Kurzgeschichten Testbericht

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Erfahrungsbericht von ET2000

Kleine erotische Geschichte - Vorsicht, eigene Kreation

Pro:

..

Kontra:

..

Empfehlung:

Nein

Ich dachte mir, dass bei den vielen Geschichten vielleicht einmal etwas Eigenes nicht schaden kann und habe mir eine kleine erotische Geschichte ausgedacht. Wenn sie Euch gefällt freut es mich, wenn sie Euch unterhällt, freut es mich noch mehr. Wenn sie Euch nicht gefällt, dann verzeiht mir.


Heute ist so ein Tag, ein Tag, an dem alles schief läuft, an dem hinten und vorne nichts passt.
Wie schön, dass Du nun bald wieder bei mir bist, denke ich noch so, als plötzlich die Tür aufgeht. Im Gedanken versunken habe ich mich erschrocken, als ich das Klacken des Schlosses hörte.
Eine Woche warst Du nun weg. Eine Woche voller
Sehnsucht, eine Woche voller Einsamkeit.
Einen Augenblick später sah ich Dich in der Tür
stehen.
Ein breites Lächeln im Gesicht und das Funkeln Deiner Augen, die vor Aufregung wild hin und her schauten.
Ich war sprachlos, sprachlos über das was ich da vor mir sah. Du schienst in der Woche noch schöner geworden zu
sein. Du sagtest kurz: hallo ! Ich war kaum in der Lage etwas zu sagen und schluckte, als ich schliesslich doch ein Hallo über die Lippen brachte.
Wir gingen aufeinander zu und unsere Augen versanken
ineinander. Die Umgebung verschwamm und ich hatte nur noch Dich und nur noch Deine Augen im Visier.
Schliesslich war ich so nah, dass ich Deinen Atem
spüren konnte. Mein Herz fing fester an zu schlagen. Noch einen Moment, einen winzigen Moment, in dieser Situation
eine Ewigkeit wie mir schien und unsere Lippen berührten sich.
Ganz zärtlich, ganz leicht. Deine Lippen waren kalt
vom Wind der draussen herrschte. Aber sie fühlten sich toll an.
Sie waren weich und zart. Ich drückte meine Lippen fester an
Deine und unsere Münder verschlangen ineinander.....

Der Weg die Treppe hinauf kommt mir ewig lang vor. Schon merkwürdig, da ich mich sonst doch immer über die allzu schmale Treppe beschwerte.

Während Du mich die Treppe hinauszogst kam ich mir vor wie ein willenloses Objekt. Ich lies mich von Dir führen ohne auch nur den geringsten Widerstand leisten zu können. Dabei
wollte ich Dir soviel erzählen, von der vergangenen Woche.
Stattdessen gingen meine Beine wie automatisiert diese Stufen empor. Mein Blick klebte an Deinem wunderschönen Körper. Wie lange hab ich ihn vermisst ! War es wirklich nur eine Woche. Eine Woche kann eine Ewigkeit sein.

Irgendwo hörte ich ein Hämmern und sägen von der gegenüberliegenden Baustelle. Die Meiers aus dem
angrenzendem Nachbarhaus stritten sich mal wieder in einer Lautstärke, die die Wänder erzittern lässt. Eigentlich ärgerte ich mich über diese Dinge, doch jetzt schien all das egal. Geräusche, die wie aus der Ferne kommen, gut gedämpft
durch eine watteweiche Wand. Ein unsichtbarer Vorhang.

Die Tür zum Schlafzimmer stand auf. Du zogst mich hinein.
Dann plötzlich drehst Du Dich um, schaust mir ganz tief in die Augen, während Du immernoch meine Hand festhällst. Ich war beinahe schrocken, so überrannte mich Dein Blick. Das Funkeln in den Augen. Es war noch viel stärker als vorhin im Eingang. Es war fordernd, bestimmend und ich wusste sofort, dass Du jetzt nur ein Ziel hattest.
Nichts sollte Dich von diesem Ziel abbringen.

Du musst meine Bewegungslosigkeit bemerkt haben, denn ruckartig zogst Du meinen Arm und mich somit an Dich.
Unsere Körper berührten sich und schienen zu vibrieren. Zwei
Magnete die sich anziehen. Alleine durch milimeterdicken
Stoff getrennt.

Dein Blick fixiert nun meine Augen, Deine Stirn berührt
meine Stirn. Ich kann Deinen heissen Atem spüren, Deinen
Herzschlag fühlen. Du streichelst meinen HInterkopf und
unsere Lippen berühren sich fast wieder. In diesem Moment
würde ich alles für Dich tun, Du könntest mich benutzen,
oder sagen ich solle aus dem Fenster springen. Gleichzeitig
stieg in mir das Verlangen auf, Dich zu benutzen, die zu
zeigen, dass ich der Mann bin, derjenige, der doch
eigentlich sagen müsste wo es langgeht. Sinnloses Machogeabe
dachte ich mir und wollte damit nur meine Unterlegenheit
erklären.

Was geschiet ? Ich verspürte einen festen Druck in meiner
Brust. Noch ehe ich begriff was geschehen war, verlor ich
das Gleichgewicht. Ich fiel rücklings aufs Bett. Du hattest
mich gestossen. Einfach so, ohne Vorwarnung. In Deinem
Gesicht machte sich ein Lächeln breit. Nur für einen Moment,
ganz kurz. Dann war es wieder verschwunden. Doch es schien
mir zu sagen: So mein Kleiner. Wie war das doch mit dem
schwachen Geschlecht ? Schau Dich doch an, wie Du da liegst,
hilflos, willenlos.

Erst jetzt war ich in der Lage Dich komplett anzuschauen.
Ist das möglich ? Bist Du noch schöner geworden ? Geht das überhaupt. Du hattest diese hauchdünne, beige Bluse an.
Darunter konnte ich ganz schwach einen BH ausmachen. Ich überlegte mir, welche Unterwäsche Du wohl tragen würdest,
konnte aber das schwache Bild nicht zuordnen. Deine dunkle Hose betont Deine Figur ohne zu provokativ zu wirken. Der untere Knopf Deiner Bluse war aufgeknüpft. Dein Bauch war frei. Für einen Moment verlor ich den Blick Deiner Augen und mein Blick haftete auf Deinem Bauch, Deinem Bauchnabel.
Deine ebene Haut, so sanft, man konnte es sehen, ohne sie zu berühren. Berühren, ja, ich will sie berühren, will sie spüren. Das Blut schoss mir in die Finger. Ich merkte, wie mein ganzer Körper pulsierte.

Du wusstest schon immer wie Du mich anmachen kannst. Weist Du noch, wo wir uns das erstemal sahen ?! Der Nachmittag hat mich meine Seele und meine Versicherung 720 DM gekostet, weil ich schnurstracks in die Glasvitrine lief da mein Blick ausschliesslich Dir galt und sämtliche angeborene Orientierungshilfen versagten. Ich wollte Dich damals einfach kennenlernen. Egal wie. Nur die anstampfende Derkorateurin, die mir scheinbar nach dem Leben trachtete schien mich noch daran hindern zu können. Gut, sie hatte die Vitrine gerade neu dekoriert, aber würde sie deshalb einen Mord begehen. Ihr Gesichtsausdruck und der rote Kopf liessen nichts gutes verheissen. Wenn man Frauenbewegung mit dem Anrücken der Armee in Stalingrad vergleichen will, dann trifft das durchaus den Kern dessen, was ich in dieser Frau sah.
Gott sei Dank schrittest Du beschwichtigend ein. Das war sehr ritterlich und der Moment, in dem ich mich in Dich verliebte.

Gott sei Dank fiel ich jetzt nur auf unser Bett. Erst jetzt merkte ich, dass Du einen Schritt näher auf mich zugekommen bist. Recht dümmlich musste ich in diesem Moment reinschauen, wie ich so hilflos auf dem Bett lag.

Du öffneste den dritten Knopf Deiner Bluse. Wie jede Bewegung von Dir wurde selbst das Öffnen eines Knopfes zum Ritual. Selbst ein Knopf, ein einfacher unscheinbarer Knopf
wurde in Deinen Händen ein erotischer Gegenstand..


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-11-13 11:16:53 mit dem Titel Momente

So, jetzt der richtige Text *puuhhh*


Momente

19.50 Uhr ganz München scheint auf den Beinen. Hektik. Keiner beachtet den anderen. Geschupse. Rempler. Sorry ! Kaum ausgesprochen wieder verschwunden. Hab ich alles eingekauft, hab ich nicht wieder etwas vergessen ? Der Kollege heute hat mich wirklich aus dem Konzept gebracht. Mit seiner ewigen Klugscheisserei. Mist, falsche U-Bahn Seite. Nur noch 5 Minuten, dann geht die Bahn. Rolltreppe überfüllt. Links gehen rechts stehen. Toll ! Statt kluge Sprüche zu reissen sollte die MVV mal lieber ein paar S-Bahnen mehr einsetzen. Noch 2 Minuten. Wieder oben an der Treppe angekommen. Ich schaue mich hektisch um. Wo ist das verdammte Schild ? Da ! Klar ich Depp, rechts, logisch. Also hingespurtet. Noch 10 Meter. Tiefer Schmerz durchströhmt mein Bein. Shit ! Pfosten nicht gesehen. Der Mann stand doch gerade noch davor. Egal. Humpelnd weiter. Treppen runter. 30 Stufen. Eine Ewigkeit.
Ich schieb mich durch eine riesige Menschenmenge. Nur Köpfe. Igitt, was für ein ekliges Parfüm. Nur einen Moment. Die Reihen lichten sich. Mein Blick fällt auf ein leeres Gleis schienen. Im Hintergrund höre ich die U-Bahn bereits fahren. Zu spät.
Ich mache die Augen zu. Nur einen Moment. Ein, zwei Sekunden vielleicht. Dann stehst Du vor mir, genau in meinem Blickfeld. Dir scheint es ebenso ergangen zu sein. Unsere Blicke treffen sich. Sorry, wollte Dich nicht anstarren, schiesst es mir in den Kopf. Mein Mund bleibt geschlossen. Du lächelst. Die Stimmen, der Parfümgeruch, das Hundegebell, die einfahrende U-Bahn am Gleis gegenüber, alles verschwindet. Für einen Moment. Ich lächel zurück. Automatisch. Hab mein Gesicht nicht unter Kontrolle.
Dann werde ich unsanft angerempelt. Eine grosse Traube Menschen drängelt sich zwischen uns. Ich kann Dich nicht sehen ! Wo bist Du ? Wer bist Du ? Bitte lächel noch einmal so !
Die Menge zieht vorbei, ich stehe auf dem Gleis. Einsam. Aus der Traum.
Aber mit Dir ist meine Hektik gegangen. Ich denk an Dich und geniesse den Rest des Tages.
Werde ich Dich jemals wiedersehen ? Niemals werde ich Deine Augen vergessen. das Funkeln.

----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-11-16 18:20:07 mit dem Titel Ein Wunder

Ähm, sollte erwähnen, dass die Story fiktiv ist

„Es ist Samstag der 14.12. wir haben 6 Uhr….Guten Morgen meine….“ Guten Morgen, guten Morgen, wenn ich den krampf schon höre. Ich Idiot stell mir am Samstag den Wecker. Weihnachtsgeschenke einkaufen. Weihnachtsgeschenke ? Für wen eigentlich ? Meine Eltern sind vor Jahren bei einem Verkehrsunfall verunglückt, meine Freundin ist vor 2 Jahren mit einem Typen abgehauen. Einfach so. Von heute auf Morgen. Er hat Kohle, er verdient regelmässig gutes Geld, er ist nett, er … . Bla, bla, bla. Männer sind Schweine musste ich früher immer hören. Alle Männer gehen fremd. Das waren die Standartsprüche. Pah, erwischt hab ich die Beiden. Zusammen in seinem Auto, seinem Mercedes. Überhaupt, so ein Rentnersarg. Wahrscheinlich ist seiner so klein dass er so eine Schwanzverlängerung braucht. Vielleicht aber, ja, er ist ja schon 40. Ich denke der Rücken plagt. Ach was solls, sollen die Beiden doch glücklich werden.

Ich kann mich auch so amüsieren, habe mich die ganze Zeit amüsiert. Ok, die ersten Monate hab ich mehr rumgehangen. Saufen wollt ich nicht. Ich trinke nicht. Frust runterspülen haben mir Freunde geraten. Schöne Freunde. Sitzen zuhause, 600km entfernt und arbeiten, anstatt sich um mich zu kümmern.

Geschwister hab ich nicht. Meine Eltern haben sich immer eine Schwesterchen für mich gewünscht. Es hat nicht sollen sein.

Sorry, hab mich noch garnicht vorgestellt, ich heisse Frank, bin 30 Jahre und muss noch mindestens 35 Jahre arbeiten.

So wie oben geschildert fing der 14.12. an. Ein Tag wie fast jeder andere. Von Weihnachtsstimmung keine Spur. Es sollte der letzte Tag dieser Art sein.

Meine Hand schlug auf den Wecker, ich stellte mir vor, es sei der Kopf des krankhaft gutgelaunten Moderators. Entweder die zeichnen die Sendung auf, oder der Typ ist noch auf Droge von der letzten Partynacht.

Der Wecker gibt nicht auf, weckt mich alle 5 Minuten. Ich nicke jedes Mal ein. Irgendwann wird ich so wütend, dass ich das unschuldige Gerät packe und gegen die Wand schleuder. Mein Pech, der Bilderrahmen stand im Weg. Der Wecker blieb heile. Warum klappt das in Filmen immer so toll ? Warum geht dort der Wecker kaputt, nur der Wecker.

Die Wut treibt meinen Adrenalinspiegel in die Höhe, ich bin wach. Ok sag ich mir, bringen wir den Tag hinter uns. Schicken wir Tantchen, Onkelchen und Freunden ein nettes Präsent. Schicken wir ihnen, schicken wir ihnen, ja was eigentlich. Egal wird sich schon was finden.

Das Bild bleibt jetzt erst mal liegen. Egal, ist eh kaputt. Ich schwing mich aus dem Bett „Aua !! Scheisse ! So ne verdammte…“ Der Teppich färbt sich an der Stelle meines Fusses rot. Mein Fuss brennt, wird warm, ein stechender Schmerz. Ich falle sofort wieder aufs Bett, schaue mir meine Fusssohle an. Eine Scherbe hat sich in meinen Fuss gebohrt. Das Bild mit dem zersplitterten Glas scheint mich anzulächeln. Schadenfreude.

Ich ziehe den Splitter vorsichtig aus dem Fuss, halte die Luft an. Idiotischer Weise kneife ich die Augen zusammen um nicht hinzuschauen, blinzle aber doch. Und dann, dann ist er draussen. Vorsichtig aufgestanden, Fuss hochgehalten und ab ins Bad gehüpft. Es tropft, auf den Teppich, auf den Parkett im Flur.

Wo sind doch gleich die Pflaster. Ich hab doch….nee, sie stehen auf dem Einkaufszettel. Auf dem von vorletzter Woche. Ich hab mir alles fein säuberlich aufgeschrieben. Allerdings jedes Mal den Zettel vergessen. Genauso wie ich mir jedes Mal Tüten kaufen muss. Zuhause häufen sich die Plastiktüten von Aldi, Lidl, Plus und anderen Unternehmen.

Von Müdigkeit ist nun keine Spur. Improvisieren ist angesagt. Ich nehme Klopapier und wickle es um den blutenden Fuss, dann wird die Sache mit Tesa befästigt. Sieht doch garnicht so übel aus. Nun soll die Stelle erst mal aufhören zu bluten.

Jetzt einen Kaffee ! Aber wie ich mich kenne fehlt wieder was. Filter ? Sind da. Kaffee, jau, auch. Wasser ? Gibt’s aus der Leitung. Gibt’s aus der Leitung? Wieviel Uhr ist es gleich. Mitlerweile 6.30 Uhr. Die Handwerker wollten doch irgendwas reparieren. War das nicht um…, ja um 6.30 Uhr. Ich stürze zur Spüle. Wasserhahn auf. „Blubb“ „Blubb“ Mir schwant fürchterliches. Schlimmer wäre jetzt nur noch, wenn Verona aus demselbigen Wasserhahn entspringt und immer „Blubb, Blubb“ ruft.

Fassen wir also zusammen. Eine kleine Lagebesprechung, eine 1 Mann Besprechung: Kein Kaffee, Fuss blutet, kein Wasser also auch nix duschen.

Jetzt ist mir alles wurscht, ich pack mir die erstbesten Klamotten, ziehe mich in Rekordzeit an, schnappe meine Geldbörse – 200 Euro sollten reichen – wetze zur Haustür und wech.
Die ersten Stufen nehme ich quasi im Flug. Nur weg, weg von zuhause.
Der letzte Sprung, die letzten 3 Stufen haben es offenbart. Mein Hose rutscht ein wenig höher. Aha, eine beige und eine schwarze Socke. Na toll. Zumindest die Schuhe sind gleich.

Wenn schon nicht geduscht, dann wenigstens ordentlich angezogen. Also wieder zurück in den 2. Stock. Wo ist eigentlich mein Haustürschlüssel ? In der Hosentasche ist er nicht. Linke Jackentasche leer, rechte Jackentasche leer. Klar der ist ja auch am Schlüsselbord. Kluger Gedanke Frank. Nur ist das Schlüsselbord dummerweise auf der anderen Seite der Tür.

Jetzt einen Schlüsseldienst holen und der Tag ist vorbei. Also weitermachen, als wäre nichts. 500 Meter entfernt gibt es seit einiger Zeit einen McDonalds. Nichts wie hin.

Wenigstens auf McDonalds ist verlass. Wie immer verbrenn ich mich am Kaffee. Der Egg McMuffin ist wieder kalt und der Rest scheint noch gefroren. Meine Bestellung, wie gewohnt: „Ich hätte gerne einen EggMcMuffin…pause…einen Mc Croissant…pause….einen Kaffee. Alles zum hier essen.“ „Einen McMuffin. Mit welchem Getränk ?“ piepst es mir entgegen. „Mit Kaffee“ – „Und das… ?“ -“Das bitte ohne Getränk.“ Unterbreche ich – „Also einen McMuffin mit Kaffee und…“ – „ja genau“ kürze ich das Ritual ab. „Zum hier essen oder zum mitnehmen?“ Mist, ich habs vergessen, ich habs wieder vergessen. Die Frage gehört zum Mc Donalds Ritual.

Schliesslich hab ich’s doch geschafft und atme etwas durch.

Um 7 Uhr bin ich dann fertig und überlege mir, dass ich mit der nächsten U-Bahn wohl um 7.30 Uhr in der Stadt bin. Um 7.30 Uhr, an einem Samstag. Zum einkaufen. Und die Geschäfte machen um 9.30 Uhr auf. Frank Du bist sooo doof.

Es reicht ! Ich springe auf, schmeisse meinen Rest Kaffee um, lasse das Tablett links liegen und renne auf die Strasse. Es muss einfach raus, es drückt, es tut so weh: „Aaahhrrrrgggg !!!“
3x 4x, ja, dass tut gut. Die ganze Wut will raus. Es reicht nicht, ich schreie weiter. Der Schmerz nimmt nicht ab, wird nicht besser. Der Frust, die Einsamkeit, alles kommt hoch, will raus. Bilder schwirren mir im Kopf herum, ich schreie. „Jetzt ist aber mal Ruhe da ! Bei dem Lärm kriegt man ja kein Auge zu.“ Meine Schreie verstummen, ich werfe der Frau im 3 Stock einen abfälligen Blick zu: „So, jetzt pass mal auf Mutti: Erstens schlafen Leute in Deinem Alter um die Zeit eh nicht mehr, sondern verstopfen U-Bahnen, kaufen Blumen für den Friedhof oder liegen selbst da. Und des weiteren seien sie doch froh, dass in diesem verpissten Kaff endlich mal was los ist.“ Ja, dass tat gut. Wenigstens ein bischen.

Die Zeit bis zur Geschäftseröffnung verbrachte ich mit verschärftem S-Bahn fahren. Ich genoss die verschiedenen Häuser, die Wälder, den See….Die Wälder, den See ? Wieso gibt es zwischen Ostbahnhof und Feldmoching, mitten in der Stadt, Seen und Wälder. Die nächste Haltestelle war dann Starnberg, Endstation.

40 Minuten dauerte mein Aufenthalt in Starnberg. Eine Zeit in der ich all die Körperteile kennenlernte, die andere durch Sport kennen. Nur das sie mir halt weh taten, weil’s halt furchtbar kalt war.

Wie gesagt, ich war pünktlich in München. 9.46 Uhr um genau zu sein.

Die Menschenmassen schubsten und drängten bereits. Aggressivität lag in der Luft. Jeder schien es besonders eilig zu haben. Blos keinen Milimeter Platz machen. Augen zu und durch. Hier mal jemanden in die Hacken laufen, da mal jemandem mit dem Ellenbogen einen Schubser geben.

In der Innenstadt wurde es minütlich voller. Die Weihnachststände, der Weihnachtsmarkt. Eine Kommerzbudensammlung. Mehr nicht. Viktualienmarkt, der berühmte Viktualienmarkt. Dort wo alles zu haben ist. Vorausgesetzt man hat das notwendige Kleingeld. Das hat man aber als Normalsterblicher nicht.

Was kauf ich nur ? Und wo ?

Kaufhof. Genau, im Kaufhof gibt es alles. Der riesig, der ist warm, der ist am Hauptbahnhof. Also quasi nicht da wo ich bin. Ab ins Untergeschoss ? Ist eigentlich ganz München unterkellert ? Ich erwische ein U-Bahn zum Hauptbahnhof und bin 5 Minuten später da. Keiner scheint meine verschiedene Socken zu bemerken. Tausende Leute, keiner merkts. Dummer Gedanke, aber mich besteigt ein leichtes Gefühl der Überlegenheit.
„Mama, schau mal, der hat ja zwei verschiedene Socken an ! Wie der im Film gestern. Der Behinderte.“ Mindestens 3 Leute lachen, ich habe das Gefühl hunderte lachen innerlich, grinsen und eine Mutter zerrt ihr Kind flüchtend über den Bahnhof.

Ich bin frustriert. Meine Beine sind schwer, ich gebe auf, hab keine Lust mehr. Alles egal. Ich schlender durch die Bahnhofshalle, abermals, in Richtung Kaufhalle. Ich schubse einige Leute an, achte nicht auf sie. Sie achten ja auch nicht auf mich.

Direkt vor mir steht jemand. Mein Kopf ist gesenkt, ich sehe eine Jeans, eine dunkle Jeans. Ein paar Hände in roten Handschuhen. Ich vermute das es Hände sind, denn es sind ja Arme dran. Warum steht diese Person vor mir ? Warum direkt auf meinem Weg. Ich will nicht ausweichen. Warum kann dieser Mensch nicht beiseite gehen oder zumindest geradeaus gehen, so dass ich diese Person anschubsen, beiseite räumen kann? Wie die anderen auch.

Ich bleibe auch stehen. Auf sicherer Distanz. So 3-4 Meter. Mindestens. Wer ist das ? Mein Blick wandert langsam höher. Eine Jacke, eine dicke flauschige Jacke. Die Hände baumeln herunter, mal zur Faust geballt, dann wieder ausgestreckt. Die Person scheint zu zittern. Friert sie ? Meine Augen gleiten nach oben. Ich erkenne die Enden eines Schals. Eines roten Schals, dann auf Schulterhöhe die ersten Haare. Sie sind glatt ich schaue höher. Zentimeter für Zentimeter. Ein Kinn, ein schönes Kinn. Das Kinn fliesst in glatte Wangen und wunderschöne Lippen. Die schönsten Lippen, die ich je gesehen habe. Nicht zu gross, nicht krumm oder so, einfach schön. Ich bin nur noch konzentriert auf die Person vor mir. Denke nicht mehr an all die Leute, den Lärm, meine Aggressionen. Die Nase, wie schaut die Nase aus. Sie ist rot. Gefärbt durch die Kälte. Sieht süss aus denke ich mir und blicke in die Augen. Ich erstarre. Wie eine Säule erstarre ich auf Kommando.

Ein funkelndes Paar dunkler Augen schaut mich an. Eine Gefühlscocktail durchfährt mich. Sie hat mich bereits wahrgenommen, aber das war mir egal. In den wunderschönen Augen war etwas. Sie schienen mit mir zu sprechen. Blödsinn ! Ich schob den Gedanken beiseite um ihn im selben Moment wieder zu erleben. Was ist es nur ? Die Augen sehen mich an. Ganz klar. Mehr als das. Sie haben einen Wunsch. Sie sind traurig. Sie wollen, dass ich ein Gespräch anfange. Kann das sein ? Die Lippen sind doch ruhig. Ich komm nicht mehr los. „Entschuldigung, kann ich Ihnen behilflich sein ? Suchen Sie etwas ?“ Da war es passiert. Ich habe ein Gespräch angefangen. Ich war doch noch garnicht so weit. Aber die Worte sind einfach herausgepurzelt. Einfach so ! Ohne mich zu fragen“

„Nein, danke. Ich warte nur.“ Die Lippen hatten sich bewegt, mit mir gesprochen. Mit mir ! Sie haben tatsächlich mit mir gesprochen. Es folgte ein gequältes Lächeln, welches süsseste Fältchen in ihr Gesicht warf. Die Augen jedoch schienen eine andere Sprache zu sprechen: Los, sprich weiter. Ich will keinen Weg wissen. Ich will ein Gespräch. Mit Dir, jetzt.

„Oh, vielleicht kann ich Dir beim warten behilflich sein. Aber heute geht wohl sogar das schief.“ Jetzt war das Lächeln ehrlich und übertrug sich auf die Augen. „ Es wäre einen Versuch wert.“ sprachen die Lippen.

Wir warteten nicht lange, verloren uns in ein Gespräch. Sie hiess Susanne und wartete auf jemanden, den sie übers Internet kennengelernt hatte. Sie war gerade vor 6 Monaten nach München gezogen. Der Arbeit wegen. Die ersten Monate hat sie nur geschuftet und keine Zeit gehabt jemanden kennenzulernen. Das sollte ihr erstes Date werden. Übers Netz. Die einzige Chance die sie, die den ganzen Tag bis spät in die Nacht im Büro sitzte, hatte. Es wurde ihr erstes Date ! Nur nicht mit einer Internetbekanntschaft.

Wir schlenderten durch München, über den Weihnachtsmarkt. Der Duft von Glühwein und Mandeln durchzog die Luft. Im Hintergrund ertönte die Musik eines Chores der live sang. Wir genossen es uns mit der Menge treiben zu lassen, liessen 2 Glühweingläser in unseren Hosentaschen verschwinden und stubsten uns Zuckerwatte auf die Nase. Wir lachten und ihr Lachen verzauberte mich. Ich hatte nur noch Augen für sie. Geschenke kauften wir gemeinsam. Uns vielen die irrwitzigsten Dinge ein. Wir kombinierten die unmöglichsten Dinge, streckten grantigen Käufern die Zunge raus und versuchten 1 Paar Socken minutenlang an der Kasse herunterzuhandeln. Die ca. 20 Kunden hinter uns und die Kassiererin waren kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

Es sollte das schönste Weihnachten werden !

Euch liebe Leser wünsche ich eine schöne Vorweihnachtszeit

----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-11-21 17:37:14 mit dem Titel Die Grotte

„Schatz, ich geh noch ne Runde joggen.“ ich war mir nicht sicher, dass meine Frau, die in der Küche eifrig Plätzchen backte, mich hörte. „Aber Du gehst doch sonst nie joggen.“ Ich schreckte zusammen. Gebückt, weil ich gerade die Schuhe anzog hatte ich nicht damit gerechnet, dass sie direkt hinter mir stand. „Ja, ähm, aber ich hab doch gesagt, dass ich endlich anfangen will.“ Mir war klar, dass ich sie mit dieser Frage nicht zufrieden stellen könnte. Aber mir viel auf die Schnelle wirklich kein anderer halbwegs sinnvoller Satz ein. „Seit einem halben Jahr hast Du die Joggingschuhe. Und Du hast sie nie genutzt..“ – „Siehste, deshalb geh ich ja jetzt.“ Ich wusste was kam. Wenn ich nicht aufpasste, dann hatten wir jetzt eine längere Diskussion und ich keine Lust mehr zu joggen. „Du gehst bestimmt zu ner Freundin.“ Paff, da war er wieder der Satz. Angewandt bei allem was ich zum erstenmal tat. „Schatzi, natürlich geh ich zu ner Freundin. Ich treff mich immer im Jogginganzug mit ihr. Und dann schieben wir ne schnelle Nummer und in 40 Minuten bin ich dann schweissgebadet und mit dreckigen Schuhen zurück. Wir treibens nämlich im Wald. Und heute fessel ich sie am Baum…“ Sie hatte es nun geschluckt. „Bla, bla, wann kommst Du denn wieder ?“ kam ihre etwas hilflos wirkende Frage. Ihr war ihre Frage bzgl. der Freundin nun selber etwas peinlich. „Naja, ich denke ich bin in 40 Minuten wieder zurück“ gab ich, nun wieder überlegen, zurück und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Eigentlich wollte ich heute erstmals nach langer Zeit wieder joggen. Endlich etwas gegen den nun doch wachsenden Bauch unternehmen. Irgendwie, seit ich die 30 überschritt geht das nicht mehr so wie früher. Essen so viel man will und trotzdem nichts ansetzen. Aber ich wollte mich nicht kampflos ergeben. Ok, wenn ich mal irgendwann graue Haare habe, in Ordnung wenn sie dann auch mal ausfallen. Aber nen Bauch. Nee, da kann man was machen.
Gut, den Gedanken hatte ich schon länger und wenn man die 30 überschritten hat dauert es dann doch anscheinend noch ein paar Monate bis der Gedanke zu einer Idee reift und schliesslich nach weiteren Monaten umgesetzt wird. Aber heute, heute sollte so ein Tag sein.

1 Jahr wohnen wir nun bereits im Münchener Osten. München-Trudering liegt direkt an der Grossstadt und hat trotzdem Kleinstadtflair. Keine hohen Häuser, trotzdem alle notwendigen Geschäfte und ein paar Meter und ein kleines Wäldchen lädt zum spazieren und entspannen vom Alltag ein.

Ich ging die Treppe hinab und überlegte mir, wo ich am besten loslege. Durch die Siedlung wollte ich noch spazieren. Schliesslich will ich nicht das mich gleich alle sehen. Das wäre ja peinlich bei dem Tempo das ich vorlege. Anders herum, was soll diese falsche Eitelkeit ? Warum mache ich mir Gedanken über die anderen Leute, die mit ihrem breiten Hintern zuhause sitzen und sich nicht bewegen. Männer die ihre Bierbäuche vom rechten Ende zum linken Ende der Couch schieben, Frauen deren höchste sportliche Leistung der Eisprung ist.

Draussen wehte ein leichter Wind und es war für November eigentlich recht mild. Die Sonne war bereits verschwunden, die Dunkelheit wurde nur durch die Strassenlaternen gebrochen. Aber es war mild und es regenete nicht. Regen war nämlich genau das was ich an meinem ersten Joggingtag nicht haben wollte.

Mit einem leichten Trab begann ich, zog links in die Seitenstrasse ein, vorbei an den neuen Reihenhäuser, vorbei an den parkenden Autos. Mir schwirrten jetzt alle Gedanken des Tages auf einmal im Kopf herum. Die Arbeit, hatte ich alles erledigt, meine letzten Zahnartzbesuche, wer bald Geburtstag hat usw.. . Fast wie früher. Nach 500 Metern wechselte ich in straffes gehen und erreichte auch schon den Waldrand.
Im dunkeln wirkt das alles etwas unheimlich. Das erste Stückchen ist dicht bewachsen, es gibt nur einen sehr schmalen, meist matschigen Weg in den Wald.

Mein Sinne spannten sich langsam. Ich hörte meinen eigenen Atem. Irgendwo rief ein Kind, irgendwo bellte ein Hund. Dann beschleunigte ich meinen Gang wieder, fiel zurück ins traben. Ich durchquerte den engen Eingang zum Wald und schob die mir ins Gesicht hängenden Äste zur Seite. Nach ein paar Metern dann wurde der Weg etwas breiter und fester. Ein angenehmer Waldboden, ideal zum joggen. Meine Konzentration gallt alleine der richtigen Atemtechnik. Nur keine Seitenstiche. Um mich herum schien Totenstille.

Kein Vogel, kein rascheln. Sollten nicht Tiere im Wald sein ? Müsste man nicht irgend etwas hören ? Instinktiv beschleunigte ich meinen Trab etwas. Die Bäume schimmerten dunkelgrau bis grün. Sie standen nicht gerade, schienen auf mich herabzusehen. Ich grenzte mein Wahrnehmungsfeld weiter ein, wollte mich nur noch auf mich konzentrieren. Ist da was hinter mir ? Da ist doch was ? Nur nicht umdrehen. Mein Herz begann nun schneller zu schlagen, das lag nicht an der mangelnden Kondition. Bild Dir jetzt blos nichts ein Frank, bild Dir nichts ein. Ich bog einmal rechts und 400 Meter später wieder links ab. Auf der rechten Seite befanden sich nun flache recht junge Birken, es wurde etwas heller. Nur links waren die Bäume weiter hoch und bedrohlich.

Bald würde ich an der Grotte ankommen. Eine kleine Gedenkstätte mitten im Wald. Ein Ort an dem man tagsüber viele Menschen, meist ältere trifft. Sie kommen zum Beten oder verweilen einfach so auf den vor der Grotte stehenden Bänken.

Noch ca. 300 Meter. Irgendwie bin ich das Gefühl verfolgt zu werden nicht losgeworden. Im Gegenteil. Ich hatte jetzt das Gefühl ich werde nicht nur verfolgt, sondern regelrecht beobachtet. Ich suchte nach Augen. Irgenwo würden bestimmt bald Augen im Wald blitzen. Augen die mich beobachteten. Es war nichts zu sehen. Aber das Gefühl wurde stärker, intensiver. Man schien mich von allen Seiten zu beobachten. Ganz nah. Aber da war nichts. Ich konzentrierte mich jetzt hundert Prozent auf meine Umgebung. Das Laufen nahm ich garnicht mehr wahr. Ich lief von alleine. Hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Was war da im Wald ? Wer war da ? Wieviele waren da ?

Noch 100 Meter zur Grotte. Ein warmer Luftzug am linken Ohr. Hat mir einer ins Ohr gehaucht. Ich drehte mich panikartig um. Da war niemand. Jetzt am rechten Ohr, wieder ein Luftzug. Die Augen, die Bäume, ich weis es nicht, alles schien mich anzustarren. Mein Knie wurden weich und ich ertappte mich beim zittern. Mein Lauf wurde nun noch schneller. Die Krippe.

Ich stoppte ruckartig, viel fast hin. Wo ist der Weg ? Wo ist der verdammte Weg ? Ich begann an meinem Verstand zu zweifeln. Rechts neben der Grotte ist ein Weg. Zumindest war er immer da. Jetzt war der weg zu. Bewachsen, total zu, kein Weg, als wenn dort nie einer gewesen ist. Ich drehte mich um. Mein Atem wurde schneller, mein Puls raste. Die Luftzüge kamen nun stetig. Wo bin ich hergekommen ? Wo verdammt nochmal bin ich hergekommen ? Ringsum war nun kein Weg zu sehen. Ich bekam Panik, mir wurde leicht schwindelig.

Stimmen drangen an mein Ohr, begleitet durch die warmen Luftzüge. Als wenn mir tausende Wesen etwas ins Ohr flüstern wollten. Ich verstand nichts, es klang nach irgendwelchen undefinierbaren Lauten. Sie schienen sich einen Spass daraus zu machen, mir Angst einzujagen. Sie hatten Erfolg.

Ich drehte mich im Kreis, wusste nicht wohin. Dann blieb mein Blick auf der Grotte hängen. Eine weisse, aus Stein gemauerte Grotte. Überzogen von einem groben Putz. In der Mitte der Grotte die Mutter Gottes umgeben von Blumen.

Die Mutter Gottes war nicht da. Auch die Blumen waren irgendwie anders. Schlingpflanzen. Schlingpflanzen die sich bewegen. Statt der Mutter Gottes sahen mich zwei tiefrote Augen an. Sie starrten mich an. Ich hatte so etwas noch nie gesehen. Die Augen schienen wie flüssige Lava. Das rot schien ständig zu fliessen. Ich hatte noch grössere Angst, konnte aber meinen Blick nicht von diesen Augen lassen. Die Stimmen waren jetzt klar und Laut. Sie sprachen eine Sprache die mir völlig unbekannt war. Sie schienen mir direkt aus den Ohren zu springen. Irgend etwas zog mich an, irgendetwas zog mich zu den Augen hin.

Meine Beine begannen sich wie von alleine zu bewegen. Keine Schritte, ich wollte nicht laufen, aber ich musste, konnte mich nicht wehren. Ich kam näher, die Augen wurden immer grösser. Jetzt erkannte ich die Schlingpflanzen deutlicher. Es waren Schlangen. Grüne, kleine und extrem giftig wirkende Schlangen. Doch meine Konzentration galt alleine den Augen.

Mein ganzes Leben begann sich in mir abzuspielen. Ich wollte doch nur für 40 Minuten joggen. Ich hatte, nein wir hatten doch noch so viel vor. Sollte jetzt alles zuende sein. Die Bilder in meinem Kopf rasten nur so daher. Von der Kindheit, mein erster Schultag, mein erster Kuss, mein erster Sex, die Geschichte mit meinem Vater, mein Umzug…. . 33 Jahre in 3 Sekunden. Doch diese Sekunden schienen eine Ewigkeit zu sein.

Die Augen waren nur noch 3 vielleicht 4 Meter entfernt. Unter den Augen schien ein Loch, ein tiefes schwarzes Loch dass sich öffnete. Wie ein alles aufsaugender Schlund. Mir kam ein bestialischer Geruch entgegen. Er schloss mich ein und schien mich zusätzlich anzuziehen, mich in seine Fänge zu nehmen. Mein Puls schlug so schnell das ich die Hoffnung hatte vor dem Erreichen des Schlundes bewusstlos zu werden.

Ich versuchte verzweifelt etwas zu erkennen. Aber ich sah nur ein schwarzes Loch. Und diese Augen, die sich nun noch aggressiver wirkten. Der Schlund war nun erreicht. Ich schaffte es die Augen zu schliessen, nur für einen Moment. Was würde jetzt passieren, wo würde ich landen ? Ich öffnete die Augen: „Schwiegermutter ???“ - „Du machst ja ein Gesicht, als hättest Du nen Geist gesehen.“ Schwiegermutter sah ziemlich vorwurfsvoll drein. „Sowas ähnliches ja. Sowas ähnliches.“ Entgegnete ich benommen und die Anspannung wich nur ganz langsam. Ich war kaum regungsfähig.
„Frank wollte mal wieder joggen. Nur noch 5 Minuten ausruhen. Relaxen, weißt Du ?! Naja und dann ist er doch wieder eingeschlafen. Tses.“
Das war eindeutig die Stimme meiner Frau und ich hätte mir in diesem Moment gewünscht, ich wäre wirklich in dem Schlund gelandet.


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2002-11-27 17:57:12 mit dem Titel Gruselstunde bei Yopi

Es gibt Dinge die man nicht erklären kann. Im Laufe seines Lebens wurde oder wird bestimmt ein jeder einmal mit Dingen konfrontiert, die seinen Horizont übersteigen, für die er keine natürlichen Erklärungen hat. Entweder er verdrängt die Dinge oder glaubt an Einbildung.
Es gehört auch eine gewisse Sensibilität dazu mehr wahrzunehmen als andere.

Die Geschichte beginnt in einem Haus, irgendwo in Bayern. Der Ort heisst Grossenviecht und das Grossen ist im Namen absolut übertrieben. Der ganze Ort beherbergt gerade einmal 12 Häuser. Davon sind 2 Bauernhöfe.

Der Ort liegt auf einem, sagen wir einmal Hügel. Hinter dem Hügel gibt es Wald und viele mehr oder weniger genutzte Felder. Eine einzige Strasse, eher ein Weg führt von der Hauptstrasse, der B11 ins Dorf.

Die Hauptstrasse jedoch sieht man nicht, da sie in einer kleinen Vertiefung liegt. Vom Haus, welches in dieser Story eine so wichtige Rolle spielt, bis zur Strasse sind es gut 1000 Meter.

Katrin und Markus waren verliebt, schwer verliebt. Die beiden kannten sich noch nicht allzu lange, wussten aber das sie füreinander bestimmt waren.

Markus wohnte im nächsten Ort, in Langenbach. Schon ein ganzes Stück grösser als Grossenviecht und immerhin stolzer Besitzer zweier Geschäfte. Eigentlich wollte Markus in eine grössere Stadt ziehen, doch die Preise für die Wohnung liessen einen Umzug nicht zu. Schon garnicht während der Umschulungszeit. Katrin machte eine zweite Ausbildung zur Erzieherin und hatte jetzt nur noch das Anerkennungsjahr vor sich.

Katrin die in einem sehr kleinen Appartement in Freising wohnte wollte sich nun eine etwas grössere Wohnung suchen. In einer Anzeige stiess sie auf das Haus in Grossenviecht. „65qm, Erdgeschoss, landschaftlich gelegen, 600 DM kalt“.

Katrin war alles andere als ein Landmensch, wollte immer in die Stadt ziehen. Freising war für sie schon ein Kompromiss, der hart an ihre Grenzen ging. Aber irgend etwas reizte sie an der Anzeige. Ein wohliges Gefühl stieg in ihr auf, als sie die Anzeige las. Sie wollte sich die Wohnung zumindest einmal anschauen. Am besten sollte Markus mitkommen.

Noch am selben Nachmittag, ein sonniger Tag im Mai, vereinbarten die Beiden einen Termin bei den Vormietern, die sich um die Vermietung kümmerten.

Eigentlich wäre das der erste und letzte Besuch gewesen, doch es sollte anders kommen. Der Eindruck der Wohnung war alles andere als positiv. Es roch intensiv, es gab keine Zentralheizung und nur einen alten Kachelofen. Steckdosen waren nicht viele vorhanden. Das ganze Haus, in den 60ern gebaut, machte einen ziemlich heruntergewirtschafteten Eindruck.
Lediglich die weisse Fassade strahlte noch ein wenig.
Die Aufteilung war wunderschön, da waren sich beide einig. Aber 600 DM für eine solche Bude, nein, dass konnte es nicht sein.

Katrin verabschiedete sich in dem sie den Vormietern sagte, sie müsse es sich noch überlegen. Markus dagegen war überrascht und konfrontierte Katrin mit ihrer Aussage: „Warum hast Du nicht klipp und klar gesagt, dass Du die Wohnung nicht nimmst?“ Markus konnte das nicht verstehen. „Nun, ich weis auch nicht. Du hast schon Recht. Die Bude ist ein Schrotthaufen. Ich glaub ich suche mir etwas anderes“. Aus Markus Sicht klang Katrin etwas unsicher. War es, weil sie insgeheim die Wohnung doch mochte ? Markus verwischte den für ihn unrealistischen Gedanken und sprach nicht mehr über das Thema.

Ein paar Tage später rief Katrin bei Markus an um ihm zu berichten, dass sie eine Wohnung gefunden hatte. Markus war etwas überrascht, weil er damit rechnete, dass sie beide diese Wohnung vorher besichtigen. Die Erklärung folgte sogleich. Katrin hatte sich für das Häuschen entschieden. Das gammelige Häuschen, mitten in der Pampas, alleine von einer 22 Jährigen bewohnt. Der erste Stock ausgebaut aber unbewohnt. Dazu noch ein Dachboden.
Katrin war auf einmal beängstigend begeistert. Markus verstand die Welt nicht mehr, schob die Entscheidung auf die wirren Gedanken der Frauen überhaupt.

In den nächsten Wochen schaffte es Katrin aus der gammeligen Bude doch noch ein schnuckeliges Heim zu machen. Sie richtete sich ein, kaufte mit Markus zusammen Holz für den Winter und lagerte dieses in der Scheune schräg gegenüber vom Hauseingang.
Katrin versetzte Markus mehrmals in Erstaunen. Sie schloss weder tags noch nachts die Türe ab, lies sie manchmal sogar offen stehen. Sie fühlte sich pudelwohl. Markus der Katrin alles nur nicht Holzhacken und Einsiedleraktivitäten zutraute fiel es schwer sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass seine Freundin alleine in der Wildnis wohnt.

Nach 2 Monaten machte er ihr das Angebot zu ihr zu ziehen. Beide waren von der Idee begeistert und so geschah es.
Doch von nun an sollte alles anders sein.

Markus fasste die Ereignisse in einer Art Tagebuch zusammen:

10.August 2000
Ein schöner Sonnentag. Ich beschloss heute Nachmittag den Rasen ums Haus zu mähen. Mittelgrosse Tiere drohten darin zu versinken. Ein Akt der mich schliesslich einigen Schweiss und jede Menge Energie kostete. Nach getaner Arbeit lies ich mir Badewasser ein. Die Schublade des weissen Badschrankes stand auf, obwohl ich die eigentlich immer zu mache.
Ich schloss die Schublade. 5 Minuten später war die Schublade wieder auf. Ich fing an an mir selbst zu zweifeln, schloss sie. Kurz darauf betrat ich das Bad und fand die Schublade geöffnet vor. Eine Untersuchung des Schrankes verlief negativ. Die Schublade klemmte wie immer. Lies sich eigentlich nicht öffnen. Der Schrank stand wie immer in der Waage.

11.August 2000
Endlich wollte ich einmal den Dachboden besichtigen. Wieder ein sonniger Tag. Ich schritt die Treppe hinaus und in diesem Moment überkam mich ein kalter Schauer. Je höher ich die Treppen stieg desto stärker wurde meine Gänsehaut. Ich begriff nicht warum, hatte Angst. Nur einen kurzen Blick warf ich auf den Dachboden. Er war hell, es gab keine Verstecke und er war bis auf einen Kinderspielball leer. Jedoch verlies ich den Dachboden panikartig.

12.August 2000
Ich traf die Vormieter, fragte sie, warum sie damals nichts auf dem Dachboden gelagert hatten. Stattdessen hatten sie ihr Zeug in der Scheune, im Dunkeln, schlecht zugänglich gelagert. Eine Antwort bekam ich nicht. Die Vormieterin wurde bei der Frage etwas blasser und flüchtete sich in die Ausrede, dass das wohl ihr Mann gemacht hätte. Sie war sichtlich erleichtert, als ich das Thema wechselte.

13.August 2000
Katrin wollte ein Bad nehmen. Ich bot ihr an, Badewasser einlaufen zu lassen. Wie üblich drehte ich den Warmwasserhahn nur einmal auf und lies den Kaltwasserhahn aus. Der Boiler der das Wasser erhitzt läuft dann abends leer und es folgt eh nur noch kaltes Wasser. Insgesamt normalerweise eine wohlig warme Mischung.
Nach einigen Minuten ging ich ins Bad, Katrin beobachtete mich vom Schlafzimmerbett aus, und drehte den Wasserhahn aus. Katrin ging kurze Zeit später ins Bad. Es folgte ein Schrei.
Ob ich bekloppt sei, fragte sie mich. Sie zeigte mir, dass die Wanne fast überlief und dass der Kaltwasserhahn bis zum Anschlag aufgedreht war. Ich versicherte ihr das ich das nicht wahr. Eh schwachsinnig den Wasserhahn ganz aufzudrehen. Man kann ihn 5x ganz rumdrehen, aber bereits nach 1x ändert sich nichts am Wasserdruck

14.August2000
Katrin müsse mal mit mir reden, sagte sie mir abends. Sie habe heute einen Mann im Flur gesehen. Direkt vor ihr. Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen. Nach ein paar Sekunden war er weg. Einfach so. Ich erzählte ihr von der Dachbodengeschichte und uns beiden viel auf, dass wir in letzter Zeit ein beklemmendes Gefühl hatten. So als würden wir beobachtet.

15.August2000
3 Bauernhofkatzen mussten her. Katzen sind sehr sensibel, wenn etwas nicht stimmt, hab ich mal gelesen. Wir wollten die Katzen auf den Dachboden schicken. Die Katzen weigerten sich die Treppe hochzugehen. Selbst das Locken mit Futter war bei den sonst gefrässigen Katzen erfolglos.

21.August2000
Das Gefühl das wir beobachtet werden stieg. Es wirkte nahezu bedrohlich. Von allen Seiten kommend. Wir bekamen Besuch von Freunden. Erzählten aber nichts von der Story. Bis, ja bis die beiden von sich aus sagten, dass sie ein komisches Gefühl hatten, als sie dem Haus näher kamen.

24.August2000
Im Dunkeln arbeitete ich noch im Büro, war vertieft in meine Arbeit. Mein Schreibtisch stand in einer Ecke im Wohnzimmer. Plötzlich machte es an der Fensterscheibe in gleichmässigen, ruhigen Abständen 3x klack. Nicht als wenn etwas vors Fenster fliegt, sondern wie wenn 5 Fingernägel gleichzeitig auf die Fensterscheibe hauen. Ich erschrak und sprang auf um nachzusehen. Von Aussen ist das Fenster nicht ohne kleine Treppe zu erreichen. Hinter dem Haus ein kleiner Bach und kein Grashalm des hohen Grases war umgeknickt. Ich schaute mich um. Kein Baum, kein Ast, kein Vogel. Es war Totenstille. Ich bekam Angst und ging ins Haus.

25:August2000
Der Mann war wieder da. Unsere Nerven waren angespannt. Das Dorf war immer wie leergefegt. Nur ganz selten sieht man mal eine Person. Für ein paar Sekunden. Es wird kaum gegrüsst, alles wirkt immer düsterer. Das Gefühl beobachtet zu werden wirkt jetzt langsam bedrohlich. Irgend etwas scheint uns nicht nur beobachten zu wollen.

26.August2000
Katrin klopft abends an der Tür, ich öffne. Im selben Moment wird Katrin kreidebleich. Sie stottert und fragt wie ich das gemacht habe ? Ich wusste nicht wovon sie redete und fragte sie was sie meinte. Katrin behauptete ich sei doch direkt vor ihr hergefahren, von der Hauptstrasse aus. Ich sei den ganzen Weg hoch, sie habe noch Lichthupe gemacht und am Briefkasten an der Scheune gehalten. Ich sei weitergefahren wohl bis vors Haus. Und nun stünde ich, höchstens 30 Sekunden Vorsprung in Unterhose da. Wäre Katrin nicht so blass gewesen hätte ich ihre Aussage für einen Scherz gehalten. Aber sie war fertig. Nur wiederwillig lies sie sich davon überzeugen, dass ich nicht unterwegs war. Ich musste schliesslich mit ihr rausgehen und sie den Motorblock meines Autos fühlen lassen.
Woanders aber konnte niemand hinfahren, denn an unserem Haus war Ende. Ausserdem hat sie mein Auto und mein Kennzeichen erkannt.

27.August2000
Babygeschrei vom Dachboden. Wie in einem billigen Horror. Aber es war keine Katze, es war Babygeschrei. Keiner traute sich hoch.

28.August2000
Wir besichtigten gemeinsam den Dachboden. Nichts. Selbst der Ball lag an der selben Stelle. Die kleine Wohnung über uns war leer. Seit einiger Zeit verschlossen wir abends den Hauseingang, nicht nur die Wohnungstür.

29.August2000
Das beklemmende Gefühl wird stärker und stärker. Selbst in der Wohnung fühlen wir uns bedroht. Es lässt erst nach, wenn wir uns mindestens. 200 Meter vom Haus entfernen.
Abends hören wir Tritte in der Wohnung über uns. Schwere Tritte. Niemand ist da, der Hauseingang verschlossen.

30.August2000
Der Druck ist nicht auszuhalten. Wir wollen raus. Raus aus dieser Wohnung. Durch die Wände kam der Schimmel durch, es war also eh kein Verlust. Wieder vernahmen wir Geräusche. Ich schrie, schrie, dass mir jetzt alles scheissegal sei, das was immer es sei, jetzt gewonnen habe. Ich hatte Angst, wir hatten beide Angst. Dann schrie Katrin, dass wir in 2 Monaten ausziehen und wir bis dahin bitte Ruhe haben wollen.
Die bekamen wir.


In den folgenden 2 Monaten passierte nichts mehr. Wir hatten unsere Wohnung gekündigt und vom Abend des 30.August an war es ruhig. Fast glaubte Markus, dass er sich, ja das sie beide sich alles eingebildet haben. Doch dann wollte er mit Katrin in den Wald, nahe des Hauses. Sie blieben auf dem Hügel stehen. Beide überkam ein beklemmendes Gefühl, alle Erinnerungen kamen auf einen Schlag zurück. Angst überkam beide. Sie starrten auf den Wald, der bedrohlicher wirkte als sonst. Der Eingang, schwarz, schien alles zu verschlucken. Kein Vogelgeschrei wie sonst, nichts. „Es ist im Wald! Es wartet bis wir ausgezogen sind!“ Markus war sich seiner Sache völlig sicher. Katrin nickte schweigend.

Schlaft gut Ihr lieben Yopi Leser


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2003-01-15 11:38:21 mit dem Titel Der letzte Weg

„Du hast doch ne Andere! Das merk ich doch“, sie war mächtig sauer. Ihre Augen funkelten und innerlich glühte sie. Soviel stand fest. Bald würde sie alle Hemmungen verlieren. Würde ihn anbrüllen, würde ihn zur Schnecke machen. Oder aber er würde zugeben, eine andere zu haben, dann würde sie wohl zusammenbrechen. Die harte Fassade würde einfach zusammenbrechen. Jetzt blos nichts falsches sagen. Er sass da, angespannt, sichtlich verunsichert. Sein Blick schwirrte umher. Es schien ihm peinlich, dass der ganze Park es mitbekommen würde. Es schien ihm peinlich, dass ich es mitbekomme.

Ich sitze gerne hier. Egal welche Jahreszeit. Gut, im Sommer sitze ich ein wenig länger hier, geniesse die Sonne, sofern sie denn mal scheint, lese und denke an dies und das. Nichts bestimmtes. Einfach die Gedanken sortieren, die sich im Alltag sammeln. Sortieren wenn es wieder einmal einer Sortierung bedarf. Schon oft hat mich die Bank vor einem Overkill in meinem Kopf bewahrt. Dafür bin ich ihr dankbar. Dabei ist sie keine Schönheit, nicht einmal richtig bequem. Einfach grün und mit ihren Ecken und Macken, die sie im Laufe der Jahre gesammelt hat. Schweigsam nimmt sie alles hin. Ehekrisen, trauernde Menschen, Kinder die auf ihr rumhüpfen, Jugendliche die irgend etwas in die Bank ritzen. Einmal sogar ein paar Skins, die sie umschmissen, sie arg zurichteten. Damals wurden 2 Bohlen ersetzt. Farblich nicht ganz passend. Ihre Farben waren frisch, die der alten Bohlen verbleicht.

„Ich weis nicht wie Du darauf kommst. Warum soll ich immer eine andere haben ?“ Das war so ziemlich die blödeste Antwort die er geben konnte. Nimm sie doch in den Arm du Depp! Sag ihr das du sie liebst. Oder…lass mich sie in den Arm nehmen. Der Gedanke war sicherlich reizvoll, nur ein Gedanke, aber reizvoll. Sie war attraktiv und ich bekam eine Gänsehaut wenn ich ihre grossen Augen funkeln sah. Funkeln vor Wut, Angst und Enttäuschung. Ein Ausdruck den nur Frauen gleichzeitig in den Augen haben können.

Aber ich war alt. Zu alt für diese Gedanken. Ich erinnerte mich, wie der Park 1980 neu gestaltet wurde. Offener, mit Wiesen, neuen Pflanzen. Nur ein paar Bänke und eine alte Eiche blieben so wie er damals war. Damals gefiel er mir besser. Der Weg war natürlich nicht begradigt und mit Steinchen aufgefüllt, die so garnicht in die Gegend hier passen. Viel zu hell. Damals war es ein besserer Waldweg. Jede Menge Laubbäume standen am Weg wo heute nur noch Wiese und fast militärisch grade Hecken standen.

Immer muss alles begradigt werden, immer muss alles durchgestylt sein.
Das Paar stritt noch eine Weile und irgendwann sagten beide nichts mehr. Schliesslich stand sie auf und ging zügigen Schrittes. Er folgte ihr nur einen Bruchteil einer Sekunde später und lächelte noch einmal verlegen zu mir herüber. Von ihr wäre mir ein Lächeln lieber gewesen. Aber ich will nicht undankbar sein. Die beiden hatten mich für einige Minuten unterhalten.

Ein leichter Windzug umwehte mich. Ein paar Herbstblätter tanzten im Kreis. Ich beobachtete die Szene. Sie schienen garnicht mehr aufhören zu wollen. Sie drehten sich und schraubten sich dabei immer höher, waren schon fast in Augenhöhe. Ein vorbeifahrendes Fahrrad zerstörte den Wirbel. Fast wäre ich sauer auf den Radfahrer geworden.

„Hallo!“ Ich drehte mich leicht zur Seite und schaute in die grossen Augen eines Kindes. Ein kleines Mädchen, vielleicht 3 Jahre, vielleicht 4. „Hallo“ endgegenete ich und lächelte freundlich. Sie musterte mich, lies sich mit dem Gespräch Zeit: „Du schaust traurig aus“ kam es plötzlich. Ich war etwas verunsichert. Was sollte ich dem Mädchen sagen. Sollte ich ihr sagen, dass meine Zeit abgelaufen war, dass ich wusste, dass es mein letzter Tag hier sein würde. „Ach ich schau nur ein bischen vor mich hin.“ Ich hoffte das diese Aussage einem jungen Mädchen genügen würde. „Mein Opa ist auch traurig, seit meine Oma im Himmel ist. Er vermisst sie sehr. Er spricht jeden Tag mit ihr. Dann geht’s ihm wieder besser.“
Paff, dass saß ! Durchschaut von einem kleinen Mädchen. Sie hatte mich kalt erwischt, schien mit einem Schlag die ganze Situation zu begreifen, die ich seit Jahren nicht begriff, begreifen wollte.
„Komm jetzt Tati“ Ihre Mutter war sichtlich genervt. Sie nahm ihre Tochter an die Hand und zog sie mit. Sie schenkte mir noch ein Lächeln. Ein warmes, herzliches und vor allem ehrliches Lächeln. Wie lange wird sie dieses Lächeln noch behalten ? Verlier es bitte nie kleines Mädchen ! Egal was passiert. Verliere Dein Lächeln nie !
„Tschau Tati! Machs gut!“ Sie winkte mir zu. Mit der rechten Hand. Ihre Mutter zog sie an der Linken von mir fort.

Es war wieder Stille. Der Wind nahm nun stetig zu. Aus einer Boe wurde eine gleichmässige Brise. Die Blätter zogen jetzt alle in eine Richtung. Alle folgten dem Befehl des Windes. Es gab nur noch eine Richtung. Auch ich gehorchte. Ich schloss langsam die Augen, sah den Park nur noch verschwommen, irgendwann nicht mehr. Ein Hundegebell, ein hupendes Auto, ein paar Schritte von Fussgängern, dann war es still.

Mein Weg endete hier.



----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2003-04-03 10:06:12 mit dem Titel Orientierung

Parallelgeschichte zu meiner Kurzgeschichte: „Der letzte Weg“ (Zum Verständnis vielleicht beide lesen)


Ich war sauer, ich war richtig sauer. Explodieren hätte ich können. Ich merkte wie mein Herz rast, wie es sich überschlug. Jetzt nen Herzinfarkt bekommen, dass wäre es doch. Dann wird sie schon sehen was sie von Ihrer arroganten Art hat.

Aber ein Herzinfarkt in meinem Alter, mit 17, nein, dass ist utopisch. Aber ich würd es ihr gönnen. Soll sie doch auch mal leider diese blöde Schnepfe.

Ich jedenfalls werde nicht nachgeben. Immer muss sie Recht haben.

Jetzt sitze ich hier auf dieser gammligen alten Parkbank und dabei könnte ich den ganzen Park umgraben vor Wut. Was hat sie sich eigentlich dabei gedacht ?

Und was will dieser Blöde Typ eigentlich, der mich die ganze Zeit so angafft ? Passt dem mein Gesicht nicht, oder was ? Sorry Alter, Du hast ja nicht meine Probleme!

Du bist bestimmt glücklich verheiratet, hast 2 hübsche Kinder und nen sicheren Job. Obwohl, irgendwie siehst Du aus, als ob Du eh ne andere vögelst. Und Deine Frau weis natürlich nichts davon. Du Schwein !

Wenn es mir mies geht, ich ein Problem hab, dann bin ich meist hier im Park auf dieser Bank. Ich weis auch nicht warum. Vielleicht ist es, weil hier das ganze Leben in seiner ganzen Pracht an einem vorbeizieht. Ich mache das schon seitdem ich hier lebe. Das sind immer hin schon satte 17 Jahre. Ja, ich bin hier aufgewachsen.

Die Bank hat mir viel geholfen, ich habe schlechte und schöne Erinnerungen. Sie war immer ein guter Zuhörer. Gut, die Gesprächigste war sie nicht. Ab und an mal ein kleines Knistern.
Mit 14 haben wir hier mit unserer Clique gehockt, natürlich auf der Lehne und haben Mädchen hinterhergeguckt. Im Sommer, im Winter weisste ja nicht wie die drunter aussehen, so dick sind die angezogen.

Mein erstes Bier hab ich mit Tobi hier getrunken. Er hatte da schon mehr Erfahrung, vertrug aber auch nicht mehr. Nach jeweils 3 Flaschen waren wir bereits mächtig angeheitert.
Wir quasselten die ganze Zeit über unsere Mädchen. Natürlich übertrieb ich und verdoppelte doch gleich mal die Zahl meiner Erfahrungen. Ja und ?! Weis ich was bei ihm stimmt. Nachher bin ich der Depp, der am Wenigsten aus der Clique hatte.

Nach meinem ersten Mal sass ich mitten im Winter die halbe Nacht hier. Ich hatte mich ja voll blamiert. Erst gross getönt und dann war nach 2 Minuten alles vorbei.

Ich hoffte die ganze Nacht, dass sie nichts weiter erzählt. Sie sagte nichts! Ich hab gehört, dass sie glaubte, es sei ihre Schuld. Ist doch ok so. Wars ja auch. Es ist sowieso immer die Schuld der Frauen.

Scheisse, nein, es war meine Schuld. Weil ich mich benommen hab wie ein Vollidiot. Aber das durfte niemand wissen.

Jetzt im Frühling sieht der Park richtig schön aus. Überall fangen die Blumen an zu blühen, alles bunt. Die ersten Cabrios haben die Dächer auf und aus einigen kommt sogar richtig coole Mucke. Nur diese Asis mit ihren 3 Watt Deckelboxen die nur dröhnen und Null Bass haben gehen mir auf den Sack. Noch schlimmer sind nur die Türkenschleudern mit ihren hoffnungslos übersteuerten orientalischem Gedudel.

Sass hier nicht sonst immer so ein alter Mann ? Irgendwie ist der nicht mehr da seid einiger Zeit ? Das letzte Mal als ich ihn sah, sah er ziemlich krank aus. Ich glaub das war im Herbst. Irgendwie kam er mir einsam vor. Verdammt, der hat bestimmt noch viel grössere Probleme als ich. Was weis ich. Vielleicht ist seine Frau vor langer Zeit gestorben. Vielleicht kümmert sich niemand um ihn. Und ich, ich hab geblockt als der mal ein Gespräch mit mir anfing. War ja so was von cool. Aber was anderes als immer „ja“ zu stoffeln und in mich hineinzugrinsen fiel mir nicht ein.

Reden wollte er, soviel war klar. Über was denn ? Was weis der Alte schon ?
Hmm, er weis wahrscheinlich viel mehr als ich. Über das Leben. Und jetzt, jetzt tut es mir Leid, dass ich nicht mit ihm geredet habe.

Reden, reden, es geht immer nur ums Reden. Als wenn damit alles besser würde. Reden als Idealrezept. Reden hilft nicht bei Aids und reden hilft auch nicht gegen Kriege. Fuck off Bush! Fuck off ihr dämlichen Amis! Obwohl die Filme sind schon geil. Und J.Lo.
Naja und McDoof oder BurgerKing. Ach ich glaub es ist einfach der Präsident. Aber seine Töchter sind glaube ich richtig cool. Die lassen sich nichts gefallen, saufen auch mal.
Meiner Freundin gefällt das nicht, wenn ich mal saufe. Ich wäre dann unerträglich.
Anders kann man sie ja nicht ertragen wenn sie mit ihren kichernden Freundinnen in der Ecke steht.
Naja, ich glaub ich bin dann wirklich unerträglich. Aber ich sauf doch höchsten alle 6 Wochen einmal. Ist das soo schlimm ?

Ich muss wieder an den alten Mann denken. Warum eigentlich ? Er würde reden. Vielleicht hat er ja Recht. Reden. Es wäre ein Versuch wert. Ich glaub ich hol sie morgen von der Schule ab und versuchs mal.

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