Mulholland Drive - Straße der Finsternis (VHS) Testbericht

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ab 16,49
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Erfahrungsbericht von katapult

Das 146-Teile Puzzle

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Wenn man beeindruckt aus dem Kino kommt obwohl man eigentlich nicht viel von der Story verstanden hat und dennoch das Gefühl nicht los wird, dass alles einen Sinn ergeben könnte, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass David Lynch dahinter steckt.
Und „Mulholland Drive" ist ein typischer Lynch. Mit einer Ausnahme, die es dem Zuschauer noch viel schwieriger macht als gewöhnlich: In den letzten 40 Minuten des Films schenkt uns Lynch einen Interpretations-Leitfaden. Somit werden wir nahezu gezwungen, das Puzzle irgendwie zusammenzustecken. Aber natürlich fallen wir dann nur auf Lynchs Konzept rein. Ein paar Puzzle-Teile muss sich jeder nämlich immer noch selbst zurechtschneiden, von einer konsequenten Logik bleiben wir wie in vielen Filmen des Ausnahmeregisseurs auch diesmal verschont.

Nach einem kurzen (aber bedeutungsschweren) Intro beginnt „Mullholland Drive" wie ein Kriminalfilm. Eine geheimnisvolle, schwarzhaarige Schöne (Laura Herring) wird in einer Limousine kutschiert, dann stoppen die zwei Fahrer und bedrohen sie mit einer Pistole. Bevor es aber zum Schuss kommen kann rast ein anderes Auto, besetzt mit trunkenen Jugendlichen, in den Wagen. Die zwei Fahrer sind auf der Stelle tot, doch das vermeintliche Mordopfer überlebt und flüchtet schwer benommen. Es gelingt ihr schließlich, in eine Wohnung zu flüchten, die gerade von einer älteren Frau leer geräumt wurde. Was ihr widerfahren ist, wie sie überhaupt heißt und was sie in der Wohnung zu suchen hat, fragt dann Betty (Naomi Watts), die gerade aus Kanada nach L.A. gekommen ist um ihr Glück als Schauspielerin zu versuchen. Sie betritt die Wohnung ihrer Tante und findet zu ihrer Überraschung eben diese Frau unter der Dusche vor. Doch die fremde Person antwortet nur zögerlich. Es stellt sich heraus, dass sie ihre Erinnerung verloren hat. Sie gibt sich den Namen Rita, den sie auf einem alten Plakat zu einem Rita-Hayworth-Film sieht. Nach kurzer Zeit gibt Betty ihr Misstrauen auf. Sie erlaubt Rita zu bleiben, und beide begeben sich auf die Suche nach Ritas Identität.

Wie sich die Handlung der ersten 100 Minuten des Films weiterentwickelt, ist in einer chronologischen Reihenfolge kaum noch wiederzugeben. Alle Figuren des ersten Teils des Films scheinen auf geheimnisvolle Art und Weise mit dem Schicksal der zwei Frauen verknüpft zu sein. Zum Beispiel der Regisseur Adam, der von der Mafia erpresst wird (Justin Theroux spielt seine Rolle lakonisch komisch und sieht dabei aus wie der junge Wim Wenders). Ihm wird zu verstehen gegeben, dass eine gewisse Camilla Rhodes die Hauptrolle in seinem Film zu übernehmen habe, ansonsten lasse man das Projekt fallen. Dann hockt auch noch ein Monster in einem Hinterhof und bringt eine Nebenfigur zum Kollaps und fuchtelt später mit einer blauen Box herum, einem Schlüsselsymbol des Films. Ein mysteriöser Cowboy, ein schusseliger Killer, eine hellseherische Alte und nicht zuletzt ein surreal wirkendes Theater runden den Lynch-Kosmos ab. Man fühlt sich erinnert an „Lost Highway" und „Blue Velvet". David Lynchs Welten sind unnachahmlich.

Erstaunlich ist dann, was nach etwa 100 Minuten geschieht. Die beiden Hauptfiguren, Betty und Rita, sind urplötzlich aus der Handlung verschwunden. Erzählt wird von nun an von Diane und Camilla. Was es mit diesem Wechsel auf sich hat und wie sich die letzten 40 Minuten des Films zum langen ersten Teil verhalten ist ganz gewiss (nach „Memento") das gelungenste Filmpuzzle der letzten Jahre.

Dass sich „Mulholland Drive" in zwei ungleich lange Teile trennen lässt, hat einen plausiblen Grund. Ursprünglich war er als Pilotfilm gedacht für eine zehnteilige Fernsehserie auf „ABC TV". Lynchs fertiger Film wurde aber abgelehnt, und er rief die Crew daraufhin noch einmal zusammen und fügte dem ersten Teil einen zweiten hinzu, mit dem dann der Kinofilm entstanden ist. Zwar merkt man den Bruch im Film recht deutlich; die Stimmung wandelt sich, die stilvolle Lynch-Ästhetik des ersten Teils geht teilweise verloren. Aber damit setzt auch noch ein weiteres mal Spannung ein. Plötzlich packt uns Lynch an dem Punkt, der uns immer wieder ins Kino treibt. Die Barrieren zwischen Traum und Realität, Hollywood und Schauspieleralltag, Illusion und Alltag lösen sich auf. Mit den schönen Schauspielern lässt sich nicht mehr sympathisieren und im „Silencio"-Theater erleben Rita und Betty exemplarisch den Desillusions-Trip.

14 Bewertungen, 3 Kommentare

  • w.gruentjens

    26.11.2002, 00:29 Uhr von w.gruentjens
    Bewertung: sehr hilfreich

    Muss ich noch sehen, kann noch nichts dazu sagen.

  • wolfman

    23.07.2002, 13:06 Uhr von wolfman
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Film, klasse Bericht! Gruß Wolfman

  • Chris_ONeal

    16.04.2002, 23:57 Uhr von Chris_ONeal
    Bewertung: sehr hilfreich

    Guter Bericht der da von dir fabriziert wurde, schau mal bei mir vorbei...MFG Chris...