Der Geschmack von Apfelkernen (Taschenbuch) / Katharina Hagena Testbericht

*** KAUFENTSCHEIDUNG ***

Das Buch "Der Geschmack von Apfelkernen" hätte ich mir selbst wahrscheinlich nie gekauft. Ich bekam es von meiner Tante geschenkt, die mir dann wichtig erklärte, dass es ein Spiegel-Bestseller gewesen sei. Der Titel an sich verriet mir erst mal gar nicht, um was es denn in dem Buch gehen könnte. Der Klappentext machte mich auch erst mal nicht besonders neugierig. Deshalb dauerte es eine ganze Weile, bis ich mich dann doch mal ans Lesen machte. Überraschenderweise gefiel mir das Buch dann doch sehr gut.


*** KURZINFO ***

- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- Erscheinungsjahr: 2009
- Seitenanzahl: 254
- ISBN-13: 9783462041491
- ISBN-10: 3462041495
- Preis: 8,99 Euro (D)


*** KLAPPENTEXT ***

Schillernd und magisch sind die Erinnerungen an die Sommerferien bei der Großmutter, geheimnisvoll die Geschichten der Tanten. Katharina Hagena erzäht von den Frauen einer Familie, mischt die Schicksale dreier Generationen. Ein Roman über das Erinnern und das Vergessen - bewegend, herrlich komisch und klug.


*** INHALT UND EIGENE MEINUNG ***

Das Buch beginnt mit den Erinnerungen an den Tod eines jungen Mädchens, der Großtante der Hauptfigur Iris. Gleich auf Seite 2 folgt dann ein weiterer Tod, nämlich der von Bertha, der Großmutter von Iris und der Schwester von dem eben erwähnten Mädchen. Zunächst werden einige Erinnerungen aus dem Leben der Verwandten von Iris geschildert, teilweise auch recht sprunghaft, so dass es zunächst einmal gar nicht so leicht ist, den Faden zu finden bzw. nicht zu verlieren. Liest man aber etwas weiter, dann erfährt man den Anlass für all diese Erinnerungen: Bertha, die Großmutter von Iris, ist gestorben und anlässlich ihrer Beerdigung kommen die Verwandten seit langem wieder einmal in Bootshaven, ihrem Geburtsort zusammen. Iris setzt sich dann in den folgenden Kapiteln mit ihrer eigenen Vergangenheit und ihren eigenen Erinnerungen an die Sommerferien im Haus ihrer Oma auseinander. Schließlich verkündet ihr der Rechtsanwalt ihrer Großmutter, den Iris im Übrigen auch schon aus Kindheitstagen kennt, dass Bertha ihrer Enkelin das Haus vererbt hatte. Im Zweifel darüber, ob sie dieses große Erbe und auch die damit verbundene Last annehmen soll, beschließt Iris, sich einige Tage frei zu nehmen und im Haus zu bleiben, um sich ihre Entscheidung gut zu überlegen. Dort im Haus kommen dann sämtliche Erinnerungen an die Kindheit zurück. Die Sommerferien die Iris mit ihrer Cousine und einer Freundin im Garten der Oma verbracht hat, die Tage, an denen sie gemeinsam zur Schleuse oder zum See fuhren, und auch die schrecklichen Ereignisse, die sie erleben mussten, wie zum Beispiel den schrecklichen, tödlichen Unfall der Cousine oder die Demenz von Bertha. Sehr anschaulich und ergreifend schildert Iris den geistigen Abbau ihrer Großmutter, die immer mehr vergaß und schließlich zum Ende hin in ein Pflegeheim eingewiesen werden musste. Die Erinnerungen sind alle sehr lebendig und entführen den Leser in eine andere Welt und meist auch in eine andere Zeit. Mir persönlich gefielen vor allem die Ausschnitte, die sich um die Großeltern von Iris drehen. Diese frühere Zeit - vor, während und nach dem 2. Weltkrieg - lässt den Leser dem eigenen Alltag am besten entfliehen. Zwischen all den Erinnerungen, die Iris an ihr eigenes Leben wälzt, finden sich auch immer wieder Ausschnitte aus dem Leben ihrer Cousinen, ihrer Mutter, ihrer Tanten und ihrer Großmutter. Oft ist es nicht ganz nachvollziehbar, woher Iris diese Geschichten kennt. Denn bei einigen dieser Ausschnitte kann sie definitiv nicht dabei gewesen sein. Manchmal wird erwähnt, dass ihr diese oder jene Geschichte von einer Tante oder ähnlichem erzählt wurde, meist aber werden die Eindrücke einfach eingebracht, ohne dass man als Leser nun genau versteht, wer von diesen berichtet hat. Dieser Umstand hat mich beim Lesen zeitweise etwas gestört, da die Geschichte im Ganzen dadurch in meinen Augen etwas weniger authentisch wirkt. Trotz allem ist es meiner Meinung nach sehr interessant, mehr über die einzelnen Familienmitglieder der verschiedenen Generationen zu erfahren. Heimliche Liebschaften und ungewollte Schwangerschaften sind nur Beispiele für die Geheimnisse, die erst allmählich offenbart werden. Während Iris sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt, entwickelt sich auch in der Gegenwart eine neue erinnerungswürdige Situation: Iris verliebt sich Hals über Kopf in den Rechtsanwalt, der sich um die Erbschaftsangelegenheiten kümmert. Ob Iris und er sich eine Chance geben oder ob Iris mit gebrochenem Herzen wieder abreisen muss, sollte nun aber jeder selbst lesen dürfen.


*** ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG ***

Die Familiengeschichten an sich fand ich recht ergreifend und interessant. Das Haus, das Iris von ihrer Großmutter vererbt bekommt, kann man sich sehr gut vorstellen - wenn es sprechen könnte, hätte es sicherlich viel zu erzählen. Der Schreibstil hat mir an sich auch zugesagt, nur teilweise störte es etwas, dass die Erinnerungen anderer Familienmitglieder auf eine allwissende Art dazwischen geschoben wurden, ohne dass ich als Leser erkennen konnte, woher Iris dies nun wissen könnte. Aber bis auf diese Kleinigkeit hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich vergebe deshalb 4 von 5 Sternen