Prora Testbericht

Prora
ab 9,56
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Erfahrungsbericht von dottigross_juliaa

Unbedingt anschauen!!!

Pro:

Unwahrscheinlich vielfältig, interessant, imposant, informativ

Kontra:

Café lädt nicht zum Verweilen ein | Toiletten schlecht ausgeschildert

Empfehlung:

Ja

| Warum ein Besuch des Dokumentationszentrums Prora?
Im August 2011 fuhr ich mit einem Reisebusunternehmen nach Rügen. Wir waren während unseres Aufenthalts in Sassnitz untergebracht. Das Durchschnittsalter der Fahrgäste betrug ca. 60-65 Jahre und obwohl alle noch rüstig und durchweg gut gelaunt waren, wurde mir die Gruppe bereits am zweiten Tag zu viel und ich beschloss, mich am dritten Tag von der Gruppe zu lösen. Ich überlegte also, was ich anstellen könnte, und plötzlich sah ich, dass es mit dem Bus überhaupt kein Problem war, von Sassnitz nach Prora zu fahren. Den dort befindlichen, berühmten "Koloss von Prora" wollte ich schon immer einmal sehen.

Es ging mir in erster Linie um das riesige Gebäude, dass ich auf so vielen Fotos und Videos schon gesehen hatte. Als ich vor Ort aber ankam und das Dokumentationszentrum erblickte, es zudem gerade anfing zu regnen, beschloss ich, das Museum zu besichtigen.


| Fakten
Objektstraße, Block 3/ Querriegel
18609 Prora
Fon 0049-38393-13991
www.proradok.de


| Anfahrt
Prora liegt bei Binz auf der Insel Rügen. Ich wohnte in dieser Zeit in einem Hotel in Sassnitz. Von dort aus fuhr ich mit dem Bus Nr. 20 für 3,70 EUR nach Prora. Eine Bustageskarte kostet übrigens um die 11.- EUR. Wer also plant, weitere Strecken mit dem Bus zu fahren, sollte sich überlegen, ob er nicht lieber das Tagesticket kauft.

Vor dem Gebäude habe ich auch einige kostenpflichtige Parkplätze gesehen. Den Preis habe ich nicht mehr im Kopf, kann mich aber daran erinnern, dass ich ihn als "human" empfand. Waren es 3.- oder 5.- EUR pro Tag? Ich kann es leider nicht mehr sagen.
Ich kann mich aber auch noch daran erinnern, dass ich mir dachte: "Das kann hier im Sommer ganz schön voll werden. Wenn wir wieder einmal hier her kommen, muss ich daran denken, dass wir möglichst früh aufstehen und schon am frühen Morgen hier her fahren."

Von der Bushaltestelle "Prora Nord" aus muss man noch gut 500 m laufen. Am besten fragt man den Busfahrer beim Aussteigen, welchen Weg man nehmen muss. Ich bin noch ein ganzes Stück die Straße entlang gelaufen und stand plötzlich schon an der nächsten Bushaltestelle. Die Beschilderung ist an dieser Stelle nicht besonders gut. Erst wenn man bereits vor dem Gebäude steht, wird man von riesigen, bunten Schildern erschlagen.


| Preise
Der Homepage entnehme ich einen Preis von 5.- EUR/Erw. Allerdings hatte ich einen Preis von über 6.- EUR im Kopf. Weil ich mir nicht mehr sicher war, habe ich soeben noch einmal im Dokumentationszentrum angerufen (was beweist, dass man dort auch am Sonntagvormittag jemanden erreicht) und die haben mir den Preis von 5.- EUR/Erw. bestätigt. Seltsam! Ich hätte schwören können, es war mehr. Nun, der Preis ist - meiner Meinung nach - auf jeden Fall gerechtfertigt, denn man bekommt wirklich eine interessante Sammlung an Exponaten zu sehen und die Eindrücke, die man beim Besuch des Museums gewinnt, sind das Geld auch wert.


| Geschichtliches
Ich möchte eigentlich nicht zu viel Geschichtliches über Prora erzählen, denn es gibt im Internet zahlreiche Seiten, die das besser können als ich. Da mein Hauptaugenmerk auch auf dem Dokumentationszentrum liegen soll, halte ich mich also mit dem "Geschichtlichen" kurz.

Das "KdF-Seebad Rügen" (KdF = Kraft durch Freude) wurde zwischen 1936 und 1939 von den Nazis errichtet und sollte als Erholungsheim für ca. 20000 Menschen dienen. Aufgrund des eintretenden Krieges wurde der Bau allerdings gestoppt und bis heute nicht fertig gestellt. Ein Teil der Anlage war jedoch bezugsfertig und so wurden hier z.B. von 1940 bis 1941 Polizeibataillone ausgebildet und von hier aus zu Einsätzen hinter der Front geschickt. Ab 1942 dienten Gebäudeteile jungen Mädchen und Frauen als Ausbildungslager zu Nachrichtenhelferinnen. Ab 1944 war hier ein Lazarett untergebracht und bei Kriegsende ein Flüchtlingslager. 1945 zog die sowjetische Armee ein und später die Nationale Volksarmee der DDR, die bis zur Wende blieb. Danach ging der gesamte Komplex in den Eigentum der Bundesrepublik Deutschland über, die seit dem versucht, einzelne Gebäudeteile Stück für Stück unter kommerziellen Gesichtspunkten zu vermarkten - mit mehr oder weniger Erfolg. Gepflegt oder instand gesetzt wird es seitdem allerdings nicht und so verfällt es zusehends, weshalb das KdF-Bad auch "Ruinen von Prora" genannt wird. 2010 wurde in einem kleinen Teil des Gebäudes eine Jugendherberge eröffnet, die sehr gelobt wird. Außerdem befindet sich in einem Abschnitt seit ein paar Jahren das Dokumentationszentrum. Die Unterbringung ist aber eher als Übergangslösung ausgelegt. So richtig scheinen sich "Stiftung Neue Kultur", die Stadt Prora und die Landesregierung nicht einigen zu können, ob das Museum auch weiterhin Bestand haben soll oder nicht. Ich kann nur hoffen, dass dieses Dokumentationszentrum in dieser oder sogar ausgebauter Form einen festen Platz im "Koloss von Prora" bekommt.


| Was gibt es zu sehen?
Nun, eigentlich bekommt man im Dokumentationszentrum Prora die gesamte Geschichte des "Koloss von Prora" zu sehen. Darüber hinaus erfährt man aber auch viel über das eigentliche Projekt "Kraft durch Freude" und über das Leben als Soldat bei der NVA.

Mich interessierten vor allem die Informationen, die etwas mit dem Gebäude selbst zu tun hatten. Wenn man vor dem "Koloss" steht, bleibt einem nämlich erst einmal die Luft weg. Unglaublich was die Nazis hier hingestellt haben! Wenn man an einem Ende steht und die Gebäudefront entlang blickt, hat man das Gefühl, das Gebäude würde niemals enden. Ja wirklich, das Gebäudeende und mit ihm tausende von Fensterscheiben verlieren sich irgendwo am Horizont. So etwas muss man wirklich einmal gesehen haben!

Kein Wunder also, dass ich mich erst einmal über die Entstehung des Seebades informieren wollte, was sehr ausführlich und vor allem anschaulich geschieht. Man sieht z.B. ein Modell, das Teile der Anlage zeigt, zahlreiche Fotos und Zeitungsberichte, die das Fortschreiten der Bauarbeiten bezeugen und ein Videofilm, der auch die propagandistische Seite dieses Nazi-Projekts wiedergibt.
Interessant fand ich auch die ausgestellten Briefe von ehemaligen Urlaubern, die in den Genuss eines "KdF"-Urlaubs oder sogar einer "KdF"-Kreuzfahrt kamen. Mir war völlig neu, dass es schon zur damaligen Zeit Schifffahrten gab, die zur Erholung dienen sollten. In den sehr persönlichen Briefen wird auch der Ablauf eines solchen Urlaubs beschrieben und die Widrigkeiten, die durch den Kriegsverlauf entstanden waren. Es ist fast unmöglich, alle schriftlichen Dokumente durchzulesen, die dort - teilweise in dicken Ordnern - ausgestellt sind. Ich habe mir ein paar mir wichtig erscheinende Berichte heraus gepickt und diese dann umso aufmerksamer gelesen.

Das Gebäude hat sechs Stockwerke und auf diesen sind rechts und links des Treppenaufgangs die ehemaligen Wohnräume verteilt. Die Wohnräume sind zu Ausstellungsräumen umfunktioniert und deren Eingänge sind durch Gitter vom Hausgang abgetrennt. Man läuft also wie durch ein Wohnhaus den Gang entlang, stellt sich "an eine Tür" und schaut in den Raum hinein, der einen hautnahen Einblick in das jeweilige Thema gibt. So stand ich z.B. vor einem der ehemaligen geplanten "Urlaubszimmer", in dem zwei Betten, ein Schrank, ein Tisch mit zwei Stühlen und eine Waschnische zu sehen sind. Die kleinen Räume sind etwas über 2 m breit und knapp 5 m tief. Die Fenster gehen zur Meerseite hinaus und damals konnte man das Meer sicherlich auch noch sehen. Heute wird der Blick allerdings von großen Laubbäumen verstellt. Eine Dusche und eine Toilette gab es wohl nicht in den Zimmern. Damals hätten die Gäste noch bis zum Ende des Ganges laufen müssen.

Es gibt auch Zimmer die zwei- oder dreimal so groß sind. Hier sind wohl die Zwischenwände entfernt worden. In einem dieser großen Zimmer ist der Aufenthaltsraum der stationierten NVA-Soldaten nachgestellt worden. Hier sieht man der Zeit entsprechend altes Mobiliar, volle Bücherregale und einen alten Plattenspieler.
In einem weiteren großen Ausstellungsraum sieht man Waffen der NVA oder Abhöranlagen und alte Computer. Ein Raum ist abgedunkelt und dort läuft in einer Endlosschleife ein Film über die Übergabe des Gebäudes an die Bundeswehr. Diesen Film empfand ich irgendwie als surreal und ich schaute ihn mir deshalb gleich zweimal an.

Jedes Ausstellungszimmer in diesem Bericht zu beschreiben, würde eindeutig den Rahmen sprengen. Es gibt unwahrscheinlich viel zu sehen - und alles ist unglaublich interessant!! Ich habe mich dreieinhalb Stunden im Dokumentationszentrum aufgehalten und dann musste ich abbrechen, weil mir der Kopf schwirrte. Ich konnte einfach keine Informationen mehr aufnehmen. Ich wollte eigentlich erst in dem kleinen Museumscafé einkehren, aber erstens lud es nicht zum Verweilen ein und zweitens war mir klar, dass ich wieder einmal in die Gegend kommen würde und ein zweiter Besuch dann auf jeden Fall auf dem Plan stehen würde.


| Sonderausstellungen
Das Dokumentationszentrum steigert seine Attraktivität, indem es wechselnde Sonderausstellungen anbietet. Als ich dort war, war dort wohl das Thema "Entfernung von der Truppe" ausgestellt. Ich habe es mir aber nicht angesehen, weil mich die Vielfalt und die Menge der Informationen fast erdrückten. Ich habe mich - wie gesagt - auf ein paar besonders interessante Themen konzentriert, um mich nicht völlig zu überfordern.


| Café
In einem der oberen Stockwerke (ich glaube, es war im 5. Stock) befindet sich ein öffentliches Café, das mich aber - wie gesagt - nicht sehr ansprach. Ich war an einem regnerischen, recht kalten Tag dort und das Café schien nicht beheizt zu sein. Außerdem war es so spartanisch und ungemütlich eingerichtet, dass ich keine Lust hatte, mich hier länger aufzuhalten. Da ich auch auf den ersten Blick keine Speisen- oder Getränkekarte entdecken konnte, es auch überhaupt nicht nach Kuchen oder leckerem Kaffee roch, entschloss ich mich, den Museumstag zu beenden.


| Toiletten
Die Herrentoiletten sind gut ausgezeichnet. Nach den Frauentoiletten musste ich hingegen etwas länger suchen. Ich lief das Treppenhaus zweimal rauf und runter, bis ich endlich den unscheinbaren Hinweis entdeckte. Sogar die Toiletten sind einen Besuch wert. Der Raum erinnerte mich an eine alte Jugendherberge aus den 50er Jahren. Die Toiletten waren während meines Besuchs sehr sauber. Seife und Toilettenpapier waren auch vorhanden. Allerdings fand ich nichts, wo ich meine Hände abtrocknen konnte.


| Fazit
Das Dokumentationszentrum Prora stellt unfassbar viele Informationen in sehr anschaulicher und informativer Weise aus. Nach "nur" dreieinhalb Stunden musste ich den Besuch abbrechen, weil mir der Kopf schwirrte. Aber das Museum ist auf jeden Fall einen zweiten Besuch wert und ich werde sicherlich wieder einmal hier her kommen. Ich hoffe, dass sich die "Stiftung Neue Kultur", Stadt und Land einigen können und dass das Dokumentationszentrum noch lange in dieser oder ausgebauter Form erhalten bleibt.

Von mir gibt es fünf Sterne und die Empfehlung: unbedingt anschauen!!!


In diesem Sinne... Gedanken sind frei... eure Dotti

39 Bewertungen, 4 Kommentare

  • mima007

    04.11.2011, 10:12 Uhr von mima007
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele gruesse, mima007

  • anonym

    04.11.2011, 10:02 Uhr von anonym
    Bewertung: besonders wertvoll

    Prima vorgestellt. Würde mich freuen, wenn du auch mal bei mir rein schaust. GLG

  • Lale

    03.11.2011, 22:14 Uhr von Lale
    Bewertung: sehr hilfreich

    Allerbesten Gruß *~*

  • Miraculix1967

    03.11.2011, 22:02 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schönen Herbstabend und LG aus dem gallischen Dorf Miraculix1967