Montecristo (DVD) Testbericht

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Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

Alle (paar) Jahrzehnte wieder...

Pro:

Darsteller, Ausstattung, Kostüme, Action

Kontra:

anspruchsvoller Stoff auf Mainstream getrimmt, ein (dummer) logischer Fehler

Empfehlung:

Ja

...beschert man dem geneigten Kinogänger eine Verfilmung des berühmten Romans „Der Graf von Monte Christo“ von Alexandre Dumas. Und da es anscheinend immer noch den ein oder anderen Zuschauer gibt, der von der bekannten Geschichte noch rein gar nichts gehört hat, kann man auch jedes Mal mit dem Stoff neue Zuschauer in die Kinosäle locken, die von dem - ach so innovativen - Stoff restlos begeistert sind.

Nachdem die letzte große Kinofassung des Stoffes aus dem Jahr 1974 stammte (dazwischen gab es nur TV-Produktionen) dachte man sich wohl im Jahr 2001, dass eine Neuverfilmung endlich mal wieder fällig ist. Regisseur Kevin Reynolds („Robin Hood“, „Waterworld“) nahm sich dieser an und verpflichtete ausnahmsweise mal nicht Kevin Costner für die Hauptrolle, sondern Jim Caviezel („Der schmale Grat“, „Frequency“).

Dieser spielt Edmond Dantes, den späteren Grafen von Monte Cristo, der nach einer Intrige seines besten Freundes Fernand Mondego (Guy Pearce), des Staatsanwaltes Villefort (James Frain) und seines Schiffskameraden Danglar (Albie Weddington) unschuldig in das Gefängnis von Chateau d’If gesteckt wird.

Jahrelang harrt er dort in einer kleinen Zelle aus, bis eines Tages der Priester Abbé Faria (Richard Harris) in seiner Zelle auftaucht. Er ist ein Mitgefangener, der einen Tunnel in die Freiheit graben wollte, dies aber in die falsche Richtung getan hat. Gemeinsam machen sie sich erneut ans Werk. Dabei bringt Abbé Faria Dantes auch alles, was er weiß bei, alles über Literatur, Wirtschaft und das Kämpfen.

Nach dreizehn Jahren Gefangenschaft und kurz vor dem Ziel, stirbt Faria, nicht ohne Dantes vorher von einem großen Schatz zu verraten. Dantes nutzt den Tod von Faria, um in dessen Leichensack zu fliehen (hier ist leider eine kleine Logik-Lücke zu erkennen). Nach dreizehn Jahren Gefangenschaft und drei weiteren Jahren auf einem Schmugglerschiff, holt sich Dantes den Schatz und wird zu einem der reichsten Männer der Welt. Doch das reicht ihm nicht, er will Rache und so zieht es in nach Paris, wo die drei Verräter von damals heute leben, und wo sein ehemals bester Freund Fernand Mondego Dantes ehemalige Verlobte Mercedès (Dagmara Dominczyk) geheiratet hat.

Zusammen mit seinem Diener Jacopo (Luis Guzman) schmiedet er, nachdem er sich der feinen Pariser Gesellschaft vorgestellt hat, einen teuflischen Racheplan.

Kevin Reynolds hält sich bei seiner Verfilmung des Romans von Dumas auf den ersten Blick relativ eng an der Vorlage und weicht nur zu Beginn etwas ab und strafft natürlich im Mittelteil den opulenten Stoff auf eine erträgliche Kinolänge. Doch wenn man genauer sieht, fehlt viel mehr, viele Nebenhandlungsstränge wurden arg gekürzt und vor allem die Düsternis, welche über dem Roman und der Figur des Grafen liegt, wird fast komplett ignoriert.

Reynolds Monte Cristo Verfilmung ist somit eine Art Mainstream-Verfilmung für den bisher die Materie nicht eingängig kennenden Zuschauer. Längere und ruhigere Teile des Buches wurden zusammengekürzt (mit Ausnahme des Gefängnisaufenthaltes, der fast zu lang geschildert wird), im Gegenzug haben die Action-Elemente des Buches einen höheren Stellenwert bekommen. Auch der psychologische Aspekt des Buches ist nur ein Randthema, die „Schizophrenie“ des Grafen wird kaum beleuchtet, sein Schwanken zwischen dem naiven, hilfsbereiten Mann, der sich nach Liebe sehnt und dem rachsüchtigen, alles um sich zerstörenden wollenden Grafen kommt kaum zum Tragen und wenn dann nur sehr oberflächlich. Reynolds Montecristo ist somit alles andere als eine anspruchsvolle Verfilmung des Dumas-Stoffes.

Reynolds hat aber trotzdem ein Kunstwerk vollbracht: Er hat es geschafft aus dem düsteren und in seiner Gesamtheit für die Masse untauglichen Stoff einen Massenstoff, Unterhaltungsware zu machen. So ist Reynolds Montecristo recht flott inszeniert, ohne große Längen und weist proportional erheblich mehr Fechtkämpfe und mehr Action auf, als das Original.

Mit einer ganzen Ansammlung illustrer Darsteller hat man auch bei der Besetzung großes Geschick bewiesen. Caviezel gibt einen guten Grafen, schafft es sehr gut sich im Laufe des Films zu verändern und Pearce, als Gegenstück, gibt einen noch viel besseren Bösewicht. Sein Neid auf den sozial tiefer gestellten Dantes frisst Mondego förmlich auf und das kann man an der immer schmerzverzerrt hasserfüllten Mine von Pearce sehr gut erkennen. Auch Richard Harris überzeugt, und Luis Guzman schafft es zudem, die für einen Film, der die Masse ansprechen soll, unerlässliche Brise Komik einzubringen.

Die Ausstattung kann begeistern, das Frankreich des neunzehnten Jahrhunderts ist ausgezeichnet dargestellt und beim Score hat man sich keinen Patzer erlaubt. Auch das Drehbuch ist insgesamt (abgesehen von einem großen Patzer im ersten Teil) sehr stimmig.

F A Z I T
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Wer eine anspruchsvolle Verfilmung des berühmten Stoffes erwartet, ist mit dieser Verfilmung schlecht beraten. Demjenigen, der sich allerdings von dem Stoff einfach nur unterhalten lassen will und einen klassischen, spannenden Abenteuerfilm in einem modernen Gewand sehen will, sei diese Verfilmung ans Herzen gelegt.

7 fechtende Degen auf meiner 10er Skala!

D A T E N
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Titel Deutschland: Montecristo
Originaltitel: The Count of Monte Cristo
Genre: Abenteuer/Action/Drama
USA/Großbritannien 2002, FSK 12, Laufzeit: 131 Minuten

Darsteller: James Caviezel (Edmond Dantès / Graf von Monte Cristo), Guy Pearce (Fernand Mondego), Richard Harris (Abbé Faria), James Frain (Villefort), Dagmara Dominczyk (Mercedès Iguanada), Luis Guzmán (Jacopo), Michael Wincott (Dorleac), Albie Woodington (Danglar), Henry Cavill (Albert Mondego), Alex Norton (Napoleon Bonaparte), Christopher Adamson (Maurice), JB Blanc (Luigi Vampa)

Regie: Kevin Reynolds
Produzenten: Gary Barber, Roger Birnbaum, Jonathan Glickman
Drehbuch: Jay Wolpert nach der Vorlage von Alexandre Dumas
Musik: Ed Shearmur
Kamera: Andrew Dunn, Tim Wooster
Schnitt: Stephen Semel, Christopher Womack
Kostüme: Tom Rand


W E I T E R F Ü H R E N D E * I N F O R M A T I O N E N
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Offizielle deutsche Homepage: http://www.montecristo-film.de/

Internet Movie Database: http://german.imdb.com/Title?0245844

Online Film Datenbank: http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=16860


© Björn Becher 2003

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