fullframe (1,33:1)
Soundformat: Stereo (Deutsch, Englisch, Spanisch)
Bonusmaterial: ca. 2 Stunden diverse Behind-the-Scenes Featurettes und Interviews

Produktion: Chris Carter, Daniel Sackheim u.a.
Drehbuch: Chris Carter
Musik: Mark Snow
Regie: David Nutter, Robert Mandel, Joe Napolitano, Jerrold Freedman, William Graham, Daniel Sackheim, Michael Lange, Harry Longstreet, R.W. Goodwin, Michael Katleman, Larry Shaw, Fred Gerber, Rob Bowman

Darsteller u.a.: David Duchovny (Fox Mulder), Gillian Anderson (Dana Scully), Brad Dourif, Mitch Pileggi (Director Skinner), William B. Davis ("Smoking Man"), Jerry Hardin ("Deep Throat")