Die Chemie des Todes (Taschenbuch) / Simon Beckett Testbericht

ab 9,81
Auf yopi.de gelistet seit 03/2007
5 Sterne
(8)
4 Sterne
(2)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)
Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  durchschnittlich
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von Paukenfrosch

Der Tod holt ihn immer wieder ein

Pro:

interessante Story; interessante Auflösung

Kontra:

monotoner Schreibstil

Empfehlung:

Ja

In den letzten drei Tagen las ich das Buch
"Chemie des Todes"
von
Simon Beckett

Ich hatte es schon öfter in der Hand, doch gekauft hatte ich es mir nie, denn all zu verlockend klang der Klappentext für mich nicht. Letzte Woche jedoch bekam ich es ausgeborgt und so las ich es nun also doch…
* * * * *

Der Autor
-------------
Simon Beckett wurde 1968 in Sheffield (England) geboren. Dort lebt er auch heute noch und zwar mit seiner Frau.

Simon Beckett kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken, denn er verdingte sich als Hausmeister, Spanisch- und Englischlehrer und er war auch Schlagzeuger in mehreren Bands. Ebenso arbeitete er als Immobilienhändler und freier Journalist.
Er ist der Autor folgender Bücher:

Chemie des Todes
Kalte Asche
* * * * *

Allgemeine Informationen zum Buch
-------------------------------------------------
"Die Chemie des Todes" erschien in England unter dem Originaltitel "The Chemestry of Death" im Februar 2006. In Deutschland brachte der Rowohlt Verlag diesen Thriller unter der ISBN 978-3-499-24197-0 noch im gleichen Jahr heraus.

Vor mir liegt die 4. Auflage, derzeit gibt es das Buch bereits als 9. Auflage.
Das Taschenbuch umfaßt 432 Seiten und kostet 9,90 €.

* * * * *
Klappentext
-----------------

David Hunter war der beste forensische Anthropologe Englands, bis ein tragischer Unfall sein Leben für immer veränderte. Aber der Tod lässt David einfach keinen Frieden…
* * * * *

Inhalt & Meinung
-----------------------
David Hunter ist forensicher Anthropologe. Der beste Englands sogar. Doch als er bei einem Unfall Frau und Kind verliert, kehrt er diesem wissenschaftlichen Gebiet den Rücken zu, denn mit Leichen will er nichts mehr zu tun haben.

Er verläßt London und arbeitet nun in einer Arztpraxis auf dem Land. Der bisherige Arzt von Manham sitzt seit seinem Autounfall im Rollstuhl und so nimmt David mit der Zeit Schritt für Schritt seinen Platz ein. Niemand im Dorf kennt seine Vergangenheit.
"Chemie des Todes" ist durchgehend in Ich-Form aus David´s Perspektive geschrieben. Schon von Anbeginn des Buches ist dem Schreibstil anzumerken, daß David immer noch um seine Frau und seine Tochter trauert. Das Gelesene wirkt ruhig, sachlich, teils distanziert, wenn auch detailliert, aber immer spürt man diese Trauer, die in den Worten mitschwingt. Der melancholische Erzählstil überwiegt in diesem Buch. Im Verhältnis dazu gibt es weniger wörtliche Rede. Unnütze Worte gibt es nicht.

Drei Jahre ist David nun schon in diesem kleinen englischen Kaff, wo er immer noch als Fremder gilt, als er mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Es wird eine Leiche gefunden. Der in diesem Mordfall ermittelnde Polizist braucht natürlich nicht länger als einen Tag, um herauszubekommen, wer David wirklich ist bzw. war. Er bittet ihn daraufhin um Mithilfe, da die Leiche schon stark verwest ist. David kämpft mit sich, sagt aber letztendlich zu, auch wenn es ihn Überwindung kostet.
Es ist sehr interessant, David bei seiner Arbeit als Forensiker über die Schulter zu schauen. Sehr detailliert wird die Leiche Beschrieben, sehr genau wird auch beschrieben, welche Schlüsse David daraus zieht. Und das das bei jeder Leiche, die in diesem Thriller noch folgen wird.

Eine Leiche hätte dem kleinen Dorf schon genügt, doch als das Morden weitergeht, bricht Unruhe aus. Es scheint festzustehen, daß einer aus dem Dorf der Täter sein muß und so geht es so langsam recht spannend zu, denn das Misstrauen wächst und es finden Übergriffe statt. Die Polizei jedoch ist noch keinen Schritt weiter. Es zermürbt einen fast, denn auch der Leser hat keine Ahnung, wohin ihn die Suche nach dem Täter führen wird.
Und trotz der Aufregung im Dorf ist der Schreibstil immer noch monoton ruhig. Sachlich wird jeder Fakt beleuchtet. Viel Wert legt Simon Becket auch auf die Beschreibung seiner Figuren. Man kann sich die Einzelnen Personen recht gut vorstellen, sowohl vom Aussehen her, als auch vom charakterlichen Typ. Um so mehr man sich in das Buch hineinliest, um so mehr hat man das Gefühl, in diese dörfliche Gemeinschaft integriert zu werden. Allerdings mehr geduldet, als akzeptiert - so wie David.

Einen besonderen Platz nimmt in diesem Buch der Dorfpfarrer ein. So sehr, wie man als Leser David lieb gewonnen hat, so sehr verabscheut man diesen Pfarrer Scardale. Dazu mal eine kleine Textpassage:
"Scardale war zur Stimme Manhams geworden. Während alle anderen die Medien mieden, legte er keinerlei Zurückhaltung an den Tag und stellte sich vor jede Kamera und jedes Mikrophon. Er spielte alle Seiten gegeneinander aus. Er prangerte sowohl das Scheitern der Polizei an, die den Mörder nicht fassen konnte, als auch die moralische Selbstgefälligkeit, die seiner Meinung nach zu dieser Situation geführt hatte. … Doch obwohl einige wenige hinter vorgehaltener Hand über die Bereitwilligkeit murrten, mit der er seine zweifelhaften Ansichten aller Welt mitteilte, erhielt unser guter Herr Pfarrer immer mehr Zulauf."

Als ich diese Passage las, erinnerte ich mich an die Ereignisse von 1989 in der DDR und stellte für mich einige fragwürdige Parallelen fest, denn auch damals füllten sich plötzlich die Kirchen und jeder konnte jeden von der Kanzel aus öffentlich anprangern. Sicherlich ist es eine Art Meinungsfreiheit, doch während dieser Zeit, die ebenso wie im Buch eine Ausnahmesituation war, wurde auch sehr viel Unfrieden gestiftet, da nicht jede Behauptung der Wahrheit entsprach. Menschen wurden vom Gotteshaus aus gegeneinander aufgehetzt, Mißtrauen wurde geweckt, Lügen wurden verbreitet und so manche daraus resultierende haßerfüllte Aktion folgte.
Für mich sind das erschreckende Parallelen. Immerhin geschah das eine zu DDR-Zeiten, daß andere in England. Doch beide Mal hat die Kirche eine deckungsgleiche Rolle. Erst immer schön still im Hintergrund mit wenig Schäfchen, doch plötzlich kommt eine passende (eigentlich eher unpassende) Gelegenheit und die Kirche macht sich ans Werk. Sicherlich ist die Kirche voll und Scardale freut sich über den Zulauf, doch durch seine Worte, die er predigt kommt es ihm Dorf zu Übergriffen und Überfällen auf unschuldige Menschen. Das stimmt mich sehr nachdenklich…

Die Geschehnisse und Begebenheiten im Buch sprechen für sich. Allein die Vorstellungskraft des Lesers genügt, um den ruhigen Worten bewegtes Leben einzuhauchen. Sicherlich ist man bei jedem neuen Leichenfund erschüttert, doch es bleibt irgendwie immer monoton. Die Ruhe vor dem Sturm, denn das Blatt wandelt sich auf den letzten 100 Seiten, als Jenny spurlos verschwindet. Jenny, die Frau, in die sich David erst kürzlich verliebte.
David hat einen Verdacht und ermittelt auf eigene Faust. Der Verdacht scheint auch sehr begründet und wird von der Polizei verfolgt. Doch plötzlich steht David dem wahren Mörder gegenüber. Und auch in einem weiteren Menschen, dem er sehr freundschaftlich gegenüber stand, sollte sich David lebensgefährlich täuschen…

Hat man das Buch zum größten Teil gelesen, dann kann man es dennoch immer wieder aus der Hand legen. Die Story ist zwar schon spannend, aber eben nicht so fesselnd, daß man gezwungen ist, weiter zulesen. Die letzten 100 Seiten sind da ganz anders. Man rast förmlich durch den letzten Teil des Buches hindurch, weil man kaum glauben kann, was passiert. Man kann auch kaum glauben, wie sich der Fall aufklärt. Man bleibt geschockt und verdutzt zurück.
Insgesamt ist "Chemie des Todes" ein durchaus lesenswertes Buch. Es besticht inhaltlich zu 100%. Doch ich hätte mir mehr Elan und mehr wörtliche Rede gewünscht. Wäre das ganze Buch wie die letzten 100 Seiten, dann wäre es der Knüller gewesen. Aber so hatte es wirklich diesen phlegmatischen englischen Touch, den ich nur hin und wieder verknusen kann.

Mit viel gutem Willen gebe ich dem Buch 4 Sterne. Das muß genügen.

( Mein Bericht erschien bereits auf Ciao am 15. Februar 2008 )

12 Bewertungen, 3 Kommentare

  • BroeselWerner

    26.02.2008, 08:00 Uhr von BroeselWerner
    Bewertung: sehr hilfreich

    lieben Gruß sendet BroeselWerner

  • bigmama

    26.02.2008, 02:18 Uhr von bigmama
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Anett

  • Joerg_Langer

    25.02.2008, 03:32 Uhr von Joerg_Langer
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh - gut beschrieben