Erfahrungsbericht von Raileigh
Piratengeld
Pro:
Das Geld ist noch nicht so abgelutscht
Kontra:
Und alle machen sich satt damit und jammern trotzdem.
Empfehlung:
Nein
Was bringt uns der Euro?
Das war eine der Fragen, die das Jahresende 2001 sowie den Jahresanfang 2002 begleiteten.
Zumindest war es das Top-Thema in den Schlagzeilen. Die Bratfettgazetten der Republik kreischten auf, wegen des Preisanstiegs, der verdeckt, aber eindeutig war. Die Nachrichtenredaktionen von "Heute" und "Tagesschau" überboten sich in Einschätzungsausbrüchen und Kommentatorengefasel, wie gut und wie wichtig dass jetzt alles sei.
Lediglich Armin aus der "Sendung mit der Maus" brachte den vielleicht brauchbarsten Kommentar. Er besuchte die Uroma des Maus-Kameramanns, die 103 Jahre ist und fragte sie, was sie dazu meine. Die klärte den Mausmacher und die vielen Mausfans darüber auf, welche Währungsreformen sie alles schon durchgemacht hat. Kaiserliches Geld, Reichsmark, Inflationsgeld, Rentenmark, Deutsche Mark und nun der Euro. Sie sieht es gelassen. Schließlich hat sie alle anderen Umstellungen auch überstanden und mit ihr Millionen andere Deutsche auch. Sich aufzuregen bringt eh nicht viel, denn jetzt ist er da, der Euro.
Was bringt er also?
Zunächst bringt er erst einmal neues Geld. Das alte war ohnehin schon ziemlich abgegriffen. Endlich wieder glitzerndes neues Geld, güldene Talerchen. Mehrere Euros auf einem Haufen sehen aus wie die Golddublonen, die Filmpiraten in Schatzkisten finden und sich dann völlig dem Wahnsinn hingeben, während sie sich die schweren Münzen wie eine Dusche über den Kopf rinnen lassen.
So ähnlich geht es auch der Wirtschaft. Nachdem sie im letzten Halbjahr der DM gemächlich an der Preisschraube gespielt hat, meist mit der Ausrede, dass sich damit die Umrechnung zum Euro vereinfacht, setzte sie nun noch eins drauf, weil der Preis ja ohnehin so gering aussieht. Hier mal ein Cent, da mal ein Centchen. Die Preise sehen dadurch nicht viel schlimmer aus, weil sich das Auge des Käufers so leicht übers Ohr hauen lässt.
Beispiel?
Saturn - wahrscheinlich alle Platten und CD Händler gleichermaßen, aber Saturn und Dussmann sind mir besonders aufgefallen. Wurde die Durschnitts-Cd noch im Sommer 2001 für 32,98 DM gehandelt, so lag der Preis im Dezember bereits bei 33,03 DM. Begründet wurde das mit der Anpassung an den Euro. Heruntergehandelt wurde nicht. "Gucken se doch mal, wieviele hinter ihnen an der Kasse stehen. Der Nächste!" Jetzt kostet eine durchschnittliche CD 34,00 DM. Bei Dussmann hat sich der Durchschnittspreis von 34,80 DM auf 37,00 DM erhöht und das nicht nur bei Neuerscheinungen sondern auch bei ein paar der Ladenhüter, wie eine alte June Tabor CD, die ich dort bereits für 25,00 DM gesehen hatte.
Noch ein Beispiel?
Die Deutsche Bahn. Wer seine Fahrkarte nicht nutzen kann oder konnte, hatte die Möglichkeit sie an die Deutsche Bahn zurückzugeben. Dafür wurde eine Bearbeitungsgebühr von 17,-- DM fällig. Da der Bahnkunde offensichtlich sowieso als ziemlicher Idiot angesehen wird - der Vorstand der Bahn hat letztes Jahr wieder für einiges Geld sehr luxuriöse Autos gekauft, die fahren doch nicht mit der Bahn - hat man die Bearbeitungsgebühr für nichtgenutzte und zurückgegebene Fahrkarten auf 15 Euro umgerechnet. Damit ist die Bahn die einzige Firma, die den Euro beinahe 1:1 umgerechnet hat.
Kürzlich war ich auf Aotosuche. Ein Skoda sollte es sein. Neu kostete der Octavia-Kombi noch im letzten Jahr 32.000 DM. Der Jahreswagen, den ich mir ansah, in selber Ausstattung und Farbe, beim selben Händler sollte plötzlich 17.000 Euro kosten. Rechne mal einer nach!
Das Auge des Kunden schaut und frohlockt in den Einkaufscentern der Nation. Der Preis ist sieht geringer aus. Einige Kaufhaus-Junkies bekommen damit ziemliche Probleme. Andere sind skeptischer und kaufen weniger. Das war bei der Einführung der DM in der DDR ähnlich. Ich kenne Leute, die haben sich aus Sparsamkeit mit der DM-Einführung das Rauchen abgewöhnt.
Auch die Rechnung mit den Schulden, die sich nun halbiert haben, stimmt so nicht. Denn auch das Einkommen und die Raten haben sich halbiert, zumindest als fester Zahlenwert.
Und doch rechnet man stehts wieder in DM zurück, weil man sich an einem festen Wert festhalten will, mit dem man umgehen kann. Das Rechnen mit dem Euro macht mich ganz wirr im Kopf.
Angenehm indes ist das Einkaufen im Europäischen Ausland. Keine verzwickten Umrechnungskurse mehr, die einem den Einkauf erschweren. Kein Fragen mehr: "Was ist das in DM?" Keine Münzen mehr, die man mit nach Hause nimmt und nicht mehr umgetauscht bekommt.
Für den Münz-Sammler wird es einfacher. Die Euromünzen sehen europaweit gleich aus, nur das Wappen unterscheidet sich. Da kann man ganz übersichtlich eine Sammlung aufmachen und hoffen, dass bald ohnehin alle Euromünzen Europas verschwimmen und als Wechselgeld aus dem Kaffeeautomaten klappern. Der Weltbild-Verlag hat in seiner Schnick-Schnack-Abteilung bereits ein Sammelalbum herausgegeben. Mit vorgestanzten Löchern für jede Münze, die Europa so hergibt.
Ich bin fast geneigt, das zu bestellen.
Aber dann denke ich doch, dass ich eine einfache Holzkiste benutzen werde, in der ich alle verschiedenen Münzen hineinwerfe und mich nach Herzenslust daran gütlich tue, wenn sie komplett ist. Dann gieße ich sie mir über den Kopf wie die wahnsinnigen Filmpiraten und kann endlich die Frage beantworten: "Was bringt mir der Euro?"
Na, Kopfschmerzen.
Das war eine der Fragen, die das Jahresende 2001 sowie den Jahresanfang 2002 begleiteten.
Zumindest war es das Top-Thema in den Schlagzeilen. Die Bratfettgazetten der Republik kreischten auf, wegen des Preisanstiegs, der verdeckt, aber eindeutig war. Die Nachrichtenredaktionen von "Heute" und "Tagesschau" überboten sich in Einschätzungsausbrüchen und Kommentatorengefasel, wie gut und wie wichtig dass jetzt alles sei.
Lediglich Armin aus der "Sendung mit der Maus" brachte den vielleicht brauchbarsten Kommentar. Er besuchte die Uroma des Maus-Kameramanns, die 103 Jahre ist und fragte sie, was sie dazu meine. Die klärte den Mausmacher und die vielen Mausfans darüber auf, welche Währungsreformen sie alles schon durchgemacht hat. Kaiserliches Geld, Reichsmark, Inflationsgeld, Rentenmark, Deutsche Mark und nun der Euro. Sie sieht es gelassen. Schließlich hat sie alle anderen Umstellungen auch überstanden und mit ihr Millionen andere Deutsche auch. Sich aufzuregen bringt eh nicht viel, denn jetzt ist er da, der Euro.
Was bringt er also?
Zunächst bringt er erst einmal neues Geld. Das alte war ohnehin schon ziemlich abgegriffen. Endlich wieder glitzerndes neues Geld, güldene Talerchen. Mehrere Euros auf einem Haufen sehen aus wie die Golddublonen, die Filmpiraten in Schatzkisten finden und sich dann völlig dem Wahnsinn hingeben, während sie sich die schweren Münzen wie eine Dusche über den Kopf rinnen lassen.
So ähnlich geht es auch der Wirtschaft. Nachdem sie im letzten Halbjahr der DM gemächlich an der Preisschraube gespielt hat, meist mit der Ausrede, dass sich damit die Umrechnung zum Euro vereinfacht, setzte sie nun noch eins drauf, weil der Preis ja ohnehin so gering aussieht. Hier mal ein Cent, da mal ein Centchen. Die Preise sehen dadurch nicht viel schlimmer aus, weil sich das Auge des Käufers so leicht übers Ohr hauen lässt.
Beispiel?
Saturn - wahrscheinlich alle Platten und CD Händler gleichermaßen, aber Saturn und Dussmann sind mir besonders aufgefallen. Wurde die Durschnitts-Cd noch im Sommer 2001 für 32,98 DM gehandelt, so lag der Preis im Dezember bereits bei 33,03 DM. Begründet wurde das mit der Anpassung an den Euro. Heruntergehandelt wurde nicht. "Gucken se doch mal, wieviele hinter ihnen an der Kasse stehen. Der Nächste!" Jetzt kostet eine durchschnittliche CD 34,00 DM. Bei Dussmann hat sich der Durchschnittspreis von 34,80 DM auf 37,00 DM erhöht und das nicht nur bei Neuerscheinungen sondern auch bei ein paar der Ladenhüter, wie eine alte June Tabor CD, die ich dort bereits für 25,00 DM gesehen hatte.
Noch ein Beispiel?
Die Deutsche Bahn. Wer seine Fahrkarte nicht nutzen kann oder konnte, hatte die Möglichkeit sie an die Deutsche Bahn zurückzugeben. Dafür wurde eine Bearbeitungsgebühr von 17,-- DM fällig. Da der Bahnkunde offensichtlich sowieso als ziemlicher Idiot angesehen wird - der Vorstand der Bahn hat letztes Jahr wieder für einiges Geld sehr luxuriöse Autos gekauft, die fahren doch nicht mit der Bahn - hat man die Bearbeitungsgebühr für nichtgenutzte und zurückgegebene Fahrkarten auf 15 Euro umgerechnet. Damit ist die Bahn die einzige Firma, die den Euro beinahe 1:1 umgerechnet hat.
Kürzlich war ich auf Aotosuche. Ein Skoda sollte es sein. Neu kostete der Octavia-Kombi noch im letzten Jahr 32.000 DM. Der Jahreswagen, den ich mir ansah, in selber Ausstattung und Farbe, beim selben Händler sollte plötzlich 17.000 Euro kosten. Rechne mal einer nach!
Das Auge des Kunden schaut und frohlockt in den Einkaufscentern der Nation. Der Preis ist sieht geringer aus. Einige Kaufhaus-Junkies bekommen damit ziemliche Probleme. Andere sind skeptischer und kaufen weniger. Das war bei der Einführung der DM in der DDR ähnlich. Ich kenne Leute, die haben sich aus Sparsamkeit mit der DM-Einführung das Rauchen abgewöhnt.
Auch die Rechnung mit den Schulden, die sich nun halbiert haben, stimmt so nicht. Denn auch das Einkommen und die Raten haben sich halbiert, zumindest als fester Zahlenwert.
Und doch rechnet man stehts wieder in DM zurück, weil man sich an einem festen Wert festhalten will, mit dem man umgehen kann. Das Rechnen mit dem Euro macht mich ganz wirr im Kopf.
Angenehm indes ist das Einkaufen im Europäischen Ausland. Keine verzwickten Umrechnungskurse mehr, die einem den Einkauf erschweren. Kein Fragen mehr: "Was ist das in DM?" Keine Münzen mehr, die man mit nach Hause nimmt und nicht mehr umgetauscht bekommt.
Für den Münz-Sammler wird es einfacher. Die Euromünzen sehen europaweit gleich aus, nur das Wappen unterscheidet sich. Da kann man ganz übersichtlich eine Sammlung aufmachen und hoffen, dass bald ohnehin alle Euromünzen Europas verschwimmen und als Wechselgeld aus dem Kaffeeautomaten klappern. Der Weltbild-Verlag hat in seiner Schnick-Schnack-Abteilung bereits ein Sammelalbum herausgegeben. Mit vorgestanzten Löchern für jede Münze, die Europa so hergibt.
Ich bin fast geneigt, das zu bestellen.
Aber dann denke ich doch, dass ich eine einfache Holzkiste benutzen werde, in der ich alle verschiedenen Münzen hineinwerfe und mich nach Herzenslust daran gütlich tue, wenn sie komplett ist. Dann gieße ich sie mir über den Kopf wie die wahnsinnigen Filmpiraten und kann endlich die Frage beantworten: "Was bringt mir der Euro?"
Na, Kopfschmerzen.
21 Bewertungen, 4 Kommentare
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19.02.2002, 23:46 Uhr von store_troll
Bewertung: sehr hilfreichSchön geschrieben, macht Spaß zu lesen.
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19.02.2002, 22:11 Uhr von roma1
Bewertung: sehr hilfreichEin sehr guter Beitrag. Ich kenne Dich aus ciao, ich bin carnuntum. Liebe Grüße. Joanna
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19.02.2002, 17:18 Uhr von rofis
Bewertung: sehr hilfreichso trifft man sich wieder...
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19.02.2002, 16:15 Uhr von MichaelW97614
Bewertung: sehr hilfreichMein Gledbeutelk sihet aus wie ne kleine Schatztruhe!
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