Good Bye, Lenin! (VHS) Testbericht

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Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

Endlich mal großes deutsches Kino...

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

...hieß es überall, als „Good Bye Lenin“ anlief und die Zuschauer in den Film strömten und ihn auf Platz 1 der Charts vor zahlreiche amerikanische oscarnominierte Blockbuster hievten. Ich hielt diese Einschätzung schon bevor ich den Film gesehen habe für verfehlt, da ich in den letzten Jahren zahlreiche deutsche Kinofilme gesehen habe, die großes Potential hatten, darunter allein zwei mit „Good bye Lenin“-Darsteller Daniel Brühl, nämlich „Das weiße Rauschen“ und „Vaya con dios“, die aber von der Masse ignoriert wurden. „Good bye Lenin“ schaffte es nur, dass ein deutscher Film mal wieder die Massen in einen deutschen Film lockte und nicht nur das typische Programmkinopublikum. Dies ist sicher ein großer Verdienst, aber der Satz, dass „Good Bye Lenin“ endlich mal wieder großes deutsches Kino ist, war für mich vorher schon falsch und hinterher noch „falscher“ (wenn es das Wort geben würde).

I N H A L T
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Alexander Kerner (Daniel Brühl) lebt in der DDR! Er erzählt dem Zuschauer, wie ihn sein Vater, wegen einer anderen verlassen hat, in den Westen. Wie seine Mutter Christiane (Katrin Saß) danach in der Psychiatrie landete, und erst ein paar Wochen später wieder nach Hause zurückkehrte, zu ihm und zu seiner Schwester Ariane (Maria Simon), und er erzählt wie Ariane schwanger und sitzen gelassen wurde. Dann kam es zu den ersten Unruhen in der DDR, die Bürger drängten auf die Straßen und demonstrierten, mitten unter ihnen Alex, mittlerweile 22 Jahre alt! Er wird verhaftet und seine Mutter muss die Verhaftung mit anschauen. Sie kippt um: Herzinfarkt! Krankenhaus! Koma!
Während die Mutter im Koma liegt, verändert sich die DDR: Sie bricht zusammen! Honecker dankt ab, die Mauer öffnet sich, Deutschland wird wiedervereinigt, Coca-Cola, Burger King und weitere Westprodukte überfluten das Land und auch die Wohnung von Alex und seiner Schwester Ariane verändert sich. Ariane schmeißt ihr Studium und fängt bei Burger King an, lernt dort den Wessi Rainer (Alexander Bayer) kennen und lieben und dieser zieht schließlich auch bei ihnen ein. Alex verliebt sich unterdessen in die hübsche Krankenschwester Lara (Chulpan Khamatova).
Doch eines Tages wacht Christiane wieder auf! Gegen den Rat des Arztes will Alex sie so schnell wie möglich nach Hause holen, doch er steht vor einem großen Problem: Christiane darf sich nicht aufregen! Wie aber das in diesen aufregenden Zeiten?
Also richtet Alex die Wohnung wieder „alt“ her, denn er hat einen Plan: Er verschweigt seiner Mutter die Wende und inszeniert ihr in der 79qm großen Wohnung, ein heiles Leben DDR!
Natürlich wird dies immer problematischer: Das fängt damit an, dass es die Ost-Produkte nicht mehr gibt, die Nachbarn müssen mitspielen, ein Coca-Cola-Werbebanner vor dem TV muss erklärt werden und schließlich will die Mutter auch noch Fernsehen.
Doch für alles hat Alex eine Lösung und immer weiter verstrickt er sich dabei in seine Lüge und immer unmöglicher wird es für ihn, seiner Mutter die Wahrheit zu sagen.
Doch auch Christiane trägt eine große Lüge mit sich!

M E I N U N G
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Der bisher noch relativ unbekannte Regisseur und Drehbuchautor Wolfgang Becker (einzig nennenswerter Film „Das Leben ist eine Baustelle“ mit Jürgen Vogel, Christiane Paul und Martina Gedeck) schuf hier nicht nur einen großen Publikumserfolg, sondern auch einen sehenswerten Film.

Dies liegt vor allem natürlich an der originellen Geschichte, die ja schon einmal etwas für sich hat. Doch auch die Inszenierung dieser Geschichte ist fast durchweg überaus gelungen. Becker hat es die meiste Zeit geschafft den richtigen Grad zwischen Drama und Komödie zu treffen, zwischen Witz und Tragik, so dass die Story nicht zu tränenüberladen wird, sondern der Zuschauer auch schmunzeln und lachen kann, so dass der Film aber auch nicht in den Klamauk abrutscht und sicher über seine Figuren lustig macht. Dies ist zu keinem Zeitpunkt des Films der Fall.

Auch die Darsteller tragen hier großes dazu bei. Daniel Brühl bleibt zwar etwas hinter seiner großartigen Leistung in „Das weiße Rauschen“ zurück (ein solcher Vergleich ist aber auch etwas ungerecht, da diese Leistung doch viel anspruchsvoller war), doch auch hier verleiht er seine Rolle das richtige Gesicht. Vor allem sein Blick passt immer sehr gut zu der jeweiligen Szene, sei es nun ein panisches Schauen, der hoffnungsvolle Blick oder auch der schulbewusste und er hat sicher auch die großen Szenen des Films.
Seine Filmpartnerin Chulpa Khamatova, die mir bis dato noch völlig unbekannt war, spielt aber auf jeden Fall auf einem ebenbürtigen Niveau und sticht ihn in den gemeinsamen Szenen fast sogar aus, was vielleicht auch etwas auf ihre natürliche Schönheit zurückzuführen ist ;)
Als dritte großartige Schauspielerin im Bunde agiert Katrin Saß, die es schafft dem Zuschauer eindrucksvoll die Dramatik der Geschichte näher zu bringen, durch ihr Kämpfen gegen den Tod, wie es ihr erst von Tag zu Tag besser geht, und sie dann auf dem Höhepunkt wieder abstürzt. Eindrucksvoll.
In einer viel zu kleinen Nebenrolle agiert aber leider Michael Gwisdek, der in seinen ganz wenigen Auftritten zu einem der Highlights des Films gehört.

Aber auch bei den Schauspielern gibt es in meinen Augen kleine Schwächen, so konnte mich die Besetzung von Alex Schwester Ariane mit Maria Simon und deren Freund Rainer mit Alexander Beyer überhaupt nicht überzeugen. Gerade von Alexander Beyer, der mir bisher als großartiger Schauspieler aufgefallen ist (und der immerhin letztes Jahr einen großen Anteil an einer deutschen Oscar-Nominierung hatte), hätte ich doch einiges mehr erwartet. Doch er bleibt fast immer nur blass im Hintergrund, völlig unscheinbar, völlig austauschbar und tritt nur in 2 Szenen aus dem Hintergrund hervor, dabei aber in beiden grandios. Einmal als er stotternd der Mutter seine DDR-Geschichte erzählen soll (die er als Wessi natürlich gar nicht hat) und einmal als er im Auto sitzt und fährt und alle ein altes Lied aus der DDR anstimmen und er als einziger nicht mitsingen kann. Mehr von diesen Szenen hätte ich mir aber gewünscht.
An seiner Rolle und an der von Maria Simon kann ich auch einen weiteren Kritikpunkt meinerseits an den Film festmachen: Ariane und ihr Freund Rainer stehen dem Treiben von Alex sehr skeptisch gegenüber und sind auch dagegen, machen aber gute Miene zum ihrer Meinung nach falschen Spiel! Doch dieses Konfliktpotential wird von dem Film fast komplett ignoriert. Der Film färbt hier vieles einfach rosarot und geht über potentielle Konflikte mit einer Leichtigkeit hinweg, die man sich fürs richtige Leben wünschen würde.

Auch an anderer Stelle muss ich an dem Film noch etwas Kritik üben. Der Film dauert über 2 Stunden und damit recht lange. Doch es ist nicht immer so, wie bei anderen Filmen dieser oder noch längerer Laufzeit, dass die Zeit wie im Flug vergeht, nein teilweise ist der Film doch recht langatmig. Vor allem zwischen Minute 15 und 45 (so ungefähr ich habe das nicht mitgestoppt) hat der Film recht viele Längen. In der 2. Stunde wird der Film dann aber von Minute zu Minute besser und gerade das Ende ist hervorragend inszeniert, und an Dramatik bei solch einem Film kaum zu überbieten.

Deswegen fällt es mir sehr schwer, um meine Einleitung aufzugreifen, den Satz „Good Bye Lenin ist endlich mal großes Kino“ zu unterschreiben. „Good bye Lenin“ ist unzweifelhaft ein sehr guter Kino-Film, doch er hat halt seine Schwächen, die mich persönlich gestört haben und im Vergleich muss ich einfach sagen, dass es in letzter Zeit einfach deutsche Filme im Kino gab, die noch besser waren und deswegen kann man „Good bye Lenin“ auch nicht als die Auferstehung des anspruchsvollen deutschen Films feiern, sondern nur als den größten Publikumserfolg eines anspruchsvolleren deutschen Films („Der Schuh des Manitu“, dessen Sinn und Witz sich mir auch bei dreimaligem Anschauen keine Minute lang erschlossen hat, habe ich jetzt mal meinen ganzen Bericht lang ausgeklammert, bei meinen Bezügen zum deutschen Film“)

F A Z I T
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Anschauen? Auf jeden Fall! „Good bye Lenin“ ist ein Film mit viel Dramatik und Witz und großartigen Darstellern, aber auch Schwächen, gerade im ersten Drittel des Films und aufgrund der zu großen Leichtigkeit mit der teilweise über Konflikte hinweg gegangen wird.

8 sozialistische Punkte auf meiner 10er Skala!

D A T E N
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Originaltitel: Good Bye, Lenin!
Genre: Tragikkomödie
Deutschland 2003, FSK 6, Laufzeit: 121 Minuten

Darsteller: Daniel Brühl (Alex Kerner), Katrin Saß (Christiane Kerner), Chulpan Khamatova (Lara), Maria Simon (Ariane Kerner), Florian Lukas (Denis), Alexander Beyer (Rainer), Burghart Klaussner (Robert Kerner), Franziska Troegner (Frau Schäfer), Michael Gwisdek (Direktor Dr. Klapprath)

Regie: Wolfgang Becker
Produzent: Stefan Arndt
Drehbuch: Wolfgang Becker, Bernd Lichtenberg
Musik: Yann Tiersen
Kamera: Martin Kukula
Schnitt: Peter R. Adam
Kostüme: Aenne Plaumann


W E I T E R F Ü H R E N D E *I N F O R M A T I O N E N
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Offizielle Homepages: http://www.79qmddr.de ; http://www.good-bye-lenin.de

Internet Movie Database: http://german.imdb.com/Title?0301357

Online Filmdatenbank: http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=32402


© Björn Becher 2003

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