Pro:
Spannendes Sozialverhalten, intelligent, hoher emotionaler Wert, reinlich
Kontra:
Nichts, nur halt kein Kinder - und Kuscheltier
Empfehlung:
Ja
Guten Abend! Mein erster Testbericht in diesem Forum wird sich jenem Geschöpf widmen, das eine zentrale Rolle in meinem Leben einnimmt- dem schönsten Schwein im Land, dem Meerschweinchen.
Ich werde mich in diesem Bericht einer einfachen und klaren Gliederung bedienen, indem ich darstelle, wie Meerschweinchen sind und was sie brauchen, und anschließend erläutere, welche Anforderungen, vor allem finanzieller Natur, an den Halter daraus erwachsen. Ich werde dabei immer noch verhältnismäßig allgemein bleiben und beispielweise nicht detailliert auf Meerschweinchenkrankheiten eingehen oder jede einzelne zur Fütterung geeignete Gemüsesorte benennen.
!! Das Lesens meines Berichtes, so ausführlich er sein mag, ersetzt NICHT die Konsultierung weiterer Ratgeber- ob in Buchform oder online-, BEVOR man sich zum Erwerb entscheidet !!
Jeder potenzielle Halter möchte hier bitte selbst seiner Informationspflicht nachkommen. Dies ist ein Testbericht über die allgemeinen Auswirkungen des Erwerbs eines "Produktes", bei dem, da es sich um ein lebendes handelt, ohnehin schon auf besondere Ausführlichkeit und Sorgfalt geachtet wurde, und KEIN Tierinformationsdienst o.Ä. Ein guter Eintsieg zur umfassenden Information ist http://www.diebrain.de/I-index.html
Ich selbst halte seit 11 Jahren ununterbrochen Meerschweinchen. Gegenwärtig habe ich einen kastrierten Bock (3 1/2 Jahre) und zwei Weibchen (4 und fast 6 Jahre), welche auf dem Foto zu sehen sind (links der Bock). Ich werde das Rudel bald um mindestens ein weiteres Weibchen erweitern.
Legen wir los.^^
1. Basisinformationen und -hinweise
Meerschweinchen (künftig mit "MS" abgekürzt) sind kleine, ursprünglich vor allem in den südamerikanischen Anden beheimatete Nagetiere, deren Körperlänge in der Regel zwischen 20 und 35 cm liegt (größere Exemplare sind selten; Mädels sind meist kleiner als Jungs). Es gibt sie mit verschiedenen Fellstrukturen und in sehr vielfältigen Farbkombinationen (auch weiß mit roten Augen); da es hier um das Haustier und seine Bedürfnisse im Allgemeinen geht, soll das nicht im Detail ausgeführt werden. Mit ihrem weichen Fell, ihrer geringen Körpergröße, den verhältnismäßig großen, meist dunklen Augen und dem leicht gedrungenen Körper machen MS (ähnlich wie Kaninchen) einen allgemein als "niedlich" empfundenen Eindruck, da sie auch im Erwachsenenalter noch immer das sog. "Kindchenschema" zu bedienen scheinen. Nicht nur bei Kindern lösen gerade diese Tiere daher schnell den Wunsch aus, sie zu besitzen. Wenn man ihnen als verspielten Jungtieren in einer Zoohandlung begegnet, umso mehr. Ob MS wirklich geeignete Kindertiere sind, wird unter 4. ein wenig ausführlicher besprochen. An dieser Stelle sei schon einmal darauf verwiesen, dass diese tatsächlich niedlichen Geschöpfe einige Ansprüche haben, denen man mitunter mehr als 6 Jahre (Durchschnittsalter) lang gerecht werden muss. MS können durchaus 7-9 Jahre alt werden, in seltenen Fällen sogar noch älter. Solange sollte man bereit sein, die laufenden Kosten (siehe einzelne Punkte) zu tragen, sie regelmäßig zu pflegen, ggf. die eigenen Bedürfnisse im Interesse der Tiere zurückzuschrauben und auch Ausnahmesituationen (ernstere Erkrankungen d. Tiere zum Beispiel) zu meistern. Wer nach der Lektüre dieses Berichtes auch nur die geringsten Zweifel hat, diesem Aufwand gewachsen zu sein, sollte die Hände von MS lassen- auch wenn sie noch süß sind !!
2. Erhältlichkeit und Preis
MS bekommt man entweder direkt beim Züchter (im Internet nach Anzeigen googeln), bei Zoohandlungen/Baumärkten und natürlich im Tierheim oder bei privaten Notstationen (Letzteres ist aus ethischen Gründen besonders empfehlenswert). Ein seriöser Züchter wird seine Tiere nur gegen Schutzgebühr und Schutzvertrag vermitteln, ebenso wie es die Tierheime tun. Man sollte darauf achten, dass der Vertrag eine Klausel erhält, die einem im Fall des Erwerbs eines bereits gedeckten Weibchens die Rückgabe der Jungtiere ermöglicht. Hat man bereits einen Bock und holt sich ein Weibchen, werden seriöse Tierheime, die unverantwortlicher Massenvermehrung vorbeugen wollen, einen Kastrationsnachweis des Böckchens verlangen (stellt der Tierarzt aus, der die Kastration vorgenommen hat).
Bei Zoohandlungen gibt es so etwas i.d.R. nicht. Auch kann man damit rechnen, dass Tiere aus dem Zoohandel in aller Regel Milben haben, während die aus dem Heim medizinisch gut untersucht und ggf. behandelt wurden. Der Anschaffungspreis schwankt zum Teil sehr; Tiere aus dem Handel kosten um die 10Euro. Zumindest in meinem Fall war es beim Tierheim in etwa genauso, zumindest für die Weibchen; die Schutzgebühr für kastrierte Böcke ist höher. Beim Züchter kann man, abhängig von der Rasse und davon, ob die jungen Böcke bereits kastriert wurden, bis zu mehr als 35Euro loswerden. Böcke aus der Zoohandlung sind übrigens so gut wie nie kastriert, lasst euch nie ungeprüft etwas Gegenteiliges einreden! Auch hält sich in ZH'S mitunter die Kompetenz der Verkäufer in Sachen Geschlechtsbestimmung stark in Grenzen. Man ist also gut beraten, sich mithilfe von Schaubildern (diebrain) damit vertraut zu machen und dann selbst einen Blick unters Schwein werfen.
Man sollte bedenken, dass die Tierarztkosten für die mit großer Wahrscheinlichkeit nötig werdende Milbenbehandlung von MS aus dem Zoohandel den Anschaffungspreis bereits (knapp) übersteigen kann.
Ferner sollten Eltern IMMER daran denken, dass Kindern unter 16 Jahren der Erwerb lebender Tiere nicht gestattet ist! Wird das MS für die Kinder angeschafft, sind rechtlich gesehen dennoch die Eltern die Besitzer und die Fürsorgepflicht liegt AUSSCHLIESSLICH bei ihnen!
3. Wieviele in welcher Kombination?
Alle MS sind extreme Rudeltiere, EINZELHALTUNG IST ALSO EIN ABSOLUTES TABU !! Ausnahmen stellen höchstens schwer verhaltensgestörte Tiere oder solche dar, die fast ihr gesamtes Leben mit nur einem Partner verbrachten und sich nach dessen Tod im Alter nicht mehr an neue Artgenossen gewöhnen lassen. Beides ist aber extrem selten der Fall. Man sollte also mindestens zwei halten. TABU IST EBENFALLS DIE VERGESELLSCHAFTUNG MIT EINEM KANINCHEN !!
In ihrer südamerikanischen Heimat leben sie in Haremsgruppen mit einem Männchen, mehreren Weibchen und den Jungtieren. Diese Haltungsform ist also die natürlichste und auch empfehlenswerte, da in einer solchen Gruppe das gesamte Verhaltensspektrum, vom Werbe- und Paarungsverhalten bis hin zu den normalen Alltagszickereien zwischen den Damen, beobachtet werden kann.
Auch Paarhaltung (1 Bock, 1 Weibchen) ist möglich. Allerdings sind 2 MS m.E. noch zu wenig, weil kein richtiges Rudel. Das spannende Sozialverhalten einer Gruppe vermisst man hier natürlich. Auch gibt es immer mal wieder wirklich faule MS (wie meine Annika^^), die sich beim Freilauf nur minimal bewegen und keine geeigneten Partner für spanennde Erkundungstouren darstellen. Das andere MS droht dann ebenfalls faul zu werden; nicht, weil es ihm an Lust u. Energie mangelt, sondern weil das Herumlaufen allein keine Freude bereitet. In einer Gruppe ist so etwas ausgeschlossen, da finden sich meistens mindestens 2 Tiere mit "gemeinsamen Interessen" zusammen. Ich rate also zu mindestens 3 Tieren.
Eine weitere Haltungsform wäre die reine Weibchengruppe ohne Bock. Hat sich erst das ranghöhste Weibchen als Leitsau durchgesetzt, leben die Damen i.d.R. sehr harmonisch zusammen. Abgesehen davon, dass auch hier eine äußert interessante Komponente des natürlichen Verhaltens, das Paarungsverhalten nämlich, ausfällt, besteht Grund zu der Annahme, dass ein Bock die Weibchen gesund hält. Das regelmäßige Aufreiten (auch Kastraten sind aktiv) beugt den berüchtigten Eierstockzysten vor, die überdurchschnittlich viele der über 3-jährigen Weibchen betreffen. Wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse liegen diesbezügl. zwar noch nicht vor, aber Erfahrunsgwerte, auch meine, bestätigen es. Apropos Kastration: Bei Paarhaltung oder Haremsgruppe sollte natürlich immer ein kastriertes Männchen vorhanden sein! Ohne Sinn, Verstand und Ahnung von Genetik einfach mal MS-Junge in die Welt setzen zu lassen, ist absolut verantwortungslos. Es gibt bereits genug in Not geratene MS. Zudem sollten weibliche MS bei ihrer ersten Geburt nicht älter als ein Jahr sein, da sonst die Gefahr einer Verknöcherung der Schambeinfuge besteht, was die Geburt unmöglich macht! Ist man sich bezüglich des Alters seiner Tiere also nicht sicher (bei MS aus dem Heim keine Seltenheit), würde man hier u.U. das Leben seiner Weibchen riskieren! Eine Kastration kostet um die 50Euro. NACH DER KASTRATION muss der Bock noch 6 Wochen von den Weibchen isoliert werden, denn solange ist er noch zeugungsfähig. Eine Ausnahme sind frühkastrierte Böcke. Frühkastration bedeutet, dass die Entmannung erfolgt, bevor die Spermienproduktion begonnen hat. Eine Frühkastra ist ab einem Gewicht v. 250 g und einem Alter von 3 Wochen möglich. Böcke werden übrigens spätestens mit 6 Wochen geschlechtsreif (selten können frühreife Exemplare schon mit 3-5 Wochen erfolgreich decken), die Weibchen bereits mit einem Monat!
Auch wenn die Forschung erwiesen hat, dass sich Haus-MS im Gegensatz zur wilden Verwandtschaft auch in Gruppen mit mehreren Weibchen UND mehreren Böcken arrangieren können, ist von einem solchen Experiment grundsätzlich abzuraten. Es funktioniert nur, wenn die Böcke die Kooperation mit ihren Geschlechtsgenossen während der gesamten Dauer der Prägungszeit (8 Wochen) erlernt haben, wahrscheinlich auch immer in dergleichen Gruppe. Die meisten MS landen aber in den Zoohandlungen in- hoffentlich- nach Geschlechtern getrennten Gruppen, sobald sie entwöhnt sind (mit 3 Wochen), also ist das schon einmal ausgeschlossen. Bei MS aus dem Heim liegt die Herkunft oft ohnehin im Dunkeln. Möglich wäre es also höchstens, wenn man die Tiere direkt beim Züchter im Alter von mindestens 8 Wochen abholt. Wirklich empfehlenswert ist es dennoch nicht, vor allem nicht für Anfänger in der MS-Haltung. Gleiches gilt für eine reine Bockgruppe, die tendenziell zur Instabilität neigt.
Bleibt noch die Option Bockpaar. Auch wenn ich sonst die Haltung von mehr als 2 Tieren befürworte, mache ich hier eine Ausnahme. Ich unterstütze massiv diese Form der Bockhaltung, denn die Böcke müssen ja irgendwo untergebracht werden. Weibchen finden problemlos zu mehreren in einer Zickenbande oder Haremsgruppen eine Heimat, die Vermittlung von Böcken jedoch ist aus oben beschriebenen Gründen eher kompliziert. Eine zunehmende Bockpaarhaltung ist hier eine gute Alternative, mehr Böcke in einem artgerechten Zuhause unterzubringen.
4. Beziehung zum Menschen
MS werden ganz sicher keine so enge Bindung an ihren Menschen entwickeln wie es beispielsweise Hunde tun. Die wichtigste Bezugsgröße wird IMMER das Rudel sein. Damit sollte man leben können. Aufgeräumt werden sollte auch mit dem immer noch weit verbreiteten Vorurteil, MS seien verschmuste Kuscheltiere. MS kuscheln nicht miteinander und betreiben auch keine wechselseitige Fellpflege. Gegenseitiges Ablecken kommt zwar vor, ist jedoch eine absolute Seltenheit. Es ist also davon auszugehen, dass sie längere Kuschelzeiten mit Menschen ebenfalls nicht über die Maßen genießen. Auch wenn sie sich währenddessen passiv verhalten, ist das mitnichten ein Hinweis auf Wohlbefinden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie die menschliche Kuschelattacke nur resigniert über sich ergehen lassen. Gänzlich auf Zärtlichkeiten verzichten muss man dennoch nicht, aber man hat immer die individuellen Grenzen des Tieres zu respektieren. Zumindest mein Bock holt sich regelmäßig seine Streicheleinheiten ab und lässt sich unter dem Kinn kraulen. Jedoch dauert das selten mehr als eine halbe Minute. Natürlich spricht auch nichts dagegen, die MS, nachdem man sie zwecks Pflege ohnehin rausholen und hochheben musste, noch ein paar Minuten an sich zu drücken und zu herzen. Nur längeres Kuscheln (mehr als 15 Minuten) werden die wenigsten mit Dankbarkeit quittieren. Aber sogar hier mag es Ausnahmen geben. Wie gesagt sind die Grenzen sehr individuell; manche lassen sich auch gar nicht streicheln. Wichtig ist, die Signale seiner Tiere richtig zu interpretieren. Machen sie sich beim Kuscheln regelrecht steif, hat man es wohl mit einer Schockstarre zu tun. Ein kurzes Knattern bedeutet: Das gefällt mir nicht, ich bin beunruhigt. Versuchen sie die menschliche Hand mit dem Kopf wegzustoßen oder sogar nach ihr zu schnappen, dürfte der Fall ohnehin klar sein. Sanftes, anhaltendes Gurren hingegen verweist auf Wohlbefinden.
Kindern dürfte es sehr schwer fallen, die Signale der MS zu respektieren und das süße puschelige Geschöpf gehen zu lassen. Sonstiger Missbrauch als "Spielzeug" (beispielsweise Anziehen von Puppenkleidern bzw. Schmücken mit Ketten, Haarspangen usw. oder Herumfahren im Puppenwagen) ist ein absolutes Tabu und sollte von den Eltern SOFORT unterbunden werden. Man sollte in diesem Zusammenhang auch bedenken, dass MS einen sog. polyphasischen Aktivitätsrhytmus aufweisen, soll heißen, sie haben keine längeren Ruhephasen, sondern halten über den gesamtes Tag verteilt kleine Schläfchen. Sie können nachts also sehr aktiv sein; gerade wenn Paarung angesagt ist, kann es mächtig rappeln im Gehege. xD Die Nachtruhe der Kinder kann dadurch gestört werden. Zusammenfassend vertrete ich die Meinung, dass das MS KEIN Kindertier ist. Es wäre einfach nicht richtig, es weniger deutlich auszudrücken.
Auch wenn sich das Schmusebedürfnis der MS gegenüber Menschen im Großen und Ganzen in Grenzen hält und sie in 1. Linie Mitglieder ihres Rudels und nicht Partner von Herrchen/Frauchen sind, entwickeln sie dennoch eine Beziehung zu ihrem Zweibein. Sie lernen natürlich sehr schnell, von wem sie das Futter erhalten und wer zu ihrem unmittelbaren Umfeld gehört. Dass man das Vertrauen seiner MS besitzt, bekommt man auch ohne Anspringen und leckende Zunge zu spüren, wenn auch subtiler. MS zeigen Vertrauen, indem sie z.B. aus der Hand fressen, die Anwesenheit des Menschen mit absoluter Furchtlosigkeit quittieren, vll. sogar in seiner Nähe schlafen, Blickkontakt suchen und diverse Wünsche, vor allem nach Futter, quiekend direkt an ihn richten. Eine emotionale Bindung entsteht also sehr wohl.
5. Wo haust die WG?
MS kann man schwerlich dauerhaft frei in der Wohnung herumlaufen lassen. Sie müssen also in einem Gehege untergebracht werden.
Pro MS sollten idealerweise 0,5 qm eingeplant werden. Ab einer Gruppe von vier Individuen kann man den Platzbedarf für ein Tier notfalls auf 0,3 qm zurückschrauben. Will man sich daran halten, kommt als MS-Behausung eigentlich nur ein individuell gefertigter Eigenbau in Frage. Sollte man dies partout nicht realisieren können, sollte eine Käfiggröße von 120 x 60 cm für 2 MS jedoch auf keinen Fall unterschritten werden. Alles, was darunter liegt, ist definitiv inakzeptabel.
Ich rate ferner DRINGEND von der Anschaffung eines Etagenkäfigs zum Zwecke des Einsparens von Bodenfläche ab. Da MS nicht gern und nicht gut klettern und steigen, werden viele die häufig viel zu schmalen Stiegen, die in die oberen "Geschosse" führen, mit Nichtachtung strafen. Allenfalls in ihrer Jugendzeit könnte es sie begeistern, hinauf zu steigen. Ich kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass keines meiner Tiere eine solche Stiege hinauf und hinunter flitzen würde. Das bodenorientierte MS braucht Lauffläche.
Für einen Käfig ab der genannten Mindestgröße sind bis zu 150Euro einzuplanen. Bei einem Eigenbau können die Kosten schwanken. Es hängt ja von der Gesamtgröße und dem verwendeten Material ab. Manche benutzen alte Regale oder Schränke als Grundlage, was insgesamt natürlich bedeutend billiger ausfällt als der komplette Neukauf von Holz. Wählt man Letzeres, sollte man lieber großzügig rechnen und für einen Eigenbau für eine Gruppe ab 4 MS (= ab 2 qm) nicht unter 120Euro einplanen.
MS brauchen zusätzlich immer Unterschlüpfe in Form von Holzhäuschen, Tunneln , Weidenbrücken oder Unterständen. Im Idealfall hat man einen Unterschlupf pro Tier bereit, oder man wählt ein so großes Haus bzw. ein so breites bzw. langes Dach für einen Unterstand, dass sich mehrere Tiere darin bzw. darunter tummeln können, ohne einander zu berühren, den wie gesagt kuscheln sie nicht. Kämen sie sich bei der Suche nach einem Unterschlupf zu nahe, würde das ranghöhere Tier das rangniedere mit großer Wahrscheinlichkeit verjagen. Was einem im Zoohandel so als MS-Häuschen angedreht wird, ist eigentlich immer zu klein. Man sollte daher ein Kaninchenhaus wählen (gleiches gilt übrigens für die Käfige).
Mehr als 20Euro müssen für einen solchen Unterschlupf auf keinen Fall eingeplant werden; oft gibt es stark verbilligte Angebote im Internet. Stall und Inventar sind erst einmal einmalige Anschaffungen; Holzunterschlüpfe müssen erst ersetzt werden, wenn sie zu faulen beginnen, und das kann Jahre dauern. Ich habe mein Haus jetzt seit 5 Jahren. Von Plastehäusern rate ich übrigens vollständig ab, zu gefährlich ist es für die Tiere, wenn daran genagt und etwas verschluckt wird.
Eingestreut werden kann mit Holzspänen, Pflanzenfaserpellets, Maisgranulat und einer Reihe anderer Produkte. Manche Halter benutzen sogar Decken, die sie regelmäßig waschen, aber die bekannteste und beliebteste (und preiswerteste) Einstreu sind wohl Holzspäne. Einstreu gehört zu den laufenden Kosten. Der Preis liegt i.d.R. bei 0,03-0,06 Euro pro Liter, für 60 l können also bis zu 3,60Euro fällig werden, was ich aber wirklich ziemlich extrem finde. Um die 2Euro sind durchaus realistisch. Meiner Erfahrung zufolge reichen 60 l ziemlich genau für etwa 1 qm Stallfläche. Reinige ich einen solchen Stall einmal pro Woche, also 4 x im Monat, sind für 1 qm also um die 8Euro pro Monat zu beanschlagen. Jeder kann sich selbst ausrechnen, wie viel teurer die Haltung mehrerer MS mit mehr Platzbedarf bereits an dieser Stelle wird. Das Gehege sollte zusätzlich ein wenig mit Stroh ausgepolstert werden. 1kg kosten im Schnitt 1,50Euro. Mehr als zwei solcher Packungen pro Monat sind für 1 qm defintiv nicht von Nöten.
MS sollte auch bei einem artgerechten Gehege zusätzlicher Auslauf in der Wohnung gegönnt werden, wenn sie diesen wahrnehmen. Je öfter, desto besser. Nur die wenigsten lassen sich zur Stubenreinheit erziehen, der Halter sollte also damit leben können, dass sie Köttelchen und Urinpfützchen hinterlassen. Bei Laminatboden, wie ich ihn habe, stellt das kein nennenswertes Problem dar. Die Pfützchen lassen sich aufwischen und die Köttelchen mühelos zusammenkehren, sobald sie angetrocknet sind. MS-Ausscheidungen riechen auch nicht übermäßig streng. Getrocknete Köttel sind im Prinzip geruchlos, und sogar der Urin riecht fast ein wenig angenehm nach Kräutern. Im Teppich jedoch setzt er sich natürlich fest.
Da MS Nager sind, wird man sie schwerlich daran hindern können, ihre scharfen Zähne an diversen Möbelstücken zu wetzen. Auch damit sollte man leben können. Wer penibel auf die Unversehrtheit seiner Einrichtung bedacht ist, sollte auf die Anschaffung von Nagetieren lieber verzichten.
Wer einen Garten hat, kann sie natürlich auch dort laufen lassen, sobald kein Bodenfrost mehr herrscht und wenn es trocken ist, sie aber immer beaufsichtigen und vor Raubtieren schützen (Am besten also ein Klappgehege nutzen, das oben geschlossen ist).
6. Wie füttern?
Das tägliche Brot der MS ist Heu. Mit Heu sollte man nicht sparsam umgehen, es kann gut und gern immer in Massen vorhanden sein. Heu ist in sehr verschiedenen Mengen und verschiedener Qualität bei verschiedenen Anbietern erhältlich. Sehr günstige Angebote liegen bei unter 20 Cent je 100 g, dabei handelt es sich zumeist um einfaches Wiesenheu. Will man ein paar Extras, wie etwa Zugaben von leckeren Kräutern oder Blüten im Heu, muss man mit bis zu 40 Cent je 100 g rechnen. Eine 500- g -Packung macht dann also um die 2Euro. Davon wiederum sind pro MS ca. 2 Tüten pro Monat einzuplanen.
Abgesehen vom Heu benötigen MS sog. Saftfutter, was Obst und Gemüse beinhaltet. Sie können Vitamin C nicht selbst bilden und müssen es daher über die Nahrung aufnehmen. Gemüse ist eher als tägliche Hauptmahlzeit zu verstehen, Obst mehr als Beigabe oder Leckerli.
Um die 150- 200 g Gemüse sollte ein ausgewachsenes MS pro Tag schon erhalten, verteilt auf zwei Fütterungen (morgens und abends meistens). Je nachdem, wo man einkaufen geht, können hier durchaus Kosten bis über 10Euro pro Tier und Monat entstehen. Im Sommer spart man Geld ein, wenn man die Möglichkeit hat, Gras zu pflücken. Ansonsten bietet es sich an, beim Gemüseladen seines Vertrauens nachzufragen, ob man dort Gemüse vom Vortag erhalten kann bzw. Kraut oder Blätter (Von Möhren o. Kohlrabi beispielsweise), welches anderenfalls ohnehin entsorgt worden wäre.
Weitere Futtermittel, die ab und zu als Leckerli gereicht werden können, sind frische und getrocknete Kräuter bzw. grünes Getreide. Ein handelsüblicher, im Supermarkt erhältlicher Kräutertopf kostet um die 1,50Euro und reicht für nicht mehr als 4 MS.
Eine Tüte getrocknete Kräuter/grünes Getreide aus dem Zoohandel kostet bis zu 3Euro. Sowohl grünes Getreide als auch getrocknete Kräuter sollten zurückhaltend gefüttert werden, nie mehr als halbe Hand voll pro Woche und pro MS. In eine der handelsüblichen Tüten passen vll. 5 Hand voll.
Brot ist KEIN geeignetes Nahrungsmittel für MS !! Da es Getreide enthält, sättigt es zu schnell. MS dürfen aber nicht über längere Zeit gesättigt werden, sondern sollen den ganzen Tag über bereit sind, Nahrung zu sich zu nehmen, auch wenn es sich nur um wenige Happen Heu handelt. Der Grund liegt in den Besonderheiten ihrer Verdauung. Sie haben keine nennenswerte Darmbewegung und der Darminhalt wird nur durch stetig nachfolgende Nahrung weiterbefördert. Würde das ausbleiben, können tödliche endende Blähungen entstehen. Gleichzeitig ist die stetige Aufnahme des rohfaserreichen Heus, welches lange gekaut werden muss, die einzige Garantie für einen andauernden Zahnabrieb. MS haben wurzellose Zähne, die ohne Abnutzung ins Bodenlose wachsen würden. Schon manches MS ist vor vollem Napf verhungert, weil zusammengewachsene Backenzähne das Fressen unmöglich machten. Aus demselben Grund sind übrigens die getreidehaltigen Fertigfuttermischungen aus dem Zoohandel o. Supermarkt abzulehnen.
Auch die stärkehaltige Kartoffel ist eigentlich abzulehnen. Das MS sie jedoch ganz gern fressen, kann man ihnen 1-2 Mal pro Monat ein (sehr) kleines Stück als Leckerli reichen. Aber nur gekocht, rohe Kartoffeln und Kartoffelschäler sind Tabu!
Ebenfalls tabu sind Absurditäten wie Meerschweinmuffins oder -donuts, die neben Getreide oft noch Zucker oder Milchprodukte enthalten. Vitamintropfen, Minerallecksteine oder andere vermeintliche Futterergänzungen benötigt ebenfalls kein Meerschwein, das artgerecht ernährt wird.
7. Pflege und Gesundheitsvorsorge
Neben der regelmäßigen Reinigung der Behausung umfasst die MS-Pflege vor allem einen umfassenden Gesundheitscheck einmal pro Woche. Das gehört zunächst die Kontrolle und ggf. Kürzung der Krallen, die Kontrolle der Augen, Ohren , Zähne, Analregion und Perinealtasche, der Parasitencheck am Fell, Fellpflege je nach Beschaffenheit des Haarkleides, das Abtasten nach Knötchen auf der Haut, da MS häufiger unter gutartigen Hauttumoren leiden, und natürlich das Wiegen. Nimmt man Bewegungen im Fell wahr (Parasiten), oder stößt man auf eine unnatürliche Schwellung am Körper, oder hat das Tier offenkundig Durchfall, oder leidet es einem Augenfluss, oder hat es mehr als 50 g in der Woche verloren, oder speichelt es oder oder oder, ist UNVERZÜGLICH der Tierarzt aufzusuchen! Hier ist nicht der Ort, detailliert auf MS-Medizin einzugehen; der verantwortungsbewusste zukünftige Halter möge also gerade bei diesem Thema seiner Informationspflicht nachkommen! Auch empfiehlt es sich, das Tier ohnehin einmal im Quartal vom TA durchchecken zu lassen.
Bei älteren Meerschweinchen (der Alterungsprozess kann ab 5 Jahren einsetzen) ist der Pflegeaufwand ggf. noch höher. Da sich die Senioren unter den MS aufgrund eingeschränkter Gelenkigkeit mitunter nicht mehr ganz allein sauber halten können, müssen sie "untenrum" manchmal gewaschen werden. Mir selbst ist es zwar noch nicht passiert, aber es sei darauf hingewiesen, dass Böcke mitunter (selten) Probleme beim Reinhalten der Perinealtasche haben. Es handelt sich hierbei um eine flache Hauttasche unterhalb des Afters, welche Drüsen zur Erzeugung von Duftstoffen enthält, die wiederum der Reviermarkierung dienen. Beim Absondern des Sekretes kann eine übermäßige Ansammlung von Schmutzpartikeln eintreten, welche fortgenommen werden muss, wenn der Bock selbst dazu nicht in der Lage ist (Quelle: http://www.diebrain.de/I-tuv.html, Abruf 07.05.11, gegen 21.20 Uhr).
In jedem Fall sollte man in solchen Fällen imstande sein, einen gewissen Ekel zu überwinden, anderenfalls muss man den Tierarzt aufsuchen.
Der "MS-TÜV" kostet Zeit und mitunter Nerven, da nicht jedes Tier kooperativ ist (und man währenddessen auch gern mal angepinkelt werden kann, was wiederum voraussetzt, dass man keine allzu niedrige Ekelschwelle besitzt, obwohl Meerschweinchenausscheidungen alles in allem nicht sehr abstoßend sind). Der Tierarztbesuch kostet natürlich Geld, die meisten Euronen wird man noch immer für chirurgische Eingriffe (Tumore, Abzesse) los, die einen in extremeren Fällen um bis zu mehr 100Euro erleichtern können.
8. Was tun, wenn Mensch auf Reise gehen will/muss?
Wie jedes Tier schränken MS die persönliche Flexibiltät ein. Während man einen Hund aber noch mitnehmen kann, wenn man sich auf Reisen begibt, tut man MS damit keinen Gefallen. Man müsste sie zu diesem Zweck in eine Transportbox stecken (wie beim Gang zum Tierarzt, allein schon deswegen assoziieren sie damit auch nichts Gutes), worunter sie bei einer längeren Fahrt ganz sicher leiden würden. Zudem muss für die MS ein geeignetes Gehege am Zielort zur Verfügung stehen. Den massiven Eigenbau, den man einer mehr als 2 Tieren umfassenden Gruppe zur Verfügung stellen sollte, kann man ja nicht mitnehmen. Will man verreisen, muss man die Tiere also irgendwo in der Heimat, in einer Tierpension, Zoohandlung oder bei einer Privatperson mit passendem Stall unterbringen bzw. eine vertrauenswürdige Person finden, die man zweimal am Tag zwecks Fütterung in die eigene Wohnung lässt. Was den finanziellen Aufwand der Unterbringung der MS während der eigenes Abwesenheit anbetrifft, so sind mir hier Preise von 2Euro pro Tag und Tier bekannt (Beispiel Zoohandlung).
Fazit
Wer gewillt ist, oben genannte Kosten, Zeit, Mühe und Einschränkungen in Kauf zu nehmen, und gleichzeitig damit leben kann, dass das MS nicht unbedingt ein williges Kuscheltier ist, wird mit einem der bezauberndsten Haustiere aller Zeiten belohnt. MS legen ein faszinierendes Sozialverhalten an den Tag, und die Verschiedenheit der einzelnen Individuen ist geradezu verblüffend. Es sind zudem wirklich ausgesprochen niedliche Tiere mit einem hohen emotionalen Wert. Sie sind ziemlich intelligent, so dass man ihnen immer mal wieder den ein oder anderen Denksport zumuten kann- Futter verstecken; Labyrinth bauen; Beibringen, angelehnte Türen zu öffnen (meine Rachel konnte das), bis hin zum Clickertraining (Diese Art der Beschäftigung stärkt natürlich auch die Bindung zwischen Mensch und Tier). Ferner sind sie auch noch sehr reinliche Tiere, die i.d.R. keinen strengen und gewöhnungsbedürftigen Körpergeruch aufweisen, ganz im Gegenteil duften sie bei regelmäßiger Reinigung des Geheges angenehm nach Heu und Stroh. Zwar kann es geschehen, dass MS mal nach dem Finger eines Menschen schnappen, aber dann liegt der Fehler zumeist bei einem selber (Signale nicht beachtet). In aller Regel sind es friedliche Tiere, von denen keine wirklich nennenswerte Gefahr ausgeht.
!! 5 Sterne natürlich !! weiterlesen schließen
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