Die Bourne Identität (DVD) Testbericht

ab 7,69
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  sehr viel
  • Anspruch:  durchschnittlich
  • Romantik:  niedrig
  • Humor:  durchschnittlich
  • Spannung:  spannend

Erfahrungsbericht von mima007

Ein Thriller für Denker? geht das?

Pro:

spannend, unterhaltsam, gute Handlung, Action, Tempo, Hightech; politische Botschaft; gutes Bonusmaterial

Kontra:

ausbaufähige Dialoge, gewöhnungsbedürftige Optik

Empfehlung:

Ja

Ein Killer-Agent leidet unter Gedächtnisverlust und versucht seine Identität herauszufinden. Nicht nur stößt er dabei auf ein paar überraschende Details, sondern muss auch noch um sein Überleben kämpfen. Zum Glück steht ihm Franka Potente bei. Dann kann ja nichts schief gehen.

Filminfos
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O-Titel: The Bourne Identity (USA 2002), DVD: 24.4.03, Special Edition: 7.10.2004
FSK: ab 12
Länge: 114 Min.
Regisseur: Doug Liman ("Swingers", "Go")
Drehbuch: Doug Liman, nach dem Thriller von Robert Ludlum (Executive producer)
Kamera: Doug Liman
Musik: John Powell
Darsteller: Franka Potente (Marie Kreutz), Matt Damon ("Jason Bourne"), Julia Stiles (Agentin Nicky) Chris Cooper, Brian Cox, Clive Owen u.a.

Handlung
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Italienische Fischer bergen eines Nachts den leblosen Körpers eines jungen Mannes (Matt Damon) aus dem Teich zwischen Genua und Korsika. Zum Glück verfügt einer von ihnen über medizinische Kenntnisse und kann die zwei Kugeln aus dem Rücken und die Kapsel aus seiner Hüfte holen, mit der sich ein Laserstrahl erzeugen lässt. Der Strahl zeigt die Angaben zu einem Schweizer Nummernkonto. Allmählich kommt wieder Leben in den Mann, doch kann er sich nicht mehr an seine Identität erinnern. Wenigstens kann er den Fischern bei ihrer Arbeit helfen, denn erstaunlicherweise beherrscht er nicht nur Italienisch, sondern noch eine Reihe weiterer Sprachen.

Im Hafen von Imperia angekommen, geht der Namenlose mit etwas Knete von Bord und - verschwindet vor unseren Augen. (Später tut er das nochmals, und am Schluss erscheint er wie aus dem Nichts.) Was tut man, wenn man über sich nichts weiß? Man geht zur Bank. Doch der Namenlose muss davon ausgehen, dass irgendjemand ihn vermisst, ihn sucht. Alles klappt, bis er sein Schließfach geleert hat: Upps! Er verfügt über mindestens zwei Identitäten. Er entscheidet sich für "Jason Bourne", schnappt sich die Knete und entsorgt die Knarre. So ist's brav - dieser Film ist schon ab 12 freigegeben!

Doch die Hintermänner haben aus der Bank einen Tipp erhalten und hetzten Jason die Polizei auf den Hals. Als Amerikaner flüchtet er sich ins entsprechende Konsulat, wo er erst einmal mit prächtiger Handarbeit alle gefährlichen Leute ausschaltet - aha, Karate kann er auch -, bevor er sich mit kühlem Kopf den nächsten Weg über die Feuerleiter sucht. Er hat Talent zum Fassadenkletterer, wie man sieht, doch zum Kidnapper reicht's noch nicht. Er erkauft sich die Chauffeursdienste von Marie Kreutz (Potente) mit einem Geldbündel.

Marie ist eine Zigeunerin, die schon mehrere Kuraufenthalte in Westeuropa hinter sich hat. Auf dem Konsulat bemühte sich um ein amerikanisches Visum, mit wenig Glück aufgrund der Bourne-Aktion. Nun wundert sie sich über diesen kühlen Typ, den sie in ihrem Kleinwagen von Zürich nach Paris kutschiert. Zum erstenmal findet Jason Schlaf. Das ist gut so, denn kaum in seiner Wohnung angekommen, bekommt er unliebsamen Besuch vom ersten der Killer, die die NSA-Zentrale auf ihn angesetzt hat. Was hat der arme Junge nur verbrochen, dass ihm gleich mehrere Killer ans Leder wollen? Andererseits: Man sieht es ihm nicht direkt an, dass er ein ausgebildeter Attentäter ist.

Mein Eindruck: der Film
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Heimatlose Helden

Wie schon in der ersten Verfilmung mit Richard Chamberlain entspinnt sich die Handlung eines klassischen Euro-Agententhrillers der siebziger Jahre, was Stil und Locations angeht. Allerdings verläuft diesmal die Handlungsstruktur ein wenig anders: Sie ist nämlich dem Kinderbuch "Der Zauberer von Oz" entliehen. Dies verrät Liman in seinem Regiekommentar. Folglich versucht Bourne, zurück "nach Kansas" zu gelangen, wo seine Heimat ist. Denn Bourne bemüht sich nicht, in die Zentrale der Hintermänner vorzudringen, sondern beschränkt sich darauf, zu überleben und herauszufinden, wer und was er ist. Dabei entwickelt er allerdings überhaupt keine Schuldgefühle. Er bleibt der coole Macker.

Da verwundert es doch ein wenig, dass sich Marie Kreuz, die Abenteurerin, mit ihm einlässt. Sie dreht zwar schon ein wenig durch, aber auch das bekommt Bourne in den Griff. Überhaupt hat Marie wenig Fragen, was Bournes Hintergrund anbelangt. Vielleicht war er ja gerade dabei, den Dritten Weltkrieg vorzubereiten? Für Bourne ist sie aber wichtig: SIE ist seine Heimat.

Franka Potente, Germanys Hollywood-Export, sieht neben Matt Damon wirklich gut aus. Sie behauptet sich neben dessen Star-Image, das mühelos die Leinwand füllt, bis zum Schluss: "Sie haben wohl keine Ausweispapiere bei sich, mein Herr?" fragt sie den Neuankömmling. "Ich fürchte, nein." Wär ja auch ein Wunder.

Diese und andere sparsame Dialoge sind es dann auch, die die Zuschauererwartungen nicht erfüllen. Wer sich einen Mega-Thriller à la Schwarzenegger oder 007 vorgestellt hat, wird von Doug Limans naturalistischer Inszenierung ziemlich verblüfft. Liman schrieb das Buch, produzierte selbst, drehte selbst - und die Herkunft vom Independent-Spielplatz spürt man eben an allen möglichen Ecken und Enden.

Wer Qualitätsarbeit à la "Der Schakal" (Remake) gewöhnt ist, fühlt sich irgendwie an die Außenlinie versetzt: Die Dialoge bestehen nicht aus markigen Macho-Sprüchen, triefen nie vor Ironie, stellen aber auch keine schlüpfrige Intimität her. Andererseits bekommen wir aber nicht genügend Hinweise, um uns die beiden Hauptfiguren als echte Menschen vorstellen zu können. Sie sind etwas im Niemandsland zwischen Klischee und Realität: Schatten in Platons Höhle.

Gelobt sei das Böse: es erfüllt alle Klischees

Da lobt man sich doch die Schurken! Chris Cooper ist jederzeit das Inbild des eiskalten, Sprüche klopfenden, die Computertechnik und Datenflüsse beherrschenden NSA-Abteilungsleiters, der versucht, den abtrünnigen Agenten Bourne irgendwo in Europa aufzuspüren und unschädlich zu machen. Zum Glück ist dies nicht die einzige Dimension, in der er uns gezeigt wird. Er hat einen Boss (Brian Cox), der das verunglückte Projekt "Treadstone" vor einem Ausschuss zu vertreten hat. Es mutet wie purer Zynismus an, wenn er "Treadstone" als Planspiel verkauft: Immerhin gingen bei diesem "Spiel" eine ganze Reihe von Menschen drauf. Und so eiskalt wie dieser Typ ist, wundert es nicht, dass er auch seine eigenen Leute über die Klinge springen lässt.

Die geheime Bedeutung des Films

Dies führt nun zu dem eigentlichen Kern des Films, für den Liman fünf Jahre brauchte. Wie uns der Regisseur verrät, beruhen die Treadstone-Szenen auf den Lebenserinnerungen von Limas Vater, der seinerzeit unter der Reagan-Administration (1980-88) als Anwalt einen gewissen Oliver North befragte, der in der berüchtigten Iran-Contra-Affäre Geschäfte mit dem Iran machte, um die Rebellen in Mittelamerika finazieren zu können. Netter Deal - ging aber daneben.

Aufgrund seiner linksliberalen Sympathien kritisiert Liman ganz deutlich die Außenpolitik der US-Regierung unter Reagan (kein großer Unterschied zu Bush, ob nun mit oder ohne W.) und die Machenschaften der National Security Agency (NSA). Daher erfand Liman auch einen kleinen afrikanischen Staat, dessen Oberhaupt Wombosi im Zuge des Treadstone-Planspiels getötet werden sollte. (Das war auf einer Jacht im Mittelmeer, führte aber aufgrund unvorhergesehener Umstände dazu, dass Bourne im Teich landete.)

Bekanntlich ist der Zauberer in "Zauberer von Oz" nur ein mickriges, aufgeblasenes Männlein, ein Popanz. In diesem Film entspräche ihm wohl die NSA. Ob das aber hinhaut? Das muss jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden.

Die DVD
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Technische Infos

Bildformate: 2.35:1
Tonformate: DD 5.1, DTS
Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 5.1, DTS 5.1) Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: D, Engl.

Extras der Standard Edition:

• Audiokommentar von Regisseur Doug Liman (keine Untertitel)
"Ein exklusiver Blick hinter die Kulissen": Die Geburt von TBI (ca. 15 Min.)
• Alternatives Ende
Unveröffentlichte Szenen
Erweiterte Bauernhaus-Szene
• Musik-Video von Moby "Extreme Ways" (3:30)
• Original-Kinotrailer
• Vorschau-Trailer: Johnny English; The HULK
• DVD-ROM mit TotalAxess

Extras der Special Edition:

Extras der Normal Edition:

• Audiokommentar von Regisseur Doug Liman (keine Untertitel)
"Ein exklusiver Blick hinter die Kulissen": Die Geburt von TBI (ca. 15 Min.)
• Alternatives Ende
Unveröffentlichte Szenen
Erweiterte Bauernhaus-Szene
• Musik-Video von Moby "Extreme Ways" (3:30)
• Original-Kinotrailer
• Vorschau-Trailer: Johnny English; The HULK
• DVD-ROM mit TotalAxess

Extras der Special Edition:

* ALTERNATIVER ANFANG UND ENDE* (Engl. Mit Untertitel)

* MATT DAMON: Von IDENTITÄT ZU VERSCHWÖRUNG (3:34 Min)Exklusive Interviews mit Matt Damon und Franka Potente erkunden die Entstehung von Die Bourne Identität und schlagen eine Brücke zu der kommenden, spektakulären Fortsetzung: Die Bourne Verschwörung;TRAILER

* NICHT VERÖFFENTLICHTE SZENEN: (6:55 Min) Freigegebene Geheiminformationen; DAS TEMPO DES SOUNDS (ca 6 Min); MOBY MUSIK VIDEO ('Extreme Ways') (3:30 Min)

* IM INNEREN EINER KAMPF-SZENE (4:40 Min) Begleiten Sie Matt Damon und den Stunt-Choreographen des Films am Set bei der Ausarbeitung der brisanten, actiongeladenen Kampf-Sequenz in der amerikanischen Botschaft!; ZUGANG GEWÄHRT: Interview mit Drehbuchautor Tony Gilroy (4:01 Min)

* SPIONAGE: VERDECKTE ERMITTLUNGEN (5:28 Min) CIA-Verbindungsmann Chase Brandon beschreibt detailliert, wie im echten Leben ein Top-Agent ausgebildet wird; DIE BOURNE DIAGNOSE: (3:23 Min) Ein berühmter Psychologe der University of California in Los Angeles untersucht die faszinierenden Ursachen und Wirkungen von Jason Bournes Amnesie und ihre zentrale Rolle in diesem packenden Spionage-Thriller!; -DER BOURNE ERFINDER: (5:42) Ein spannender Blick auf den Bestseller-Autor der international erfolgreichen Bourne Trilogie, Robert Ludlum;

Mein Eindruck: die DVD
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Der zitierte Regiekommentar ist bereits sehr aufschlussreich. Etwas mehr Informationen auch für die Augen liefert das viertelstündige Making-of, das "die Geburt von TBI" zu erzählen vorgibt, als wäre es ein Evangelium. Immerhin erfahren wir, wie man sich einen "complicated brainy thriller" vorstellte und mit allerlei Kampfszenen, Autojagden à la Frankenheimers "Ronin" (very cool!), Duellen und Hightech-Überwachung in Szene zu setzten versuchte. Das klappte auch meistens vorzüglich, und der Zuschauer kann sich über einen Mangel an Action keineswegs beklagen. Immerhin hatte Damon drei Monate dafür trainiert. Wenn nur seine Dialoge und seine Mimik nur halb so gut wären!

Das "alternative Ende" ist lediglich unerträglich süßlich geraten - offenbar wurde es auch recht hastig gedreht, um einen Abschluss zu finden. Von den "unveröffentlichen Szenen" ist lediglich Nummer 3 interessant, denn sie liefert ein wenig psychologische Analyse, was die menschliche Beziehung zwischen Jason und Maria angeht. Die anderen kann man vergessen, ebenso wie die erweiterte "Bauernhaus-Szene", wo ein weiterer Killer zuschlägt. Die Erweiterung besteht darin, dass sich Jason und Maria mit Kindern an einem Esstisch unterhalten.

Moby's Musikvideo"Extreme ways" (3:30) ist voll retro; es hat dieses Seventies-Feeling. Das jetzt so angesagt ist. Neben den Trailern zu "Johnny English" und "The Hulk", die auf allen aktuellen DVDs zu finden sind, bietet die Silberscheibe Zugang zur Website des Studios.

Wissenswerte Trivia: "Die Bourne-Identität" war die schnellstverkaufte DVD aller Zeiten (vermutlich wegen des HULK-Trailers). Und im ganzen Film wird keine einzige Zigarette geraucht. Und nur einmal ist das Four-letter-word "F**k" zu hören. Insgesamt handelt es sich also um einen äußerst politisch korrekten Film.

Unterm Strich
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TBI ist anders als andere Agententhriller, auch ganz anders als die erste Verfilmung mit Richard Chamberlain. Das liegt natürlich vor allem an einem Mann: Regisseur, Produzent, Drehbuchautor und Kameramann Doug Liman. Er ließ die Story stark von der Buchvorlage abweichen und wob seine eigenen Statements gegen den NSA-Geheimdienst ein.

Angelehnt an Motive aus "Der Zauberer von Oz" sucht der gedächtnislose Attentäter "Jason Bourne" nach seiner psychologischen Heimat auf Erden. Eigentlich sollte sich sein Charakter ja durch seine Suche weiterentwickeln, doch dies bleibt aus. Auch die Beziehung zu der zigeunerhaften Deutschen maria Kreuzt verändert ihn kaum. Ergebnis: Verfolgungs- und Kampf-Action bis zum Abwinken, aber die menschliche Seite wird doch nur in sehr begrenztem Rahmen gezeigt bzw. glaubwürdig.

Die DVD scheint eine Menge Bonusmaterial zu enthalten, tatsächlich taugen aber nur das viertelstündige Making-of und der Regiekommentar etwas, um Hintergrundinfos zu liefern.

Fazit: vier von fünf Sternen.

Michael Matzer (c) 2005ff

26 Bewertungen, 2 Kommentare

  • princesse

    29.01.2005, 22:40 Uhr von princesse
    Bewertung: sehr hilfreich

    hat mich nicht wirklich vom hocker gerissen, ich überlege, ob ich mir den 2. teil wirklich antun soll.

  • Boadicea

    25.01.2005, 18:34 Uhr von Boadicea
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ja, ich muss zugeben, dass mir damals im Kino keinerlei Parallelen zum Zauberer von Oz aufgefallen sind, aber wo du das schreibst,... hmmm... Danke für einige Zusatzinformationen! LG von Boadicea.