Ich bin dann mal weg. Meine Reise auf dem Jakobsweg (gebundene Ausgabe) / Hape Kerkeling Testbericht

Immer noch etwas verwirrt und fasziniert von den vielen Eindrücken fang ich mal an...
Noch keine 5 Minuten ist es her, da bin ich mit Hans Peter Kerkeling 800 km durch Nordspanien auf dem Jakobsweg gewandert.

An das Buch zu gelangen war für mich schon fast eine Odyssee.
Da ich es mir nicht selber kaufen wollte, aus Angst mal wieder eine klassische Promi-Biographie in den Händen zu halten, versprach mir meine Kollegin es mir mitzubringen, sobald sie es durchgelesen hat. Das war jetzt vor gut einem halben Jahr, da sie es sich direkt nach Erscheinen gekauft hatte. Jetzt am Freitag sprach ich sie dann nochmals drauf an, mir es doch abends zu unserem kleinen Treffen mitzubringen, was sie dann auch letztendlich tat.
Schon quer über den Parkplatz brüllte sie mir zu: "Willst du den Hape ins Auto packen?" Ich verstand natürlich: "Willst du den Hasen ins Auto packen?" und wollte meinen Freund schon glatt wieder ins Auto schicken... Naja, das sorgte schon für die ersten Lacher an diesem langen und lustigen Abend, den Hape nahm ich dann doch lieber mit ins Lokal und meinen Freund natürlich auch ;o).

Später am Abend, oder doch besser Nachts, nahm ich das Buch dann noch mal genauestens unter die Lupe, es ist ja nicht so, als würde es mir ständig im Laden vor die Füße fallen ;o), dennoch will ich es euch ja auch hier genau beschreiben können:

Ganz in blau gehalten dominiert auf der Titelseite ein Foto von einem (wie ich finde) etwas dümmlich grinsenden Hape Kerkeling in voller Pilgermontur, will heißen: Hübsches Hütchen mit angesteckter Muschel (das Pilgerzeichen schlechthin), auf dem Rücken einen riesengroßen Rucksack, schön an Brust und Hüfte (naja, eher Bauch, Hüfte ist da nicht so viel…) verschnürt. Bekleidet ist er mit einem hübschen hellblauen Jeanshemd und einer dunkleren Jeanshose, die Sonnenbrille baumelt lässig an einem Brillenband vor seiner Brust und er klammert sich feste an seinen Pilgerstab. Im Hintergrund dieses Fotos ist ein Haus, sowie ein kleineres Holzhäuschen zu sehen, sowie viel Unkraut am Rande einer Schotterpiste. Rechts neben Hape ist die Verlagsbezeichnung „Malik“ in weißen Großbuchstaben aufgedruckt, ein Stückchen weiter rechts (neben Hape und dem Buchrücken) durchzieht eine weißes gestrichelte Linie das komplette Cover. Oberhalb des Fotos liest man dann schwarz auf blau:

Hape Kerkeling
Ich bin dann mal weg
Meine Reise auf dem Jakobsweg
Auf dem blauen Hintergrund ist übrigens in einem dunkleren Blauton ein Teil von Hapes Pilgerpass abgedruckt und unter dem Schriftzug befindet sich eine blau-weiß gestrichelte Linie, die sich einmal quer über den Schutzumschlag zieht.
Dreht man das Buch nun um, sieht man als erstes Schuhe: Schön ausgetretene, aber robust aussehende Wanderschuhe, nett festgehalten auf einem schönen Farbfoto.

Darunter steht geschrieben: Der wichtigste Weg meines Lebens und es folgt der Klappentext, den ich hier allerdings nicht wiedergeben werde, denn man kann ihn ja selber nachlesen in dem man eine Buchhandlung betritt oder dem Online Händler seines Vertrauens folgende Angaben zukommen lässt:
Erschienen im Mai 2006 im Malik Verlag
(www.malik.de, klappt bei mir leider nicht, ich lande immer bei Versatel, also viel Glück!)
Infos zum Buch findet man aber auch unter Piper-Verlag.de, da es sich um ein und dieselbe Verlagsgruppe handelt.
Unter der ISBN 3-89029-312-3 (13er: 978-3-89029-312-7) ist es für stolze 19,90 € als Hardcover erhältlich.
Wer möchte, kann es sich natürlich auch anhören: Im Juli 2006 veröffentlichte Roof Music das von Hape Kerkeling selbst gelesene Hörbuch unter der ISBN 3-938781-37-8. Auf 6 CD’s bringt er euch seine Reise näher. Es kostet normalerweise 24,90 €, aber amazon.de zum Beispiel, verkauft es zurzeit für 16,97 € zum absoluten Tiefstpreis, hier ist also, im Gegensatz zum preisgebundenen Buch vergleichen angesagt!

Schlägt man das Buch nun auf (egal ob vorne oder hinten) findet man eine Karte des Jakobsweges, in der alle Stationen von Herrn Kerkeling eingezeichnet sind. Das fand ich recht klasse, denn so hat man immer einen guten Überblick „wo“ man gerade ist.


Am Samstag Nachmittag nahm ich mir dann etwas Zeit und bin direkt nach der Arbeit angefangen zu lesen, sehr gespannt darauf was "unser Horst Schlämmer" auf seiner Reise vor jetzt fünf Jahren alles erlebt hat.

Doch zuerst ein paar Infos zur Person Hape Kerkelings:

Geboren 1964 in Recklinghausen, machte er im Jahre 1984 am Marie-Curie-Gymnasium sein Abitur. Doch den Grundstein für seine Karriere legte er schon früher, in dem er sich bei diversen Talentwettbewerben mit selbstbesprochenen Kassetten empfahl. Den ersten Erfolg hatte er dann, als er mit 16 zur Funkausstellung nach Berlin eingeladen wurde, um dort den Wettbewerb für Nachwuchskünstler zu bestreiten. Dieser wurde von der Zeitschrift Hörzu ausgerichtet und Hape gewann ihn prompt. Angespornt von diesem Erfolg bombardierte er alle möglichen Rundfunksender und Fernsehanstalten mit diversen Kassetten, daraufhin wird der Saarländische Rundfunk auf ihn aufmerksam, der gleich eine 25-teilige Serie mit ihm aufnimmt, was wiederum den WDR auf den Plan ruft. Irgendwann landet er dann beim 1. Passauer Nachwuchskabarettistenwettbewerb, wo er dann auch mit viel Glück und anscheinend weniger Verstand das "Scharfrichterbeil" gewinnt. Seitdem ging seine Karriere stetig aufwärts, bis er eines Abends von Otto (jaaa genau dem Otto) nach Hamburg eingeladen wird. Sein Auftritt wird allerdings vom Publikum ignoriert, nur Herr Waalkes nimmt sich seiner an und Hape selbst sagt von sich, dass dieser Abend mit Otto und das Otto selbst ihm den Grundstein zu seiner Karriere gelegt hat. Seinen Durchbruch schaffte er dann im Jahre 1989 mit seiner Show "Total Normal", diese wurde schnell die Nr. 1 im ARD und mit vielen Preisen ausgezeichnet (u.a. "Goldene Kamera", "Adolf-Grimme-Preis", "Bronzene Rose von Montreux", "Bayrischer Fernsehpreis", "Goldener Gong"). Im Jahre 1992 wagt er sich an seinen ersten Kinofilm "Kein Pardon" (Witzichkeit kennt keine Grenzen… *träller)
Nachdem er im Jahre 1993 seine eigene Produktionsfirma „Cheese“ gegründet hat, präsentiert er ein Jahr später eine gleichnamige Serie auf RTL. Kurz darauf kehrt Hape zum ARD zurück und präsentiert dort die Show „Warm ums Herz“. Im Jahre 1997 moderiert er die Show „Zappenduster“ bevor es die nächsten 2 Jahre sehr ruhig um ihn wird. Im Jahre 1999 dann feiert er sein grandioses Comeback in der Sat 1 Show „Darüber lacht die Welt“, dessen 2. Staffel im Jahre 2000 anläuft.
Ich denke, gerade seine Figuren „Horst Schlämmer“ und die gute "Königin Beatrix“ sind uns alle gut in Erinnerung
Das Jahr 2001 (das seiner Reise) ist relativ ruhig: Er moderiert eine 6-teilige Serie („Hapes halbe Stunde“) und im Oktober dann den Deutschen Fernsehpreis. Dennoch hat er in diesem Jahr mit sehr vielen stressbedingten, gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Nach einem Hörsturz und die Entfernung der Gallenblase, entscheidet er sich eine Auszeit zu nehmen.


„Ich bin dann mal weg“

sagt er zu seinen Freunden und verrät eigentlich keinem seinen Plan in ca. 35 Tagen knapp 800 km auf dem spanischen Jakobsweg zu wandern, schließlich will die bekennende Couch Potato ja nicht als Looser nach Hause kommen, wenn er schon nach zwei Tagen aufgibt. Eingedeckt mit einem Reiseführer (der ihm quasi als Zeichen in einer Düsseldorfer Buchhandlung auf den Kopf gefallen ist..), etwas Kleidung zum wechseln, alles schön verpackt in seinem 11 Kilo schweren Rucksack (ja, das wird häufiger erwähnt) fliegt er nach Bordeaux um von dort aus mit dem Zug nach Sant-Jean-Piet-de-Port zu fahren. Dort geht der eigentlich Teil der Reise natürlich erst los, doch auch schon auf dem Weg dort hin erklärt Hape sich verrückt, zweifelt an sich und der Welt.
Ihm mangelt es an Ausdauer, seine Knie schmerzen wie verrückt und als vielseitigster deutscher Entertainer ist er natürlich besseres gewohnt als die „refugios“, die spanischen Pilgerunterkünfte in denen man eine Nacht bleiben darf und dann weiterziehen muss. Mangels Hygiene und Bettenknappheit zieht er es schnell vor in kleinen Hotels und Pensionen zu übernachten.

Doch was ist der Jakobsweg überhaupt?
Dieser zieht sich quer durch Nordspanien, beginnend in dem eben erwähnten französischen Ort und endet nach 800 langen Kilometern in Santiago de Compostela. Gleich zu Beginn durchquert man die Pyrenäen, doch auch der Rest des Weges ist nicht ohne Strapazen: So kommt man an Geisterorten vorbei, in denen nachts die Wölfe heulen sollen, durchquert man steppenähnliche Gegenden oder stösst unvermittelt auf die Zivilisation in Form einer serpentinenähnlichen Schnellstraße, der es zu folgen gilt.
Am Ende dieser strapaziösen Reise erhält man in Santiago de Compostela eine Urkunde der katholischen Kirche, mit der alle Sünden vergeben sein sollen. Um diese zu bekommen muss man allerdings „nur“ die letzten 100 Kilometer zu Fuß bzw. die letzten 200 Kilometer per Rad bestreiten. Den Nachweis erhält man indem man sich in jedem Ort auf der Strecke seinen Pilgerpass abstempeln lässt.

Doch Hape Kerkeling macht sich nicht auf den Weg um dem Ruf der katholischen Kirche zu folgen. Er ist mehr auf der Suche zu sich selbst und will zur Ruhe kommen. Deshalb wandert er auch den ersten Teil der Strecke sehr einsam vor sich hin, nie wirklich auf der Suche nach nettem Kontakt oder etwas Gesellschaft. Dennoch begegnen ihm die seltsamsten und lustigsten Gestalten. Oft ist es so, dass die die mit ihm Kontakt aufnehmen wollen bei ihm abblitzen oder andersherum, dennoch kommt er mit vielen Leuten eher zufällig in Kontakt, die ihn dann ein kleines Stückchen weiterbringen auf dem Weg zu sich selbst und nach Santiago.

Kapitel für Kapitel, Tag für Tag nähert sich Hape dem Ziel seiner Reise, oftmals grübelnd, voller Selbstzweifel schreibt er seine Erfahrungen in einem Tagebuch nieder, selten daran glaubend das Ziel, sich Selbst oder seinen Glauben zu erreichen bzw. wiederzufinden. Dieses ändert sich allerdings ein wenig auf dem zweiten Teil seiner Reise: Hier lernt Hape Menschen kennen die ihm wirklich was bedeuten, die ihn weiterbringen und denen es egal ist, dass er in Deutschland ein großer Comedystar ist.
Mit Anne aus Liverpool und Sheelagh aus Neuseeland, bestreitet er den letzten Teil den Weges gemeinsam wie eine kleine Familie.
Alles nach dem Motto

"Der Weg ist das Ziel"
ist das ganze sehr humorvoll und einfach nur locker so runtergeschrieben. Man merkt beim lesen, dass es sich hier wirklich um Reisenotizen eines Mannes handelt, der es sich wohl überlegt hat dieses fünf Jahre nach seiner Reise zu veröffentlichen. Es ist mit keiner der typischen Promibiograpien zu vergleichen, denn Hape geht weder mit übertriebenen religiösen Eifer an die Sache (eher weniger), noch beschreibt er Großartiges aus seinem Leben vor der Reise. Nein, er beschreibt einfach nur in seiner typisch lustigen Art seine Erlebnisse ohne der große Star zu sein.
Am Ende eines jeden Kapitels fasst er seine Erlebnisse noch einmal in einem kleinen Zitat zusammen, oftmals sind es sehr lustige Sachen wie "Entspann dich, Hase!" andere "Erkenntnisse des Tages" (wie er sie nennt) sind manchmal einfach nur pseudointellektuell, fast peinlich:"Denn eigentlich ist sie unsagbar! Ich habe Gott getroffen!" oder "Mir selbst habe ich mich lange genug zugewendet, jetzt sind die anderen an der Reihe!"
Auch findet man an vielen Textstellen Fotos auf denen Orte, Menschen oder einfach nur Naturlandschaften abgebildet sind. Diese bringen einem den Jakobsweg näher, man bekommt auch ein besseres Gefühl für die Personen die ihn auf seinem Weg begleiten.

Beim lesen selber hat man das Gefühl, der Hape steht vor einem und liest. Man sieht ihn schon die ganze Zeit vor sich und doch hat man das Gefühl einen neuen Hape Kerkeling kennenzulernen: Den Menschen und nicht den witzigen Comedystar. Auch wenn vieles in diesem Buch sehr lustig ist und mich auch häufig zum lachen gebracht hat, sind es nicht Hapes typische Gags die das Buch ausmachen, sondern die vielen komischen kleinen Begebenheiten, die ihm unterwegs passieren, ihm vor seine dauermüden, aber blasenfreien Füße fallen.

Dieses Buch entwickelt sich quasi zum Selbstläufer, man kann es in einem Rutsch ohne große Anstrengung runterlesen. Es ist nicht ohne Grund so ein großer Renner geworden, denn es ist nicht das lustige Werk eines Komikers, sondern ein ehrlicher und einfach geschriebener Reisebericht eines Mannes der zufälligerweise in Deutschland ein Star ist und dennoch ein Mensch...
Dieser Mensch weckt ohne religiösen Eifer; es wird meiner Meinung nach mehr über den Buddhismus geschrieben, als über die katholische Kirche; Lust darauf auch mal auf dem Jakobsweg zu wandern.
Um es aber an meiner Stelle mit Joachim Fest's Worten zu sagen: "Ich nicht." sage nein danke und bleibe dann doch besser zu hause.


auch veröffentlicht für ciao.de
VLG Mareike22