Weihnachten Testbericht

Manchmal geschehen Dinge die man kaum begreifen kann und man fragt sich: War das gerade real oder habe ich geträumt. Und wenn solche Dinge dazu noch auf einem Weihnachtsmarkt passieren dann bekommt man nicht nur eine Gänsehaut sondern es fließen sogar Tränen - selbst beim stärksten Mann.

So ist es uns am 4. Dezember 2005 nachmittags gegen 15 Uhr auf dem Remscheider Weihnachtsmarkt ergangen. Wir, das waren in diesem Fall meine Tochter Anne, mein Sohn Benjamin und seine Lebensgefährtin Daniela sowie meine Wenigkeit. Am Samstag war ich nach einer stundenlangen Zugfahrt endlich mal wieder in meiner Heimat Stadt Solingen eingetroffen, denn ich hatte eine Woche vorher erfahren das ich Oma werden soll. Diese Mitteilung nahm ich zum Anlass um endlich meine "Schwiegertochter" kennen zulernen.

Wir trafen uns also alle in der Wohnung von meinem Sohn und fuhren gemeinsam nach Remscheid, weil ich nach langer Zeit mal wieder einen richtigen Weihnachtsmarkt erleben wollte.
Wir schlenderten die Alleestrasse entlang, schauten hier und da und auf dem Weg zurück zum Auto wollte mein Sohn noch einen heißen Kakao trinken und ich war einem warmen Glühwein auch nicht abgeneigt.

Wir stellen uns also an einen Glühweinstand und Ben gab unsere Bestellung auf. Daniela und Anne wollten nichts trinken. In diesem Moment sprach mich ein älterer Herr an und lud mich ein, mit ihm einen Glühwein zu trinken. Ich lehnte ab, zum einen weil Benjamin schon die Bestellung aufgegeben hatte und zum anderen dachte ich im ersten Moment dass der Herr betrunken sei und ich wollte mich distanziert von ihm weg stellen. Doch er redete weiter mit mir und gab mir keine Chance ein wenig zur Seite zu gehen. Immer wieder versuchte er mich zum Annehmen seiner Einladung zu Überreden.

Das ganze war mir ein wenig suspekt, betrunken schien der Mann jedoch nicht zu sein und doch war es etwas beklemmend, neben ihm zu stehen.

Nun versuchter er sein "Glück" bei meiner Tochter, die aber auch ablehnte, nicht weil sie dem Mann nicht traute sondern weil sie einfach keinen Glühwein mag.
Er fragte meinen Sohn ob er ihm einen ausgeben dürfte aber auch Ben lehnte freundlich aber bestimmt mit den Worten ab: "Ich habe doch schon einen und ich muss doch noch Auto fahren"....

Daniela ignorierte er irgendwie...........

Er versuchte erneut sein Glück bei mir und in diesem Moment bemerkte ich einen jungen Mann mit Down Syndrom, der neben dem älteren Mann stand und das Gespräch verfolgte. Ich lehnte die Einladung nochmals freundlich aber doch bestimmend ab und er fragte wieder meine Tochter Anne. Auch sie sagte dem Mann das wir ja noch Auto fahren müssten und doch gab der Mann nicht auf. Er fragte nach, woher wir den seien und erzählte uns das er aus Wermelskirchen sei... Es ergab sich ein lockeres Gespräch und dabei versuchte er immer wieder seine Überredenskunst an dem Mann zu bringen.

Er erzählte uns das seine Frau keine Lust gehabt hätte mit ich auf dem Weihnachtsmarkt zu gehen und deshalb hätte er uns angesprochen weil wir so lieb ausgesehen hätten. Während er das mir erzählte hielt er mir einen 50 € Schein hin und meinte: Komm, Frau, hol uns was warmes, ich bezahle doch auch. Ich sagte: Nein, ich möchte das nicht weil ich doch schon ein Getränk habe und man kann doch nicht einfach auf fremde Menschen Kosten es sich Wohl ergehen lassen.

Er schaute mir in die Augen, ziemlich lange und meinte dann mit Blick auf den Geldschein: " Frau, das ist doch nur ein Stück bedrucktes Papier. Ich schaute ihn ebenfalls in die Augen und gab als Antwort: " Ja, aber ohne dieses Papier können wir nicht überleben!"

In diesem Moment hob der junge Mann seine Hand und zupfte ganz vorsichtig an den Haarspitzen von Danielas Haaren und sagte andächtig: " Schöne Haare!"

Da drehte sich der ältere Mann zu Benjamin hin und sagte zu ihm: "Aber deine Frau, die trinkt einen Glühwein mit mir, nicht wahr?"
Ben nahm Daniela in den Arm, lächelte den Mann an und strich über den Bauch von Danni und meinte: "Nein, sie darf nicht - wir bekommen ein Baby!"

Der Mann ging einen Schritt zurück, schaute mich an und meinte: "Stimmt das?"
"Ja", gab ich als Antwort und der Herr ging auf Danni zu, strich ihr mit einer Hand über den Mantel in Höhe des Bauches. Dann nahm er den 50 € Schein, drückte ihn Danni in die Hand und sagte zu Ben: "Dafür kaufst Du Deinem Sohn ein Kuscheltier, damit ihr immer an mich denkt!"

Ben und Danni zierten sich und wollten das Geld nicht annehmen. Ben sagte: Das ist viel Geld, davon kann man eine Zeitlang leben!" Doch der Mann nahm das Geld nicht zurück. " Für mich ist das nur bedrucktes Papier", waren wieder seine Worte.

Mir war es sehr unheimlich zu mute und doch bemerkte ich an dem Klang seiner Stimme dass der Mann sehr betroffen war wenn die Kinder das Geld nicht angenommen hätten. Ich gab Danni mit den Augen zu verstehen dass sie das Geld nehmen sollten und wir bedankten uns, doch er wollte keinen Dank! Er sagte wieder: "Für mich ist das nur bedrucktes Papier"

Daraufhin verabschiedete er sich und der junge Mann neben ihm auch, es war so angenehm wie er sich verabschiedete. Seine Augen leuchteten, man kann das gar nicht beschreiben, das muss man einfach erlebt haben. In diesem Moment suchte Ben in seiner Jackentasche, ging zu dem jungen Mann und gab ihm ein kleines Stoffschaf was er eigentlich für Danni zum Nikolaus gekauft hatte.
Der junge Mann hatte Tränen in den Augen, drückte das Schaf an sich und steckte es mit den Worten: "Das bekommt einen Ehrenplatz" in seine Jackentasche.

Die beiden gaben uns noch einmal ganz herzlich die Hand und verabschiedeten sich von uns. Der junge Mann schlang seine Arme um die Schultern des Mannes und sagte: "Ich liebe Dich, Vater".... und gingen davon. Die beiden in die eine Richtung, wir in die andere. Uns war es so komisch zu Mute das wir wieder stehen blieben und da sah ich das meine drei Kinder genauso die Tränen in den Augen hatten wie ich auch. Wir drehten uns um und wollten den beiden noch mal zu winken - ....
Aber, da war keiner mehr..........................

Meine Tochter stammelte unter Tränen: "Mama, das war ein kleines Weihnachtswunder!" und selbst mein "harter" Sohn konnte nur nicken.

Ich sagte zu den beiden: "Tut mir einen Gefallen und nehmt dies als Zeichen dafür das alles gut gehen wird....................... und so gingen wir ganz leise und voller Gedanken zum Auto, doch der ganze Tag, und auch noch heute, war von einem wunderbaren Gefühl begleitet und auch jetzt, wo ich das schreibe, habe ich Tränen in den Augen.

Ich weiß nicht ob die beiden Engel waren oder einfach nur ganz, ganz warmherzige Menschen, ich weiß nur das die Entscheidung für das Kind richtig war.
Dazu muss ich noch ein paar erklärende Worte schreiben:

Ben und Danni sind noch nicht so sehr lange zusammen und das Kind war ein Volltreffer. Danni nimmt zwar die Pille aber sie ist magersüchtig - gewesen - aber ein Rückfall ist nicht ausgeschlossen. Beide haben nicht so richtig darüber nachgedacht das die Pille nicht 100% wirken kann und nun ist sie schwanger. Bedingt durch die Krankheit und das Ben eigentlich nie Vater werden wollte, aus Angst so zu werden wie sein Vater, haben beide überlegt ob sie sich für oder gegen das Kind entscheiden sollen. Nachdem ich mit meinem Sohn sehr intensiv gesprochen habe und versucht habe ihm zu vermitteln das er nie so wie sein Vater werden wird, haben sie sich für das Kind entschieden.

Deshalb habe ich zu den beiden gesagt: " Nehmt das, was wir heute erlebt haben einfach als Zeichen dafür dass es ein gutes Zeichen fürs Kind war.