Kurzgeschichten Testbericht

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Erfahrungsbericht von Erwin1678

Corinnix

Pro:

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Kontra:

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Empfehlung:

Ja

Die drei Freunde machten sich nun, nachdem sie sich endlich wieder gefunden hatten und alle erlebten Geschichten ausgetauscht waren, fröhlich auf den Weg. Sie waren sehr froh, dass alle ihre Abenteuer unbeschadet überstanden hatten. Nun sollte es weiter in Richtung Bleichlingsland gehen, welches immer noch das eigentliche Ziel der Freunde war, um Corinnix wieder zu ihrem normalen Aussehen zu verhelfen.

Lange Zeit flog Vogel Xelor dahin, ließ sich von den Winden treiben und genoss, wie seine Freunde, die Aussicht. Wunderbare Landschaften zogen unter ihnen vorbei. Manches Mal sahen sie tagelang nur riesige Flächen aus Wasser, dann wieder Wälder, soweit das Auge reichte. Sie überquerten das Gebiet der Blumenschwänzler, deren wundersamer Anblick sie gerne zum Anhalten verleitet hätte. Aber Vogel Xelor drängte weiter. Und so blieb von diesem Landstrich nur der Eindruck vieler winkender Wesen, deren Körper in einem langen Schwanz endete, auf dem Blumen in den leuchtendsten Farben wuchsen. In dieser Gegend wurde ihnen noch ein weiteres Schauspiel geboten. Sie flogen auf einen Regenbogen zu, der sich als etwas entpuppte, was noch nie jemand gesehen hatte. Die Regenbögen der Blumenschwänzler waren nämlich keine Farbspiele, die nur aus reflektierendem Wasser und Sonneneinstrahlung hervorgerufen wurden, sondern diese hier waren aus Blüten, in tausend Farbfacetten, so dass die Fee Setugridut vor Ergriffenheit Corinnix‘ Hand ergriff und sie an sich drückte.

Viele Tage und Nächte vergingen, in denen die drei Reisenden viel Zeit hatten, um über ihre vergangenen Abenteuer zu sprechen. Die Fee Setugridut meinte schließlich, dass dies eine Reise wäre, die sie nie vergessen würde und wäre Corinnix nicht Opfer dieses Wesens des Rauches geworden, hätten sie die fremden Völker nie kennengelernt. Die Stimmung war gut und oft hörte man von Ferne ihre Stimmen erklingen, die fröhliche Lieder sangen.

An einem Tag, der mit einem wunderschönen Sonnenaufgang begann, waren die drei wieder laut singend unterwegs, als Corinnix plötzlich einen dunklen Punkt am Horizont entdeckte, der direkt auf sie zusteuerte. Noch während die Freunde überlegten, ob es sinnvoll sei, die Richtung zu ändern oder sich irgendwo zu verstecken, bemerkten sie, dass der dunkle Punkt sich ihnen mit sehr großer Geschwindigkeit näherte. Eine Flucht schien aussichtslos und außerdem musste es ja keine Bedrohung sein, die da Kurs auf sie genommen hatte. Vogel Xelor verlangsamte seine Geschwindigkeit. Bald konnten sie erkennen, was da auf sie zuflog. Die Umrisse waren zackig und das Wesen war sehr groß. Die Fee Setugridut hatte bereits begonnen, sich auf ihre Zauberkunst zu besinnen, falls sie angegriffen würden. Corinnix‘ Herz schlug schnell und sie hatte große Angst. Was, wenn dieses Wesen sie in der Luft angriff und sie wieder getrennt würden. Nein, daran durfte sie nicht denken.

Bald war allen klar, dass ein riesiger Drache ihre Bekanntschaft machen wollte. Seine giftgrüne Haut schillerte im Sonnenschein und verlieh ihm ein noch angriffslustigeres Aussehen. Er zog eine weite Kurve und nur kurze Zeit später flog er Seite an Seite mit Vogel Xelor. Sein langes Maul war besetzt mit großen, spitzen Zähnen und als er müde gähnte, schoss ein Feuerstrahl über die Köpfe der Freunde hinweg. Corinnix schrie auf, aber nur vor Schreck. Sofort klappte der Drache sein Maul zu und sah Vogel Xelor mit großen, runden Augen an. Er wirkte gar nicht mehr so angriffslustig und seine Augen blickten eher betrübt drein. Corinnix war verwirrt. Was für ein merkwürdiger Drache! Als der Drache zu sprechen begann, verflog von einem Augenblick zum anderen ihre Angst. Dieses war kein Geschöpf, vor dem man Angst haben musste. Vogel Xelor, die Fee Setugridut und Corinnix lauschten gespannt den Worten des Drachen. Er sprach so leise, dass sie ganz genau hinhören mussten.

Der Drache stellte sich als Resiel-LeGülf vor. Er sei vom Volk der Flüsterdrachen. Ein Grinsen huschte über Corinnix‘ Gesicht. Was es alles gab! Resiel-LeGülf erzählte, dass er den Gesang der drei Reisenden gehört hätte und dass er als Kundschafter ausgeschickt worden sei, um diesen Lärm schnellstens zu unterbinden. Verständnislos fragte die Fee Setugridut, was denn so schlimm an ihrem Gesang gewesen sei. Der Drache antwortete, dass in seinem Land zu bestimmten Zeiten nur im Flüsterton miteinander gesprochen werden dürfe. Jeder laute Ton gefährde die Nachkommenschaft der Rettum, die das Oberhaupt dieses Volkes war.

Während sie nebeneinander herflogen, stellte der Drache fest, dass die Freunde ziemlich erschöpft aussahen und als er sie einlud, mit ihm zu kommen, nahmen sie das Angebot gerne an. Noch einmal wurden sie belehrt, sehr leise zu sein, denn jedes zu laute Wort würde hart bestraft. Nach dem Versprechen, sich daran zu halten, flog der Drache voran.

Leise flüsternd wurde die Unterhaltung fortgesetzt und mit großen Augen verfolgten sie den Flug des Drachens. Bald tauchte unter ihnen eine Flusslandschaft auf. Hohe Gräser bewegten sich sachte im Wind. Die sanft geschwungenen, mit kurzem Gras bewachsenen Hügel bildeten einen Kontrast dazu. Überall zwischen den Hügeln sickerten Rinnsale hervor, die in kleinen Bächen in einen großen See mündeten, der in der Mitte dieser Landschaft zu liegen schien. Corinnix musste daran denken, dass sie sich Drachen immer in anderen Gegenden vorgestellt hatte. Schroffe Klippen und steile Berge passten besser zu ihnen, fand sie. Je näher sie kamen, umso wunderschöner erschien ihnen die Landschaft. An den Bächen tummelten sich tausende, gedrungene Blumen. Ihre Köpfe waren mal weiß, mal gelb oder orange. So sahen die Bäche aus, wie von einem bunten Rahmen umgeben, in dem sie leise gurgelnd ihr Wasser zum See schickten.

Erst nach der Landung fiel es Corinnix auf, dass dieser Landstrich von vielen grünen, niedrigen Hügeln übersät war. Der Drache winkte ihnen zu und sie folgten ihm. Er bewegte sich auf allen vieren und sah dabei so tollpatschig aus, dass die Fee Setugridut Corinnix in die Seite stieß und breit angrinste. Corinnix grinste zurück, legte aber gleichzeitig einen Finger auf ihren Mund. Bloß nichts sagen! Wer weiß, was dann passieren würde. Der Drache blieb vor einem Hügel stehen und wie von Geisterhand öffnete sich dieser und gab einen hellen Raum frei. Flüsternd erklärte der Drache nun, dass sie sich in seiner Behausung befänden und sie, sobald seine Frau Retual-LeGülf sich zeigen würde, eine Stärkung bekämen.

Leise fragte Corinnix, warum sie denn keine anderen Drachen hier gesehen hätten und erhielt sofort darauf die Antwort. Die anderen würden sich zu dieser Zeit auf dem Ritualplatz aufhalten, der in der Sprache der Flüsterdrachen Red-Ztalp-sed-Snetürb hieß. Das sei ja ein unaussprechlicher Dialekt, meinte die Fee Setugridut, aber der Drache antwortete verschmitzt, man müsse es nur langsam und bedächtig aussprechen, dann würde man es schon verstehen. Corinnix hatte den Drachen bald in ihr Herz geschlossen und fragte neugierig, ob sie denn auch mal den Ritualplatz mit diesem merkwürdigen Namen sehen dürfte. Resiel-LeGülf vertröstete sie auf einen späteren Zeitpunkt, da das Ritual auf keinen Fall von Fremden unterbrochen werden dürfe.

Nach einer Weile öffnete sich der Eingang und die Frau des Drachens trat in den Raum. Erstaunt blickte sie auf die drei Fremden und warf ihrem Gatten einen fragenden Blick zu. Flüsternd erklärte dieser ihr, dass dies die lauten Sänger wären, die er vom Himmel geholt hätte, damit das heutige Ritual nicht gefährdet wurde. Neugierig wurden sie von der Drachenfrau beäugt und beinahe erwartete Corinnix eine Standpauke. Retual-LeGülf sah auf gewisse Art gemeiner aus als ihr Gatte. Corinnix schob diese Annahme auf ihr Aussehen. Mit ihrem gelben, schuppigen Körper, der über und über mit leuchtend roten Punkten übersät war, wirkte sie sehr gefährlich.

Während des Mahls, das die Drachenfrau zubereitet hatte, bemerkte Corinnix, dass sie ihr Unrecht getan hatte. Die Drachen waren sehr nett und es war wohl die Überraschung, dass Fremde in ihrem Haus waren, die die Drachenfrau so bedrohlich hatten aussehen lassen. Es schmeckte allen ausgesprochen gut. Die Speisen hatten einen rauchigen, erdigen Geschmack und waren ausgesprochen sättigend und bekömmlich. In Corinnix‘ Schälchen blieb eine winzige Kralle zurück, die sie aber nicht wahrnahm. Wer weiß, ob es ihr noch so gut geschmeckt hätte, wenn sie von dem Tier gewusst hätte, aus dem die Suppe zubereitet worden war. Aber so waren alle satt und zufrieden und als der Drache zum Abschluss ein für diese Gegend typisches Getränk anbot, sagte niemand Nein. Die Flüssigkeit zischte und brodelte in den irdenen Gefäßen und roch sehr scharf. Die Fee Setugridut rümpfte die Nase und goss zuerst dem Vogel Xelor einen Schluck in den Schnabel. Als dieser vor Verzückung mit den Augen rollte, probierte auch sie und stellte fest, dass der Geschmack dieses Getränk nichts mit seinem Aussehen gemein hatte. Auf ihrer Zunge breitete sich ein blumig-frischer Geschmack aus und sie meinte, ein kühler Bach laufe ihre Kehle hinab. Die Gastgeber freuten sich sehr und im Anschluss kam das Gespräch wiederum auf das Ritual.

Retual-LeGülf erklärte den Freunden daraufhin, dass die Rettum, ihre Herrscherin, viermal im Jahr für Nachwuchs sorge. Dieser Nachwuchs befände sich zur Zeit in einem riesigen Ei, das von der Rettum scharf bewacht werde. Jeden Tag würden sich alle Bewohner des Dorfes auf den Weg machen, um das Ei mit ihren Körpern zu wärmen. Die Schale dieses Eis sei aber so dünn, dass das leiseste Geräusch es zum Zerbrechen bringen könne und das sei der Grund, warum zu dieser Zeit nur geflüstert werden dürfe. Bald aber sei der Zeitpunkt gekommen, an dem die jungen Drachen schlüpfen würden.

Einige Tage später fühlten sich die drei Freunde schon richtig heimisch bei den Drachen und auch an das Flüstern hatten sie sich längst gewöhnt. Eines Morgens erklärte der Drache ihnen, dass heute der Tag des Schlüpfens gekommen sei. Noch niemals zuvor hätte ein Fremder dieses Schauspiel zu sehen bekommen, aber man wollte für die lieben Gäste eine Ausnahme machen.

Vogel Xelor, die Fee Setugridut und Corinnix bekamen einen Platz zugewiesen, von dem aus sie zum ersten Mal einen Blick auf die Rettum werfen konnten. Dieses Wesen schien gigantisch, genauso wie das Ei, das vor ihr lag. Corinnix kamen die anderen Drachen vor wie Mäuse, die geschäftig um ihre Herrscherin kreisten. Ihr Blick war eisig kalt, bedrohlich und gleichzeitig besorgt. Corinnix fragte sich insgeheim, welches Wesen diesem Drachen wohl noch gefährlich werden könnte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es etwas Mächtigeres geben könne als dieses Geschöpf. Als Rettum ihre Flügel ausbreitete, verdunkelte sich der Himmel und Corinnix bekam eine Gänsehaut.

Der Zeitpunkt war da. Mit einem Feuerstoß aus dem riesigen Maul der Rettum begann die immer wiederkehrende Zeremonie der Flüsterdrachen. Die Drachen stellten sich in einem Kreis um das riesige Ei auf. Aus ihren Mäulern fuhren ständig kleine Feuerstöße, die die Schale des Eis trafen. Es dauerte nicht lange, und das Ei begann von innen zu glühen. Erste Risse waren zu sehen. Dann ertönte plötzlich ein leises Knistern und die Drachen stellten ihre Hitzezufuhr ein. Die Rettum hob eine ihrer Klauen und als sie diese wieder senkte ertönte wie auf Kommando ein lauter Schrei, aus unzähligen Drachenmäulern, ein kehliger Ton, der Corinnix das Blut in den Adern gefrieren ließ Die Zeit der Stille war vorbei. Im nächsten Moment platzte das Ei regelrecht auseinander. Die Schalen flogen in alle Richtungen davon.

Corinnix und ihre Freunde schauten mit weit aufgerissenen Augen dem Treiben zu. Unzählige kleine Drachenkinder stürzten aus den Trümmern des riesigen Eis. Ihr Geschrei war ohrenbetäubend. Corinnix war überrascht, wie unterschiedlich sie aussahen. Kein Drachenkind glich dem anderen. Sie sah Grüne mit roten Punkten, Rote mit blauen Punkten, Gelbe mit schwarzen Zickzacklinien, Blaue mit grünen Kringeln. Der Vielfalt waren keine Grenzen gesetzt. Corinnix‘ Blick glitt zur Rettum hinüber. Ihr Gesicht zeigte grenzenlosen Stolz. Der Lärm schien ihr nichts auszumachen. Der liebevolle Blick blieb an einigen Drachenkindern hängen, die sich nicht selbst aus dem Ei befreien konnten. Ganz vorsichtig nahm sie eins nach dem anderen in ihr Maul und setzte sie ebenso behutsam auf dem Boden neben ihren Geschwistern ab.

Ein besonders vorwitziges Drachenkind hatte es auf die Fee Setugridut abgesehen. Mit seinen spitzen Zähnchen schnappte es ständig nach dem weißen Kleid, das bereits an einigen Stellen Löcher aufwies. Es war ein Blaues mit weißen Pünktchen und als die Fee ihm einen Stubser auf die Nase gab, schrie es so jämmerlich, dass die Fee gleich Mitleid bekam und es auf ihren Arm nahm. Wieder mutiger, biss der kleine Drache zum Dank heftig in ihren Finger.

Corinnix schaute dem Treiben voller Freude zu. Was für eine quirlige Gesellschaft! Sie entdeckte Resiel-LeGülf und rannte auf ihn zu. Was jetzt mit den vielen kleinen Kindern passieren würde, wolle sie wissen. Und er erklärte ihr, dass nun jedes Drachenpaar einige der Drachenkinder aufnehmen und sie einige Monate aufziehen würde. Dann seien sie groß genug, um sich selbst versorgen zu können. Und dann wäre ja auch bald Zeit für das nächste Ei der Rettum.

Die Freunde beschlossen, sich nun bald auf den Weg zu machen. Im Haus ihrer Gastgeber würde man den Platz nun für die Drachenkinder benötigen. Um eine Menge Erfahrungen reicher und mit leckerem Proviant im Gepäck startete Vogel Xelor am übernächsten Tag zu neuen Abenteuern. Noch lange klangen ihnen die Abschiedsrufe der Drachen in den Ohren und die Fee Setugridut stellte betrübt fest, dass sie den kleinen blauen Drachen am Liebsten adoptiert hätte, trotz seiner spitzen Zähne oder vielleicht gerade deshalb?


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-07 10:30:08 mit dem Titel Teil 1

Zu Zeiten, in denen es noch mehr Hexen als Menschen gab, wurde die Hexe Corinnix geboren. Die Eltern Corinnimix und Coronnifox lebten im Lunawald und warteten schon lange sehnsüchtig auf Nachwuchs. Leider verhielt es sich beim Hexenvolke der Corionnen so, dass nur alle 5 Jahre ein Kind geboren werden konnte. Klein-Corinnix wuchs dadurch ziemlich einsam auf und bald wollte es durch die Länder wandern und andere Geschöpfe kennenlernen.

Bei diesen Wanderungen stieß Corinnix eines Tages auf die Wesen des Rauches. Sie bewegten sich schwebend und stießen beim Sprechen und Lachen kleine Rauchwölkchen aus. Lustig sah das aus und Corinnix spielte gerne mit diesen Geschöpfen. Doch eines Tages passierte es, dass eines dieser Wesen sich mitten im Spiel in Luft auflöste und als eine pechschwarze Wolke auf Corinnix herabrieselte. Über und über war sie mit diesem schwarzen Zeug bedeckt und so sehr sie auch rieb und kratzte, es wollte und wollte nicht abgehen.

Jetzt wollte sie auch mit den anderen Wesen nicht mehr spielen, nachdem diese sie so erschreckt hatten und sie obendrein auch noch als schwarze Hexe ausgelacht wurde. Ganz schwer wurde ihr das Herz und sie zog einsam und enttäuscht davon. Sogar die Tiere im Wald rannten vor ihr davon, weil sie sich fürchteten. Sie fühlte sich so einsam, wie eine Hexe nur sein kann. Und das Schlimmste an der ganzen Geschichte war, dass sie auch nicht mehr zaubern konnte. So lief sie lange, bis sie vor Erschöpfung in einem hohlen Baum einen Unterschlupf fand. Schnell fiel sie in einen tiefen Schlaf.

Sie träumte von weißen Wäldern, weißen Wiesen und vielen anderen weißen Dingen. Mitten in diesem wunderbaren Traum erschien der kleinen Corinnix eine Fee mit Namen Setugridut, die sie einludt, mit ihr auf dem Zeitvogel Xelor in eine andere Zeit zu reisen. Corinnix stimmte zu und so flogen sie Hand in Hand in ferne Welten. Lange dauerte diese Reise und sie sahen viele interessante Wesen und Länder. Da gab es zum Beispiel das Land der Verkehrtberge, in dem die Berge auf dem Kopf stehen oder das Land der Hochnasenköpfler, die ihre Nasen oben auf dem Kopf tragen. Da der Vogel Xelor auch mal eine Pause brauchte, verweilten sie bei den unterschiedlichsten Völkern und erlebten die erstaunlichsten Dinge, aber das sind andere Geschichten und sollen ein andermal erzählt werden.

Aber die Fee hatte ein ganz bestimmtes Ziel ausgesucht, und so reisten sie lange Zeit, ohne dass Corinnix wusste, wo die Reise enden würde. Irgendwann aber setzte der Vogel Xelor zur Landung an und Corinnix begriff sofort, dass hier die letzte Station der Reise sein sollte. Dies musste das sagenumwobene Bleichlingsland sein, von dem sie nur wusste, dass die Wesen dort immer so rein und weiß seien, dass man sich selbst immer schmutzig vorkommen musste, selbst dann wenn gerade Waschtag gewesen war.

Nach einem kleinen Begrüßungsritual fragten die Bewohner des Bleichlingsland nach dem Grund dieser endlos langen Reise. Aber nachdem sie Corinnix näher in Augenschein genommen hatten, war sofort ersichtlich, was das Problem war. Ein Bleichling namens Nierosnib führte Corinnix zu einem riesigen Gebäude, aus dem aus allen Ritzen und Löchern weißer Dampf zu kommen schien. Man sagte ihr, dass dieses Gebäude das Arielonium sei. Hier sollte Corinnix über Nacht bleiben und es wurde ihr versprochen, dass am nächsten Morgen eine Überraschung auf sie warten würde. Und so geschah es.

Am nächsten Tag wurde Corinnix von der Fee Setugridut sanft geweckt und kaum stand sie im Sonnenlicht, wurde ihr klar, was die Überraschung gewesen war. Sie war so weiß wie Schnee und duftete wie tausend Blumenwiesen. Endlich war die Schwärze von ihr genommen und sie konnte sogar wieder zaubern. Sie dankte der Fee und den Bleichlingen von ganzem Herzen und versprach, keine ganz so böse Hexe zu werden, wie es allgemein bekannt war. Nur ein paar kleine Streiche, die keinen größeren Schaden anrichten würden, wollte sie beibehalten.

Und so wurde aus der schwarzen wieder die weiße Hexe Corinnix und obendrein konnte sie sich mit der Weisheit brüsten, zu wissen, wie man sich von den schwarzen Klecksen der Wesen des Rauches wieder befreit und ... dass Träume Wahrheit werden können ...


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-08 07:50:46 mit dem Titel Teil 2

Die Gegend, in dem das Volk der Dromanden lebte, nannte sich das Land der Verkehrtberge. Corinnix\' Augen wurden immer größer, je näher der Vogel Xelor diesem Landstrich kam. Seltsam sah das von weitem aus, überall waren zwar Berge zu sehen, aber sie standen tatsächlich auf dem Kopf. Sie sahen aber auch sonst etwas anders als normale Berge aus. Ihre Oberfläche war ziemlich glatt und schwarz, so dass es aus der Luft so aussah, als wäre die Landschaft mit vielen schwarzen Flecken übersät. Hätte die Fee Setugridut Corinnix nicht manches Mal festgehalten, weil sie immer wieder versuchte, durch das Drehen ihres Kopfes die Berge richtig herum zu sehen, hätte sie mit den Bergen wohl eher Bekanntschaft gemacht, als ihr lieb gewesen wäre.

Sie waren gerade gelandet, da rannten bereits viele blondgelockte Geschöpfe auf sie zu und beäugten sie neugierig. Dem Vogel Xelor strichen sie über seine bunt schimmernden Federn, als hätten sie noch nie so etwas Schönes gesehen. Über Corinnix\' schwarzes Aussehen wunderten sie sich allerdings überhaupt nicht. Sie konnten ja nicht wissen, welches Missgeschick Corinnix passiert war. Sie tanzten mit Begeisterung über die Neuankömmlinge um sie herum und reichten ihnen die Hände, um ihnen auf den Boden zu helfen.

Corinnix konnte sich nicht satt sehen an den Dromanden. Die blonden Locken und die hübschen, puppenhaften Gesichter strahlten etwas ganz Besonderes aus. Sie sahen aus, als ob es immer lustig bei ihnen zuginge und auch jetzt jauchzten sie und lachten die ganze Zeit über. Sie führten ihre Besucher zu einem Platz, der von runden Hütten umgeben war. Vor der größten Hütte blieben alle stehen und nach einer Weile trat eine wunderschöne Frau heraus, die alle überragte und offensichtlich das Oberhaupt dieses Volkes war. Im Gegensatz zu allen anderen Dromanden hatte sie pechschwarzes Haar, das von feinen Silberfäden durchzogen war. Sie begrüßte die Fremden sehr freundlich und bot ihnen gleich Unterkunft und Verpflegung an. Ihr Name war Dromana und wie vermutet, war sie die Königin der Dromanden. Sie eröffnete den Besuchern, dass sie es als Ehre empfinden würde, wenn diese an der heute stattfinden Feier zur Eröffnung der Zeit des Bergkreises teilnehmen würden. Zuerst aber wurden Corinnix und Setugridut Hütten zur Verfügung gestellt, in denen sie sich ausruhen konnten. Die Fee Setugridut und Corinnix teilten sich eine Hütte und vor Müdigkeit schliefen beide fast auf der Stelle ein. Dem Vogel Xelor hatte man auf die Schnelle weiches Heu in eine Mulde gestreut, auf der er seine müden Flügel ausbreiten konnte. Zu gegebener Zeit wollten die Dromanden sie wecken, um am Fest teilzunehmen.

Tief und traumlos schlief Corinnix. Sie erwachte, als sie vor der Hütte laute Stimmen und Gelächter hörte. Im nächsten Augenblick ging auch schon die Tür auf und ein kleines Dromandenmädchen steckte den Kopf herein. Ihre Augen funkelten unternehmungslustig und am Liebsten hätte sie Corinnix gleich aus dem Bett gezogen und mit sich gerissen. Aber die Anwesenheit der Fee flößte ihr wohl doch etwas Unbehagen ein. Nach einer kurzen Erfrischung machten sie sich dann zusammen auf den Weg zum Dorfplatz. Dort herrschte ein Trubel, dass alle große Augen machten. Sie erfuhren von Dromia, dem kleinen Dromandenmädchen, dass heute etwas ganz Besonderes passieren würde. Die Dromanden teilten ihre Zeit nicht nach Monaten ein, sondern nach magischen Kreisen, die ungefähr einem Vierteljahr entsprachen. An diesem Tag war die Zeit des Bergkreises angebrochen und gerade dieser Kreis war etwas ganz Besonderes für das Volk. Die magische Zeremonie wurde immer von Dromana vorgenommen.

Plötzlich ertönte ein tiefer gongähnlicher Klang. Alle verstummten und setzten sich dort nieder, wo sie gerade waren und blickten voller Erwartung auf Dromana. Diese hatte die Augen geschlossen und die Arme zum Himmel gestreckt. Ihre langen Haare wurden durch den aufkommenden Wind hin- und hergeweht und umgaben Dromana wie eine schwarze Wolke. Am Himmel erschienen regenbogenähnliche Gebilde, die sich bis zum Horizont ausbreiteten. Corinnix ergriff vor Aufregung die Hand von Setugridut und hielt sie ganz fest. Setugridut deutete ihr mit einem Augenzwinkern an, dass hier nichts Schlimmes geschehen würde und Corinnix verfolgte einigermaßen beruhigt das Schauspiel. Wieder ertönte ein Geräusch, das sich diesmal wie ein Knarren anhörte, als ob jemand eine alte Tür aufstoßen würde.

Zur gleichen Zeit setzte eine Bewegung ein, die sich Corinnix zuerst nicht erklären konnte, bis sie merkte, dass diese Bewegung direkt von den Bergen ausging, die hier überall in der Landschaft zu finden waren. Die Berge fingen tatsächlich an, sich um sich selbst zu drehen! Daher kam auch das Knarren. Corinnix kniff sich in den Arm, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte, aber das tat so weh und hinterließ einen tiefen Abdruck, so dass sie diesen Gedanken sofort wieder verwarf. Jetzt ertönte ein Lachen und Kichern und wie auf ein Signal standen die Dromanden alle gleichzeitig auf und fingen an zu tanzen. Und dann geschah etwas, das Corinnix nicht fassen konnte. Aus den Farben der Regenbögen schwebten durchsichtige Wesen herab, die genauso aussahen, wie die Dromanden selbst. So hatte Corinnix sich immer Engel vorgestellt. Diese Wesen purzelten durcheinander, zogen sich gegenseitig an den weißen Hemdchen, kicherten unentwegt und sahen so lustig aus, dass Corinnix unwillkürlich lachen musste. Sofort hielt sie sich die Hand vor den Mund. Konnten das wirklich Engel sein? Eine andere Möglichkeit gab es doch gar nicht ... Ihre Gedanken überschlugen sich und sie sah Setugridut fragend an. Wieder zwinkerte diese ermutigend und bedeutete Corinnix mit einem Blick, aufmerksam zuzuschauen.

Wie auf ein geheimes Zeichen standen alle Dromanden auf und schauten zum Himmel. Sie streckten den Wesen die Arme entgegen und fingen sie regelrecht auf. Als endlich alle auf dem Boden angekommen waren, brach ein Sturm der Begeisterung los. Überall hörte man Jubelrufe und Freudenschreie und eine wunderbar harmonische Stimmung lang in der Luft. Auf allen Gesichtern spiegelte sich diese endlose Freude wieder und überall hörte man \"Schön, dass Du wieder da bist\" und \"Endlich hat das Warten ein Ende\". Corinnix verstand überhaupt gar nichts mehr und sie hatte das Gefühl, den Verstand zu verlieren. Sie hielt nach Dromia Ausschau und sah diese dann ebenfalls mit einem dieser durchsichtigen Wesen vor Freude tanzen. Fast hätte sie nicht gemerkt, wie Setugridut sie ansprach und hörte fassungslos deren Erzählung zu. Die Fee erklärte ihr nun, was es mit diesen lustigen Wesen auf sich hatte.

Einmal im Jahr erhielten die Dromanden Besuch von ihren Seelen, die sonst im Himmelwald lebten. Dann wurden Geschichten und Erlebnisse ausgetauscht und die Wiedersehensfreude war natürlich entsprechend groß. Als Corinnix fragte, weshalb die Dromanden denn ihren Seelen jetzt schon begegnen würde, meinte die Fee, dass dies bei jedem Volk unterschiedlich wäre. Manche würden ihre Seele erst nach dem Tod treffen und manche eben schon eher. Aber immer sei dies ein schönes Erlebnis, weshalb man auch keine Angst vor dem Tod haben sollte. Auf der anderen Seite dürfte man sich nicht ständig wünschen, seiner Seele zu begegnen, denn man sollte auch am normalen Leben Freude haben. Jetzt verstand Corinnix die Dromanden und versuchte, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn sie ihre eigene Seele treffen würde. Und schön wäre es doch auch, keine Angst mehr vor dem Lebensende haben zu müssen. Corinnix jedenfalls würde dieses Erlebnis bei den Dromanden nie mehr vergessen und sie wollte davon allen aus ihrem Volke erzählen, wenn sie wieder zuhause wäre.

Noch lange währte dieses Fest und es wurde viel gelacht und getanzt, bis der Augenblick gekommen war, sich von den Seelen zu verabschieden. Diese mussten vor Tagesanbruch wieder zurück in den Himmelwald. Es wurde keine traurige Verabschiedung, denn alle wussten, dass sie sich im nächsten Jahr um die gleiche Zeit wiedersehen würden. Nur Corinnix musste weinen, weil dies alles so schön und unfassbar war. Sie saß im Arm von Setugridut und schluchzte so herzzerreißend, dass sogar der Vogel Xelor darauf aufmerksam wurde, der die ganze Zeit etwas abseits gehockt hatte und den das Ganze anscheinend nicht sonderlich wunderte. Er kam herüber und sprach mit dunkler Stimme zu Corinnix \"Weine nicht, denn dies ist kein Anlass zur Traurigkeit, sondern nur zur Freude. Versenke dieses Erlebnis in deiner Erinnerung und nimm es mit Dir, wohin Du auch gehst.\" Corinnix strich dem Freund sanft über die Federn und zwinkerte ihm mit Tränen in den Augen zu.

Einige Tage später wurde es für unsere drei Freunde Zeit für den Aufbruch Richtung Bleichlingsland, denn sie hatten natürlich nicht vergessen, weshalb sie aufgebrochen waren. Sie wollten Corinnix wieder zu ihrer normalen Farbe verhelfen, aber dies würde noch eine Zeit lang dauern, denn es lag noch ein langer Weg vor ihnen. Viele Wesen würden ihnen noch begegnen und Corinnix sollte noch oft ins Staunen geraten, aber das sind andere Geschichten und sollen ein anderes Mal erzählt werden.

----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-09 09:32:30 mit dem Titel Teil 3

Corinnix und ihre Freunde hatten das Land der Verkehrtberge bald hinter sich gelassen. Der Vogel Xelor schraubte sich immer höher und höher, bis er von Winden getragen, in einen Gleitflug übergehen konnte. Lange Zeit flogen sie ruhig dahin und Corinnix und Setugridut sprachen noch eine Weile über die Erlebnisse bei den Dromanden. Als es kälter wurde, verkrochen sie sich zwischen die Federn von Xelor und da war es erst richtig gemütlich. Diesmal dauerte der Flug viel länger als sonst, denn der Vogel Xelor hatte sich bei den Dromanden gut gestärkt und so flog er mehrere Tage und Nächte. Für Corinnix war es ein wunderschönes Gefühl, morgens von der aufgehenden Sonne geweckt zu werden und sie genoss dies ebenso, wie die funkelnden Sterne in der Nacht. Ab und an machten sie sich über die Vorräte her, die die Dromanden ihnen mitgegeben hatten. Alles war getrocknet oder gedörrt und wurde dadurch nicht schlecht. Wasser hatten sie in Schläuchen aus Neramhaut mitgenommen, Nerams wurden bei den Dromanden wie Ziegen gehalten.

Am dritten Tag sahen sie weit am Horizont hoch aufgetürmte, dunkle Wolken, die nichts Gutes versprachen. Xelor meinte, es sei besser, vor dem sich ankündigenden Sturm auf festen Boden zu kommen und flog schnell tiefer. Eine Bergregion lag unter ihnen, die nicht gerade einladend aussah, aber vielleicht konnte man sich dort unten in einer Höhle einen Unterschlupf suchen. Der Sturm kam schneller, als sie erwartet hatten. Xelor musste sich gegen ihn stemmen und aufpassen, dass seine Gäste nicht von seinem Rücken fielen. Es wurde ein sehr holpriger Flug und Corinnix krallte sich mit aller Kraft an seinen Federn fest. Der Sturm heulte und es wurde dunkel um sie herum. Sie schienen mitten im Zentrum des Sturms zu fliegen, wenn man dieses Taumeln noch als Fliegen bezeichnen konnte. Xelor brüllte gerade, dass er noch tiefer gehen würde, als ein gewaltiger Windstoß ihn umwarf. Der Sturm spielte mit ihnen wie mit einem Ball, hierhin und dorthin wurden sie geschleudert und die Kraft verließ sie. Corinnix spürte plötzlich, dass ihre Finger von Xelors Federn abglitten und im nächsten Moment stürzte sie auch schon in die Tiefe. Sie sah Setugriduts entsetzten Gesichtsausdruck, als diese versuchte, hinter ihr herzusehen, aber dann verlor sie den Vogel Xelor völlig aus den Augen. Der Sturm wirbelte sie herum mit einer Kraft, dass sie bald ihr Bewusstsein verlor und hilflos in die Tiefe stürzte.

Hoch über den Wolken liegt das Tal der Träume. Ruhig ist es hier. Weit unten kann man die Wolken sehen, die wie weiche Watte erscheinen. Vom Wind werden sie geformt, er spielt mit ihnen und lässt sie immer wieder anders aussehen. Mal gleichen die Wolken Tieren, mal Bergen und manches Mal bläst er sie so auseinander, dass sie nur noch als weiße Schwaden dahinziehen.

Hier oben ist die Heimat der Traumweber, die im Tal der Träume leben und arbeiten. Die Bewohner dieses Tals kennen die Menschen sehr gut, obwohl sie sie niemals gesehen haben und auch niemals sehen werden. Die Traumweber sind zierliche Geschöpfe, elfengleich, anmutig, niemals wütend oder ungerecht. Sie leben in höchster Harmonie miteinander. Es gibt keine Häuser, wie die Menschen sie kennen. Jeder lebt hier von dem, was vorhanden ist. Dieses Leben ist sehr einfach, aber niemand vermisst etwas und jeder hilft den anderen, wo er kann. Es gibt keine Nahrung, die Traumweber brauchen sie nicht. Außer eines milchartigen Saftes nehmen sie nichts zu sich. Sie leben hauptsächlich von ihrem Wirken. Jeden Tag aufs Neue weben sie die Träume der Menschen.

Im Tal der Träume ist alles weiß, es gibt sogar Bäume, obwohl die Menschen sie nicht erkennen würden. Die Traumweber stellen die Gegenstände, die sie zum leben brauchen, aus Wolkenfäden her. Oft sieht man sie mit langen angelähnlichen Gegenständen nach Wolken fischen. So haben sie ihre Betten und Decken gewebt oder sogar Hängematten, die sie zwischen ihren Bäumen aufhängen können.

In einer dieser Hängematten wacht Corinnix auf und versteht nicht, wo sie ist. Lebt sie noch? Oder ist sie im Hexenhimmel? Wieso wird sie leicht hin- und her geschaukelt? Sie fühlt sich sehr merkwürdig, zwischen Traum und Wachsein. Aufstehen will sie, doch aus diesem schaukelnden Bett herauszukommen, ist gar nicht so einfach. Und weil sie noch nicht so sicher auf den Beinen ist, plumpst sie aus der Hängematte und fällt auf den Boden. Den Boden? Sie hat das Gefühl, dass sie auf Watte liegt. Auf weißer, weicher Watte und deshalb hat der Sturz auch nicht weh getan. Da ihr etwas schwindlig ist, bleibt sie erst mal sitzen und schaut sich um. Da sind Geschöpfe, die Corinnix nicht kennt, aber sie sehen gütig aus, obwohl sie sie ziemlich neugierig mustern. Offensichtlich haben sie noch nie eine Hexe gesehen, schon gar nicht eine schwarze, denkt sich Corinnix. Eines dieser elfenhaften Geschöpfe bewegt sich vorsichtig auf Corinnix zu und streckt ihr etwas entgegen. Ein Getränk, das aussieht wie Milch, nur dünner und durchsichtiger. Durst und Hunger machen sich sogleich bei Corinnix bemerkbar und ihr Magen knurrt laut. Peinlich ist das und sie errötet, aber unter dieser schwarzen Schicht bemerkt es keiner. Aber das Knurren konnte man sehr gut hören und das Geschöpf, das vor ihr steht, grinst sie freundlich an und bedeutet ihr mit einer Handbewegung, dass sie mitkommen soll. Corinnix fragt, wo sie hier ist, bekommt aber außer einem Kopfschütteln keine Antwort. Also folgt sie dem Geschöpf, das bis jetzt noch nicht gesagt hat, wer es ist und was es mit Corinnix vorhat.

Corinnix wird zu einem Platz gebracht, der aussieht, wie von Wolken eingerahmt. Ein Tunnel aus watteähnlichem Material erstreckt sich vor ihr und das Geschöpf deutet mit einer Geste an, dass Corinnix hineingehen soll. Aus der Tiefe des Tunnels leuchtet ihr ein warmes Licht entgegen, das ihr jede Angst nimmt. Langsam geht sie in den Tunnel und sieht beim Zurückschauen, wie sich noch mehr Geschöpfe vor dem Eingang versammeln und hinter Corinnix herblicken. Wieso geht keines der Geschöpfe mit ihr? Eine Gänsehaut überkommt sie vor Aufregung und ihr Herz klopft ihr bis zum Hals. Aber sie hat keine Angst und das findet sie selber merkwürdig. Ihre Gedanken überschlagen sich, drehen sich im Kreis und vor allem muss sie ständig an ihre Freunde denken und ob sie wohlauf sind. Je weiter sie in den Tunnel geht, umso schöner wird das Licht vor ihr und neugierig geworden, geht sie nun schneller, um zu sehen, was es damit auf sich hat.

Am Ende dieses Ganges angekommen, liegt vor Corinnix ein Gewölbe, wie sie noch keines gesehen hat. Wenn sie rundum blickt, sieht sie Wände aus weicher Watte, auf denen Sonne, Mond und Sterne glitzern. Daher kam also das schöne Licht. Der Raum ist leer und es gibt keine weiteren Gänge. Corinnix fragt sich, was sie hier soll und was der Zweck dieses Raumes ist. Sie erschrickt, als plötzlich das Licht ausgeht und nur noch ein schmaler Lichtbogen an der Decke des Gewölbes übrig bleibt. Über die gesamte Decke reicht er und Corinnix kann erkennen, dass sich aus diesem Lichtbogen etwas herausschiebt und sich in Richtung des Bodens bewegt. Es erscheint ihr wie ein glänzender, durchsichtiger Vorhang, der irisiert und viele Farbspiele in den Raum wirft. Dieser Vorhang teilt den Raum und gerade als er den Boden berührt hat, ertönt eine Stimme. Die Stimme ist dunkel und warm und sie erzählt Corinnix vom Leben im Tal der Träume. Sie erzählt von den Traumwebern und ihrer wichtigen Arbeit hier oben. Corinnix erfährt, dass die Traumweber nicht sprechen können, wie andere Geschöpfe. Sie verständigen sich nur mit ihren Gedanken. Allerdings können sie nicht die Gedanken anderer Geschöpfe lesen und deshalb haben sie Corinnix hierher gebracht, zum Traumleser, damit er ihr hilft. Die Traumweber selbst dürfen nicht in dieses Gewölbe, es ist ihnen verboten. Corinnix erfährt einiges über das Leben hier, so auch, dass die Traumweber nicht altern und auch nie jünger waren. Es gibt sie einfach und wird sie immer geben, solange es Menschen gibt, die Gedanken produzieren.

Corinnix ist so fasziniert von dem, was sie hier hört, dass sie beinahe vergisst, den Traumleser zu fragen, ob er etwas von ihren Freunden weiß, die sie im Sturm verloren hat. Der Traumleser bejaht die Frage und erklärt Corinnix, dass sie sich nun gut konzentrieren soll, da er ihr zeigen wird, wo Setugridut und Vogel Xelor sind. Gerade als Corinnix etwas fragen will, erscheint auf dem glänzenden Vorhang für kurze Zeit ein Bild, aber für einen so kurzen Moment, dass Corinnix nur erkennen konnte, dass es der Vogel Xelor war, aber nicht wo er sich befand. Die Stimme fordert Corinnix auf, sich noch mehr zu konzentrieren und ihre Freunde durch ihre Gedanken herbeizurufen. Sie versucht es und das nächste Bild, das erscheint, bleibt länger und sie kann sehen, dass Vogel Xelor auf einem Felsplateau sitzt und sich suchend umschaut. Nun versucht die dasselbe mit Setugridut. Es klappt nicht auf Anhieb und Corinnix merkt, wie sehr sie die Konzentration anstrengt. Nach ein paar Versuchen hat sie auch Setugridut ausfindig gemacht. Diese sitzt unter einem Baum und wird gerade von lustig aussehenden Geschöpfen mit Essen versorgt. Sie haben struppige, grüne Haare und ihre Hände und Füße sehen aus wie Wurzeln.

Ihre Freunde sind also nicht verletzt. Darüber freut sich Corinnix sehr, aber wie soll sie sie wieder finden? Zwar konnte sie sehen, in welcher Umgebung sich die beiden befinden, aber die Gegenden hat sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Der Traumleser lacht und meint, den schwierigsten Teil hätte Corinnix gerade hinter sich gebracht. Jetzt würde er ihr helfen, die beiden zu sich zu holen. Er wird ihnen mit Gedanken sagen, wie sie zum Tal der Träume gelangen. Für die Zeit, die die Freunde brauchen werden, kann Corinnix bei den Traumwebern leben. Auf ihre Frage, ob diese ihr auch etwas zu Essen geben werden, erfährt sie, dass es außer einem Getränk hier nichts gibt, dass sie aber auch nicht mehr brauchen wird.

Ruhige Tage verlebt Corinnix bei den Traumwebern. Sie sieht ihnen bei der Arbeit zu und staunt oft über die Dinge, die sie erlebt. Die Traumweber sind sehr fürsorglich und Corinnix fühlt sich sehr geborgen. Aber jeden Tag hofft sie auch, dass ihre Freunde bald wieder bei ihr sind, die sie schmerzlich vermisst. Nach einigen Tagen wird Corinnix wieder in das Gewölbe des Traumlesers geschickt und er sagt ihr, dass ihre Freunde nicht mehr weit seien. Corinnix\' Freude ist groß und sie gibt zu, dass sie es kaum noch abwarten kann. Der Traumleser gibt ihr zu verstehen, dass sie am nächsten Tag mit den Traumwebern gehen und diesen bei der Arbeit an den Klippen der Gedanken zusehen darf. Sie müsse nur still sein und dürfe die Traumweber nicht bei der Arbeit stören. Allein schon der Name dieses Ortes löst bei Corinnix eine Gänsehaut aus. Was geschieht dort?

Am nächsten Tag geht sie gemeinsam mit den Traumwebern zu den Klippen. Sie wundert sich kurz darüber, woher die Traumweber wissen, dass sie Corinnix mitnehmen sollen, wo sie doch nicht in das Gewölbe des Traumlesers gehen dürfen, erinnert sich dann aber, dass man sich hier nur auf Gedankenwegen verständigt.

Ein leises, sehr melodisches Geräusch ertönt, als sie an den Klippen ankommen. Es klingt wie ein Summen unterschiedlicher Stimmen, das mit zunehmender Dauer immer mehr anschwillt. Nach einiger Zeit ist die Luft erfüllt von diesen Stimmen und man hört nichts mehr um sich herum. Corinnix ist wie verzaubert und fühlt sich unglaublich wohl. Das Licht unterhalb der Klippen wird allmählich heller und Corinnix bemerkt unterschiedliche Farben, die aufflackern, mal blau, mal grün, mal violett. Wie Blitze zucken diese Farben als gezackte Linien immer höher, bis sie den Rand der Klippen erreichen. Immer höher steigen die Linien und noch höher, bis der ganze Himmel ausgefüllt ist mit diesen aufleuchtenden Farben. Und jetzt versteht Corinnix, weshalb manche der Bewohner hier die Gedankenfänger heißen. Einige Traumweber haben ihre Werkzeuge geholt, die wie lange Stäbe aussehen, an denen ein Haken befestigt ist. Mit diesen Fängern greifen sie nach den Linien und ziehen diese zu sich heran. Diese Prozedur dauert sehr lange, denn viele dieser Gedanken müssen gesammelt werden. Nachdem ein großer Berg Gedanken entstanden ist, wird jeder einzelne aufgerollt wie ein Wollknäuel. Bald ist die Gegend übersät mit bunten Knäueln, was sehr lustig aussieht. Irgendwann scheinen es genug zu sein und auf ein Zeichen hin werden diese aufgesammelt und in große Körbe verstaut. Behutsam machen sich die Traumweber auf den Rückweg und ebenso leichtfüßig geht Corinnix hinter ihnen her.

Es ist mittlerweile dunkel geworden, der Abend ist angebrochen. Neugierig wartet Corinnix darauf zu erfahren, was mit den Körben und deren Inhalt passiert. Die Traumweber sind sehr beschäftigt, sie eilen hin und her und legen alle Gedankenknäuel nach Farben sortiert auf einen großen Platz. Nachdem alles verteilt ist, stellen sich alle Weber in einem großen Viereck auf. Sie rollen sich vorsichtig die Gedankenknäuel zu, behalten ein Ende in der Hand, so dass schließlich alle Traumweber mehrere Gedankenfäden in Händen halten. Corinnix findet das alles sehr aufregend und wünscht sich, dass ihre Freunde dies auch sehen könnten. Wie auf ein geheimes Zeichen hin, fangen alle an, einen Teppich zu weben. Dies geht so schnell, dass Corinnix mit den Augen nicht folgen kann. Die Hände der Traumweber sind so flink und geschickt, dass sie im Handumdrehen fertig sind. Das entstandene Werk wird nun aufgerollt und zu den Klippen der Gedanken transportiert. Es ist mittlerweile sehr dunkel, aber der Gedankenteppich flackert wie viele Kerzen und gibt ihnen genügend Licht, um den Weg zu finden.

Die Traumweber halten den Teppich hoch über den Kopf, als wollten sie jemandem zeigen, dass er nun fertig sei. Wieder ertönt das vielstimmige Summen und lange stehen die Traumweber still und lauschen dem Gesang. Als das Summen abbricht, lassen sie den Gedankenteppich in die Tiefe fallen und er verschwindet, einen Schweif aus Sternen nach sich ziehend. Wie wunderschön, Corinnix ist den Tränen nahe. Sie versteht zwar noch nicht alles, aber sie ist sicher, dass es etwas wunderbares ist, woran sie teilnehmen durfte. Lange noch, nachdem sich Corinnix zur Nachtruhe begeben hatte, dachte sie über das Erlebte nach und hatte in dieser Nacht einen besonders schönen Traum.

Es war für Corinnix fast schon selbstverständlich, dass der Traumleser sie am nächsten Tag zu sich rufen ließ und sie fragte, wie ihr das gestrige Erlebnis gefallen hatte. Sie hatte fast keine Worte, um ihre Gefühle zu beschreiben und stellte viele Fragen. An diesem Tag erfuhr sie, dass die Traumweber aus den Gedanken der Menschen einen Traumteppich weben, den sie den Menschen in der Nacht schenken. Was tagsüber die Klippen der Gedanken genannt wird, nennt sich abends die Klippen der Träume. Wenn die Menschen aufmerksam sind und Nachts in den Himmel schauen, können sie ihre Träume manchmal als Sternschnuppen erkennen, aber meistens bleiben sie unerkannt. Jemand, der eine Sternschnuppe sieht, so heißt es, bekommt besonders schöne Träume. Corinnix runzelt die Stirn und meint, dass es doch aber auch böse Träume gäbe. Die Traumweber würden doch nicht absichtlich böse Träume weben? Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen Durch ein Gewitter könne der Traumteppich negativ beeinflusst werden, erklärt ihr der Traumleser und dann stehe es nicht mehr in der Macht der Traumweber, einzugreifen. Ist der Traumteppich an manchen Stellen nicht einwandfrei gewebt, reiche schon Regen aus, um Schaden anzurichten.

Der Traumleser unterbricht seine Erklärungen plötzlich und sagt mit freudiger Stimme zu Corinnix, dass ihre Freunde draußen auf sie warten würden. Corinnix\' Herz macht einen Satz und sie stürmt geradezu durch den Tunnel ins Freie. Zuerst stürzt sie auf Setugridut zu, die beinahe ins Schwanken gerät, als sie Corinnix auffängt. Groß ist die Freude der Drei, sich wohlbehalten und gesund wiederzusehen. Vogel Xelor bekommt natürlich auch eine gebührende Begrüßung und er flattert unwillig mit den Flügeln, als Corinnix ihn zerzaust. Das Erzählen des gegenseitig Erlebten dauert bis spät in die Nacht. Auch Setugridut hat eine lange Geschichte zu erzählen, die vom Volk der Graswurzler handelt. Diese Geschöpfe sah Corinnix bereits kurz auf dem Vorhang im Raum des Traumlesers und sie ist sehr gespannt darauf, mehr von diesem Volk zu erfahren. Aber dies ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-09 22:35:39 mit dem Titel Teil 4

Im Laufe dieser Reise mit dem Zeitvogel Xelor und der mittlerweile zur Freundin gewordenen Fee Setugridut lernte die kleine Hexe Corinnix eine Menge über die unterschiedlichsten Wesen und hatte immer öfter das Bedürfnis, nach Hause zurückzukehren und ihren Eltern über das Erlebte zu erzählen. Aber die Reise, auf die sie sich gemacht hatte, sollte noch lange dauern und Corinnix musste sich in Geduld üben. Aber irgendwann, wenn sie wieder die weiße Hexe Corinnix und nicht mehr die Schwärze von den Wesen des Rauches auf ihr lastete, würde sie sich umgehend auf den Weg zurück machen.

Aber zunächst einmal verließen die drei Freunde das Tal der Träume, um ihren Weg fortzusetzen. Mit dem milchartigen Saft der Traumweber ausgestattet, starteten sie wieder, um ihrem Ziel, dem Bleichlingsland, entgegenzufliegen. Sie überquerten wüstenartige Gebiete, in denen sie sich kein Leben vorstellen konnten. Sogar hoch in der Luft konnte man die große Hitze spüren, die dort unten herrschen musste. Selten sahen sie Grünes dort, aber oft genug vertrocknete Büsche und Bäume und manches Mal fegte der Wind eine Wand aus Sand vor sich her. Seltsame Tiere konnten sie von Xelors Rücken aus beobachten. Manche erschienen ihnen wie übergroße Schlangen, die ihre Körper ineinander verschlungen hatten und hoch aufgetürmt, Hügel bildeten. Corinnix fragte sich, wozu dies gut sein könnte. Vielleicht war es im Inneren des Hügels schön kühl, aber die Tiere, die außen lagen, mussten doch sicherlich unerträgliche Hitze aushalten. Hierüber wusste auch Setugridut nichts zu berichten, aber sie meinte, dass diese Wesen sich sicherlich abwechseln würden und so jedes Tier einmal in die wahrscheinliche Kühle des Inneren käme.

Corinnix dachte darüber nach, wie viele unterschiedliche Wesen es wohl geben könnte, aber je mehr sie darüber grübelte, umso mehr kam sie zu der Erkenntnis, dass es unendlich viele sein müssten, von denen sie bis jetzt nur einen Bruchteil kennengelernt hatte. Ihre Gedanken wurden unterbrochen von einem Geräusch, dass sich anhörte wie das Trampeln einer Horde großer Tiere. Ihr Blick nach unten bestätigte ihre Vermutung. Setugridut bemerkte, dass die Horde von Wesen mit merkwürdigem Aussehen gejagt wurde. Die Tiere, deren Erscheinung Corinnix eine Gänsehaut bereitete, hatten einen sehr langen Hals und waren von ihrer Gestalt her sehr groß. Sie hatten ein langes, wolliges Fell, das ihnen bis auf die hufähnlichen Füße hing. Der Kopf aber war an dem Tier das Beeindruckendste, denn die Ohren waren einfach riesig. Sie hingen ebenfalls bis auf den Boden, und die Tiere trampelten manchmal darauf herum. Überhaupt fand Corinnix, dass diese Geschöpfe ziemlich tollpatschig aussähen und musste über ihre Fluchtversuche eher grinsen. Aber im nächsten Moment schämte sie sich dafür, denn sie wusste ja nicht, was mit den Tieren geschehen würde, wenn die Jäger sie einmal gefangen hatten. Auch das Erscheinungsbild der Jäger fand Corinnix sehr interessant. Es waren Wesen mit sehr langen Beinen, dadurch waren auch sie sehr groß. Eigentlich waren alle Körperteile ziemlich lang, auch die Arme und Finger. In den Händen hielten sie etwas, das Corinnix nicht erkennen konnte, aber es musste schließlich irgendetwas zum Einfangen dieser Tiere sein, vermutete sie. Sie rief Xelor zu, dass er über dieser Gegend kreisen sollte, weil sie gerne sehen wollte, was weiter geschah. Und Xelor tat ihr den Gefallen, sehr gerne sogar, denn er war müde und wollte sich einen Platz zum Landen suchen. Auf einem Hügel fand er schließlich einen Landeplatz, von dem man gut auf die Jagdszene blicken konnte.

Plötzlich entdeckte Corinnix einen Jäger, der von dreien der riesigen Tiere eingekreist worden war und der von ihnen hin- und hergeschubst wurde. Er schrie ganz offensichtlich nach seinen Freunden, das sie ihm helfen sollten. Aber die waren so beschäftigt, dass sie seine Rufe nicht hörten. Sie fragte Setugridut und Xelor, ob man nicht irgendwie helfen könnte, aber Setugridut meine, dass es viel zu gefährlich sei, weil man weder von den Tieren, noch von den Jägern wusste, ob sie ihnen gut gesonnen wären. Xelor meinte, dass es vielleicht schon ausreichen würde, wenn man die Tiere einen Moment ablenkt und kaum hatte er dies gesagt, breitete er seine Flügel aus und stieß im Sturzflug ins Tal hinab. Laut kreischend flog er mehrmals über die Tiere hin, die ihn verwirrt ansahen und mit den Ohren wackelten. Das Gekreische des Vogels behagte ihnen offensichtlich nicht und bald nahmen die drei Tiere Reißaus und rannten kopfschüttelnd davon. Xelor landete neben dem unbekannten Wesen und Corinnix und Setugridut riefen verängstigt, dass er vorsichtig sein sollte und fuchtelten mit den Händen vor Sorge um ihren Gefährten. Sie sahen, wie das Wesen mit Xelor spach und noch erstaunter waren sie, als es auf den Rücken des Vogels stieg und Xelor mit ihm davonflog. Sie erwarteten ihn ungeduldig und auch sehr neugierig. Ob sie jetzt erfahren würden, in welcher Gegend sie sich befanden?

Das Wesen sprang mit einem Satz von Xelors Rücken, nachdem dieser wieder auf dem Hügel gelandet war. Er sah Setugridut und Corinnix mit vor Freude leuchtenden Augen an und sagte, dass er Naköö heiße und ihnen für die Rettung danken wolle. Dies sei aber keine lebensgefährliche Situation gewesen, sondern die Buraden spielten für ihr Leben gerne mit den Hochnasenköpflern. Aber gerade wegen ihrer Tollpatschigkeit verletzten sie ihre Spielgefährten manchmal, obwohl sie dies nicht wollten. Corinnix und ihre Freunde erfuhren also, dass sie sich im Land der Hochnasenköpfler befanden und kaum hatte der Fremde dies gesagt, fiel Corinnix zum ersten Mal auf, dass irgendetwas in seinem Gesicht ihr merkwürdig vorkam. Zuerst wusste sie nicht, was es war, und sie sah zwischen Setugridut und dem Wesen hin und her. Und plötzlich sah sie es. Das Wesen hatte die Nase nicht mitten im Gesicht, sondern oben auf dem Kopf. Jetzt verstand sie auch, warum dieses Land diesen lustigen Namen hatte. Der Hochnasenköpfler hatte die Bewegung ihrer Augen verfolgt und erzählte ihr auf ihren erstaunten Gesichtsausdruck hin von seinem Volk.

Die Hochnasenköpfler waren Überlebenskünstler, hier in diesem Wüstengebiet fehlte es ihnen an nichts. Sie hatten ihren Lebensraum in den Wüstenboden verlegt. Tief unter dem Sand hatten sie ein Höhlensystem geschaffen, welches einer riesigen Stadt glich. Im Laufe der Zeit hatten sich sogar Pflanzen angesiedelt, so dass es sich hier gut leben ließ. Die Hochnasenköpfler hatten eine Möglichkeit gefunden, das Tageslicht tief nach unten dringen zu lassen, damit die Pflanzen gut gedeihen konnten. Sie waren ihr ganzer Stolz und von großer Bedeutung für das Überleben dieses Volkes. Schächte transportierten das Tageslicht in die Tiefe, aber da es natürlich nicht so kräftig wie in der freien Natur war, wurden alle Pflanzen sehr groß, da sie sich zum Licht sehnten. Der größte Stolz dieses Volkes waren die Hochblumen, deren Blüten über einen Meter Durchmesser hatten und deren Duft weit durch die langen Gänge des Höhlensystems wahrzunehmen war. Die Hochblumen wurden bis zu drei Meter hoch und der Hochnasenköpfler erklärte Corinnix, dass sein Volk annehmen würde, dass ihre Nasen genau aus diesem Grunde oben auf dem Kopf säßen. Sie liebten diesen Blumenduft über alles und hatten ihr Riechorgan im Laufe der Geschichte so entwickelt, dass sie näher an die Blüten heranreichen konnten. Die Hochblumen versorgten die Hochnasenköpfler auch mit allerlei Speisen und sogar der Nektar floss so reich, dass sie keinen Durst leiden mussten.

Natürlich wollte Corinnix auch wissen, was die Hochnasenköpfler mit den Buraden machten und da lachte Naköö und meinte, ob es so unglaublich sei, dass unterschiedliche Geschöpfe miteinander spielten. Das habe aber ganz anders ausgesehen, bemerkte Setugridut und schaute ungläubig zu Naköö hinauf. Der grinste breit und sah dadurch noch merkwürdiger aus. Er lud die drei Freunde ein, einige Tage bei seinem Volk zu bleiben, um zu rasten und ihr Leben kennenzulernen. Und so wurden sie in die Geheimnisse des Lebens bei den Hochnasenköpflern eingeweiht und lernten auch die Buraden kennen, die sie zuerst für gefährlich gehalten hatten. Besonders der Nachwuchs der Buraden faszinierte Corinnix und sie spielte am Liebsten mit den Kälbchen. Die Buraden lieferten den Hochnasenköpflern ihr Fell für Kleidung und Decken und die Prozedur des Fellerntens ließen sie gerne über sich ergehen. Und wenn es ab und zu noch einen Leckerbissen in Form von Hochblumenkuchen gab, waren sie vor Vergnügen außer sich. Die Tage vergingen wie im Flug und bald wurde es Zeit, weiterzureisen. Corinnix fühlte sich hier so wohl, dass sie gerne noch länger geblieben wäre, aber gleichzeitig sehnte sie sich auch nach ihren Eltern und wieder einmal fragte sie sich, ob sie diese Wesen wohl jemals wieder sehen würde. Mit Geschenken im Gepäck und Hochblumenkuchen als Proviant ging die Reise weiter und Corinnix‘ Abschiedsschmerz wurde bald überdeckt von neuen Ereignissen. Aber dies sind andere Geschichten und sollen ein anderes Mal erzählt werden.


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-10 08:55:26 mit dem Titel Teil 5

Die Fee Setugridut hatte viel zu erzählen, als sich die drei Freunde endlich im Tal der Träume wiedersahen. Sie wurde von Corinnix bestürmt, alles von den Graswurzlern zu berichten, die sie bereits für einen kurzen Moment auf dem Vorhang im Raum des Traumlesers gesehen hatte.

Der Sturm trug Setugridut weit fort. Durch die Macht des Windes war sie ohnmächtig geworden und er spielte mit ihr wie mit einer Puppe. Unsanft wurde sie schließlich auf eine Wiese geworfen, wo sie regungslos liegenblieb. Ihr erste Erinnerung, so erzählt sie den Freunden, sei ein Kitzeln in ihrem Gesicht gewesen. Gleichzeitig spürte sie etwas Feuchtes an ihrem Mund und da sie schrecklichen Durst hatte, saugte sie die Feuchtigkeit sofort begierig auf. Das Kitzeln hielt an, aber Setugridut war so geschwächt, dass sie die Augen nicht öffnen konnte. Danach musste sie wohl wieder eingeschlafen sein. Beim nächsten Aufwachen fühlte sie sich bereits etwas besser. Wieder war da dieses Kitzeln an ihrem Mund und sie wollte mit den Händen fühlen, was es war. Schließlich wurde das Kitzeln zu stark. Setugridut wischte sich mit der Hand über den Mund und schlug die Augen auf. Über sich sah sie einen sehr blauen Himmel. Sie hob die Hand, um ihr Gesicht vor der Sonne zu schützen. Sie erschrak, denn an einem ihrer Finger hing ein Büschel Gras, das sich bewegte. Im ersten Moment wollte sie das Büschel von ihrer Hand schütteln, bis sie erkannte, dass es nicht nur Gras war, sondern ein Lebewesen, das sich verzweifelt an einem ihrer Finger festklammerte, um nicht herunterzufallen. Ohne die Hand zu bewegen, setzte Setugridut sich langsam auf und konnte nun endlich das Wesen betrachten.

Grün war es und sah tatsächlich aus wie ein Büschel Gras. Aber das, was wohl Arme und Beine darstellen sollten, waren Wurzeln, die viel länger waren, als das Wesen selbst. Es war von sehr zierlicher Gestalt, nicht länger als einer von Setugriduts Fingern. Das kleine erdfarbene Gesicht blickte etwas verwirrt zu Setugridut auf. Es hatte wohl Angst, dass die Fee es versehentlich zerquetschen könnte. Setugridut musste unwillkürlich lächeln, als sie das sprießende Grün auf dem Kopf des Wesens betrachtete. Gleichzeitig zog sich ebenfalls ein Lächeln über das Gesicht des kleinen Wesens. Als es anfing zu sprechen wunderte Setugridut sich über die klare und kräftige Stimme. Sie hörte, wie sie gefragt wurde, wie es ihr ginge und in der ersten Überraschung, dass sie die Sprache verstehen konnte, stammelte Setugridut nur unverständliche Wörter. Das Wesen legte den Kopf schief und streckte ihr einen der langen Wurzelarme hin. Dazu meinte es, dass sie hiermit ihren Durst stillen könnte, falls sie noch welchen hätte und Setugridut wunderte sich noch mehr. Auf ihre Frage, wer das Wesen sei und welchem Volk es angehöre, sagte es, dass sein Name Gramanu sei und er zum Volk der Graswurzler gehöre. Der Name dieses Landes sei Mindron. Gramanu fragte wieder, ob Setugridut noch Durst hätte und erklärte ihr, dass sie nur den wurzelähnlichen Arm in den Mund nehmen müsse, um Wasser zu bekommen. Als sie es versuchte, freute sich Gramanu und fragte Setugridut danach, wie sie hierher gekommen war. Daraufhin erzählte die Fee von dem starken Sturm, der sie und ihre Gefährten getrennt hatte. Sie beschrieb den Zeitvogel Xelor und Corinnix, aber von beiden war hier keine Spur gesehen worden. Traurig fragte sie sich, wie sie sich jemals wieder finden sollten. Gramanu strich ihr über die Hand und meinte, es sei jetzt aber auch wichtig, dass sie selbst wieder zu Kräften käme.

Wie auf ein Zeichen setzte sich plötzlich der Boden, auf dem Setugridut saß, in Bewegung und sie wurde wie von Geisterhand davon getragen. Als sie genauer hinsah, erkannte sie viele andere Graswurzler, Hunderte konnten es sein, die alle ähnlich aussahen wie Gramanu. Einige von ihnen hatten hellere Grashaare und waren kleiner. Wieder andere hatten welkes Gras auf dem Haupt. Setugridut vermutete, dass das unterschiedliche Aussehen vom Alter abhing. Der Marsch dauerte eine ganze Weile und Setugridut konnte sich währenddessen die Landschaft ansehen. Rundherum lagen grüne Wiesen, so weit das Auge reichte, nur selten war ein Baum zu sehen. Die Gegend strahlte eine Ruhe und Besinnlichkeit aus, dass Setugridut sich nicht sattsehen konnte. Bunte Blumen waren über die weiten Wiesen verstreut und erst beim zweiten Blick bemerkte die Fee, dass die ganze Gegend in Bewegung war. Es mussten Millionen von Graswurzlern sein, dachte sie und sah dann, dass auch die Blumen keinen festen Platz hatten. Gramanu erklärte, dass dieser Ort bei den Graswurzlern Mindronahal heiße oder auch der Ort der Wandler genannt werde. An diesem Ort versammelten sich ständig Graswurzler und Blumenwesen, die aus entfernten Gebieten nach verrichteter Arbeit zurückgekehrt waren. Als Setugridut nach den Arbeiten fragte, erfuhr sie, dass es die Lebensaufgabe der Graswurzler sei, vertrocknete Gegenden wieder bewohnbar und grün zu machen, so dass sich auch andere Lebewesen dort wieder wohlfühlten. Die Blumenwesen sorgten dafür, dass sich ihre Nachkommen in den fruchtbar gemachten Gegenden ansiedelten, indem sie ihre Samen in die von den Graswurzlern vorbereitete Erde legten.

Nachdem sie diesen Ort hinter sich gelassen hatten, hielt der Zug der Graswurzler an und Gramanu erklärte Setugridut, dass sie jetzt aufstehen dürfe. Der Platz, an dem sie abgesetzt worden war, erschien ihr genauso wie der Ort der Wandler, nur dass hier alle Wesen ihren festen Platz hatten. Beinahe hätte sich die Fee nicht getraut, aufzustehen, da sie nicht auf die Graswurzler treten wollte, aber Gramanu schüttelte lachend den Kopf und sagte zu ihr, dass sie keine Bedenken haben müsse. Sehr vorsichtig setzte Setugridut Fuß vor Fuß und schaute nach jedem Schritt hinter sich. Als sie aber sah, dass die Wesen sich sofort wieder aufrichteten und keineswegs verletzt aussahen, beruhigte sie sich.

Bei Wurzelkuchen und Blütenpudding erfuhr Setugridut noch eine Menge über die Graswurzler und ihr Leben. Sie merkte, dass es ein ganz besonderes Zusammenspiel verschiedener Wesen gab. Wichtig für die Begrünung vertrockneter Gegenden war auch noch das Volk der Brimi. Die Brimi lebten tief im Boden und waren für die Auflockerung desselben zuständig. Ohne diese Auflockerung war der Boden für die Graswurzler und auch für die Blumenwesen viel zu hart und sie konnten sich dort nicht ansiedeln. Wenn wieder eine steppenartige Gegend gefunden worden war, begann die Arbeit zuerst für die Brimi. Sie machten sich auf den Weg dorthin und gruben sich tief in die Erde. Immer wieder zerfurchten sie den Boden, bis er schließlich locker und bröckelig war. Die Brimi waren dafür besonders gut ausgerüstet. Ihre Arme waren im Laufe ihrer Entwicklung zu Schaufelwerkzeugen geworden und so konnten sie sich ohne große Anstrengung durch den Boden graben. Danach machten sich dann die Graswurzler auf den Weg in das Gebiet, aber nicht ohne vorher ihre Wurzeln voll mit Wasser zu saugen. So vermehrten sie sich in der Steppe nicht nur, sondern sorgten auch dafür, dass immer genügend Wasser für weiteres Wachstum vorhanden war. Wenn ihre Wasserspeicher leer waren, machten sie sich auf den Weg zur nächsten Quelle, wo sie wieder auftanken konnten. Und so ging es immer weiter, so lange, bis alles begrünt war. Erst dann marschierten die Blumenwesen los, um ihre Samen dorthin zu bringen. Setugridut war erstaunt über all das und bedauerte, dass ihre Freunde dies nicht miterleben konnten.

Corinnix hatte die ganze Zeit mit offenem Mund zugehört. Sie runzelte die Stirn, denn einige Dinge hatte sie noch nicht verstanden. Wenn doch die Graswurzler sich in Steppengebieten ansiedelten, wie konnten sie sich dann auf dem Platz der Wandler wiedertreffen? Sie waren doch in der Steppe festgewachsen, oder nicht? Daraufhin erklärte die Fee, dass nur die Ableger der Graswurzler, die sie in der Zwischenzeit bekamen, in der Steppe blieben und die Mutterpflanzen wieder an ihren Heimatort zurückkehrten. Ebenso verhielt es sich mit den Blumenwesen, die immer nur zur Verteilung ihrer Samen in ferne Gegenden zogen. Nun wollte Corinnix aber auch endlich wissen, wie die Fee davon erfahren hatte, wo das Tal der Träume lag und wie sie dorthin gekommen war. Corinnix war überzeugt davon, dass niemand außer den Freunden überhaupt jemals dorthin gelangen könnte. Auch bei ihnen war es schließlich ein großer Zufall gewesen und wenn der Sturm nicht gewesen wäre, hätten sie wahrscheinlich niemals etwas vom Tal der Träume gesehen und von den Graswurzlern natürlich auch nicht, ergänzte sie in Gedanken.

Setugridut erzählte, dass sie plötzlich sehr müde geworden sei, obwohl hellichter Tag war und dass sie sich regelrecht gewünscht hätte, einen Augenblick zu schlafen. Dann aber hätte eine Stimme zu ihr gesprochen, die aus ihrem Inneren zu kommen schien. Die Stimme sagte ihren Namen. Es war der Name des Traumlesers. Der Traumleser erklärte Setugridut, dass sie nun einen Traum habe, der aber Wahrheit sei und dass sie keine Angst zu haben brauche. Dieser Traum würde ihr sagen, wo ihre Freunde zu finden seien. In diesem Traum, so berichtete Setugridut, habe sie gesehen, wie das Leben der Traumweber verliefe. Sogar Corinnix sei in diesem Traum erschienen und die Fee konnte sehen, wie sie an den Klippen der Gedanken stand und den Gedankenfängern bei ihrer wunderbaren Arbeit zusehen durfte. Nach einer Weile sagte die Stimme zu ihr, dass sie in der dritten Stunde des folgenden Tages bereit sein sollte, um ins Tal der Träume zu reisen, um Corinnix wiederzusehen. Wieder würde diese flimmernde Wand erscheinen und Setugridut sollte durch sie hindurch gehen. Auch vor diesem Schritt brauche sie keine Angst zu haben, es würde ihr nichts geschehen.

Diesmal fiel es Setugridut schwerer als sonst, sich von den Wesen zu verabschieden, die sie so freundlich umsorgt und von denen sie so viel erfahren hatte. Sie versprach den Graswurzlern, dass sie ihren Freunden erzählen wollte, wie schön es bei ihnen gewesen sei und wünschte ihnen bei ihren Bemühungen, die Erde fruchtbar zu machen, für die Zukunft viel Freude. Gramanu bedankte sich ebenfalls und fragte die Fee, ob er am morgigen Tag dabei sein dürfe, wenn sie sich auf den Weg in andere Welten machen würde. Dieses Angebot nahm Setugridut gerne an, denn es war ihr schon etwas mulmig, wenn sie daran dachte.

Am nächsten Tag stand Gramanu neben Setugridut, als zur angegebenen Stunde ein Flimmern am Himmel zu sehen war. Setugridut nickte Gramanu noch einmal zu und ging dann auf das Flimmern zu. Verwundert sah Gramanu, wie Setugridut durch die flimmernde Wand ging und verschwunden war. Kurz darauf verschwand auch das Flimmern wieder und Gramanu sah nur noch grüne, weite Flächen wie zuvor.

Hier endete Setugriduts Bericht. Die drei Freunde beschlossen, nun auch bald weiterzureisen. Der Vogel Xelor wollte während der Reise von seinen Erlebnissen berichten. Auch er hatte interessante Dinge gesehen.


----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2005-03-10 09:30:32 mit dem Titel Teil 6

Während der Weiterreise erzählte der Vogel Xelor mit seiner tiefen Stimme von seinen Erlebnissen und die Fee Setugridut und Corinnix lauschten ihm gebannt. Tief in seine Federn gekuschelt, lagen sie da und bekamen eine Gänsehaut nach der anderen, als sie h

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