Results May Vary - Limp Bizkit Testbericht
Erfahrungsbericht von hlemmur
Significant Other?
Pro:
Teils Gute Songs, anders, Anspruch
Kontra:
Wenig zwingend
Empfehlung:
Ja
Als ich zum ersten Mal mit Limp Bizkit konfrontiert wurde, war ich ziemlich begeistert. Schließlich gab es 1997 zumindest in Deutschland noch viel zu wenig Nu Metal, sodass auch die erste Limp Bizkit-Scheibe „Three Dollar Bill, Y’all“ gnadenlos unterging. Trotz einer typischen Ross Robinson-Schepperproduktion und hit-kompatiblen Songs wie „Pollution“ oder „Counterfeit“. Highlight der Scheibe war natürlich die fast viertelstündige Waberorgie „Everything“, die es sogar mit älteren Monster Magnet aufnehmen konnte. 1998 machte Fred Durst durch zwei Gastauftritte nochmals von sich reden: „Bleed“ von Soulfly und „All In The Family“ von meinen Faves Korn veredelte der Gute. Doch bei Limp Bizkit tat sich immer noch nichts. In Amiland waren die Jungs durch ihre George Michael-Verarsche „Faith“ natürlich schon riesengroß – und bildeten zusammen mit Snot die Speerspitze einer neuen Nu Metal-Generation, nachdem die Erste mit Bands wie Korn und den Deftones schon abgeflaut war (schließlich entwickelten sich beide Bands schnurstracks aus jeglichen Schubladen heraus).
Bevor sie bei uns Beachtung fanden, mussten Limp Bizkit erst den Klassiker (jawoll!) „Significant Other“ veröffentlichen. Ein tolles Album ohne Tiefpunkt. Hart, melodisch, anspruchsvoll (!), gut durchdacht und effektiv ohne Ende. Ein Wunder, dass die ganzen Chartkids überhaupt mit der Scheibe klargekommen sind und nach der vierten Single „Break Stuff“ Limp Bizkit zu dem machten, was sie heute sind. Wenn ich ehrlich bin: Ich hatte den Jungs den ganz großen Sprung damals nicht zugetraut – dafür war die Scheibe einfach zu gut. Aber manchmal wird man eben doch eines Besseren belehrt.
Tja, und dann wurde es mit der Zeit immer schwieriger Limp Bizkit zu mögen. Erstes wegen diversen blödsinnigen Ausschweifungen des Großmauls Durst und andererseits wegen der vielen Kinder, die Limp Bizkit auf einmal so toll fanden. Siehe HIM oder Nickelback. Jedenfalls hatte man es ab da schwer in gewissen Kreisen erstgenommen zu werden, wenn man Limp Bizkit mochte. Dabei änderte der Ansturm von ahnungslosen, dummen Trendkids doch gar nichts an der Qualität der Band. Ich muss allerdings sagen: Mir fiel es auch nicht immer leicht, die Band zu verteidigen und mir fällt es sogar ein bisschen schwer, diese Rezension zu schreiben. Aber letztlich sollte man zu den stehen, was man mag. Auch wenn ich andere Beweggründe habe, als die Massen von den mir verhassten Gelegenheitsmusikhöreren und Pseudo-Wiggern – was selbige wohl allerdings nie verstehen werden.
„Results May Vary“ heißt die vierte Limp Bizkit-Scheibe. Nach zahlreichen Umbennenungen und oft verschobenen Veröffentlichungsdatum. Ursprünglich sollte die Scheibe schon letztes Jahr erscheinen – und hatte seit dieser Zeit so tolle Namen wie „Bi-Polar“, „Panty Sniffer“ (Mein persönlicher Favorit...), „Eat You Alive“ oder „Less Is More“. Auch die Produzenten und Gitarristen varriierten. Mal Rick Rubin, mal Fred Durst, mal Terry Date. Gitarristen? Page Hamilton (ex-Helmet, Gandhi), Al Jourgensen (Ministry), Head (Korn), Fred Durst (!), Sam Rivers (LB-Basser), Mike Smith (der letztlich auch Wes Borland-Nachfolger wurde). Auch das Album selber wurde anscheinend zwei- bis dreimal eingespielt. Was auch welcher Session stammt und mit wem eingespielt wurde, wissen Limp Bizkit wohl selbst nicht so genau.
Und dann gab es da ja noch die Suche nach dem Ersatz für den ausgestiegenen Wes Borland. Kandidaten gab es zahlreiche. Kostprobe? Dino Cazares (ex-Fear Factory), Wes Borland selbst, Eddie Van Halen (!), Mike Smith (ex-Snot) und weitere. Sogar großflächige Auditions, die sich aus große Flops herausstellten, wurden angeleiert – obwohl der Name Mike Smith schon lange kursierte. Sogar Rausgeschmissen soll Mike vor seinem Einstieg bei Limp Bizkit auch schon geworden sein. Kurz: Um dieses Album räkeln sich mehr Geschichten, als man überhaupt erfassen und nachvollziehen kann. Zumal man nicht sicher sagen kann, was stimmt und was nicht. Deshalb sollte man sich eigentlich nur ausf eines konzentrieren – und das ist die Musik, die die Band 2003 liefert.
Gespannt durfte man sein. Vorallem, ob Mike Smith das ideenreiche Spiel von Wes Borland kompensieren kann. Und ob Limp Bizkit auch ohne ihn tolle Songs schreiben können. Letzteres dürfte kein großes Problem sein, da die meisten Songs schon immer aus der Feder von Bassist Sam Rivers und Drummer John Otto stammten. Beide sind ausgebildete Jazz-Musiker und haben einiges auf dem Kasten. Vorallem John Otto brilliert auf jeder LB-Scheibe mit superfeinen und vertrackten Beats und ist somit für mich einer der unterbewertetsten Drummer der Szene.
„Results May Vary“ überrascht auf jeden Fall. In fast jeglicher Hinsicht. Nicht nur musikalisch, sondern auch von der Aufmachung her. Alles wirkt erwachsener, durchdachter. Bezeichnend auch, dass die Scheibe ohne jeglichen Schnick-Schnack auskommt. 16 Songs, ein kurzes Intro. Kein Outro, kein Hidden-Track, kein Multimedia-Track. Einfach nur die 16 Songs, die LB letztlich aus den Tonnen an Material, welches zur Verfügung stand, gefischt haben. Der visuelle erste Eindruck bestätigt sich: Limp Bizkit sind fast sowas wie reif geworden. Die Entwicklung, die sich auf der letzten Scheibe „Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavored Water“ andeutete, wurde konsequent fortgesetzt. Damit meine ich vorallem die zahlreichen soften „Re-Arranged“-Rip Offs (ein „Significant Other“-Song), die angesprochenes Album beherbergte. Auch „Results May Vary“ setzt hauptsächlich auf ruhige Songs – doch inzwischen sind Limp Bizkit so weit, dass sie sich nicht mehr selber kopieren müssen. Einen Song wie „Underneath The Gun“ hätte ich dem Rotkäppchen nie und nimmer zugetraut. Ein melancholisches, tiefes Meisterwerk, welches von der Intensität her fast schon an die Götter von 30 Seconds To Mars um Jared Leto erinnert. Selbst die Stimme von Fred Durst vermag man kaum wiederzuerkennen, so glockenhell, wie der Gute hier trällert. Ein ganz großer Song. In eine ähnliche Kerbe schlagen weitere sieben Songs, die allerdings allesamt nicht ganz die Klasse von „Underneath The Gun“ erreichen, aber trotzdem überzeugen können.
Die Schwäche dieser Scheibe liegt eher in den harten Songs. Die typischen Limp Bizkit-Brecher fehlen, bzw. wurden ziemlich schwach umgesetzt. „Eat You Alive“, die erste Single, finde ich viel zu unspektakulär. Das Beste an dem Song ist, dass Thora Birch (American Beauty) im Video mitspielt. Soviel dazu. Auch „Gimme The Mic“ sollte 2003 niemanden mehr vom Hocker hauen. „Phenomenon“ gefällt mir ebenfalls überhaupt nicht. Sie habens einfach verlernt. „Head For The Barricade“ überzeugt wiederrum durch den Smith´schen Einfluss. Komplexer Rhythmus, absolute untypische Strophen und gegen Ende eine astreine Thrash Metal-Passage, die unglaublich arschtritt. Wer hätte das gedacht?
Der inzwischen obligatorische Hip Hop-Track kann diesmal nicht wirklich nicht überzeugen. Trotz Snoop Dogg, den ich sonst eigentlich schätze. „Red Light – Green Light“ ist ziemlich blutarm und lingt wie tausendmal durchgekaut. Erwähnenswert wäre vielleicht noch „Creamer (Radio Is Dead)“ – ein Song, der sich nicht so leicht einordnen lässt. Die Strophe überzeugt mit coolen Raps, bei welchen man sich heimisch fühlt. Doch schon die Bridge ist unglaublich cool und untypisch, sodass der relaxte Refrain, der wahrlich nicht schlecht ist, etwas verblasst. Trotzdem: Geiler Song.
Nachdem sich Limp Bizkit für die letzte Scheibe schon einen Songtitel von The Who ausgeliehen hatten („My Generation“), muss diesmal gleich ein ganzer Song herhalten. „Behind Blue Eyes“ ist eine erstaunlich klischeefreie Ballade geworden, die im LB-Anstrich durchaus überzeugt. Das abschließende „Drown“ ist mir allerdings bis heute noch nicht reingelaufen. Unspektakulär, obwohl er irgendwie in der Tradition vergangener Limp Bizkit-Rausschmeißer wie „Hold On“ und „A Lesson Learned“ steht.
Letztlich muss ich sagen: Auch wenn die meisten Songs zu überzeugen wissen und ungeahnten Anspruch walten lassen, können Limp Bizkit mit „Results May Vary“ nicht ganz an ihre Glanztaten anschließen. Das Album ist anders, aber leider auch schwächer. Undurchdringbarer. Nicht zwingend genug. Und vorallem: Der Langzeithörspass tendiert gegen Null. „Results May Vary“ wird trotz einigen tollen Songs ein einsames Dasein in meinem Schrank fristen, während „Significant Other“ sogar jetzt noch, vier Jahre nach Erscheinung/Erwerb, hin und dann den Weg in meinen Player findet.
Mike Smith trifft in meinen Augen allerdings keine Schuld. Zumal wir sowieso erst das nächste Album abwarten müssen, um zu wissen, wie sich Mike bei Limp Bizkit macht. Schließlich war sein Einfluss auf „Results May Vary“ noch ziemlich gering. Vorausgesetzt, Mike ist bei der nächsten Scheibe noch dabei. Bei Limp Bizkit und vorallem bei Fred Durst kann man nie so recht wissen, was Sache ist. Vielleicht hat sich die Band bis dahin aufgelöst. Oder Wes Borland ist wieder dabei. Oder Daniel Küblböck wird als Fred Durst-Ersatz präsentiert, nachdem sich selbiger einen zu großen Faux-Pas geleistet hat.
Oder...
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LIMP BIZKIT - Results May Vary
(Flip/Interscope, 2003)
01. Re-Entry
02. Eat You Alive
03. Gimme The Mic
04. Underneath The Gun
05. Down Another Day
06. Almost Over
07. Build A Bridge
08. Red Light - Green Light
09. The Only One
10. Let Me Down
11. Lonely World
12. Phenomenon
13. Creamer (Radio Is Dead)
14. Head For The Barricade
15. Behind Blue Eyes
16. Drown
30 Bewertungen, 8 Kommentare
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19.03.2006, 17:05 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichUnd schon gegengelesen... LG, Marianne ;-)
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19.03.2006, 16:43 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreich*** sh & Lg *** Christina :)
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19.03.2006, 16:35 Uhr von Ilka123
Bewertung: sehr hilfreichLiebe Grüsse, Ilka :-))
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19.03.2006, 16:23 Uhr von sascha6525
Bewertung: sehr hilfreichlg, Sascha6525
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09.03.2006, 19:04 Uhr von Naffy
Bewertung: sehr hilfreichGruß Naffy
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03.03.2006, 17:45 Uhr von skorbut
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich
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02.03.2006, 13:07 Uhr von Connector
Bewertung: sehr hilfreichDanke für deine Lesung und zur Belohnung folgt auch gleich eine Gegenlesung. LG an Dich!
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27.07.2004, 22:15 Uhr von sebbelino
Bewertung: sehr hilfreichis mir zu Soft. Choclate Starfish... ging mir am besten ab
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