Alitalia Testbericht

Alitalia
ab 4,83
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Erfahrungsbericht von Hagar66

Die Zentrale des Irrenhauses: Il giro d\'Alitalia

Pro:

wir haben jetzt eine Menge Erzählstoff

Kontra:

die verbratene Zeit und die verlorene Entspannung

Empfehlung:

Nein

\"Il giro d\'Alitalia\", so möchte ich meinen Bericht über das Wochenende 26. - 29.05. nennen, denn obwohl ich den Flughafen Rom Fiumicino bis Sonntag, den 29.05.05 überhaupt nicht kannte, traue ich mir nun zu, die dem Passagier zugänglichen Räumlichkeiten jedem x-beliebigen Menschen fast vollständig zu erklären. Dass dem so ist verdanke ich ursächlich einem Fehler der Fluggesellschaft KLM und in der Folge der hohen Kompetenz und Arbeitsfreude der Mitarbeiter von Alitalia vor Ort.

Von vorn:
Im Januar beschließt die gesamte Familie, vom 25.05. bis zum 29.05. eine Reise nach Rom zu unternehmen. Unsere Tochter wünscht sich unbedingt eine Nachtzugfahrt, schon seit langem, und hier ist die Gelegenheit. Nachtzüge nach Rom gibt es zum Beispiel ab München. Ich bemühe also die entsprechende Hotline und buche zunächst drei Nachtzugpassagen. Um nach München zu gelangen, buche ich für Frau und Tochter zwei (mit 40€ wirklich günstige) Flüge von Münster nach München bei der DBA. Ich selber bin arbeitsbedingt eh\' ich München. Abschließend spendiere ich ein paar Flying Dutchman- Meilen und buche drei Rückflüge von Rom über Amsterdam nach Hannover. Dort steht dann auch mein Auto, weil ich meine Dienstreise nach München ausnahmsweise von dort aus antreten werde.

Im März - alle Tickets sind mittlerweile zu Hause angekommen - kommt der erste Schlag: Die Klassenfahrt unserer Kleinen verschiebt sich, ausgerechnet auf den Zeitraum unserer geplanten Reise! Meine Frau und ich beschließen, die Reise allein zu machen. Das Ticket für die Bahn und bei der DBA ist verloren, denn beides ist nicht umbuchbar und kann auch nicht zurückgegeben werden. Einzig das Awardticket für die Kleine von KLM kann ich zurückgeben, mit Meilenabzug zwar, aber besser als nichts.

Ich frage zunächst bei KLM nach dem Modalitäten für die Rückgabe und sende am 05.05. ein Schreiben inklusive Ticket der Tochter an KLM, mit der Bitte um Storno dieses Tickets.

Nun freuen wir uns alle auf unsere jeweiligen Reisen. (An dieser Stelle will ich abkürzen. Die Fahrt mit dem Zug war nicht gerade angenehm, aber weil es so viel zu entdecken gibt, hat Rom uns auch beim zweiten Mal sehr gut gefallen. Bis Sonntag!)

Unser Rückflug findet um 14:15 Uhr statt. Also machen wir uns mit ausreichend Puffer um 11:00 Uhr aus dem Hotel auf den Weg zum Flughafen.

11:10 Uhr: Da sämtliche Tabacchi- Läden zu haben, versuche ich, dem Fahrscheinautomaten ein Ticket nach Fiumicino zu entlocken, aber ich scheitere. Ich bin mir sicher, alles richtig gemacht zu haben, aber der Automat weist mich mit einer Meldung, die nur ca. eine Viertelsekunde erscheint, ab. Die Viertelsekunde ist mir zu schnell als dass ich verstehen könnte, was schief läuft. Um bei einer eventuellen Kontrolle meinen guten Willen zu zeigen, buche ich irgendein Ticket und bezahle mit einem 20€- Schein. Der Automat spuckt aus: 2 Fahrscheine und einen Gutschein über 16€, leider nicht das Geld. Nun gut, denke ich mir, das werde ich schon irgendwie wieder bekommen.

11:17 Uhr: Der von uns geplante Zug ist uns nun vor der Nase weggefahren und der nächste hat Verspätung. Wir dürfen bis 12:01 Uhr warten. Schließlich heißt es aber \"D\'r Zoch kütt\" und mit Umsteigen in Roma Trastevere und wegen der nun doch fortgeschrittenen Zeit ohne Ticket für die richtige Strecke geht es nach Fiumicino.

Dort händige ich meinen 16€- Gutschein einer freundlichen Schalterbeamtin aus und bekomme tatsächlich harte Währung zurück. Sehr gut! (Und günstig! ;-) Die Strecke kostet eigentlich 9, 50 €...)

13:15 Uhr:
Wir stehen in der erfreulich kurzen Schlange vor dem Check- In Schalter für unseren Flug, der von Alitalia in Kooperation mit KLM durchgeführt wird, und beginnen nach ca. 5 Minuten den Check- In- Vorgang. Aber was müssen wir hören? Unsere Tickets seien gecancelt. Ja, sage ich, das Ticket unserer Tochter, das sei gecancelt, unsere aber nicht. Aber nein, KLM hat offensichtlich ALLE Tickets in den elektronischen Shredder geworfen. Und der Flug ist voll, auch in der Business Class. Sch...! Was nun? Unser Check- In wird abgebrochen, wir werden an den KLM/ Alitalia- Ticketschalter verwiesen.

13:25 Uhr:
Am Ticketschalter von KLM ist gar keine Schlange, allerdings besteht auch keine hohe Bereitschaft, uns effektiv zu helfen. Man bietet uns an, Stand- By einzuchecken und händigt uns zwei Einsteigekarten ohne Platznummer aus. Wir haben keine wirkliche Alternative und lassen uns drauf ein.

13:35 Uhr:
Mit unserem Gepäck begeben wir uns wieder zum Check- In. Dort weise ich die Dame von Alitalia vier (!) Mal sehr eindringlich darauf hin, sie möge bitte auch das Gepäck nur Stand- By abfertigen. Sie lehnt dies ab, mit der Begründung, es gebe ja zwei Plätze auf unserem Flug und gibt uns neue Einsteigekarten, eine mit gedrucktem Sitzplatz, einen weiteren Sitzplatz weist sie manuell mit Kugelschreiber zu. Allerdings hat das alles sehr lange gedauert und deshalb müssen wir um mittlerweile

13:50 Uhr
zusehen, dass wir zum Gate kommen. Wie zu erwarten, ist die Schlange bei der Sicherheitskontrolle sehr lang. Wenn wir hier warten, wird das nichts! Und deshalb schiebt meine Frau ihren 5- Monats- Schwangerschaftsbauch nach vorne und erlangt für sich und mich auf der Mitleidschiene eine bevorzugte Behandlung. Rollbänder im Abfertigungsbereich sind in Fiumicino unbekannt, daher dauert es trotz schnellen Schrittes nach der Kontrolle bis

14:00 Uhr,
bis wir am Gate sind. Kaum 20 Sekunden stehen wir in der Schlange, da werden unsere Namen aufgerufen. Ich freue mich, aber nur kurz, denn man sagt uns, unsere beiden Plätze seien bereits besetzt. Das Gatepersonal gibt uns keinerlei Hinweis, was wir nun machen sollen, aber natürlich wollen wir unser Gepäck wieder haben. In einigen Dutzend Metern Entfernung entdecke ich einen Stand- By Schalter (der heißt dort wirklich so!) der Alitalia, drängle mich - mittlerweile rücksichtslos - vor und verlange, das Gepäck aus der Maschine zu holen. Ich weise auch darauf hin, dass sich im Gepäck Medikamente für meine schwangere Frau befinden. Zwei Anrufe später wird mir die Ausgabe des Gepäcks zugesagt. Das Gepäck werde vom Band 11 in der Ankunft wieder ausgespuckt. 5 hilflose Orientierungsversuche und eine Nachfrage bei einem freundlichen Polizisten später (der Wechsel vom Abflugs- in den Ankunftsbereich ist offenbar ungesetzlich) finden wir dieses Band und warten etwa 5 Minuten.

14:25 Uhr:
Das Warten wird mir zu bunt, ich gehe zur Gepäckermittlung. Dort breitet sich Unverständnis darüber aus, was denn überhaupt passiert ist. Immerhin heißt es, das Gepäck sei aus dem Flugzeug geholt worden, wir sollten noch weitere 5 Minuten warten. Nach Ablauf dieser 5 Minuten sagt man uns, wir sollten weitere 10 Minuten warten. Nach weiteren 10 Minuten sollen wir noch mal... Aber wir wollen nicht mehr warten. Anscheinend ist der Durchschnittangestellte eines Flughafens nur durch massives Auftreten zu Aktionen zu bewegen. Eine kurze Prüfung im Gepäcksystem ergibt: Unser Gepäck fliegt nun doch nach Amsterdam und ist schon in der Luft! Toll hingekriegt!!! An dieser Stelle fange ich an, darüber nachzudenken, dass wir das ja auch alles gewollt so gesteuert haben könnten und nun erfolgreich zwei Gepäckstücke an Bord bekommen haben, ohne selbst mitzufliegen. Bin Laden, ick hör\' Dir trapsen!

14:50 Uhr:
Jetzt müssen wir die Optionen ausloten, mit dem nächsten Flug mitzukommen, also gehen wir wieder zurück zum KLM Ticketschalter. Zu unserem Erstaunen hat sich bei Alitalia direkt nebenan, eine etwa 100 Meter lange Schlange gebildet. Bei KLM ist Gott sei Dank keine.
Der KLM- Agent ist sehr verwundert, uns wieder zu sehen und prüft unwillig weitere Möglichkeiten: Der nächste Flug um 16:20 Uhr und auch der übernächste um 17:15 Uhr sind voll. Trotzdem labelt er unsere Tickets für den 16:20 Uhr Flug um, auf Stand- By versteht sich. Damit ist klar, dass wir unseren Anschlussflug nach Hannover heute nicht mehr bekommen werden, die Umsteigezeit beträgt nur noch 20 Minuten, eine so genannte \"illegal connection\". Und daher bekommen wir zusätzlich eine OK- Buchung für Amsterdam - Hannover für den nächsten Tag um 9:50 Uhr. Für Hotelübernachtungen sollen wir uns in Amsterdam an das Transferdesk wenden. Zu dieser Zeit spreche ich zum ersten Mal an, dass wir natürlich die uns per EU- Verordnung zustehende Kompensation haben möchten, aber der Mitarbeiter hat plötzlich zwei taube Ohren. Und mein Verlangen, den supervisor zu sprechen wendet er ab mit den Worten, den solle ich selber suchen, der sei entweder beim Check- In oder am Gate. Zum selber suchen habe ich aber keine Zeit!

15:00 Uhr:
Natürlich müssen wir wieder zum Check- In. Dort angekommen verstehen wir, warum die Schlange vor dem Ticket- Office so lang ist. Mit dem Schichtwechsel, der anscheinend um 14:00 Uhr stattgefunden hat, ist mindestens das Check- In- Personal teilweise in den Streik getreten. Und deswegen sind die Schlangen am Check- In natürlich genauso lang wie beim Ticketschalter. Es heißt warten. Etwa gegen 15.15 Uhr läuft eine Alitalia- Angestellte, die offensichtlich für KLM handelt, die Schlange ab und schreit \"Amsterdam 224\". Wir Schlangensteher schließen daraus, dass Amsterdam- Reisende an Schalter 224 abgefertigt werden. Eine erstaunliche Anzahl von Reisewilligen macht sich auf den Weg. Etwa 300 Leute stehen mit uns in der neuen Schlange, die nun trotzdem immerhin kürzer geworden ist. Weitere 5 Minuten später erscheint wieder die marktschreierisch veranlagte Alitalia- Dame und hat ihr Sprüchlein in \"Amsterdam 204/ 205\" verändert. Da waren wir vorher auch schon. Offenbar hat aber das große Stühle rücken begonnen, denn die Schalter 204 und 205 sind nun ohne Schlange. Da wir schnell waren, sind meine Frau und ich die ersten, die eine Einsteigekarte bekommen. Mir fällt erst später auf, dass wir nicht für 16:20 Uhr, sondern für 17:15 Uhr Karten erhalten haben, dafür aber jetzt in der Business Class und mit garantierten Plätzen. Nach Hause kommen wir mit dieser neuen Abflugzeit aber auf gar keinen Fall mehr, nicht mal mit dem Zug von Amsterdam (das hatten wir kurzfristig überlegt, da ja heute unsere Tochter von der Klassenfahrt zurückkommt.). Mit 17:15 Uhr Abflug haben wir jetzt plötzlich eine Menge Zeit, denn es ist erst 15:40 Uhr. Also fange ich nun an zu überlegen, welche anderen Möglichkeiten es noch geben könnte... Ich hatte doch vorhin einen Air Berlin Schalter... Genau! Aber leider, sie haben auch nur noch einen einzigen Platz nach Münster für 269€ frei und meine Frau alleine fliegen lassen, das geht nicht.

Also begeben wir uns wieder zum Gate, diesmal B7. Dort angekommen, lerne ich als erstes, dass unser Flug um eine Stunde verspätet ist. Wir lesen, versuchen die Zeit tot zu schlagen, kaufen uns was zu Essen und zu Trinken (Natürlich gibt es von Alitalia nichts!). Nach und nach trudeln weitere Passagiere ein und da die Niederländer ein lustiges Völkchen sind, kommen wir schnell ins Gespräch. Es wird

16:20 Uhr
und ich beschließe, noch mal am stand- by Schalter nachzufragen, ob alles in Ordnung ist, bzw. ob wir nicht doch schon um 16:20 Uhr mitfliegen können. Denn dort (am Gate B3) wird noch eingestiegen. Die lichte Entfernung zwischen Gate B3 und Stand- By Schalter beträgt 10 Meter, trotzdem behauptet die mich bedienende Dame nach kurzem Blick in ihren Bildschirm am Stand- By Schalter, der 16:20 Uhr- Flug sei gecancelt. Ich sehe die Leute aber einsteigen und wenn sie aufstehen würde, würde sie es auch sehen! Meine Nachfrage am Gate ergibt: Der Flug ist keineswegs annulliert, leider gibt es aber auch keine freien Plätze mehr. Ein Paradebeispiel für Informationslogistik!

Es wird
18:00 Uhr
und bei uns am Gate tut sich gar nichts. Bis

19:00 Uhr
tut sich nichts, dann kommt ein holländischer Passagier und sagt uns freudestrahlend, unser Flug sei gestrichen! Ich kann es zunächst gar nicht glauben, aber ein Vordrängeln und eine Nachfrage am Stand- By Schalter später weiß ich, dass es stimmt. Wir bekommen Stand- By Tickets für den letzten Amsterdam- Flug des Tages. Häufige Hinweise auf unsere Wartezeit von mittlerweile über sechs Stunden und auf die Schwangerschaft meiner Frau werden am Gate unfreundlich ignoriert.

Schließlich bekommen wir gegen
19:50 Uhr
doch einen einzigen Sitzplatz angeboten, einen jump seat. Wie schon gesagt, alleine fliegen ist keine Option und ein jump seat erst recht nicht. Jetzt lerne ich zum ersten Mal den Alitalia- supervisor kennen. Ich darf ihm sogar unser Problem erklären, und obwohl er betont, er sehe keine Pflicht zur Handlung, verspricht er, sich aus persönlicher Motivation heraus etwas für uns zu überlegen. Ich lasse ihn seinen Namen aufschreiben, und wir vereinbaren, uns umgehend am Alitalia- Ticketschalter zu treffen.

Jetzt sind wir schon sehr viele Gestrandete, die sich alle gemeinsam um ca.

20:00 Uhr
wieder aufmachen zum Ticketschalter, und zwar auf dem uns mittlerweile bekannten Weg durch die Ankunft.

Dort angekommen finden wir eine zu diesem Zeitpunkt bereits etwa 400 Meter lange Schlange vor dem Alitalia Desk und ein geschlossenes KLM Desk. Wir verlängern diese Schlange noch mal um ca. 100 Meter.

Wir warten... und warten... und warten... Gerüchte verbreiten sich, es sollen Busse kommen und wir sollen in ein Hotel gebracht werden. Ich halte nach dem supervisor Ausschau. Muss ich es wirklich sagen? Wir haben ihn nicht mehr wieder gesehen. Ich weiß auch warum: Seine Schicht endete um 20:00 Uhr, er ist quasi direkt nach dem Gespräch mit mir in den Feierabend gegangen. Diese Information habe ich von seinem Schichtnachfolger, den ich auch noch kurz sprach.

20:35 Uhr:
Nach der langen Wartezeit ist meine Frau einem dringenden Bedürfnis nachgegangen. Etwas zu Essen und zu Trinken will sie auch besorgen und auch Telefonieren. Immerhin ist heute unsere Tochter von der Klassenfahrt nach Hause gekommen und erstmal bei Nachbarn untergekommen. Und die erwarten uns im Moment noch zu Hause zurück. Von Alitalia erwarte ich zu diesem Zeitpunkt verpflegungstechnisch trotz der eindeutigen Rechtslage nichts mehr. Aber jetzt plötzlich kommt Bewegung auf. In schon bekannter Manier schreitet eine uniformierte Dame die Schlange und schreit \"Amsterdam, Amsterdam\" Ja was? Was \"Amsterdam\"??? Die zur Schreierei gehörende Information pflanzt sich in der Schlange fort: Amsterdam- Passagiere sollen vor das Flughafengebäude kommen, dort kommen Busse. Ich suche mir den nächst besten Uniformträger und bitte ihn, mit dieser Information eine Ansage über Lautsprecher machen zu lassen. Er lehnt das kategorisch ab. Aber meine Frau ist noch nicht wieder da, was mache ich nun? Ich renne in kürzester Zeit durch das Terminal C, dann Terminal B und wieder zurück, aber ich finde sie nicht. Aber ich finde einen Schalter \"Informazioni\" und bitte dort, meine Frau auszurufen. \"Das dürfen wir nicht\" heißt es, und dann werde ich stehen gelassen. Nun bin ich doch reichlich verzweifelt. Mit hängenden Schultern stehe ich rum. Ein paar Minuten, dann kommt sie Gott sei Dank wieder; ohne Essen, ohne Getränke und auch ohne telefoniert zu haben, sie hatte so ein Gefühl... Wir laufen nach draußen und finden dort die Amsterdam- Traube wieder. Es dauert dann noch bis

21:15 Uhr,
bis die Busse wirklich kommen. Das es Prioritäten für bestimmte Personengruppengeben muss, ist von den Verantwortlichen noch niemandem eingefallen. Erst auf mein Betreiben hin, wird ein Bus für Schwangere (von denen es zwei gibt), Senioren und Passagiere mit kleinen Kindern reserviert. Aber auch das klappt nicht richtig, denn der Bus mit den \"normalen\" Leuten fährt vor uns ab. Also müssen wir bei der Ankunft im Hotel, in dem ca. 100 der Versprengten untergebracht werden (unglaublich, dass es dort noch so viele Zimmer gibt), für uns selbst kämpfen. Wir bekommen tatsächlich innerhalb der nächsten 15 Minuten ein Zimmer. Ich versuche nun zu telefonieren, zwei Anrufe darf ich ja lt. EU- Verordnung machen. Aber die Telefonanlage ist im Zimmer nicht freigeschaltet und das wird sie auch auf Nachfrage nicht, mit der Behauptung, die Anlage sei defekt. Daher nutze ich die Zeit zum Duschen. Auch die Zähne kann ich mir putzen, nachdem wir auf eigene Kosten die notwendigsten Toilettenartikel vom Hotel gekauft haben. Mehrfach durch die hohen Temperaturen und die Rennerei verschwitzt, sind unsere (speziell meine) Sachen natürlich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Aber weil unser Gepäck in Amsterdam ist, habe ich keine andere Wahl und muss das stinkende Zeug wieder anziehen. Immerhin kündigt sich bei meiner Rückkehr in die Lobby (viele Gäste haben noch immer kein Zimmer) durch Mundpropaganda an, dass uns um 22:00 Uhr Essen serviert werden soll. Wir telefonieren nun vom Handy aus, leider pre-paid und wie viel drauf ist, wissen wir auch nicht so genau, aber es funktioniert, wir kriegen die wichtigsten Informationen nach Hause.

Um
22:00 Uhr
werden in einem Zelt im Garten Gnocchi, etwas Fleisch, Kartoffeln und Eis serviert. Dazu Wasser und Weißwein. Das beruhigt mich etwas. Aber wie es weiter geht, wissen wir alle immer noch nicht. Das erfährt meine Frau, die nicht schlafen kann, erst um

1:00 Uhr
nachts an der Rezeption. Am Morgen um 8:30 Uhr sollen wieder Busse kommen, die uns zum Flughafen zurück bringen. Und es werde für alle Passagiere Weckrufe geben. Wir trauen dem Braten nicht und stehen um

7:00 Uhr
auf. Nach einem langen Frühstück packen wir unsere wenigen Sachen zusammen. Dabei erhalten wir um

8:15 Uhr
tatsächlich einen Anruf (mit der kaputten Telefonanlage!), dass um 8:30 Uhr ein Bus zum Flughafen bereit stehen wird. Wir sind im Vorteil, weil wir fertig sind. Andere Passagiere stehen ohne Frühstück und völlig abgehetzt pünktlich in der Lobby. Tatsächlich aber kommt (der einzige) Bus erst um 9:00 Uhr und fährt um

9:17 Uhr
ab. Zu diesem Zeitpunkt hat unter unseren Leidensgenossen bereits die Runde gemacht, dass 4 Leute fehlen. Einer war in der vergangenen Nacht zum medizinischen Notfall geworden, seine Frau blieb bei ihm. Das Schicksal der beiden anderen ließ sich nicht klären. Wir kommen um

10:00 Uhr
im Flughafengebäude an. Weder im Bus noch am Flughafen ist irgendjemand von Alitalia verfügbar, der uns sagen würde, was wir nun machen sollen. Wenige, darunter meine Frau und ich, stellen sich wieder am Alitalia- Ticketschalter an (der KLM- Schalter hat noch zu). Andere gehen aus Gründen, die sie selbst nicht wissen, direkt zum Check- In- Counter für den nächsten Amsterdamflug. Ich habe einige dieser Leute interviewt, sie folgten alle (Zitat eines Passagiers: \"wie Schafe\") einem holländischen Passagier, der mittlerweile als eine Art Anführer herauskristallisiert hatte. Ein weiterer, der schon mit einem Alitalia- Angestellten sprechen konnte, gibt uns amüsiert zur Kenntnis, dass die heute tätigen Alitalia- Mitarbeiter ganz überrascht waren, dass es Hunderte Überbleibsel vom Vortag gibt. Etwas später öffnet der KLM- Schalter wieder. Während meine Frau in der Alitalia- Schlange stehen bleibt, gehe ich dorthin und frage, ob damit zu rechnen sei, dass es im Laufe des Tages irgendwelche freien Plätze geben könnte. Das wird verneint.

Jetzt ist aber das ständige Warten meiner Frau wirklich nicht mehr zuzumuten. Ich gehe daher erneut zum Air Berlin Schalter und kann dort tatsächlich zwei Tickets zu jeweils 229€ für einen Flug nach Hamburg nachmittags um 13:45 Uhr erwerben. Nach Hannover werden wir schon irgendwie kommen. Stolz präsentiere ich meiner Frau diese Tickets. Es kommt jetzt nur noch darauf an, ein offizielles Dokument der Alitalia oder KLM zu erhalten, in dem ersichtlich ist, dass mit denen ein Flug heute nicht mehr möglich ist. Außerdem wollen wir veranlassen, dass unser Gepäck zu uns nach Hause gebracht wird. Ich stelle mich deswegen wieder am KLM- Schalter an.

Um ca.
11:00 Uhr
komme ich dann auch dran und bringe mein Anliegen vor. Ich präsentiere meine gekauften Tickets und verlange ein \"Flight Interruption Manifest\" und einen \"Property Irregularity Report\" (beide Worte kenne ich noch von anderen Problemreisen). Vielleicht ist ja jemand unter den Lesern, der mir erklären kann, ob ich damit irgendeine Zauberformel gesprochen habe. Jedenfalls zeigt sich KLM- Schaltermensch nun plötzlich unglaublich aufgeschlossen und prüft sogar Flugoptionen nach Hannover mit anderen Fluggesellschaften. Er ruft sogar bei Lufthansa an! Das war am Vortag noch nicht möglich, obwohl ich es verlangt hatte. Ich biete ihm auch noch Münster, Dortmund, Bremen und Hamburg als Ausweichflughäfen an. Aber es ist auch dort alles voll. Trotzdem: Der Mitarbeiter möchte auf gar keinen Fall, dass wir mit den gekauften Air Berlin Tickets fliegen. Letztendlich kommt ihm doch noch eine gute Idee und um etwa

11:40 Uhr
halten wir bestätigte Bordkarten von Air France nach Hannover via Paris - Charles de Gaulle mit Abflug um 15:40 Uhr in der Hand. Wow! Mit unserem Gepäck kann er uns aber nicht weiter helfen. Dazu müssen wir wieder zu Lost & Found im Ankunftsbereich. Da ich zur Schonung meiner Frau nicht erst in den Abflugbereich durch den Sicherheitscheck und von dort aus über den gestern schon zweimal illegal gegangenen Weg zurück in den Ankunftsbereich gehen möchte, versuchen wir es direkt am Ausgang aus dem Gepäckbereich. Nach einer längeren Diskussion mit einem Polizisten, der dort Wache steht, und nachdem ich meinen Ausweis gezeigt habe, darf ich (und nur ich) in den Gepäckbereich. Allerdings muss ich vorher durch eine dort stehende Sicherheitsschleuse. Ich lege mein komplettes Handgepäck auf einen Tisch, niemand sieht es sich an. Ich gehe durch die Schleuse und es piept. Der Polizist schaut mich an, deutet dann auf mein Handgepäck, bald auf mich und bald in die Richtung in die ich gehen will. Eine Kontrolle fand nicht statt. Meine Zweifel an der Sicherheit des Flughafens wachsen ins Unermessliche.

Während ich versuche, unser Gepäck nach Hause zu bekommen, muss meine Frau es sich auf dem Fußboden, vor dem Ausgang \"gemütlich\" machen. Später erzählt sie mir, eine Nonne habe sie angesprochen, ob alles in Ordnung sei. Vielleicht hätte sie einen Sammelbecher vor sich hin halten sollen...

12:10 Uhr:
Ich habe dem Lost& Found- Kollegen mein Problem erklärt, und er versucht sein Bestes. Was ein \"Property Irregularity Report\" ist (nämlich die internationale Standardbezeichnung für ein Dokument, auf dem Gepäckunregelmäßigkeiten verzeichnet werden), das weiß er nicht. Außerdem möchte er das Gepäck erstmal aus Amsterdam wieder nach Rom holen. Nach vielen gutem Zureden glaubt er mir, dass es Direktflüge vom Amsterdam nach Hannover gibt und das Gepäck auf dieser Verbindung am besten aufgehoben ist. Er sendet ein Telex nach Amsterdam. (Wahnsinn! Ein Telex habe ich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.)

12:40 Uhr:
Wir gehen gemeinsam wieder zum Air Berlin- Schalter, um dort die gekauften Tickets nach Hamburg wieder zurückzugeben. Das gestaltet sich völlig problemlos, so dass wir um 12:45 Uhr endlich Zeit haben, uns um uns selbst zu kümmern. Also telefonieren wir zunächst nach Hause, um die neueste Entwicklung durchzugeben und trinken dann einen Kaffee und essen was.

13:30 Uhr:
Jetzt ist Warten angesagt, schließlich geht unser Flug erst um 15:40 Uhr. Ich nutze die Zeit unter anderem dafür zu prüfen, ob noch gestreikt wird, ob also zu befürchten ist, dass wieder irgendein Flug gestrichen wird. Aber das ist nicht der Fall, der Streik ist anscheinend beendet. Zwischendurch treffen wir immer mal wieder andere Hotelgäste. Bei einer Vielzahl hat sich der Wartestau auch aufgelöst, sie halten Tickets nach Amsterdam in den Händen. Warum und wieso sie die nun doch bekommen haben, weiß ich nicht, wo es doch morgens noch keine Plätze gab. Ob sie alle tatsächlich nach Hause gekommen sind, weiß ich auch nicht, aber ich wünsche es ihnen vorn Herzen.

Schließlich wird mit 20- minütiger Verspätung unser Flug nach Paris geboardet. Dadurch wird die Umsteigezeit in Paris schon wieder knapp und ich versuche erstens zu klären, an welchem Terminal wir ins Paris ankommen und wo wir wieder abfliegen und (da mir das niemand sagen kann) zweitens, einen Schnelltransfer von Flugzeug zu Flugzeug zu organisieren. Schließlich haben wir nur Handgepäck. Aber dazu besteht keine Bereitschaft.

16:20 Uhr:
Wir heben ab, endlich! Über den Zustand der Kabine (es ist nun doch ein Codeshare- Flug, der von Alitalia durchgeführt wird) will ich nicht viel sagen. Die alte MD80 hat ganz bestimmt schon bessere Tage gesehen und allzu viele Flüge dürfte sie nicht mehr vor sich haben, sonst könnte es womöglich passieren, dass sie eines Tages nicht mehr in Zentraleuropa landen darf. Um

17:50 Uhr
setzen wir in Charles de Gaulles auf und rollen noch weitere 15 Minuten bis zu unserer Parkposition. Es wird echt eng! Boarding für den nächsten Flug ist schon um 18:35 Uhr

18:15 Uhr:
Wir sind aus der Maschine raus und finden uns im Terminal 2F wieder. Gut, dass ich schon mal hier war, anderenfalls wäre uns die Orientierung wirklich schwer gefallen. Wir stellen fest, dass der Weiterflug von Terminal 2D geht und obwohl das etwa 1,5 Kilometer Wegstrecke sind, bin ich etwas erleichtert, denn es hätte schlimmer kommen können. Und wir schaffen es tatsächlich trotz dicker Füße und Schwangerschaft um

18:35 Uhr
am Gate zu sein und steigen in den Bus. Der Flug nach Hannover verläuft ereignislos, es ist bloß etwas unruhig in der Embraer 145. Und um

20:45 Uhr
landen wir in Hannover. Wir versuchen jetzt erstmal unser Glück beim Lost & Found, vielleicht ist unser Gepäck ja mit der ebenfalls auf dem Flughafen stehenden KLM- Maschine aus Amsterdam gekommen. Aber leider ist das nicht der Fall. Und nochmals leider hat auch der Air France/ KLM- Ticketschalter um diese Zeit schon zu, so dass ich nicht an Ort und Stelle das Geld für die Verspätung kassieren kann. Das muss ich jetzt schriftlich machen.

Dummerweise ist es in Hannover bei unserer Ankunft 9 Grad kalt und deswegen friere ich mir in meinem dünnen T- Shirt noch einen Ast, bis der Wagen warm ist. Und wir geraten auf der Rückfahrt nach Hause auch noch in einen der beiden Staus des Abends im Sendegebiet des NDR. Aber letztendlich sind wir inklusive Tochter, die wir von den Nachbarn abholen um

23:00 Uhr
endlich zu Hause.

Ich bin heute noch müde und werde das wohl auch noch eine Weile bleiben. In Zukunft werde ich darauf achten, dass nie wieder Alitalia als Codeshare- Partner dabei ist, wenn ich einen KLM- Prämienflug buche. Und abgesehen davon, dass ich Geld sehen möchte (das Schreiben ist raus), werde ich mich bei KLM Flying Dutchman gehörig beschweren!

Ich spreche all denen meinen größten Respekt aus, die bis hierher gelesen haben.