Wüstenblume (gebundene Ausgabe) / Waris Dirie, Cathleen Miller Testbericht

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ab 9,12
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Erfahrungsbericht von MissyG

Und eines Tages erwachte Waris und dachte sich: eigentlich könnte ich ein Buch schreiben

Pro:

Wichtiges Thema

Kontra:

s.o.

Empfehlung:

Nein

Genau diesen Eindruck hatte ich von diesem Buch. Als ob eine junge Frau auf die spontane Idee gekommen sei, mal eben nebenher ein Buch zu schreiben. Verwundert war ich auch von den 6 glänzenden Bewertungen, die hier schon vorliegen. Lediglich eine Yopi-Autorin, bewertete das Buch mit „nur“ 2 Sternen. Wenn ich ehrlich bin, hat dieser Roman auch nicht mehr verdient. Aber dazu später.


TECHNISCHE DATEN

Wüstenblume von Waris Dirie
Amerikanische Ausgabe unter dem Titel „Desert Flower“ im William Morrow, Inc N.Y. erschienen
Copyright 1998 by Waris Dirie
Deutsche Ausgabe 1999 für Weltbild
349 Seiten
Buch-Nr.: 035758
Als gebundenes Buch für 19,90 € zu haben, TB 8,90 €


WEITERE WERKE DER AUTORIN

Nomadentochter


ZUR AUTORIN

Im Alter von 5 Jahren hat Waris Dirie die Qualen der Beschneidung erlebt, mit 14 läuft sie von Zuhause fort. Ihr Vater möchte sie mit einem alten Mann verheiraten, der 5 Kamele für sie zahlen möchte. So lässt sie das Nomadenleben in der Wüste Somalias hinter sich, flieht zu ihrer Schwester nach Mogadischu und später zu verschiedenen Tanten. Ihr Onkel, der gerade Botschafter in London geworden ist, sucht sie als sein neues Hausmädchen aus und so verbringt sie 4 Jahre im Hause des somalischen Botschafters in London. Später schlägt sie sich als Putzfrau bei McDonalds durch und wird durch Zufall als Model entdeckt. Fortan modelt sie, schließt 2 Scheinehen, die ihr mehr Ärger als Nutzen einbringen und findet letztlich ihre große Liebe und bekommt einen Sohn. Waris Dirie ist UNO-Botschafterin und gefragtes Model auf den Laufstegen der Welt.


KLAPPENTEXT

Waris Dirie ist ein Wesen aus zwei Welten: das Nomadenmädchen aus der endlosen Wüste Somalias und als Topmodel ein Geschöpf der schnellen, kurzlebigen Modewelt. Mit ungefähr 14 Jahren flieht sie vor ihrem Vater, als er sie mit einem alten Mann verheiraten möchte. Ihre Flucht führt sie schließlich als Hausmädchen des somalischen Botschafters nach London. Waris wird dort entdeckt, beginnt eine Modelkarriere und wird von den berühmtesten Modefotografen der Welt aufgenommen.
Doch ein Teil ihrer Seele ist in Afrika geblieben, obwohl sie dort die grausamste Folter erdulden musste, die man einem Mädchen antun kann: Mit 5 Jahren wurde sie beschnitten. Neben den unsäglichen Qualen dieser Prozedur und den lebenslangen Schmerzen hat man sie damit für den Rest ihres Lebens der Möglichkeit jeder sexuellen Empfindung beraubt.
In Wüstenblume erzählt sie von ihrem Leben, erzählt mit der Stimme eines Mädchens und der Stimme der selbstbewussten Frau, die als UNO-Botschafterin und aus ihrer Verbundenheit zu Afrika den Kampf für die 6.000 Mädchen aufgenommen hat, die immer noch weltweit täglich beschnitten werden.


SCHREIBSTIL

Einigermaßen erschrocken hat mich an diesem Buch der völlig ungeordnete, wenn nicht gar wirre Schreibstil der Autorin. Es handelt sich ja um ein autobiographisches Werk, das einer gewissen Chronologie folgen sollte. Waris Dirie jedoch macht sich einen ganz anderen Schreibstil zu eigen. Sie springt in den Wochen, Monaten, Jahren hin und her. Gerade noch erzählt sie, wie sie mit 13 bei ihren Eltern gelebt hat und dann ist sie plötzlich 8 und dann wieder 5 und wieder 13. Ich empfand diese Sprünge anfangs als unangebracht, später sogar nervig. Waris verfolgt einen Gedanken und in der nächsten Minute eine andere, obwohl der erste noch nicht einmal ansatzweise fertig gedacht wurde. Viele Ansätze bleiben in diesem Buch offen.

Das Werk ist in grobe Kapitel eingeteilt (Die Ausreißerin, Eine Frau werden, Passprobleme). Es fehlt aber eine konkrete Gliederung. Im ganzen Buch wird in einfacher Sprache scheinbar wild drauf los geschrieben. Sicherlich handelt es sich hier um das Leben der Autorin, dennoch bleiben viele Fragen, die sie selbst aufwirft unbeantwortet. Hintergründe werden schlecht oder gar nicht beleuchtet, die Autorin springt von einer „normalen“ Schreibweise zur „Fäkalsprache“. Im einen Moment glaubt man eine Realschülerin vor sich zu haben, im nächsten ein Kindergartenkind.

Das Buch las sich in einem Fluss. Ich brauchte lediglich 3 Tage, aber es fesselte mich nicht, sondern ich wollte es nur fertig lesen, um ein Neues zu beginnen. Der gesamte Schreibstil stieß mich ab. Das Buch war geschrieben, als wenn man unbedarft ein Tagebuch führt, aus dem man anschließend die Seiten herausreißt, sie zusammenwürfelt und dann versucht ein erneutes System hinein zu bringen. Einfach enttäuschend.

Ich kann mir nicht erklären, wie dieses Buch auf die Bestsellerlisten gekommen ist und wie um Himmels Willen, sogar ein 2. Buch von W.D. erscheinen konnte.


ZUM BUCH

Ich habe diesmal bewusst den Schreibstil vor die eigentliche Buchkritik gestellt, da ich mich nicht unnütz wiederholen wollte. Wie oben schon gesagt, passte mir der Schreibstil gar nicht in den Kram. Dennoch habe ich hier einem Buch auch schon 5 Punkte gegeben, trotz des in meinen Augen „mangelhaften“ Schreibstiles.
Bei der „Wüstenblume“ passt dieses Vorgehen jedoch nicht.

Durch den wirren Aufbau des Buches verliert der Leser leicht das Interesse an dem Werk. Ließt man die Kritiken zu diesem Buch, entsteht der Eindruck dass es sich hier um einen Kampf gegen die Beschneidung handelt. Im Buch jedoch sucht man nahezu die Seiten, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Wahrscheinlich hat mir auch diese Tatsache den Spaß am Lesen verdorben. Ich habe das Buch mit dem Hintergrund ausgewählt, etwas über dieses barbarische Ritual zu erfahren und zwar von einer Frau, die dieses Leiden durchlebt hat und ihr ganzes Leben unter den Folgen der Beschneidung leben muss. Das Buch jedoch erzählt mir viel über Waris Dirie als glückliches Mädchen in Somalia, als Hausmädchen in London und auch als Model in aller Welt. Die Autorin gibt viel von sich preis. Dinge, die ich persönlich wahrscheinlich verschwiegen hätte. Immer wieder war ich erschrocken, mit welcher Leichtigkeit sie von Prügel und Schlägen spricht: hat sie sich über ihren Vater geärgert, gut verprügelt sie ihren kleinen Bruder. Ist ja nichts dabei? Die 2. Frau ihres Vaters zeigt in ihren Augen nicht genügend Respekt? Hängen wir sie für 2 Tage an einen Baum mit dem Kopf nach unter. Super, hat Wirkung gezeigt! Oder wie wäre es, wenn wir „den Männern die Eier abschneiden“ (Zitat!!!). Dieses Ritual würde man sicher schnell wieder einstellen.

Es ist bewundernswert, wie weit diese Frau gekommen ist. Dafür dass sie mit 18 noch nicht einmal lesen und schreiben konnte, ebenso wenig wie englisch sprechen. Es zeugt von immensem Mut sich in London allein durchzuschlagen, wenn man die Landessprache nicht spricht. Ich ziehe ernsthaft meinen Hut vor dieser Frau, dennoch bin ich der Meinung, sie sollte das Schreiben anderen überlassen.

Die Initiative gegen die Beschneidung afrikanischer Mädchen, die oft genug dieses Ritual mit dem Tod bezahlen müssen, ist unbedingt notwendig und immens wichtig. Am Ende des Buches stehen Kontaktadressen, wie man den Kampf gegen diese uralte, sinnlose Tradition unterstützen kann. Und ganz ehrlich fand ich diese Seite am hilfreichsten.

Ansonsten hat mich das Buch durch die Bank weg enttäuscht. Der Schreibstil gefiel mir nicht, Waris als Person ist mir alles andere als sympathisch, auch wenn mir ihr Schicksal zu Herzen geht. Ein Buch, was man nicht gelesen haben muss.


FAZIT

Alle die sich für das Ritual der Beschneidung in Afrika interessieren, empfehle ich einen Blick in die Suchmaschine. Keinesfalls muss man dazu dieses Buch gelesen haben. Es ist nicht einmal kurzweilig. Die Beschreibung der Beschneidung hat auch mir das Blut in den Adern gefrieren lassen, aber nach den 20 Seiten war auch schon kaum mehr etwas lesenswertes in dem Buch zu finden.
2 Sterne für die Brisanz des Themas und den Mut von Waris Dirie. Mehr hat das Buch leider nicht verdient.

28 Bewertungen