In Search Of Angels - Runrig Testbericht

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ab 4,43
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Summe aller Bewertungen
  • Cover-Design:  gut
  • Klangqualität:  sehr gut

Erfahrungsbericht von mawirtz

Über das Leben und die Liebe an sich...

Pro:

geniale Musik, guter Start von Bruce

Kontra:

nee, nix

Empfehlung:

Ja

Das neue Album „In Search Of Angels\" kam im Mai 1999 nach vierjähriger Schaffenspase heraus, und insgesamt drei Singles wurden ausgekoppelt. Wie gesagt handelt es sich um das erste Studioalbum mit neuem Songmaterial seit 1995 und wurde von den Fans gespannt erwartet, allerdings auch mit einem gewissen Misstrauen ob des neuen Sängers Bruce Guthro. Allerdings wurde versprochen, dass Runrig sich wieder auf die gälischen Wurzeln ihrer Musik besinnen wollten, trotz Kanadier...

Das Booklet:
Das Leitbild auf dem Booklet ist ein alter Telegraphenmast, der mit ein wenig Phantasie vom Umriss her einen Engel erkennen lässt. Professionell gestaltet, mit ein paar stimmungsvollen Bildern und den Texten samt Übersetzung der gälischen Lieder - Herz was willst Du mehr?

Ein wenig Info über die Band:
Runrig machen seit 30 Jahren wunderbaren Folk- Rock der Extraklasse und sind in ihrer Heimat Schottland bei Jung und Alt gleichermaßen beliebt. Mit den teilweise gälischen Texten stehen sie für das keltische Erbe Schottlands ein und halten diese wunderschöne Sprache in wunderbar harmonischem Satzgesang lebendig (und trotzen damit der englischen Vorherrschaft in ihrer Heimat, quasi eine kleine musikalische Rebellion).
Mehr über die Band gibt es unter http://www.ciao.de/Alles_mit_R__Test_2637760 (kuechenmonsterle)

Im einzelnen handelt es sich um:
Rory Macdonald: Bass, Vocals, Akustikgitarre
Calum Macdonald: Percussion, Vocals
Iain Bayne: Schlagzeug
Malcolm Jones: Gitarre, Dudelsack, Akkordeon, Vocals
Bruce Guthro: Gesang
Peter Wishart: Keyboards

Ein wenig Geschichte:
Lange, lange mussten die Fans auf neues Material warten. Seit dem letzten Studioalbum „Mara\" (jaja, ich hab mich total geehrt gefühlt *zwinker*) aus dem Jahr 1995 gab es nur 2 verschiedene Compilationen mit altem Material. Die Gerüchteküche brodelte ob der Tatsachen, dass genügend Songmaterial in den Schubladen auf eine Veröffentlichung lauerte, allerdings standen die Zeichen auf Abwarten, denn Donnie war am Beginn einer politischen Karriere und wollte als Parlamentsmitglied die Interessen der Schotten im Britischen Unterhaus vertreten. Am ersten Mai 1997 erreichte er bei den Wahlen einen veritablen zweiten Platz und entschied sich, in Zukunft auf diese Art seiner Heimat zu dienen. So waren Runrig nur noch zu fünft und auf der Suche nach einem neuen Sänger, der als gälischer Frontmann taugte. Donnies spezieller Gesangsstil und seine markante Stimme haben die Musik von Runrig bald ein Vierteljahrhundert lang geprägt, und dementsprechend schwierig gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. In der Fangemeinde machte sich gelinde gesagt blankes Entsetzen breit, als Bruce Guthro rekrutiert wurde- ein Kanadier!!! Doch auf den Glaubenskrieg Donnie vs. Bruce werde ich später eingehen.

So und jetzt zu den Liedern im Einzelnen:

1. Maymorning
Kraftvolles Schlagzeug und fette Gitarren machen sofort deutlich, dass Runrig trotz fortgeschrittenen Alters immer noch rocken können wie einst im Mai. „I’m alive again on a maymorning\" begrüßt mich ein unbekannter Tenor, der Sehnsucht in der Stimme hat. Anders, aber auch nicht schlecht. „with a promise of an new life to come, spring is here again\" Die zweite Singleauskoppling besticht durch starke Lyrics, einen ruhigen Mittelteil mit Streichern und Keyboards und eine unheimlich optimistische Stimmung. Das ist mein absolutes Lieblingslied auf der blauen Scheibe!

2. The Message
Die erste Singleauskopplung aus dem Album - hier kommt der Dudelsack ins Spiel und damit der poppige Anklang an den alten Runrig- Stil. Das Dudelsackmotiv zieht sich durch den ganzen Song und ein kräftiger Rhythmus geht in die Beine. Wer da nicht mittanzt, sitzt entweder grad auf dem Klo oder ist schon tot. Fetzige Gitarrenriffs begleiten Bruces Gesang, und im Refrain kann man sich davon überzeugen, dass seine Stimme ganz gut mit den MacDonald- Brüdern harmoniert. Inhaltlich geht es um eine nie gelebte Liebe und Treueschwüre per Flaschenpost. Mary please don’t go!

3. Ribhinn Donn
Und da Bruce kein Gälisch kann und Rory außer Baßspielen auch gerne mal zum Mikro greift, wird dieses schöne gälische Ballade von Rorys wehmütiger Stimme intoniert. Die Begleitung besteht aus einer Akustikgitarre und Percussions sowie im Refrain von seinem Bruder als zweite Stimme. Mo ribhinn og, Mo ribhinn donn! Was die beiden alles mir ihrem braunhaarigen Mädchen so anstellen würden, um ihr die Tiefe der Liebe zu beweisen... Zum heulen schön!

4. Big Sky
Eine hymnische Nummer mit wunderbaren Gitarrenläufen und tollem runrigtypischen Satzgesang im Refrain. Leider verstehe ich den gälischen Sprechgesang nicht, aber Bruces klare und kraftvolle Stimme nimmt mich mit auf eine philosophische Reise ins Ich. „We’re just a row of unlit candles waiting at the gate of saints\". Fulminantes Finale mit Gitarren, Vocals und Streichern! Einfach ein klasse Lied, was sehr an die gute alte Runrig- Zeit erinnert.

5. Life Is
Hier dominiert der Gesang, der zu Beginn nur von einem Klavier begleitet wird, „Life is hard, Life is cold, it can make you, it can break you in pieces all around\" Sodann setzen Keyboards und ein zartes Schlagzeug ein, Gedanken über das Leben an sich, verpackt in einem melancholischen Lied.

6. Da Mhile Bliadhna
In guter alter Runrig- Manier duellieren sich die beiden MacDonald- Brüder auf gälisch mit traumhaften Akustikgitarren und Pipes zur Begleitung über das Ergebnis von 2000 Jahren Zivilisationsgeschichte. Nach ein paar Strophen setzt das Schlagzeug ein und der Chor, der den Refrain singt, wird immer größer. Das Lied steigert sich zum Ende mit Bagpipes und auch wenn man kein Wort versteht, der Refrain bleibt hängen: „Da mhile bliadhna air an rathad lethainn mhall\" (in etwa: 2000 Jahre auf dem langsamen, breiten Weg)

7. This Is Not a Love Song
Die dritte Singleauskopplung aus „In Search Of Angels\" kommt ziemlich unspektakulär daher, wären da nicht die leisen Bagpipes im Hintergrund und der starke Text, der jedem Romeo dieser Welt zur Ehre gereicht! „You know for you I’d give my life away, in you I will be strong\" Wenn Euch mal keine passenden Worte einfallen, um Eure(n) Liebste(n) zu sagen, was in Euch so vorgeht, schmeißt das Lied an.

8. A Dh´Innse Na Firinn
Sehr folkiges Lied - ihr könnt jetzt aufhören zu knutschen ;o] ein munterer Rhythmus darüber, dass man nicht alles glauben soll, was man im Fernsehen so sieht. Wie immer singen die MacDonald- Brüder die gälischen Nummern, und ich bin jedes mal hin und weg von der Harmonie dieser beiden Stimmen. Hinter dem Gesangspart folgt ein Instrumental, in dem das Fiepsen von Radiowellen mit ehrlicher Rockmusik plattgespielt wird - sehr bildhaft!

9. All Things Must Change
Nun darf Bruce wieder - das Lied beginnt wie eine wunderwunderwunderschöne Ballade, Gesang mit leisen Keyboardteppich und zaghaft klimpernde Akustikgitarre, zur zweiten Strophe setzen Schlagzeug und E- Gitarren ein, zum Refrain gibt es wieder Vocals der MacDonald- Brüder, die zu Bruces Gesang einen reizvollen Kantrpunkt bieten. „All things must change, so don’t look back, just walk away!\"

10. Cho Buidhe Is a Bha I Riabh
Und wieder Rory auf gälisch, und ich würde ohne die Übersetzung kein Wort verstehen... man läuft durch die Landschaft, das Leben geht weiter, doch die Landschaft bleibt die selbe und das Blümchen da vorne blüht ist so gelb wie immer. Unterstrichen wird dies durch den Rhythmus des Liedes, zu dem es sich wunderbar wandern lässt.

11. Travellers
Nochmals eine kleine Ballade (2:58 min) über das Leben und die Vergänglichkeit unseres irdischen Seins. Bruces klare Stimme wird lediglich von Keyboards und im Refrain von eine Chor begleitet. Diese musikalische Miniatur stimmt nachdenklich...

12. In Search Of Angels
Auch zum Schluss gibt es eine Ballade, inhaltlich mit Outer Hebrides befassend, tja und da muss Rory ran, seine sehnsuchtsvolle Stimme bringt das einfach glaubhaft rüber. Die Schönheit eines Sonnenuntergangs auf Uist beschrieben aus dem Halse eines Kanadiers - das ginge dann wohl zu weit *ggg*

Fazit:
Das erste Album mit dem neuen Sänger Bruce Guthro geht einher mit einer Rückbesinnung auf die gälischen Wurzeln der Runrig- Musik nach einem erfolgreichen Ausflug in die Welt des Mainstreams und des Pops. Allerdings hat die musikalische Komplexität von Runrig durch diesen Exkurs ein wenig gelitten: die musikalischen Themen sind kürzer geworden, die Variationen derselben wiederholen sich öfter als zuvor gewohnt. Allerdings spielen Runrig immer noch auf höchstem Niveau und machen handwerklich soliden Rock mit folkigen Einflüssen vom allerfeinsten. Zum Glaubenskrieg re: Bruce/ Donnie, der die Runrig- Fangemeinde teilt: Bruce Guthro ist sicherlich ein guter Nachfolger für Donnie, wenn auch kein Ersatz. Es ist nicht leicht, in die Fussstapfen von einem charismatischen Frontmann zu treten, der ein Vierteljahrhundert lang das Image einer Band geprägt hat. Donnies charakteristisches kehliges Organ hat der Musik sehr viel von ihrer Eigenartigkeit verliehen. Bruces Stimme reiht sich hervorragend in das Timbre der MacDonald- Brüder ein, bietet jedoch reduzierte stimmliche Kontrastmöglichkeiten (zumindest auf diesem Album, schon mal ein kleiner Vorgriff). Nichtsdestotrotz passt sie zur Runrig- Musik, und das Album ist ein fulminantes Comeback in neuer Besetzung und nach ziemlich langer Zeit. Auffallend an diesem Album sind die starken, emotionalen Texte, deren optimistische Botschaften auch bei flüchtigem Hinhören ins Bewusstsein eindringen und einen nicht mehr loslassen.

Das ist die Musik, die ich morgens zum Wachwerden höre, und die mir den ganzen Tag über nicht aus dem Kopf geht (und irgendwann schalte ich dann völlig entnervt das Radio aus, weil ich den Müll der Kommerzsender im Vergleich zu Runrig nicht mehr ertrage).

In diesem Sinne alle Sterne für ein wunderschönes Album. Auch wenn die Herren mit zunehmendem Alter ruhiger und gesetzter werden, „Maymorning\" und „Big Sky\" lassen echtes „Riggie- Feeling\" aufkommen und tanzen, ja meine Güte, dafür wird man nie zu alt!

Da dieser Bericht extraordinär lang geworden ist für meine Verhältnisse, hab ich mir jetzt auch ein extra gutes Tröpfchen verdient... Laphroaig, wenn Ihr wisst, was ich meine... und ich stoße mit Arieve, Moira und hr.biernot auf die Runrig- Wochen an! Slaint!

Ach ja @ Dieter Bohlen: Kunst und Kommerz, Musik und Betriebswirtschaft - da gibt es Unterschiede. Na fällt der Groschen? Nein die Welt wartet NICHT auf eine Verfilmung von „Nichts als die Wahrheit\" (so eine Daumenkinoversion mit einem rammelnden Hoppelhäschen gibt es ja schon *lalala*)

(übrigens geht mein komplettes YOPI- Honorar an Ärzte ohne Grenzen e.V. - Ihr klickt für einen guten Zweck!)

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