Ghost Dog - Der Weg des Samurai (DVD) Testbericht

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Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

The most import of all things is the end

Pro:

Forest Whitaker, Art der Inszenierung, Humor, Lebensweisheiten durch die Aphorismen und durch die Texte, welche Ghost Dog im Auto hört

Kontra:

Mafiosi verkommen zu sich dämlich verhaltenden Comickarikaturen

Empfehlung:

Ja

Nach dem Abgesang auf den Western 1995 mit dem großartigen Streifen „Dead Man“ mit Johnny Depp in der Hauptrolle, nahm sich Jim Jarmusch 1999 das Genre des Samurai-Films vor. Seine Vorbilder sind offensichtlich, dankt er im Abspann doch Kurosawa, Suzuki und Melville, der den europäischen Samurai-Film („Der eiskalte Engel“) schlechthin gedreht hat.

Jarmuschs Samurai wirkt dagegen überhaupt nicht wie ein Samurai aus den Samurai-Filmen der oben genannten Regisseure. Ghost Dog (gespielt von Forest Whitaker) ist ein eher behäbiger Mann, der mit seiner Goldkette, seinen Rasta-Locken und seiner Kleidung eher wie ein Gangsta-Rapper aussieht, denn wie ein Samurai. Doch er fühlt sich dem Kodex der Samurai verpflichtet. Das Buch „Hagacure“, welches den Kodex des Samurai beinhaltet, ist sein ständiger Begleiter.

Ghost Dog, hat wie jeder Samurai, einen Dienstherrn. Es ist der Mafiosi Louie (John Tormey), der ihm in jungen Jahren das Leben rettete und für den er jetzt Mordaufträge erledigt. Bei einem dieser Aufträge lässt er ein zufällig anwesendes Mädchen leben. Sie list das Buch „Rashômon“ (welches von Akira Kurosawa 1950 verfilmt wurde) von Ryunosuke Akutagawa. Ghost Dog leiht sich das Buch aus, statt sie zu töten.

Nun will die Mafia ihn beseitigen. Der versteckt lebende Killer wird zum Gejagten, sein Dachverschlag, in dem er wohnt, zerstört, seine Tauben, die er zur Kommunikation benutzte getötet. Ghost Dog schlägt zurück, wohlwissentlich, dass er einen Mafiosi nicht töten können wird: Louie! Das verbietet ihm sein Kodex. Und genau das wird Ghost Dog seinen Tod bringen. Doch ein Samurai ist bereit zu sterben.


Wie schon in „Dead Man“ steht im Mittelpunkt von „Ghost Dog“ ein einsamer Wolf, der kaum Kontakt zur Außenwelt hat. Ghost Dogs einziger Freund ist neben dem jungen Mädchen Pearline (Camille Winbush), welches er allerdings im Laufe des Films erst kennen lernt, der Eisverkäufer Raymond (Isaach de Bankolé) aus Haiti. Raymond spricht nur Französisch, versteht kein Wort Englisch, Ghost Dog redet nur Englisch, versteht kein Wort Französisch. Beide reden aneinander vorbei und verstehen sich doch perfekt. Wie schon in „Dead Man“ versteht also auch hier der Protagonist seinen besten Freund nicht. In Dead Man kann der Protagonist nichts mit den symbolträchtigen Sätzen des Indianers anfangen, aber er versteht ihn trotzdem irgendwie. Hier ist es die Sprache.

Eine weitere Parallele zu „Dead Man“ ist die Tatsache, dass auch Ghost Dog ein Dead Man ist. Auch er wandelt seinem Tod entgegen, er begreift sich selbst schon als tot und ist damit bereit zu sterben. Forest Whitaker setzt diese Rolle perfekt um. Behäbig wirkend, aber im nötigen Moment blitzschnell zuschlagend, innerlich immer ruhig, doch äußerlich in jedem Moment bereit zur Explosion, ist er die Idealbesetzung für diese Rolle. Bei Jarmusch Filmen ist die Besetzung des Hauptdarstellers ein wichtiger Punkt. Sie muss passen, mit ihr steht und fällt der Film. Wie schon Johnny Depp in „Dead Man“, ist auch Forest Whitaker hier wieder ein überragende Besetzung.

„Ghost Dog“ ist ein Stück weit auch ein gesellschaftskritischer Film. Die Aphorismen aus „Hagacure“ die immer wieder in den Streifen eingestreut werden, und die Rap-Musik welche Ghost Dog auf dem Weg zu jedem Einsatz in den CD-Player des gestohlenen Autos schiebt (bei der man unbedingt auf den Text achten sollte) bergen beide Lebensweisheiten in sich, die immer auf die Situation von Ghost Dog gerade passen, aber auch ein Stück Allgemeingültigkeit haben. Längst vergessene Ehrenregeln aus alten Zeiten, die in der tristen Großstadt und Egoismus-Gesellschaft der heutigen Zeit keine Rolle mehr spielen. Bezeichnend die Szene, in der Ghost Dog zwei Jäger trifft, die einen Bären geschossen haben. Ghost Dog selbst ist ein Bär, zumindest vergleicht ihn Raymond mit einem Bären in einer Szene, in der er eine perfekte Charakterisierung von Ghost Dog abgibt, obwohl er sich nie mit diesem richtig unterhalten konnte. In der Szene mit den Jägern, fragt Ghost Dog diese, warum sie den Bären geschossen haben, obwohl doch keine Jagdsaison sein. Weil er selten sei, so die Antwort. Am Ende richtet Ghost Dog die beiden Männer hin, er bedauert den Verfall der Kultur.

Weitere Schlüsselpunkte des Films sind die Beziehungen zwischen Ghost Dog und Raymond sowie zwischen Ghost Dog und Pearline. Ghost Dog und Raymond verstehen die Sprache des anderen nicht, trotzdem nehmen sie sich die Zeit dem anderen zuzuhören. Zeit, die sich in der hektischen heutigen Zeit kaum ein Mensch mehr nimmt, obwohl er seinen Gegenüber versteht. Pearline ist ebenfalls so ein Mensch für den sich Ghost Dog Zeit nimmt. Er unterhält sich mit ihr über Bücher, sieht in ihr ein kluges Mädchen, welches besser ist als die egoistische Umwelt.

„Ghost Dog“ ist wieder durchsetzt von Jarmuschs eigenwilligem Humor. Die Dialoge zwischen Raymond und Ghost Dog sorgen durch die Tatsache, dass beide oftmals das gleiche sagen, für den ein oder anderen Schmunzler. Auch die Mafiosi werden fast als Comic-Figuren dargestellt, die den ganzen Tag nur Gewalt-Comics wie „Itchy and Scratchy“ und „Felix, the Cat“ schauen. Hervorragend auch den Rassismus-Spiegel vorhaltend, wenn die Italiener über „Nigger“ und „Indianer“ schimpfen, und warum die sich so komische Namen geben, wie „Snoop Doggy Dog“, „Ghost Dog“ oder „Sitting Bull“ und direkt im Anschluss der Boss dann seine Killer reinruft, die Namen haben wie „Sammy the Snake“.

Mit seiner Schilderung der Mafiosi übertreibt es Jarmusch aber und das ist leider das einzige Negative, welches man dem Film ankreiden muss. Sie werden als reichlich blöd dargestellt, sind wie die unterlegenen Comic-Figuren, die sie im TV schauen, wie Scratchy aus „Itchy and Scratchy“. Das passt nicht. Genauso fraglich bleibt die Intention des Cameo-Auftritts von Gary Farmer als Nobody. Als die Gangster den Verschlag von „Ghost Dog“ aufsuchen, ist dieser nicht da, sondern eben jener Indianer, der in „Dead Man“ eine so wichtige Rolle spielt. Die Bedeutung dieser Szene bleibt unklar.

Hervorragend und deswegen noch einmal besonders zu erwähnen ist wieder einmal die Kameraarbeit von Robby Müller, der wie schon in „Dead Man“ für poetische Bilder sorgt. Auch bei der Musikauswahl hat Jarmusch wieder ein goldenes Händchen bewiesen und den Soundtrack wieder von einem bekannten Musiker machen lassen. Der Rapper RZA, Kopf des Wu-Tang-Clans, der sich auch für einen Großteil des Soundtracks von Quentin Tarantinos Streifen „Kill Bill“ verantwortlich zeigt, steuert hier hervorragende Instrumentalklänge bei. Und die ausgewählten Rap-Stücke, die zudem noch laufen, sind - wie schon erläutert - auf jeden Fall ein genaues Hinhören wert, da ihre Texte nicht bedeutungslos sind.

F A Z I T
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“Ghost Dog” ist eindeutig ein Jim Jarmusch - Film. Die Art der Inszenierung ist wie gewohnt sehr speziell und damit sicher nicht für jeden was, auch wenn es vielleicht noch der massentauglichste Streifen des Independet-Regisseurs ist. Für Fans von Jarmusch und Freunde des anspruchsvollen Kinos aber ein Muss.

Mit dem Satz “The most import of all things is the end” (oder im deutschen sehr frei übersetzt „Das Ende ist wichtig in allen Dingen!“) lässt Jarmusch den Zuschauer nach einem hervorragende Ende zurück und dann will man den Film am liebsten noch einmal von vorne schauen. Neun von zehn Punkten.

D A T E N
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Titel Deutschland: Ghost Dog - Der Weg des Samurai
Originaltitel: Ghost Dog - Way of the Samurai
Genre: Drama / Action
USA / Frankreich / Deutschland / Japan 1999, FSK 16, Laufzeit: 116 Minuten

Darsteller: Forest Whitaker (Ghost Dog), John Tormey (Louie), Cliff Gorman (Sonny Valerio), Henry Silva (Vargo), Isaach de Bankolé (Raymond), Victor Argo (Vinny), Tricia Vessey (Louise Vargo), Gene Ruffini (Consigliere), Richard Portnow (Frank), Camille Winbush (Pearline)

Regie: Jim Jarmusch
Produktion: Richard Guay, Jim Jarmusch
Drehbuch: Jim Jarmusch
Kamera: Robby Müller
Musik: The RZA
Schnitt: Jay Rabinowitz

W E I T E R F Ü H R E N D E * I N F O R M A T I O N E N
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Internet Movie Database: http://german.imdb.com/title/tt0165798/

Online Filmdatenbank: http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=2085

© Björn Becher 2003

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