Die Orks (Taschenbuch) / Stan Nicholls Testbericht

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ab 5,35
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Erfahrungsbericht von Coffeinjunkie

Wenn die Bösen mal die Guten sind

Pro:

viel Stoff für gutes Geld, spannend und abwechslungsreich

Kontra:

kommt von Gestaltung und Sprache nicht an den Herr der Ringe ran

Empfehlung:

Ja

Hallo Liebe LeserInnen und Leser,

hach wie simpel ist doch die Fantasywelt. Ein vorzugsweise menschlicher Held, mit der Unterstützung von weisen Zauberern, hilfreichen und mächtigen Elben (oder Elfen) und anderen wundervollen Geschöpfen wandelt über die Mittelerde, Gaia oder sonstwo und erfüllt eine heilige, meist weltrettende Mission. Der typische Gegner ist ein düsterer Finsterling, der hunderte von Orks gegen den Helden und seine Mannschaft schickt, die dann mehr oder weniger heldenhaft als Kollateralschäden auf dem Schlachtfeld verbleiben.

Soweit zum Klischee. Aber der Autor Stan Nicholls hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte mal aus der Perspektive des ewigen Kanonenfutters zu schreiben, und so kommen nun die Orks zu einer fetten Fantasysaga, die zumindest vom Umfang her den üblichen Rahmen sprengt. Der umfangreiche Fantasy Wälzer „Die Orks“ soll heute mal Gegenstand meines Berichts sein. Zum Inhalt des Berichts:

1. Allgemeines
2. Die Figuren
3. Die Story
4. Hintergründe und Sprache
5. Bewertung


Zu 1. Allgemeines

Der Roman „Die Orks“ wurde von Stan Nicholls geschrieben, einem mir bis dato unbekannten Autor, der in London als Herausgeber, Lektor und Kritiker tätig war, bis er sich ganz dem Verfassen von Fantasy Romanen widmete. Er ist im Heyne Verlag in der Abteilung Fantasy erschienen, als deutsche Erstausgabe zuerst 11/2002. Das von mir bewertete Taschenbuch hat die ISBN 3-453-86371-2 und ist zur Zeit in fast allen Buchläden erhältlich. Zum Preis von 15 €uro erhält man ein 800 seitiges Buch.

Das Cover ist düster bedrohlich, vor einem dunklen Hintergrund, wo gerade eine Burg gestürmt wird, steckt eine riesige, doppelschneidige Streitaxt im Boden. Der Titel ist in braun gelber Schrift gehalten. Der Roman selbst ist in drei Bücher unterteilt, deren Titel lauten: „Leibwächter des Blitzes“; „Legion des Donners“ und „Krieger des Sturms“. Hauptfiguren des Romans ist ein Kriegstrupp von Oks, die „Vielfraße“. Die Orks sind, wie in den meisten Fantasyromanen überhaupt, ein häßliches Volk von harten Kriegern, die Naturgemäß dem Dunklen und Bösen näher stehen als dem heeren Licht.


Zu 2. Die Figuren

Styke: er ist der Anführer des Kriegstrupps. Er ist ein harter und ehrgeiziger Befehlshaber, er ist jedoch hin und her gerissen zwischen Loyalität und seinem Traum von einem unbeschwerten Leben, fern ab von allem Verfall, der Maras – Dantien, die Welt in der die Geschichte spielt, befällt. Trotz seiner Härte steht er für seine Untergebenen ein und entwickelt im Laufe der Zeit immer menschlichere Züge, indem er zum Beispiel über Vorhaben und Pläne abstimmen läßt, ein für Orks recht seltsames Verhalten. Er hat zwar stets das letzte Wort, ist aber durchaus auch beeinflußbar und zuweil von Zweifeln und seltsamen Träumen geplagt.

Coilla: eine Gefreite im Kriegstrupp Stykes und auch irgendwie seine Gefährtin. Sie ist die Stimme der Vernunft und versteht es prächtig Styke zu beeinflussen. Sie hat eigene Vorstellungen und versucht Styke auf ihre Bahn zu lenken. Stets scheint sie mehr zu wissen als alle anderen und ein Geheimnis zu bergen.

Alfray, Haskeer, Jup: die Feldwebel des Trupps. Sie stehen untereinander im Wettbewerb (vor allem da Jup ein Zwerg ist) und stehen an der Seite Strykes. Sie übernehmen oft tragende Rollen im Geschehen, und erleben auch ihre eigenen Abenteuer.

Jennesta: ein hybrides Wesen zwischen Fabelwesen und Mensch. Eine mächtige Zauberin und skrupellose Herrscherin. Sie beherrscht eine gewaltige Armee von Orks und entwickelt sich von der rücksichtslosen Befehlshaberin der Vielfraße zu ihrer mächtigsten Feindin. Sie vergnügt sich mit dem Töten ihrer Bediensteten und steht im Wettbewerb mit ihren zwei Schwestern. Sie sucht 5 Artefakte, die sie um jeden Preis besitzen will.


Zu 3. Die Story

Die Geschichte beginnt mit der Eroberung einer Menschensiedlung durch die Vielfraße. Als bester Trupp der Armee, haben sie den Auftrag einen seltsamen Zylinder zu erobern und ihn Jennesta binnen weniger Tage zu bringen. Der Angriff gelingt, auf dem Rückweg werden die Orks jedoch von Kobolden angegriffen, die offenbar auch scharf auf den Zylinder sind. Die Beute geht verloren und die Orks fallen in Ungnade. Es gelingt ihnen zwar, den Zylinder zurückzuerobern, jedoch wagen sie es nicht zu Jennesta zurückzukehren, da sie die vorgegebene Zeit weit überschritten haben.

Während der Rückeroberung des Zylinders treffen sie auf ein Wesen namens Mobbs. Er kann ihnen Informationen zum Wesen des Zylinders geben, er enthält eins von 5 magischen Artefakten, einen Stern. Sie erfahren, das die Menschen, die Trolle und weitere Feinde ebenfalls im Besitz dieser Artefakte sind, und sie für sich erobern wollen. Die Artefakte bergen ein Geheimnis, das sich um Maras – Dantien rankt, ein Geheimnis, das den Orks vielleicht ihren Traum von einem unabhängigen Leben erfüllen könnte.

Der Kriegstrupp entschließt sich, die anderen Artefakte zu suchen, um hinter das Geheimnis zu kommen. Dabei setzen sie sich nicht nur großen Gefahren aus, indem sie in Städte der Menschen, in Kobold- und Trollwelten eindringen müssen, sie werden außerdem noch von Jennesta erbarmungslos gejagt. Von Drachen, Kriegstrupps und Kopfgeldjägern verfolgt, von Krankheiten bedroht und immer zwischen den Fronten der rivalisierenden Religionsgruppen der Mannis und Unis, geraten sie von einer haarsträubenden Gefahr in die Nächste.

Was die seltsamen Träume und Visionen, die Styke hat, damit zu tun haben, wie sich die Orks von dumpfen Befehlsempfängern zu selbständig denkenden und handelnden Wesen wandeln und wer der seltsame Gegner von Jennesta ist, der den Vielfraßen vielleicht entscheidend helfen könnte erfährt man auf spannende und packende Weise. Aber natürlich wird nicht alles verraten: selber lesen macht schlau.


Zu 4. Hintergründe und Sprache

Die Welt, die Stan Nicholls da erschaffen hat, ist nicht mit Tolkiens Mittelerde vergleichbar. Da können die Werbeaufschriften auf dem Buch und einige Kritikeraussagen schon etwas irreführen. Die Welt der Orks ist eine andere, genau so wie auch die Orks anders sind. Maras – Dantien ist eine alte Welt, die in sich selbst Magie enthält. Erst das Einwirken der Spätankommer, also der Menschen hat die Welt verändert. Ihre Bauten und ihre Beeinflussung der Natur läßt die Welt ihre Magie verlieren. Die Menschen sind selbst zerstritten, sie gehören verschiedenen Religionen an. Die Unis sind Anhänger des einen Gottes, ihr Auftreten erinnert an fundamentalistische Pilgerväter und Inquisitoren, die Mannis sind Anhänger der Mannigfaltigkeit, sie verehren viele Götter.

Der Krieg der Religionen zieht auch die anderen Völker mehr und mehr ins Verderben. Aber auch in anderen Welten, wie der Meereswelt ziehen die Schwestern Jennestas eine Spur von Blut und Verderben hinter sich her.

Die ganze Geschichte ist also, wie man sieht recht komplex, wechselnde Schauplätze, eingestreute Traumsequenzen und die Tatsache, das der Trupp der handelnden Figuren mehrmals getrennt wird, läßt viel Abwechslung aufkommen. Auch für viel Action ist gesorgt, gekämpft wird sehr oft, die ganze Jagd nach den Vielfraßen und die Jagd nach den Artefakten ist sehr spannend und packend dargestellt. Mächtige Schlachten fehlen auch hier nicht, aber auch spannende, listige Einzelaktionen, die die Truppmitglieder bestehen müssen um an die Artefakte zu kommen, würzen die Handlung.

Ähnlich zum unerreichbaren Herr der Ringe gibt es auch eine Karte, auf der man die einzelnen Schauplätze nach verfolgen kann. Mag die Geschichte auch sehr komplex sein, von der Sprache her ist sie aber aus Fantasy Perspektive eine kleine Enttäuschung. Die Sprache schwankt zwischen den üblichen altertümlichen Ortsbezeichnungen und sehr modernen Begriffen, die irgendwie fehl am Platz wirken. Die Schilderung der Religionen, Begriffe wie „Fundamentalismus“ und „Rasse“ passen einfach nicht zu dieser Story.

Von der genialen Namens und Sprachvielfalt Tolkiens erreicht Nicholls nicht. Seine Schilderungen sind bildhaft und einfach gezeichnet, er kann Spannung aufbauen und Kämpfe und Schlachten wunderbar ausmalen, aber der Hintergrund wirkt etwas zu trivial und zu modern für ein Fantasywerk. Auch Humor vermisst man ab und zu, nur die ständigen Anfeindungen die sich die Orks untereinander liefern sorgen hin und wieder für einen Schmunzler. Bliebe nur noch zu sagen, das die Sprache unter den Orks teilweise etwas heftig daherkommt, aber es überschreitet nie die Grenzen des guten Geschmacks.


Zu 5. Bewertung

Alles in allem kann ich diesen Roman für alle Leser empfehlen. Es ist mal was anderes, die üblichen Feinde mal in der Titelrolle zu erleben, auch mit diesem Haufen wilder, ungehobelter Orks kann man sich anfreunden. Fantasyfreunde werden einiges zu mokieren haben, man sollte nicht den Fehler machen, das gestalterische Niveau vom Herr der Ringe erwarten. Dafür ist das Buch doch etwas zu trivial geschrieben, und die gestalterische Gabe des Autors zu wenig ausgeprägt.

Ich bewerte den Roman daher mit sehr gut, also 4 Sternen. Er bietet spannende Unterhaltung, ideal zum Lesen in der Badewanne oder vorm Schlafengehen. Dieses Buch hat mich nicht so sehr gefesselt, das ich es in einem Zug durchgelesen habe, aber das ist aufgrund des Umfangs auch fast unmöglich. Es ist einfach eine nette Abwechslung, die man zwischendurch mal kapitelweise lesen kann, einfache Unterhaltung, aber mehr auch nicht.

Schlagendes Argument ist natürlich auch der Preis: 800 Seiten spannende Unterhaltung für 15 €uro ist völlig in Ordnung. Wer sich also von der Materie angesprochen fühlt und keine zu hohen Erwartungen hegt, bekommt viel Buch fürs Geld und braucht dann nur noch viel Zeit zum Lesen.


Coffie


PS: wie immer vielen Dank für alle Lesungen, Bewertungen und Kommentare

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