Trabant 601 Testbericht

Trabant-601
Abbildung beispielhaft
ab 23,84
Auf yopi.de gelistet seit 09/2003

5 Sterne
(4)
4 Sterne
(1)
3 Sterne
(2)
2 Sterne
(1)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)

Erfahrungsbericht von kleineswoelkchen

Mein erstes eigenes Auto

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Wer war George?
***************
Frisch den Führerschein in der Hand, noch immer das letzte Erlebnis vor der Fahrprüfung im Nacken und kein Auto. So ist es nun einmal in der DDR gewesen.

Als ich nach Hause kam, war ich *Stolz*. Ich durfte jetzt Auto fahren. Denkste. Mein Verlobter war der Meinung, ich soll es erst einmal erlernen.

Für 500 Mark kaufte er von einem Kollegen einen Trabbi. Trabbi?
Dieses Ding? Das fällt ja fast auseinander.

Jessas sah das Teil traurig aus. Na gut, er rollt und da er aus Presspappe ist, kann mir ja nicht viel passieren.

Wow, 26 PS bei 4200 Umdrehungen die Minute. Naja, es! rollt noch. Die beiden Lampen vorn schauten mich sehr traurig an, als ob sie meine innere Abneigung spürten.
*Es* gefiel mir überhaupt nicht. *Es* verbauchte knapp 7Liter auf 100km. Dabei fuhr *Es* maximal 100km/h mit mir, wenn es mal fahren wollte. Und das wurde innerhalb der ersten Woche seltener.

Der Beginn einer zarten Liebe
*****************************
Das ich mir schon seit meiner Jugend nicht gerne was gefallen lassen habe, spürte selbst *Es* bald merklich. Als Allererstes habe ich mir ein Handbuch für Trabbis besorgt. War zwar ganz schön schwer, so etwas zu finden und zu bekommen, doch ich hatte es geschafft. Drei Tage Abendlektüre in diesem Buch und ich bemerkte, das *Es* auch eine Seele hat. Naja Seele ist stark geschminkt an Worten, doch *Es* hatte etwas. Nur vor mir wollte *Es* dies verbergen.

Ich fuhr *Es* auf eine Rampe und lernte meinen Trabbi kennen. Mit einer Länge von 3,55m und einer Breite von 1,50m sah *Es* ziemlich verloren dort oben aus.

Ein Blick auf den Unterboden gab mir die ersten Zweifel. Kann ich diese Seele retten? Kann ich das Herz von *Es* für mich gewinnen? Ich wußte es damals nicht. Aber ich lernte meinen Trabbi kennen. Der Spurabstand(auch Spurweite genannt) zum Beispiel betrug 1,21m. Fast eine Woche hatte ich den Trabbant auf der Rampe, dann war ich mit den ganzen Arbeiten unten fertig. Ich kannte den Auspuff nun in allen Einzelteilen und hatte in dieser Woche Ersatzmaterialien zusammengesammelt, das hätte fast für einen neune Trabbi gereicht. Obwohl ich jetzt schmunzelnd gestehen muß, oft kamen all diese älteren Herren in unserer kleinen Gemeinde mal so eben mit einem Ersatzteilgeschenk vorbei, um zu schauen, was ich da fabriziere. Gute Ratschläge gabs von allen Seiten, doch ich hielt mich an mein Buch.

Dann gings mit *Es* auf den Wäscheplatz. Geparkt wurde unter der Teppichstange. Warum dies? Ich nahm das Herz von *Es* und habe es mit einer Seilwinde hochgezogen. Kannte nach einer weiteren Woche all die Laschen und Verbindungen in der Schnauze des Trabbants. Eine neue Motorklappe mußte auch montiert werden, nur leider in einer anderen Farbe.

Und danach habe ich *Es* gewaschen. Poliert und mir geschworen, wenn *Es* jetzt nicht läuft, dann hab ich versagt. Ich stellte hohe Anforderungen an mich und mein Wissen, was ich doch nur aus einem Buch gelesen hatte.

Ich stieg in dieses 1,44m hohe *Auto* ein und wollte die 615 Kilogramm in Bewegung setzen. Dieses Gefühl der Spannung, dieses Wissen, viele haben dich beobachtet und folgern eh ein Scheitern aus meinem Basteln...das zerrte an den Nerven.

Erste Gefühle
*************
Kann ich nicht beschreiben. Beim Starten ein kleines Ruckeln, tuckern und dann das langsame Anlaufen. Langsam fuhr ich vom Wäscheplatz, auf die Straße und wurde von vielen Augenpaaren verfolgt. Heute würde ich nie wieder dies machen, denn peinlicherweise zerriss knapp vor Ortsausgang der Keilriemen der Lichtmaschine.

Nein, und nochmals nein. *So blöd wie Georg kann ich doch nicht sein*, war mein Spruch. Und so bekam mein George seinen Namen. Nur, weil ich dem KFZ-Menschen Georg von vielen Erzählungen kannte, entsprang dieser Spruch meinem Mund. Nur, die Lichtmaschine war immer noch ohne Keilriemen. Also hieß es, die Lichtmaschine mit meiner teuren Strumpfhose festzubinden, denn dies hatte ich oft genug beim Bauen als Ratschlag gehört. Komisch, das ging sogar. Einfach ein Strumpfbein als Eratzkeilriemen nutzen.

Das Hochgefühl kam. Mit einer 6 Voltanlage im Herzen von George ging es dann die nächsten Wochen durch die Heimat.
Oh, wieviele Ersatzteile ich immer im Kofferraum hatte, das möchte ich nicht beschreiben, aber meine Garage war auch nochmals gut gefüllt. Und jeden Monat meldete Goerge sich regelmäßig. Der Kofferraum war nur klein und hatte eine umständliche Ladekante, doch man gewöhnte sich daran.

Die Liebe wurde stärker
***********************
Täglich schauten mich seine traurigen Augen an. Und Trabbis können traurig schauen.
Da in meinem Ersatzteillager sich ja nun wahrlich viele Lampen angesammelt hatten, kam eines Tages wieder die Bastellust durch.

Zuerst habe ich ein Gestell zusammengeschweißt. Stop, keine Kritik am Schweißen, ich habe eine ordentliche Ausbildung mit Schweißer- und Brennerpaß absolviert:)

Dann habe ich dieses Gestell schön schwarz gestrichen und vier Halterungen montiert. Dieses Gestell kam vorn an Georges Schnauze und hielt sogar. An die vier Halterungen kamen nochmals Lampen und auch das Innenleben habe ich innerhalb von 2 Tagen von 6Volt auf 12 Volt umgebastelt.

Na gut, das Lächeln war verkehrt herum, doch George sah auf einmal freundlicher aus.
Und viel ansprechender. Und abends, wenn ich mit George im Dunkeln fuhr, hatte ich nicht mehr das Gefühl, doch mehr im Dunkeln zu fahren. Viel weiter wurde jetzt die Straße ausgeleuchtet und meine Bremslichter, die ich zusätzlich montierte, strahlten eine Warung ab. Jetzt konnte ich fahren. Und ich fuhr.

Jede Woche fuhr George mich einmal um unseren Kreis (jetzt SpreeNeisse) und ich war stolz.

Nur einmal noch ließ George mich arg im Stich. Doch manchmal frag ich mich jetzt noch, ob er nicht doch eine *Seele* hatte. Ich war einen Tag megamächtig sauer, bin zum Auto und habe einen spontanen Fußtritt mal so eben am Reifen versetzt.

Dann nach ungefähr einer Stunde Fahrt wurde ich ruhiger. Mein Schalten wurde wieder weicher, denn die Schaltung am Lenkrad ist ja doch nicht für jedermann beherrschbar gewesen.
Als ich wieder einmal vom Dritten in den Vierten (Der Höchste Gang) schalten wollte, hielt ich den Schalthebel in der Hand. Versucht euch dieses Bild vorzustellen, man fährt, schaltet leicht mit der rechten Hand den Hebel von oben nach unten und ..huch.. man fährt noch, aber ... Das Bremsen ging dann nur mit runtertuckern lassen und volle kanne die Handbremse ziehen. Ich bin mehrere Kilometer so gefahren, doch ich wollte George daheim haben und selbst alles basteln. Das gesamte Schaltgestänge ist nun einmal ein weicher Stoff (Alu) gewesen. Und das schabt mit der Zeit und bei genügend Abrieb und etwas mehr Kraft (Wut) provoziert man dies bestimmt.

Die Kerzen sind auch alle hundert Kilometer gekommen, das lag aber daran, das ich sie kaum gereinigt hatte. Erst nachdem ich immer wieder neue Kerzen gekauft hatte, erlernte ich bei einem älteren Mann, wie man die Kerzen mit der Drahtbürste reinigt und den Zündkontakt überprüft. Nur aus Fehlern lernt man.

Lebensdauer einer Liebe
***********************
Bis das der TÜV uns scheidet, war auch unser Spruch.
Zigtausend Kilometer hat George mich begleitet. War mein Gefährte an allen Reisetagen. War aber nie der Konkurent zu meinem Verlobten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten des Verständnisses haben mein Verlobter und ich damals sehr viel gemeinsam an George gebastelt.

Als George 24 Jahre wurde, kam ich nicht mehr beim TÜV durch. George sollte zur Verschrottung gebracht werden. Ich habe mich gewehrt. Nein, meine Liebe zu diesem Auto ist mit jedem Tag gewachsen. Und etwas, was einem am Herzen liegt, so einfach vernichten? Ich konnte es nicht. Ich gab George einer Familie, die gerade aufs Land gezogen war und für ihr Grundstück( mehrere Hektar Land) erst einmal einen fahrbaren Untersatz suchten. Nach Absprache mit dem TÜV wurde es zugelassen, das George bis zur Grundstücksgrenze genutzt werden darf.

Jetzt, ein paar Jahre später, fahre ich oft auf dieses Dorf und besuche die Familie manchmal auf einen Kaffee. Dann gehe ich auf den Hinterhof und shee George, auf Steinen aufgebockt, ohne Räder und mit jedem neuen Besuch immer mehr zerfallend.
George wäre jetzt 30 Jahre geworden, für ein Auto ein großes Alter.

Doch dies beweißt immer wieder, die kleinen Trabbis, einfache Presspappe (eigentlich war es ja Duroplast), die waren robust. Haben vieles erlebt und man konnte mit ihnen viel Spass haben, wenn man eine gewisse Zuneigung aufbauen konnte.

Es tut mir leid, das dieser Bericht so lang geworden ist, doch George war nun einmal etwas Besonderes für mich.

eure andy

bei der Bewertung setze ich jetzt einmal Vergleiche zu heutigen Autos. damals mußte ich mit leben, das meine Knie das Lenkrad hielten und mein kopf desöfterne den *Himmel* anstieß

32 Bewertungen, 8 Kommentare

  • Anachronistin

    25.10.2002, 10:46 Uhr von Anachronistin
    Bewertung: sehr hilfreich

    Göttlich und zum Verlieben schön geschrieben!!!

  • Stehberger

    21.03.2002, 15:13 Uhr von Stehberger
    Bewertung: sehr hilfreich

    Mein Gott ist das nett geschrieben! Habe seit 1991 auch einen Trabi. Gruß Hans

  • pepsiman

    27.02.2002, 19:33 Uhr von pepsiman
    Bewertung: sehr hilfreich

    Bin ich einmal gefahren. Mein erstes Auto war ein Nissan Micra.

  • playtick

    23.02.2002, 12:27 Uhr von playtick
    Bewertung: sehr hilfreich

    der erste ist immer der Beste, smile...bei mir war es ein kleiner hellblauer VW-Käfer, smile

  • romyal

    23.02.2002, 00:39 Uhr von romyal
    Bewertung: sehr hilfreich

    mein Erster war auch ein 601

  • kleinesbennie

    15.02.2002, 22:53 Uhr von kleinesbennie
    Bewertung: sehr hilfreich

    grüß dich , schön das du auch im neuen yopi wieder dabei bist ... trotz des großen ärgernisses *smile*

  • Destroyer

    12.02.2002, 01:14 Uhr von Destroyer
    Bewertung: sehr hilfreich

    Hui, Hui...ein wirklich langer und ausführlicher und interessanter Beitrag !!! Schau doch bitte mal bei mir vorbei ;-) mfg Destroyer

  • Tuis1

    12.02.2002, 01:10 Uhr von Tuis1
    Bewertung: sehr hilfreich

    wirklich klasse meinung! Hmmmm...., ich kauf mir mein erstes erst hehe....