Dinge, die die Welt nicht braucht Testbericht

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Erfahrungsbericht von Raileigh

Das Handy - Existenzrechtfertigung in der Masse

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Das Handy.
Was ist im Laufe seines doch noch recht kurzen Lebens auf diesen kleinen Kerl herumgehackt worden. Was ist das Handy beweihräuchert und geschmäht, gesegnet und verdammt worden. Als kommunikative Revolution wurde es gefeiert und als endgültigen Schritt in die elektronische Abhängigkeit bewertet. Neue Süchte wurden entdeckt, Verschuldungswellen ausgelöst. Leben wurden gerettet, weil jemand ein Handy zur Hand hatte, Leben wurden zerstört, weil jemand sich mit dem Handy vom stressigen Straßenverkehr ablenken ließ und andere Verkehrsteilnehmer übersah. "Moment mal kurz, da iss irgendwas", lautet der viel zitierte erste Satz eines Unfallverursachers mit dem Handy an der Backe.

Ich habe mir immer den Luxus geleistet, nicht überall erreichbar zu sein. Ich leiste mir den Luxus auch jetzt noch, denn das Gerät fristet bei mir eine Schattendasein - oder vielmehr ein Taschendasein. Es ist meistens aus und liegt am Grunde meines Rucksackes. Mein Bruder wollte es wegwerfen, weil der Vertrag ausgelaufen war und er dringend ein Neues, ein Modernes brauchte, eins mit allem Schnick-Schnack (Servolenkung, ABS, automatische Anwahl des Pizzalieferanten bei Magenknurren ect.)
Ich brauchte keins, aber wegwerfen? Entsorgt man die Dinger so oder nimmt die jemand zurück?

Ich nahm mich des verstoßenen kleinen Gesellen an, verpasste ihm eine FREE&EASY CARD und weiß inzwischen allerhand nützlich Dinge damit anzufangen. Beispielsweise kann man sich auf einem Zeltplatz ein chinesisches Essen liefern lassen. (Die Nummer des nächsten Lieferchinesen bekommt ihr mit Sicherheit beim Zeltplatzwart). Man kann seine Wasserhähne aufdrehen und seinen Chef anrufen, um ihn darüber zu informieren, dass man gerade einen Rohrbruch hat. (Da springt bestimmt ein halber freier Tag raus.) Man kann auch des Nächtens auf dem Hof des Nachbarn sitzen, grillend und Rotwein vertilgend und seinen Kindern, die soeben, beim Verlassen der Wohnung noch friedlich schliefen, mitteilen, das sie endlich den verdammten Fernseher ausmachen sollen.

Alles nützliche Dinge also.

Ist es nun ein existenzwichtiges Teil? Wer schon mal gehört hat, wie irgendwer in einer Straßenbahn das Gepiepse von Beethovens Neunter endlich, kurz vor der Vollendung abbrach, hat auch sicher den Halbsatz vernommen: "Ich bin hier gerade…" Ich telefoniere, also bin ich. Es besteht Grund zur Annahme, dass es so etwas, wie eine kommunikative Existenz gibt. Das sind keine Ausserirdischen, aber so richtig von dieser Welt scheinen sie auch nicht zu sein.

Letztens sah ich einen Mann, der das Handy noch weit über die Funktionen hinaus, die diese Geräte zu bieten haben, zu nutzen wusste. Er fand eine Zusatzfunktion für die Antenne.
Er bohrte sich damit hingebungsvoll in den Ohren.

Und nun behaupte noch jemand, das Handy wäre unnütz.

12 Bewertungen, 3 Kommentare

  • deeperspace

    06.04.2002, 17:49 Uhr von deeperspace
    Bewertung: sehr hilfreich

    Auch ein klasse Bericht. Mein Handy hat mir auch schon das eine oder andere Mal richtig geholfen, z.B. Autounfall. Aber manchmal kann es wirklich nerven, vor Allem im Kino, denn wann immer ich im Kino bin läutet von irgendeinem "Idioten"&quo

  • anonym

    19.03.2002, 10:59 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Was für eine bitterböse Abrechnung mit diesem Klingeltier. Handys sind toll, denn damit sind alle meine Freunde immer erreichbar, wenn ich was von denen will. Ich selber hab keins: fehlte noch, dass mich jemand stört, wenn ich meine Ruhe hab

  • hpmaier

    19.03.2002, 10:43 Uhr von hpmaier
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich hab' nur ein Notfall-Bosch-uralt-Handy, das reicht mir. gruesse hpmaier