Pro:
auch diese Coverversionen können sich hören lassen, noch nicht so lieblos gemacht wie heute oft der Fall
Kontra:
ist alles Geschmackssache!
Empfehlung:
Ja
Bei Coverversionen, die ja seit ein paar Jahren die Musikcharts dominieren, ist es ja immer so, dass sie entweder geliebt oder gehasst werden. Meist sind sie bei jungem Publikum sehr beliebt, da denen die Originale oft nicht bekannt sind oder erst nachher bekannt werden – während viele ältere Musikfans (wie ich) den aktuellen Coverversionen, die ja heute meist im Dancefloor-Stil sind, nicht viel abgewinnen können.
Auch ich bekenne mich als „Coverversionen-Hasser“, allerdings fast nur auf Versionen der Neuzeit bezogen. Es gibt und gab auch immer mal gute bis sehr gute Coverversionen, von denen ich nun einige vorstellen möchte. Im Kategorienamen steht keine Zahl, aber ich habe mich wieder für 10 Beispiele entschieden, wie auch in den verwandten Musikkategorien.
Meine ausgesuchten Coverversionen sind alle nicht mehr ganz so jung, nämlich sie sind in den 80er und 90er Jahren entstanden.
Ich möchte noch mal erwähnen, dass es a) nur mein ganz persönlicher Geschmack ist, und b) eine Momentaufnahme. Sicherlich befinden sich in meiner Sammlung noch wesentlich mehr wirklich hörenswerte Coverversionen.
Außerdem ist die Reihenfolge – wie immer – keine Wertung, sondern sie erfolgte zufällig.
Legen wir los:
GLEN P. STONE – GAMES PEOPLE PLAY (1986)
Wer über 30 ist und in NRW wohnt, kennt diese Version vielleicht noch. Denn im Sommer 1986 war diese Version nur in NRW ein Hit, im übrigen Deutschland nicht! Und zwar war dieses Stück sehr lange in der „Schlagerrallye“, einer Hitsendung auf WDR 1 (Vorgänger von „Eins Live“) platziert. Die Single/Maxi lag aber wie Blei in den Regalen der Plattenläden und schaffte es nicht in die deutschen Top 75. Glen P. Stone war ein junger, gut aussehender Mann (typischer Frauenschwarm mit südländischem Einschlag, ich schätze ihn auf damals Anfang bis Mitte 20), und nachher hat man von ihm nie mehr etwas gehört. Aber eigentlich kann man ihn auch nicht einmal als „One-Hit-Wonder“ durchgehen lassen, denn das Lied war ja nur regional etwas bekannter. Schade eigentlich, denn dieses Lied im Reggae-Stil hätte auch überregional einer der Sommerhits 1986 werden können. An diesem Klassiker von Joe South (1969) versuchten sich schon sehr viele, die bekannteste und erfolgreichste Coverversion war die aus 1994 von Inner Circle (Alltours-Werbung). Aber die Version von Inner Circle fand ich zwar OK, aber irgendwie viel kommerzieller als die von Glen P. Stone. Die Version von Stone hätte wie gesagt das Zeug zum Sommerhit gehabt – und mich persönlich erinnert sie noch heute an ein Sommerfest im Jahr 1986, auf dem das Lied mehrmals von einer vom Radio aufgenommenen Kassette gespielt wurde (Jahre später habe ich aber auch die originale Vinyl-Single erwerben können, die B-Seite „Mystery“ gefällt mir weniger gut, und mehr von diesem Sänger ist mir nicht bekannt).
MIKE OLDFIELD – ARRIVAL (1980)
Ich kann es mir nicht verkneifen, auch diesmal wieder meinen Lieblingskünstler mit unterzubringen. Das meiste hat er ja wirklich selbst komponiert, aber auf seinem 1980er Album „QE2“ sind auch einige Coverversionen drauf. Eine davon ist „Arrival“, mit dem er einen seiner ersten Single-Hits in Deutschland hatte. Das Original stammt von niemandem anderen als der weltberühmten schwedischen Gruppe ABBA, und zwar aus ihrem gleichnamigen Album (1976). Während die ABBA-Version, die ich übrigens auch spitzenmäßig finde, eher ruhig verläuft, wirkt die Oldfield-Version irgendwie fröhlicher. Auf seiner E-Gitarre gespielt, ist diese Version stark schottisch angehaucht, irgendwie typisch für Mike Oldfield. Das Lied stammt aus der Zeit, in der Oldfield sich so langsam von seinen „schwereren“ langen Instrumentalwerken in Richtung radiotaugliche Musik verabschiedete. Dieses Lied ist mir auch schon seit der Veröffentlichung bekannt, und für mich ist das sogar sein schönster Single-Hit überhaupt.
SKY – TOCCATA (1980)
Das Original dieses Liedes ist das älteste der hier vorkommenden Originale. Und zwar stammt es aus einer Zeit, in der es noch kein einziges Musik-Wiedergabegerät und noch keinen einzigen Tonträger gab. Es stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde komponiert von Johann Sebastian Bach. Natürlich gab es das Werk ab dem 20. Jahrhundert auf den verschiedensten Klassik-Platten.
1980 machte die Synthesizer-Band „Sky“ den Versuch, das Werk völlig neu zu arrangieren, mit Rock- und Pop-Elementen. Was ihnen auch gelungen ist. Die Version von „Sky“ wurde im Sommer 1980 vor allem in England ein Erfolg, aber auch hier in Deutschland.
Damals hatte ich das Lied auf Kassette aufgenommen und spielte diese auch auf meiner Geburtstagsparty. Aber relativ schnell löschte ich die Kassette wieder (wie das in meiner Kindheit so war, oft fehlten halt Leerkassetten). 6 Jahre später kam mir das Lied wieder zurück ins Gedächtnis, denn unser damals noch sehr junger Musiklehrer kam auf die Idee, diese Version mit dem Original zu vergleichen. Wir hatten damals im Musiksaal eine Stereoanlage, die fast noch älter war als ich (ca. Ende 60er), bestehend aus Dual-Plattenspieler und einem dieser „länglichen“ Elac-Receiver (beides deutsche Wertarbeit). Damals dachte ich als noch nicht ganz so fortgeschrittener HiFi-Fan immer noch, die aktuellen Modelle seien besser. Einmal hatten wir Freistunde, und ein Mitschüler brachte es fertig, die Platte während der ganzen Stunde immer wieder hintereinander zu dudeln und dabei die Anlage voll aufzudrehen. Damals merkte ich dann, wie viel Klangpotenzial in dieser doch etwas bieder und altbacken wirkenden Anlage steckte – und auch in der Aufnahme selbst! Ich glaube, andere Klassen wurden im Unterricht gestört. Vor allem bei diesen höheren Lautstärken kommen die Drums besonders zur Geltung, wenn sie sich bis zum Höhepunkt steigern. Meiner Meinung nach einer der Songs, den man gern in hoher Lautstärke hört und der sich gut eignet für die „Präsentation“ einer Anlage bzw. der Lautsprecherboxen. Im selben Arrangement fand man „Toccata“ als „Coverversion einer Coverversion“ sehr oft auf den Synthesizer-CDs, die Ende der 80er im Umlauf waren.
MASTERBOY – PORQUE TE VAS (1999)
Bei diesem Lied werden nun spätestens die ersten Leser mir widersprechen. Ich muss zugeben, diese Coverversion gehört schon zur „Neuzeit“ und ist relativ billig gemacht, so wie es heute halt üblich ist. Das Original stammt von der Sängerin Jeanette (hat nichts mit der Biedermann zu tun, die lebte damals noch nicht mal; die hier gemeinte Jeanette ist Spanierin und ein One-Hit-Wonder) aus dem Jahr 1974, wurde aber erst drei Jahre später ein weltweiter Hit. Masterboy waren in den 90er Jahren sehr erfolgreich (u.a. „Mister Feeling“, „Land Of Dreaming“, „Feel The Heat Of The Night“), es war eine für die Zeit typische Dancefloor-Formation, auch im Laufe der Jahre mit mehrmals wechselnden Sängerinnen. „Porque te vas“ coverten sie ziemlich am Ende ihrer Karriere, aktuelle Sängerin war Annabell Kay („Let It Shine“), und so gelang es ihnen, aus einem 70er-Popsong mit mittlerem Tempo eine Dancefloor-Version zu machen. Diese erschien 1999, ausgerechnet im Sommer. Denn dahin passt die Version auch am besten! Man bekommt beim Hören ein regelrechtes Sommergefühl (ähnlicher Stil bei z.B. Loona). Aber auch in allen anderen Jahreszeiten bekomme ich gute Laune, wenn ich das Lied höre. Auf der Maxi sind auch diverse Techno-Remixe. Wer mich hier schon etwas länger kennt, weiß vielleicht, dass ich normalerweise Maxi-CDs und Remixe hasse, aber da dieses Lied für mich eine besondere Bedeutung hat, habe ich mir ausnahmsweise im Sommer 1999 die Maxi gekauft. Aber nicht als „Untersetzer im Slim-Case“, sondern als etwas ganz Besonderes: eine Doppel-Maxi in recht schwerem Vinyl für meinen guten alten Plattenspieler!
Warum hat dieses Lied eine besondere Bedeutung für mich? Im Sommer 1999 hatte ich gerade einige sehr negative Lebensphasen (beruflich und privat) hinter mir und blühte regelrecht auf! Dieser Sommer war der erste für mich, den ich richtig intensiv genossen habe (und auch über einen langen Zeitraum frei hatte), und dazu passt solche „Gute-Laune-Musik“ natürlich bestens!
MARK VAN DALE with ENRICO – WATER VERVE (1998)
Dieses Stück ist nur eine „halbe“ Coverversion, aber so etwas hat man ja heute auch häufig (siehe „Call On Me“ von Eric Prydz). Gecovert wurde hier ein Melodieteil eines bekannten Songs, und zwar die Streicher aus dem ein Jahr älteren Erfolgs-Hits „Bittersweet Symphony“ von The Verve. Und selbst in diesem „Original“ sollen diese Streicher von einer unbekannten Instrumentalversion von „The Last Time“ (Rolling Stones) geklaut worden sein. Auf jeden Fall finde ich die „Übernahme“ der Streicher in „Water Verve“ mehr als gelungen. Bei „Water Verve“ handelt es sich um Dancefloor, der auch schon so einige Elemente des Techno besitzt. Auch von diesem einfach (für mich) zeitlosen Stück habe ich die Maxi gekauft, und wie es sich für mich gehört, als 12“ Vinyl. Sogar habe ich die Maxi am selben Tag gekauft wie „Porque te vas“, die Radio-Version hatte ich schon ein Jahr länger auf Band.
Auch dieses Lied wird für mich immer eine persönliche Bedeutung haben. Im Sommer 1998, als das Stück aktuell war, ging es mir persönlich sehr schlecht wegen beruflicher Probleme. Aber in meiner immer knapper werdenden Freizeit lenkte ich mich oft mit Musik ab, und die aktuellen Charts waren 1998 ausnahmsweise mal besser (ich mag sonst eher die Charts der 70er und 80er). So hörte ich viele damals aktuelle Stücke, auch mit „Gute-Laune-Charakter“. Auch wenn es mir noch schlecht ging im aktuellen Moment, so wusste ich doch schon, dass ich nicht mehr besonders lange ein Mitarbeiter in dieser Firma sein werde. Ein halbes Jahr später hatte ich es auch geschafft!
GUNS ’N ROSES – SYMPATHY FOR THE DEVIL (1994)
Noch heute auf unseren Studentenpartys läuft wiederholt das Original von den Rolling Stones aus dem Jahr 1968, und es gibt keinen bei uns, der das Lied nicht kennt, und seien meine Kollegen noch so jung. Vor ca. 2 Jahren ist ja auch mal ein Remix erschienen, der mir persönlich nicht so zusagt wie das Original. Aber sehr gut zusagen tut mir eine Coverversion von Guns ’n Roses aus dem Jahr 1994. Hier wird Rock ebenfalls als Rock gecovert. Die Version von GnR hält sich nämlich relativ eng ans Original von den Stilelementen her, und so gefallen mir beide Versionen gut.
Kennen und schätzen gelernt habe ich diese Version Ende 1994 oder Anfang 1995, als ich für meine damalige Firma öfter weitere Strecken mit dem Firmenwagen unterwegs war, das waren die letzten Wochen von WDR 1 (jetzt „Eins Live“), und damals hatten die mittags noch eine Sendung mit aktuellen Songs („Hit Chips“), welche über 8 Jahre lang lief, und da wurde das Lied dann zum Jahreswechsel 94/95 öfter gespielt.
JAMES LAST – STIR IT UP (1980)
James Last? Viele verbinden ihn wohl nur mit Musik „für Oma und Opa“. Aber einige seiner Aufnahmen gefallen mir auch gut, denn schließlich ist seine Musik sehr vielseitig. 1980 brachte er die LP „Caribbean Nights“ heraus, am berühmtesten war wohl das Plattencover, das nur einen nackten Busen im Vordergrund zeigt, von irgendeiner südamerikanischen Dame (Rasta-Zöpfe, Hautfarbe…). Passend zum Musikstil: er hat sich an verschiedenen Reggae-Titeln versucht, überwiegend von Bob Marley. So ist auch „Stir It Up“ im Original von Bob Marley. Ehrlich gesagt gefällt mir die Version von James Last sogar noch besser. Bekannt ist mir diese Version schon seit Anfang 1981. Das Album ist nie auf CD erschienen und wird es auch wohl nie. Schon Anfang der 80er Jahre wurde diese LP schon wieder aus dem Angebot genommen, wie manche anderen seiner zahlreichen Scheiben auch. Obwohl diese Aufnahme bestenfalls in LP-Qualität vorliegt, überzeugt sie ganz besonders durch sehr gute Klangqualität. Die damaligen Pressungen von Polydor waren sowieso nicht schlecht.
MIKE ANTHONY – WHY CAN’T WE LIVE TOGETHER (1982)
Dieses Lied von Timmy Thomas (1972) wurde schon relativ oft gecovert, vor allem auch in den 80ern. Während das Original schon in Richtung Soul/Black geht, ist bei dieser Coverversion der Stil in gewisser Form erhalten geblieben, nur wurde das Ganze wesentlich tanzbarer arrangiert: typischer „Soul & Disco“ Stil der 80er. Diese Version war damals auch ein Discotheken-Klassiker. Interessant war auch, dass 1982 zwei Coverversionen dieses Liedes parallel erschienen sind: einmal die hier gemeinte Version von Mike Anthony, aber es gab auch eine ebenfalls so gut tanzbare Version von Illusion. Beide sind auch in Deutschland dadurch noch populärer geworden, indem sie Ende 1982 auf jeweils einem deutschen Sampler erschienen sind (Anthony: High Life, Illusion: Super 20). Zwei Jahre später versuchte sich die bekannte Sängerin Sade an diesem Klassiker, ebenfalls empfehlenswert. 1990 gab es dann noch mal einen Remix des Originals, den ich aber weniger gelungen finde.
WATERGATE – THE BATTLE (1998)
Im Großen und Ganzen gleicht dieses Stück von den Stilelementen und der Aufmachung her dem bereits erwähnten „Water Verve“ von Mark van Dale. Kein Wunder, denn auch hier hatte DJ Quicksilver seine Finger im Spiel, außerdem erschienen beide Stücke auch kurz hintereinander. Beide Stücke lassen sich auch gut ineinander mixen (so hat’s der Oliver Momm z.B. auch in seinem Gigamix 1998 gemacht, passt prima). Das Original ist der Refrain eines sehr bekannten Liedes aus dem Jahr 1977: „Mull Of Kintyre“ von den Wings, hinter denen Ex-Beatle Paul McCartney steckte. Das Original (welches auch sehr oft schon gecovert wurde) höre ich zwar noch lieber, aber diese Dance-Version schätze ich auch.
THE BATES – INDEPENDENT LOVE SONG (1998)
Diese Coverversion ist nur 4 Jahre jünger als das Original. Vielleicht erinnern sich noch einige an die Rock/Pop-Ballade der Sängerin Scarlett, war ein kleinerer Hit Ende 1994. Diese Fassung kann durchaus als „Kuschelrock“ durchgehen, mir hat das Lied gut gefallen. Ein ganzes Stück härter haben die Bates, die ja für Rock-Coverversionen bekannt sind („Billie Jean“), dieses Stück arrangiert, wobei sie das Tempo in etwa beibehalten haben – nur wurde alles etwas „rockiger“. Gut gemacht!
Das war ein kurzer Einblick in ein paar Coverversionen, die ich als gelungen einstufe und gern höre. Wie gesagt war das eine Momentaufnahme, es gibt noch wesentlich mehr Coverversionen, die mir gefallen. Wobei es sich in meinem Fall dann auch wieder überwiegend um Aufnahmen aus den 70er bis 90er Jahren handelt, denn die aktuellen Charts sind nicht so mein Fall.
Erstveröffentlichung von mir unter gleichem Benutzernamen auch bei ciao.de in 04/2005 ("Die besten Coverversionen") weiterlesen schließen
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