Die Chemie des Todes. 6 CDs (Hörbuch) / Simon Beckett Testbericht

Friedrich Nietzsche sagte einst "Der Deutsche liest nicht laut, nicht fürs Ohr, sondern bloß mit den Augen. Er hat seine Ohren dabei ins Schubfach gelegt.". Lessing meinte, dass seine Werke erst gesprochen werden müssen um ihre Vollständigkeit zu erhalten. Und Goethe war der Auffassung, geschriebene Sprache sei nur ein trauriges Surrogal der gesprochenen Sprache.

Noch im 17. Jahrhundert war es übrigens sehr unhöflich einen Brief leise und für sich zu lesen. War noch jemand anwesend, dann war es selbstverständlich laut vorzulesen.

Die Erfindung des Buchdrucks war natürlich herausragend, sehr wichtig, doch die mündliche Verbreitung der Literatur wurde damit nach und nach zurück gedrängt. Alle, die lesen konnten, lasen auch. Und so kam es, das man irgendwann allein im stillen Kämmerchen saß du las - anstatt sich vorzulesen oder vorlesen zu lassen.

Nach der Erfindung des Tonbandgerätes kamen gelesene Texte wieder in Mode, wurden jedoch, als in den 50ern Radio und Fernsehen sich verbreiteten, wieder in ihr Schattendasein zurück gedrängt. Erst als dann der Walkman und der CD-Player erfunden war, gab es wieder mehr gesprochene Literatur. Und heute, wo Tonträger mit ausreichend Speicherplatz zur Verfügung stehen, ist das Hörbuch wieder auf dem Vormarsch. Ein Grund dafür ist auch, daß ei Hörbuch die von Reizen überfluteten Menschen entspannt - beim Autofahren oder beim Putzen, beim Bügeln, in der Bahn oder - wie in diesem Fall - für die lange fahrt in die Schweiz.

„Die Chemie des Todes“ war das Hörbuch, welches wir für eine lange Autofahrt herausgesucht hatten und auf das ich schon seit langem neugierig war. Um es gleich vorweg zu nehmen - das Hörbuch war so spannend, dass wir es ohne Unterbrechung von Anfang bis Ende hörten.



DIES & DAS

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Für knapp 10,-- Euro ist das sechs CDs und eine Spieldauer von 460 Minuten umfassende Hörbuch im AUDIOBUCH-Verlag erschienen und somit ein regelrechtes Schnäppchen. Ich habe es mir allerdings von einem Kollegen ausgeliehen und hatte es somit noch günstiger ;-). Die Hörbuchfassung ist - wie das bei Hörbüchern üblich ist - eine gekürzte Fassung des im Jahr 2002 veröffentlichten Romans, der es auf die Bestsellerlisten schaffte.



DER AUTOR

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Der britische Autor und Journalist wurde 1968 geboren, ist verheiratet und lebt mit seiner Frau Hillary in seinem Geburtsort Sheffield. Bevor er sich vollkommen dem Schreiben widmete, arbeitete er als Schlagzeuger, Lehrer und Immobilienhändler. Bei verschiedenen Recherchen lernte Becket auch die Polizeiarbeit kennen und verwertete seine Erfahrungen und sein neu erworbenes Wissen in seinen Romanen.

Vom Autor erschienen in deutscher Sprache bisher „Die Chemie des Todes“, „Kalte Asche“, „Leichenblässe“, „Obsession“ und „Flammenbrust“



UM WAS ES GEHT

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Dr. David Hunter, forensischer Anthropologe gibt seinen Beruf auf und zieht in das kleine und idyllische Städtchen Manham in Norfolk um. Dr. David Hunter hat seine Frau und seine Tochter durch einen Unfall verloren und kann es seither nicht mehr ertragen mit Leichen zu arbeiten.
In Manham will er ein beschauliches, ruhiges Leben führen und als Landarzt arbeiten. Sein neuer Partner Henry sitzt nach einem Unfall im Rollstuhl und kann ein wenig Hilfe durchaus gebrauchen.

An einem heißen Sommertag mit brütender finden zwei Kinder eine stark verweste (und sehr ausführlich beschriebene) nackte Frauenleiche und sein beschauliches Leben endet abrupt. Die Jungen waren auf dem Weg zum Baden, folgten dann aber der Madenspur…

David erfährt unterdessen von seiner Patientin Linda Yates, dass diese von Sally Palmer geträumt hat und sie ist überzeugt, dass es dafür einen Grund gibt. Sie mache sich Sorgen um die Schriftstellerin. David macht sich auf zu Seiner ehemaligen Freundin Sally, doch ihr Haus wirkt einsam und verlassen, keiner öffnet die Tür und der Poststapel vor dem Haus lässt vermuten, dass schon längere Zeit niemand mehr zu Hause war.

Als der Officer McKenzie erfährt, dass David ein Forensiker ist, bitter er ihn bei den Ermittlungen des Mordes zu helfen, wozu dieser auch bereit ist. Mit seinen Fachkenntnisse verblüfft er die Beamten des Ortes und mit einem Hautfetzen kann die Leiche identifiziert werden.

Während der Mordermittlungen verschwindet wieder eine Frau, Lynn Matcafe. Die Suche nach Lynn gestaltet sich spannend und durch die Fallen des Mörders in der Umgebung des Dorfes auch gefährlich.

Man begegnet seit dem neuerlichen Verschwinden einer Frau dem dahergelaufenen Außenseiter David im Dort mit Angst und Misstrauen. Das einst so beschauliche Örtchen ist in Aufruhr und jeder verdächtigt jeden. Und David gerät immer mehr ins Geschehen, wird während der Ermittlungen ebenso zum Zeuge wie zum Tatverdächtigen.

Jede weitere Tat bringen mehr Licht, machen das Profil des Täters klarer. Schließlich gerät auch seine neu erwachte Liebe zu Jenny ins Visier des Mörders. Und nun überstürzen sich die Ereignisse und ein verzweifelter Wettlauf um das Leben seiner Geliebten beginnt.



DER SPRECHER

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1966 wurde Johannes Streck, deutscher Schauspieler, im fränkischen Würzburg geboren. Er arbeitete beim Theater, wechselte zum Fernsehen und befasst sich heute überwiegend als Sprecher von Hörbüchern. Johannes Streck liest dieses Buch unübertrefflich spannend, stellt die ganze Gefühlspalette - von Nachdenklichkeit und Verschlagenheit bis hin zum Gefühlsausbruch - überzeugend dar. Jeden der einzelnen Charaktere gibt er etwas Eigenes, wie beispielsweise dem überaus, wenn auch klischeehaften, engstirnigen Dorfpfarrer Scarsdale, dem man ohne weiteres eine Hexenjagd zutrauen würde.

Der Sprecher ist hier wirklich in Hochform, liest das Buch gut und sehr gekonnt und konnte mich absolut überzeugen. Auch die gleichmässige Lautstärke gefiel mir sehr gut.

Musik und sonstige Geräusche sucht man auf den CDs vergebens, was für meinen Geschmack auch sehr angenehm ist. Musik und Geräusche würde ich hier wohl eher als störend empfinden.
Ich bin froh, dass für diese Hörbuchfassung ein so ausgezeichneter Sprecher gefunden wurde, denn ein schlechter Sprecher kann einen noch so guten Roman schnell einschläfernd werden lassen. Johannes Streck hingegen gibt der Geschichte Leben, liest sehr lebendig und abwechslungsreich.



DER STIL

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Packend und flüssig, eingehend und gleichzeitig unter die Haut gehend ist der mir sehr gut gefallende abwechslungs- und temporeiche Stil des Autors.

Überwiegend in der Ich-Perspektive, nämlich in der der Hauptperson David Hunters, ist dieser Roman geschrieben. Doch manchmal wechselt die Perspektive. Dies geschieht dann, wenn es um den gesuchten Mörder und seine Opfer geht. Normalerweise bin ich von Geschichten in der Ich-Perspektive nicht so ganz begeistert - hier gefiel es mir sehr gut.

Der Autor beschreibt die einzelnen Charaktere so, dass man sie für den Zuhörer lebendig werden und man sie direkt vor seinem geistigen Auge hat. Besonders David Hunter, ein ruhiger und manchmal nachdenklicher ganz normaler Mann, wird vom Autor sehr realistisch und nicht als Superheld dargestellt. Auch wenn sich auf ihn die Geschichte konzentriert, gibt es noch weitere Personen, die ebenso hervorragend beschrieben und herausgearbeitet sind. Alles wirkt echt und lebensnah.

Ein wenig gewöhnungsbedürftig hingegen finde ich die, wenn auch sehr wissenschaftlich gehaltenen, Beschreibungen der Leichen, die durch Maden und Fliegen zersetzt werden. Die Erfahrungen, die der Autor während seiner Forschungsarbeit für Prozesse der Verwesung gemacht hat, lässt er hier stimmig und unglaublich formuliert mit in seinen Roman einfliessen. Empfindlichen Gemütern könnten die Beschreibungen der Leichen dennoch ein wenig zu detailliert sein.



MEINE MEINUNG

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Ein wirklich toll umgesetztes Hörbuch, das mich von Anfang an fesselte und n den Bann zog. Spannend und voller überraschender Wendungen ist die Geschichte, wirkt aber dennoch immer ausgesprochen realistisch, auch wenn an wenigen Stellen ein klein wenig vorhersehbar, was ich jedoch ncht als unangenehm empfand. Die Handlung des Buches und der Stil de Autors passen zusammen wie Topf und Deckel. Die Beschreibungen der Charaktere, deren Stimmungen und Gedanken sind großartig geschildert.

Der komplexen und unkonstruiert wirkenden Handlung des Thrillers kann der Zuhörer sehr gut folgen. Und ganz besonders der perfekt agierende Sprecher Johannes Steck macht mit seiner herausragenden Leistung ein wahres Hörvergnügen aus „Die Chemie des Todes“.

Neben der Aufklärung der Morde, nehmen auch andere Dinge einen Teil der Geschichte für sich ein. Da ist die neu aufkeimende Liebe zur Lehrerein Jenny, da sind die Verdächtigungen der Bewohner von Manham und auch die dadurch entstehenden Stimmungen und die besondere, mystische (Wenngleich mir ein ganz klein wenig zu unrealistische, aber nicht störende) Atmosphäre, die durch Davids Träume entsteht werden nicht vernachlässigt.

Für mich ist’s eines der besten Hörbücher, die ich in der letzten Zeit gehört habe. Wer spannende Thriller liebt, dem möchte ich dieses Hörbuch empfehlen, wer schwache Nerven hat und ein sehr empfindliches Gemüt hat, sollte lieber die Finger davon lassen ;-)

„Die Chemie des Todes“ ist ein perfekter, unter die Haut gehender und noch dazu authentisch erscheinender Thriller, dem ich gerne fünf von fünf Sternchen und noch dazu eine Empfehlung gebe.