Gärtner/in Testbericht

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Erfahrungsbericht von bavaria123
Von zwei Seiten betrachtet
Pro:
viel an der Luft, abwechslungsreich, naturverbunden
Kontra:
Chancen - besonders für Frauen, Bezahlung
Empfehlung:
Ja
= Warum habe ich eine Ausbildung im Gartenbau gemacht ? =
Als ich vier Jahre alt war, hatte ich im Familiengarten schon ein kleines Beet. Hier wuchsen Petersilie und Schnittlauch, ein paar Möhren und Sonnenblumen.
In der Schulzeit habe ich mich besonders für Biologie, Mathematik und Chemie interessiert.
Da ich gern sehe, was ich geschafft habe, nicht lange stillsitzen kann und auch gern an der Luft bin, war mir sehr früh klar, dass ich gerne in diesen \"Grünen\" Beruf einsteigen wollte. Ich entschied mich für die Sparte der Zierpflanzen, wobei ich in einem Betrieb ausgebildet wurde, der eine Baumschule und ein Gartencenter mit Floristikabteilung angeschlossen hatte und zu dem auch eine große Freifläche mit Versuchsfeldern für Freilandblumen, Gemüse und Obst gehörte.
= Welche weiteren Fertigkeiten und Kenntnisse sollte man mitbringen? =
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass zunächst einmal gute mathematische Kenntnisse wichtig sind, wenn zum Beispiel der Bedarf an Erde, Flächen oder Dünger errechnet werden muss. Auch Preise müssen kalkuliert werden können.
Desweiteren sind Grundkenntnisse in Chemie sehr vorteilhaft, da man in Sachen Pflanzenernährung und Pflanzenschutz immer wieder damit konfrontiert wird.
Da man mit verschiedenen Maschinen (Topfmaschine, Fräse, Düngemischer und andere) sollte man sich auch für Physik und Technik interessieren.
Wichtig sind ausserdem Genauigkeit, Audauer, Stressfestigkeit zum Beispiel in der Sommerblumenzeit, Geschicklichkeit und die Bereitschaft, mal im Team und mal allein zu arbeiten.
Zudem sollte man körperlich gesund sein, denn desöfteren müssen einige schwere Lasten bewegt werden (Säcke mit Erde oder Dünger, Karren mit Kompost).
= Wer kann sich bewerben? =
Es gibt bei der Ausbildung keine Zulassungskriterien. Bei meiner Arbeit mit den Auszubildenden habe ich festgestellt, dass hier die Hauptschüler in der Überzahl sind, eine kleinere Gruppe kommt von der Realschule und nur sehr wenige Abiturienten sind anzutreffen.
Als ich den Beruf erlernt habe war auch für mich als Realschülerin ein Berufsgrundbildungsjahr Agrarwirtschaft mit dem Schwerpunkt Pflanzenkunde vorgeschrieben und auf die Ausbildungszeit anzurechnen. Mittlerweile wurde dieses als ein freiwilliges Jahr umgewandelt. Wer es macht, zum Beispiel um ein Jahr ohne Ausbildungsplatz zu überbrücken, bekommt es als erstes Lehrjahr \"gutgeschrieben\". Es ist so, das die Mehrzahl der Berufsanfänger so in die Ausbildung starten.
Der Beruf ist nicht geschlechtsspezifisch, allerdings sind es im Moment meist doppelt so viele männliche als weibliche Auszubildende, was vor 10 Jahren noch anders war, da war es ein ausgewogenes Verhältnis.
= Wie verläuft die Ausbildung? =
Aus eigener Erfahrung und auch von den zu prüfenden Auszubildenden kenne ich vor allem die zweijährige betriebliche Lehrzeit. Im Berufsgrundbildungsjahr werden Fächer wie Mathe, Deutsch, Biologie, Pflanzenernährung, Chemie, Physik, Grundlagen der Betriebslehre, kaufmännische Fachpraxis und Zeichnen erteilt. Zweimal monatlich arbeitet man praktisch in einem Betrieb mit und ein Grundkurs der Deutschen Lehranstalten für Agrartechnik (Deula) steht ebenfalls an.
Wie bei allen Berufen gibt es einen Rahmenplan, der vorschreibt, was wann zu vermitteln ist. Da aber der Beruf des Gärtners von verschiedenen Faktoren abhängig ist (Standort, Wetter, Spezialisierung) ist es hier nur als Grundskelett anzusehen. Bis zum Ende des zweiten Lehrjahres sollten folgende Kenntnisse vermittelt sein :
- betriebliche Zusammenhänge und Abäufe
- Beschaffenheit und Unterschiede von Substraten, Erden und Böden
- verschiedene botanische Pflanzennamen und wichtige Einzelheiten zu deren ANzucht, Pflege und Verwendungsmöglichkeiten
- technische Einzelheiten, wie die Verwendungsmöglichkeiten verschiedener Maschinen, Lüftungs- und Heizungsanlagen sowie auch Einzelheiten rund um den Umweltschutz.
Diese Inhalte werden zum Teil im Ausbildungsbetrieb und zum anderen in der Berufsschule, die entweder als Blockunterricht oder auch wöchentlich einen Tag stattfindet, weitergegeben. In der Berufsschule werden Fächer wie Sozial- und Wirtschaftskunde, Pflanzenernährung und Pflanzenschutz, Kultur- und Arbeitsverfahren sowie Technik im Gartenbau erteilt. Wiederum gehört auch ein weiterer DEULA-Kurs zum Programm, der sich diesmal der Technik im Gartenbau widmet. Bei Betrieben, die nur wenige verschiedene Pflanzen kultivieren, gehört auch ein Grundlehrgang Zierpflanzenbau, beispielsweise in einer Einrichtung der Landwirtschaftskammer mit zur Ausbildung. Die dabei erworbenen Bestätigungen sind verpflichtend und müssen bei den Prüfungen vorgewiesen werden.
Nach dem Ende der gesamten Ausbildungszeit werden folgende Kenntnisse vorrausgesetzt (entbehrt jeglichem Anspruch auf Vollständigkeit, da die Prüfer teilweise unterschiedliche Wertungen haben) :
Pflanzennamen, botanisch, kennen und die Pflanzen somit beschreiben und einordnen können
Erkennen von Pflanzenkrankheiten, Schädlingsbesatz oder Düngefehlern
Bodenarten bestimmen können
Einsatzmöglichkeiten und Notwendigkeiten von Dünge- und Pflanzenschutzmassnahmen in verschiedenen Kultur- und Anbausystemen.
Verkaufsaufbereitung der Pflanzen und Kundeninformationen, Beratung und Verkauf
Kalkulation der Preise für verschiedene Pflanzen, Samen und in Pflege gegebene Pflanzen
= Die Prüfungen =
Die erste Prüfung erfolgt kurz vor dem Ende dess zweiten Ausbildungsjahres (Zwischenprüfung). Sie gliedert sich in einen schriftlichen Teil, der vielfach in der Berufsschule vorgenommen wird, und einem praktischen Teil, der in einer Gärtnerei des näheren Umfeldes ausgeführt wird.
Die zweite Prüfung, die Abschlussprüfung verläuft sehr ähnlich, wobei hier noch eine mündliche Prüfung angeführt wird, die sich über technische, betriebswirtschaftliche und kulturspezifische Fragen erstreckt.
Besteht man diese Prüfung nicht, hat man die Chance sie zweimal innerhalb eines Jahres zu wiederholen, wobei nur der Teil geprüft wird, den man nicht bestanden hat.
= Was verdient man während der Ausbildung? =
Die Bezüge sind in den neuen und alten Bundesländern unterschiedlich und variieren teilweise auch unter den Betrieben. Im letzten Jahr lag die Vergütung im zweiten Ausbildungsjahr bei 530,00 € und im dritten Ausbildungsjahr bei 600,00 €. In den neuen Bundesländern liegen diese Werte etwas niedriger.
= Wie sieht es danach aus? =
Man kann in verschiedenen Gärtnereien arbeiten, wobei sich manche sehr spezialisiert haben z.B. auf Hydrokultur oder auf einzelne Kulturen. Andererseits sind auch Stellen in Gartencentern oder Samenzuchtbetrieben möglich.
Eine weitere Qualifizierung zum Gärtnermeister/in oder Techniker/in ist ebenfalls gegeben. Weitere Möglichkeiten stehen als Kundenberater/in oder Wirtschafter/in offen.
Ich habe nach der Lehre ein Studium begonnen und war nach 7 Semestern DIplom-Ingenieurin für Gartenbau.
= Weitere Auskünfte =
Wer sich für diesen Beruf interessiert, kann sich weitere Informationen holen beim
Zentralverband Gartenbau e.V.
Postfach 201463
53144 Bonn
0228 / 81002-0
www.g-net.de/zvg
= Meine Meinung =
Es war und ist mein Traumberuf, aber ich würde mich heute nicht mehr dafür entscheiden. Das hört sich paradox an, entspricht aber der Wahrheit.
Ich bin gern im Freien und habe auch nichts gegen körperliche Arbeit. Es ist allerdings so, dass ich schon vor Ausbildungsbeginn eine Schädigung an der Wirbelsäule hatte, die sich durch die Tätigkeit im Gartenbau mit schwerer körperlicher Belastung und dem steten Wechsel von Wärme und Kälte, Trockenheit und Nässe sehr verstärkt hat. Es sollte einem von Anfang an bewusst sein, dass man zwar einen sehr schönen, aber auch sehr körperlich anstrengenden Beruf ergreift, der nur sehr sparsam entlohnt wird.
Meine Ausbildung war aber sehr vielseitig. Dadurch, dass sehr viele verschiedene Pflanzen in meinem Ausbildungsbetrieb kultiviert wurden und auch Einsätze im Gartencenter, in der Baumschule und auch auf den Freiflächen, die mit Stauden und Gehölzen immer wieder neu zu bepflanzen waren, anstanden, gab es sehr viel Abwechslung. Andere Auszubildende, die in sehr spezialisierten Betrieben lernen, haben teilweise wochenlang die gleiche Arbeit vor Augen und es dann auch in den Prüfungen vergleichsweise schwerer, denn es ist schon etwas anderes, die Vielzahl der Arten in einer Woche der Ausbildung vorgestellt zu bekommen, oder eben täglich damit umzugehen.
Das Studium war sehr informativ und hat Spaß gemacht. Allerdings haben hier nur sehr wenige Frauen eine adäquate Stellung bekommen, was bei den männlichen Studienabgängern anders aussah. Ich musste mich zunächst als Meisterin beweisen und bin dann durch glückliche Zufälle in die Landwirtschaftskammer \"gerutscht\" ebenso wie in die Aufgabe in den Prüfungskommissionen. Die Zusammenarbeit mit den Betrieben und Jugendlichen macht mir Spaß, allerdings habe ich so kaum einen direkten Kontakt mit den Pflanzen.
Allerdings muss ich auch hier beobachten, dass unter denen, die die Lehre erfolgreich abgeschlossen haben und weitere Beschäftigung fanden, nur 20% Frauen sind, selbst wenn sie teilweise bessere Abschlüsse haben, über 40% Gärtnergehilfinnen sind arbeitslos (bei Männern liegt der Anteil bei etwa 25%). Es ist zwar im Moment überall eher düster, aber gerade hier in diesem Beruf merkt man die Benachteiligung doch sehr. Das wird wie gesagt auch bei höherer Qualifikation nicht anders. Wenn man keinen elterlichen Betrieb übernehmen kann, sind die Chancen auf eine Einstellung als Betriebsleiterin eher sehr gering. Dann muss man seine ursprünglichen Wünsche und Gedanken ein wenig beiseite schieben, und eventuell auf Beratung, Gartenjournalismus oder Züchtung umschwenken.
Danke für`s Lesen, Bavaria
Für Ciao und Yopi
44 Bewertungen, 6 Kommentare
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10.04.2006, 14:21 Uhr von Venezianerin_2005
Bewertung: sehr hilfreichEin toller Bericht über einen interessanten Beruf. Leider hab ich keinen grünen Daumen alles das blüht geht bei mir ein :-( <br/>SH & LG :o) Ina
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17.02.2005, 23:46 Uhr von sindimindi
Bewertung: sehr hilfreichEin toller Beruf, liebe Marika. Gemein finde ich, dass Frauen so benachteiligt werden bei den Aufstiegschancen...mehr als Ingenieuse kann man ja wohl kaum sein - gibt es da Vorgesetzte, die eine noch bessere Ausbildung haben? - ein sehr aufschlussreicher
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17.02.2005, 17:35 Uhr von Lisolotto
Bewertung: sehr hilfreichein schöner Bericht,den arten bearbeiten ist gut für Geist und Seele,man kann sich so schön den Stress abarbeiten,aber wenn es zum Beruf gemacht wird,ist es schön aber auch schwer
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17.02.2005, 13:56 Uhr von Asperula
Bewertung: sehr hilfreichlustig ich habe Floristn gemacht und somit auch Agrarwirtschaft gelernt in Varel und später Berufsschule in Oldenburg, ich musste auch oft in eine Gärtnerei zu Praktikums zwecken, mir hat es sehr gut gefallen, noch heute liebe ich Pflanzen, aller
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17.02.2005, 13:06 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichwär nix für mich. Das müsste ich mich ja bewegen ...
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17.02.2005, 11:55 Uhr von Tris.
Bewertung: sehr hilfreichGuter Bericht. Ich würde in diesem Beruf nicht glücklich werden.
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