Nokia 5230 Testbericht

Man sagt ja immer, dass es keine günstigen Handys gibt. Nur billige oder gute. Schnell kostet ein Handy in der heutigen Zeit 350€. Oder doch auch mal 549€, wenn es ein etwas besseres sein soll. Möchte man das Apfel-Flaggschiff iPhone haben, kann man auch gut und gerne einmal 1.000€ hinlegen.

Was kann man dann von einem Handy erwarten, dass zwischen 99€-159€ kostet? Naja - eigentlich müsste das ja dann ein billiges Handy sein. Aber Nokia beweist einmal wieder, dass Kampfgeist nicht nur Fehlschläge zu Tage bringt, sondern auch einmal einen kleinen Renner. Günstig ist eher die Devise - und in dieser Form ist das absolut okay.

Ein kurzes technisches Briefing:
- Maße: 111 x 52 x 15mm. 114g Gewicht
- Farben: Gehäuse - Akkudeckel: Schwarz - Schwarz, Schwarz - Rot, Weiß - Blau, Weiß - Silber, Weiß - Pink
- 3,2 Zoll Touchscreen-Display (Auflösung: 640x360)
- 2 Megapixel Kamera, Videogröße bis 640x480
- GPS-Empfänger
- Gratis Navigation mit installiertem Kartenmaterial D-A-CH
- 2GB Speicherkarte inklusive
- Gesprächszeit laut Hersteller ca. 7 Stunden
- Standbyzeit laut Hersteller ca. 18 Tage


Aussehen
Optisch kommt das Handy einem irgendwie bekannt vor. War da nicht schon einmal ein Nokia 5800 XpressMusic? Sah das nicht identisch aus? Ja, sieht es. Auch dem ähnlichen Nokia 5228 sieht es nicht nur ähnlich. Die technische Ausstattung und der Preis variieren allerdings.

Das Aussehen ist recht schlicht: Dem Preis entsprechend ist ausschließlich Plastik verbaut und ein extrem hochwertiger Look kommt natürlich auch nicht auf. Insgesamt wirkt es aber nicht billig. Die Spaltmaße sind gleichmäßig, das Handy knarzt nicht, ein stabiles und gut verarbeitetes Handy.


Das Display
Das Display beeindruckend für diesen Preis. Eine native Auflösung von 640x360 ist bei 16,7 Millionen Farben mehr als gefordert und durchaus heraus ragend. Die meisten Einsteiger-Touchscreen-Handys der Konkurrenz bieten gerade einmal 320x240 an. Weitere Besonderheit ist dabei das Bild-Format: ein echtes 16:9. So macht mobiles Film gucken in der Bahn wirklich Spaß!

Manko des Displays sind die Reflektionen. Das Display selbst ist wohl transreflektiv, die Displayabdeckung, die ja gleichzeitig als Touchscreen fungiert, macht diesen Effekt leider wieder kaputt. So reflektiert die Sonne stark im Display und die pralle Sonne wird schnell zum Feind des Nutzers. Es ist aber im erträglichen Rahmen und andere Handys haben ebenso mit diesem Phänomen zu kämpfen. Eine kleine Abwertung zum sonst perfekten Display ist es irgendwo dennoch.


Touchscreen
Es ist zwar nur ein resistiver Touchscreen, und nicht wie in modernsten Handys ein kapazitiver Touchscreen, verbaut. Allerdings ist dies bei der Preisklasse auch kein Manko. Vor allem zeigt Nokia, dass ein resistiver Touchscreen keinesfalls träge sein muss oder gar Befehle unter den Teppich fallen lässt. Es reagiert flott und wirklich gut. Weiterer Vorteil bleibt eine mögliche Bedienung auch mit Handschuhen oder Zeigestiften im Gegensatz zu resistiven Displays.


Das große Goodie: die Navi-Lösung
Nicht ohne Grund trägt das Handy den Zusatz NAVI. Verbaut ist hier ein A-GPS Empfänger und die (lebenslang kostenlose und updatebare!!) Navi-Software Ovi Maps ist bereits vorinstalliert. Die bereits eingesteckte 2GB-Speicherkarte ist zum Glück aber nicht leer, sondern bereits bespielt mit dem Kartenmaterial für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Nachinstallierbar ist jedes beliebige Land und auch der Update-Service ist vollkommen kostenfrei. Hier ist Nokia kampffreudig und macht endlich mal eine ordentliche Ansage. Die Version 3 von Ovi Maps ist definitiv einen großen und wichtigen Schritt nach vorne gegangen und absolut hochwertig und vergleichbar mit hochwertigen Stand-alone-Lösungen von Navigations-Geräten.

In der Software gibt es sowohl einen Fußgänger- als auch einen Auto-Modus. Angenehm! Sollte man sich verlaufen haben, ein schneller Blick und man wird auch als Fußgänger gelotst. Ein Michelin-Guide, Wetter-Berichte, Events und weitere Zusatz-Features runden die Navigations-Software ab.

Die Routenberechnung geht fix und auch eine Neuberechnung ist vor der nächsten Abfahrt stets schon berechnet. Eine Favoriten-Sammlung darf natürlich auch nicht fehlen, ebenso wie Tag- oder Nachtmodus.oder Statistiken über Durchschnitts-Geschwindigkeit, Tages- oder Gesamt-Strecke. Fährt man einmal zu schnell kann man sich warnen lassen, auch erst ab einer gewissen Geschwindigkeits-Übertretung.

Ein großes Diskussions-Thema bei den aktuellen Nokia-Handys ist die Satelliten-Suche. Ein User berichtet minutenlange Suche, der nächste freut sich über einen sekundenschnellen Sat-Fix. Der eine beschwert sich über hohe Online-Kosten, der nächste nutzt es rein offline. Wo liegt da der Zusammenhang?

Verbietet man dem Handy den Online-Zugriff, kommt es zu einer automatischen Abschaltung des Assisted GPS-Modus und der GPS-Empfänger versucht eigenständig die Satelliten zu finden. Dies kann bis zu Minuten brauchen - bei allen Handys oder Navigations-Geräten, auch bei dem Nokia 5230 NAVI.

Nun kommt es darauf an, welches Netz ihr nutzt. Bei T-Mobile, Vodafone und E-Plus kann das Handy mit Hilfe des Internets die Satelliten schneller finden. Hierbei nimmt das Handy die Identifikationsnummer des Handymastens, auf dem es eingeloggt ist und sucht sich in einer Internet-Datenbank die genaue GPS-Position des Sendemastens raus. Durch diese ungefähre Position des Handys kann der GPS-Empfänger die genaue Position innerhalb von einigen Sekunden selbst berechnen. Eine Datenflatrate ist hier ratsam, sonst können, je nach Anbieter, nicht unerhebliche Kosten entstehen.

Bei o2 gibt es einen großen Vorteil - jeder Sendemast strahlt nicht nur seine individuelle Indentifikationsnummer aus, sondern auch seine genaue GPS-Position gleich mit - ganz ohne Internet. So kann offline innerhalb von Sekunden die genaue Position errechnet werden.

Ich hoffe, ich habe diesen Mythos ausreichend geklärt.

Sollte eine Datenflat existieren und man möchte sich die Speicherkarte frei halten, kann man auch alle Karten von der Karte löschen und alle Routen hochaktuell online nutzen. Ich persönlich habe die Speicherkarte ersetzt durch eine 8GB-Speicherkarte und nutze das Navi rein offline (o2 sei Dank) und habe somit keinerlei Probleme. Zumal offline dann doch zuverlässiger (Empfang) ist und vor allem schneller als online.


Schnittstellen
Hier ist dann doch schon ein weiterer Spar-Punkt seitens Nokia. Bei einem solchen Kampfpreis kann eben doch nicht alles gegeben sein. Bluetooth 2.0 ist selbstredend verbaut und UMTS mit 3,6MBit Download ist möglich, WLAN fehlt aber vollständig. Per Micro-USB werden die Daten mit dem PC synchronisiert. Die Geschwindigkeit ist hier nicht gerade schnell, aber immerhin schon einmal um einiges schneller, als in älteren Generationen von Nokia.


Kamera
Hier sind wir an einem doppelten Schwachpunkt mit Trostpflaster. Nun ja, zum einen sind die verbauten Kameras von Nokia im Allgemeinen nicht gerade von guter Bildqualität gekürt und halten oft nicht annähernd mit einer Digitalkamera mit. In einem Gerät, bei dem hier und da eben doch der Rotstift angesetzt werden muss, kann man raten, wo gespart wurde. Richtig! Am verbauten Bildsensor der Kamera. 2 Megapixel sind in der heutigen Zeit nicht die Welt, ist dieser aber dann auch nicht hochwertig, ist natürlich Hopfen und Malz verloren. Die Bilder wirken leicht unscharf, der Kontrast und die Farben sind nicht gerade knackig und auch das Bildrauschen bei nicht optimalen Lichtverhältnissen sticht sofort heraus. Ein Fotolicht wurde nicht verbaut. Für schnelle Schnappschüsse - okay, für mehr aber nicht.

Aber kommen wir schnell zum Trostpflaster: Videos können wahlweise in 640x360 (16:9) bzw. 640x480 (4:3) aufgezeichnet werden bei einer akzeptablen Bildwiederholrate und Tonqualität. Die Bildqualität stimmt hier wieder einigermaßen.

Apropos Kamera: Eine Front-Kamera für Video-Telefonie ist im übrigen nicht verbaut.


Software
Die installierte Software ist nicht übermäßig vielfältig, immerhin gibt es einen Facebook-Client, ein oder zwei (langweilige) Spiele und Shazam - eine Musikerkennungssoftware. Ups! Ich vergaß - natürlich gibt es noch einen Internet Browser. Aber glücklicherweise lässt sich die Software spielend erweitern über den Ovi Store. Dieser bietet nicht nur kostenpflichtige, sondern auch eine Reihe an kostenlosen Programmen an. Zu empfehlen wäre hier Opera (Internet Browser), Youtube (mobiles Youtube fröhnen) und Fring (Instant Messenger für die meisten Netzwerke) für den Internet-Bereich bspw. Office ist leider nicht vorinstalliert, der Adobe Reader LE ist leider nur eine Demo-Software - beides ist nach installierbar / freischaltbar. Kosten je ca. 10€.


Internet
Hier bin ich ein wenig hin- und hergerissen zwischen genial und unzuverlässig. Die Verbindung ist dank Highspeed-UMTS vollkommen akzeptabel und der Prozessor auch schnell genug um in angemessener Zeit die Homepages anzuzeigen. Beim Standart-Internet-Browser ist allerdings sehr Funktionsumfang sehr eingeschränkt und das Surfen langsamer und unkomfortabel. Die Zusatz-Software Opera kommt damit sehr gut zurecht und empfehlenswert.

Allerdings scheint der Arbeitsspeicher für aufwendige Homepage nicht ausgelegt zu sein. Manchmal kommt die Meldung "zu wenig Speicher", manchmal schließt sich Opera einfach selbstständig und gibt somit auf. Schade eigentlich. Die meisten Seiten bleiben darstellbar, wer aber Opera mit MultiTab, aufwendigen Homepages und guter Bildqualität bei Fotos ausnutzen will, wird schnell an seine Grenzen kommen. Aber es ist und bleibt eben noch ein Handy - und kein PC.

E-Mail-Funktionalität ist in den Mitteilungs-Manager mit integriert. Hier lassen sich mehrere Postfächer definieren, die per POP oder IMAP problemlos abgerufen werden können. Ein Intervall-Abruf ist möglich zum ständigen Up-To-Date, und sogar noch anpassbar, um guten Schlaf zu finden oder am Wochenende erst um 12 von einer eMail geweckt zu werden. Gernial.


Telefonfunktionen
Das Telefonbuch ist modern gehalten. Zigfache Details können hinzu gefügt werden und auch ein Anruferbild kann definiert werden. Das Fingerschnippsen im Telefonbuch funktioniert nach einem Software-Update nahezu iPhone-ähnlich.

Die SMS können per virtueller Tastatur im Breitformat (QWERTZ), per virtueller Zahlentastatur im Hockant-Format oder aber per Handschrift geschrieben werden. Hierbei wird auch T9 in verschiedenen Sprachen unterstützt. Im Vergleich zu anderen Touchscreen Handys ist dies definitiv angenehm. Ich gelte als Massen-SMS-Schreiber (ca. 500 SMS / Monat) und bin durchaus zufrieden, ich glaube das spricht für sich.

MMS lassen sich komfortabl schreiben und Dateianhänge verpassen. Lediglich MIDIs möchte das Handy stets dem Urheber zu Gute schützen und weigert sich, diese zu verschicken. Aber diese sind ohnehin nicht mehr zeitgemäß.

Das Telefonieren selbst ist wunderbar. Ich hatte anfangs Angst, dass ich während des Telefonierens irgend etwas auf dem Display mit der Wange auslöse, was ich nicht will. Hier hat Nokia eine sehr gute Lösung gefunden! Es ist ein Näherungssensor verbaut. In dem Moment, wo dieser merkt, dass etwas näher auf das Handy zu kommt, wird das Display dunkel getastet und das Touchscreen abgeschaltet. Clever, clever und Hut ab!


Akku
Ein hochtechnisiertes Handy hat seinen Strom-Verbrauch. Nutzt man automatischen E-Mail-Abruf, geht gelegentlich auf eine Homepage, schreibt einige SMS und ruft mal jemanden an, wird am Ende des Tages einen leeren Akku haben. Sollte man dann noch stundenlang Film-Gucken oder in MSN chatten, kann der Akku auch gerne mal nach sechs Stunden leer gehen. Aber wie soll es auch anders gehen? Ein Auto-Akku ist eben doch zu groß und schwer. Sollte das Nutzen eingeschränkter sein, kommt man auch gut und gerne 2-3 Tage durch. Non-Stop Telefonieren ist kaum ein Problem. Nokia gibt 7 Stunden an, ein Profi-Test ergab eine Telefonie-Zeit von über 3 Stunden bei maximaler Sendeleistung - sprich minimalstem Empfang. Absolut okay.


Klang
Das Handy hat ja auch einen Kopfhörer-Headset-Kombi-Anschluss, für 3,5mm Kopfhörer und Nokia-Headsets. Das mitgelieferte Headset erfüllt seinen Zweck: zum Telefonieren. Zum mal schnellen Musik Hören ist es auch akzeptabel (immerhin Stereo). Besorgt man sich einen gescheiten Kopfhörer wird man mit einer recht guten Musikqualität belohnt. Überragend ist definitiv etwas anderes, aber ich würde immerhin noch gut vergeben. Der eingebaute Lautsprecher ist laut genug, verzerrt nur bei maximaler Lautstärke. Bässe fehlen hier natürlich völlig.


Lieferumfang
Mager. Hier gibt es ein von Gitaristen bekanntes Plektrum als "innovativer Stiftersatz" und eine dünne Halterung um dieses Plektrum an das Handy zu basteln. Dazu kommt das Handy selbst mit bereits eingelegter Speicherkarte und Feierabend. Nicht einmal ein USB-Kabel liegt bei. Irgendwie muss der Preis eben doch rentabel bleiben für Nokia.


Fazit
Ein günstiges Handy mit Touchscreen und vorbildhafter Navigationslösung, die noch dazu kostenfrei ist und bleibt. Schnelles UMTS und ein gutes Display gefallen, einige wenige Details wie WLAN fehlen. Wer ein günstiges Handy sucht mit technischen Finessen, wird hier gut bedient. Wer ein edles, kompaktes und günstiges Handy sucht, wird sich ein anderes suchen müssen, wird dann aber mit fehlender Technik bestraft.