Pro:
In einer Demokratie ein unverzichtbares Instrument
Kontra:
Der Wähler fühlt sich hilflos
Empfehlung:
Nein
Alle vier Jahre soll der Bürger in einer Demokratie die Möglichkeit haben, Politprofis, also Leute, die die Politik zu ihrem Beruf und Broterwerb gemacht haben, in ihrer Funktion zu bestätigen oder eben nicht.
Funktioniert das eigentlich noch so, wie man sich das einmal gedacht hat?
Tatsache ist doch, dass weniger regiert, als reagiert wird , weniger gestaltet, als verschlimmbessert, weil über die Jahrzehnte Verkrustungen, Gesetze, Absprachen, Interessenlagen scheinbar kaum noch Spielräume zulassen.
Die Lösung scheint bei einigen Denkrichtungen darin zu bestehen, Spielräume da zu schaffen und mit einem gewissen Aktionismus garniert mit Paukenschlägen zu besetzen,wo ein kurzzeitiger Aufmerksamkeitswert im Vordergrund steht. Beispiele hierfür sind für mich die Ökosteuer, die uns als Negativeffekt Arbeitslosigkeit beschert ( sage ich gleich mehr dazu ) und die Scheinselbständigkeitsregelung ( die viele Menschen, die sich auf dem Grat zwischen eigenem Lebensunterhalt und Sozialamt bewegt haben, zu Sozialhilfeempfängern gemacht hat) und auch die Verschärfungen beim sog. 630 Mark-Gesetz, der "Steueroase des kleinen Mannes", der als Geldquelle für den einen oder anderen zusätzlichen Konsum damit versiegt ist. Gleichzeitig zahlen Großverdiener in diesem Land legal kaum Steuern. Wo bleibt da die beschworene soziale Gerechtigkeit, indem die 630 Marks Praxis als einziges auf dem Prüfstand steht und wo bleibt hier die ausgewogene Politik auch für den kleinen Mann ?
Hier hätte man behutsamer drangehen müssen und zwar erst dann, wenn die tatsächlich einschneidend negativen Folgen nach einer 16 jährigen Regierung einer einzigen Handschrift aufgearbeitet und korrigiert worden wären. Zu diesen einschneidenden Folgen gehört u.a. die Einführung des Euro - die wir zwar nicht rückgängig machen können und auch kaum wollen können, aber hier hätte es Gestaltungsspielräume gegeben, die sich positiv auf die Beschäftigung in diesem Land ausgewirkt hätten. Sicher kann eine Regierung nichts für die Verhaltensweisen schwarzer Schafe, allerdings sind viele jetzt spürbare Folgen voraussehbar gewesen und hätten durch bessere organisatorische Maßnahmen besser moderiert werden können. Ein weiterer Mühlstein am Halse der Bürger ist nicht die Steuerlast alleine sondern der Erfindungsreichtum, was man noch so alles mit Abgaben belasten könnte und die damit einhergehende Willkür und Arroganz der vollziehenden Organe.
Schröder muss sich an seinem Versprechen messen lassen, nicht viel anders machen zu wollen, aber einiges besser. Hat er es besser gemacht und was versprechen die anderen ?
Tatsache ist, dass die Mehrheit der Bürger die eigene Lebenssituation als schlechter empfindet, als vor 4 Jahren. Das hat u.a. damit zu tun, dass viele Waren und Dienstleistungen, auf die man nicht verzichten kann, heute teurer sind, die Löhne und Gehälter durch Entlassungen und Neueinstellungen ( dem Austausch von Arbeitskräften auf dem selben Arbeitsplatz) real durchschnittlich gefallen sind. Hier hätte man eine Menge besser machen können und müssen.
Die Ära Kohl hat einiges hinterlassen, was jede andere Regierung wohl noch über Jahre auszubaden hat, egal welcher Partei der Kopf einer Regierung angehört. Es darf einfach nicht sein, dass eine Regierung so lange im Amt bleibt, es schadet der Innovationsfähigkeit. Nur darf man verlangen können, dass beim Auswechseln einer Mannschaft auch die notwendige Professionalität an den Tag gelegt wird. Die Einführung der Ökosteuer war gerade das krasse Gegenteil . Hier hätte man nur bei Helmut Schmidt nachlesen brauchen, der die Gefahren, die mit der Verteuerung von Energie bereits 1975 sehr eindrucksvoll beschrieben hat. Ein volkswirtschaftlicher Unsinn erster Güte, solange man nicht die Rahmenbedingungen schafft, die einen solchen Schritt erst sozialverträglich machen.
Letztlich ist der Verbraucher der Leidtragende denn dem fehlt das Geld, um damit Waren und Dienstleistungen anderer Art zu bezahlen, die Arbeitsplätze sichern. Dieser Effekt wird noch beschleunigt, indem die Wirtschaft den erhöhten Kostendruck durch Rationalisierungen (=an erster Stelle Entlassungen) kurzerhand kompensiert. Stichwort: globale Konkurrenzfähigkeit.
Was möchte nun ein Kandidat Stoiber hier besser machen ? Was ein Kandidat Westerwelle ? Viel Konkretes hört man auch hier nicht - und das, was man hört sind bestenfalls Pflästerchen und damit auch kaum mehr, als populistische Ankündigungen, wie die Wiedereinführung der alten 630 Marks Regelung , nur diesmal sozusagen deluxe nit höheren Grenzen ( sicher tendenziell richtig aber auch nur ein Herumdoktern am Symptom ) oder wie die Rückgängigmachung der Scheinselbständigkeitsregelungen. Das alleine, wenn auch sicher nicht falsch, kann und wird die Konjunktur nicht auf Trab bringen. Dazu gehört erheblich mehr. Es drängt sich der Eindruck auf, dass man erst einmal alles dran setzt gewählt zu werden, und dann geht man nach der Wahl irgendwie zu einer gewissen Tagesordnung über.Kein Bemühen zu einer längst überfälligen Bestandsaufnahme , kein Durchforsten von Hindernissen, die tatsächliche Verbesserungen erst ermöglichen könnten, keine Visionen, keine Impulse, die dem Wähler wenigstens vermitteln, dass die vorhandenen Probleme wenigstens angepackt werden.
Das Börsenklima in diesem Lande stimmt nicht. Anleger sitzen auf ihren Aktien, die noch 10 % dessen wert sind, was sie einmal wert waren, als sie gekauft wurden. Der Kurs der T-Aktie (Volksaktie)ist übrigens der finanzministerialen Gier bei der Versteigerung der UMTS Frequenzen zu nicht unerheblichem Teil zu verdanken. Dieses Geld ist dem Investitions- und Konsumkreislauf entzogen, Anleger hoffen, dass sie ihr investiertes Geld einmal wiedersehen. Was haben die Kandidaten zu diesem wichtigen Thema zu sagen ? Die Menschen haben Angst vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes, welche konkreten Schritte sind hier vorhanden, den Menschen nicht nur Zuversicht sondern auch Sicherheiten zu geben ?
Hier zeigt nach meinem Geschmack kein Kandidat ausreichendes Profil . Nicht zu wählen hilft allderdings meistens denen, die man erst recht nicht will . Nur muss sich keine Partei und auch kein Kandidat wundern, wenn langsam keiner mehr weiss, wofür er eigentlich steht und mit einer demokratischen Einrichtung, wie einer Wahl kaum mehr als, Ratlosigkeit verbindet.
Man erlaube mir an dieser Stelle noch eine andere spitze (wenn auch sehr zynische) Bemerkung - wahrscheinlich wäre es klarer für die meisten Wähler, wenn sich anstatt Parteien Fußballvereine zur Bundestagswahl stellen würden. Damit können die meisten wahrscheinlich mehr anfangen. weiterlesen schließen
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