Erfahrungsbericht von w.gruentjens
Splendid Isolation?
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
Stellen Sie sich vor: Sie leben am schönsten Fleck der Erde, Sie haben den schönsten Sandstrand, die schönsten Kokospalmen, das schönste Wetter, genug zu essen, Feuer, eine Hütte.
Was kann einen Menschen, der im Paradies lebt, bewegen, dieses Paradies aufzugeben? Was kann ihn dazu veranlassen, sich in höchste Gefahren zu begeben, auch wenn er nur eine winzige Chance zu haben scheint, daraus gerettet zu werden? Warum zieht ein Mensch, der sich mit der Natur arrangiert hat, der keine Feinde, keine Neider, keinen Berufsstress hat, die Flucht aus dem Paradies dem Leben im Paradies vor?
Der Film, der sich mit diesem Problem beschäftigt, der uns in aller Deutlichkeit die Herrlichkeit des Paradieses, aber auch seine Probleme zeigt, gibt darauf zwei Antworten:
1. HOMO ENS SOCIALE EST (lat.: Der Mensch ist ein geselliges Wesen)...
...wurde schon in den frühesten Staatsphilosophien angeführt.: Der Mensch kann auf die Dauer Einsamkeit nicht ertragen. Er tut alles, nimmt jedes Risiko auf sich, unternimmt jede Anstrengung, um nicht einsam sein zu müssen. Er braucht einen Ansprechpartner, er braucht jemand, über den er sich freuen und ärgern kann, jemand, der einfach da ist. Selbst ein schlimmer Mensch ist einem oft lieber als gar keiner.
Das Schlimmste im Alter, so hört man immer wieder von älteren Menschen, ist nicht die Angst vor dem Tod, ist nicht die größer werdende Mühsal, sind nicht die häufiger werdenden Arztbesuche – nein, das Schlimmste im Alter ist die Einsamkeit, das Gefühl, dass keiner da ist, dass die Freunde weggestorben oder unbeweglich geworden sind.
Neben der Furcht vor der Einsamkeit bzw. der Sehnsucht nach Geselligkeit gibt uns der Film eine andere Antwort für die Flucht aus dem Paradies:
2.CHERCHEZ LA FEMME!(„Suchen Sie die Frau!\", frz.)...
...gibt uns den Auftrag, nach einer weiblichen Person zu suchen, welche die Motivation des Handelns sein könnte.
Wer ist die Dame im Hintergrund? Ist sie eine Mutter, eine Gattin, eine Tochter? Ist sie eine Kollegin, eine Schwester, ein weiblicher Star?
Nein, sie ist viel mehr: Es ist die große Liebe, die seine Gattin werden sollte, die Mutter seiner Kinder – aber es kam etwas dazwischen.
Sie und die Unerträglichkeit der Einsamkeit gemeinsam locken Tom Hanks alias Chuck Noland aus dem Paradies in die schrecklich hektische, schrecklich unnatürliche und doch schrecklich geliebte Welt der Zivilisation zurück.
INHALT
Chuck Noland, ein furchtbar hektischer Systemtechniker von FedEx, schult das Personal dieser Firma in der ganzen Welt – gezeigt wird es im Film in Moskau. Dabei ist er so karrierebeflissen, dass er kaum Zeit hat für seine Freundin Kelly, gespielt von Helen Hunt. So werden an Weihnachten die Geschenke im Auto übergeben, während das Flugzeug schon wartet.
Aber es kommt alles anders als erhofft. Das Flugzeug, das ihn nach getaner Arbeit wieder zu ihr bringen soll, stürzt ab. Bei dem Flugzeugabsturz ist er der einzige Überlebende. Der Flugzeugabsturz ist so dramatisch und realistisch unter Verzicht auf Musik dargestellt, dass man ihn fast miterlebt.
Er landet auf einer einsamen Insel, auf der er sich erst einmal zurechtfinden muss. Dabei passieren natürlich dem Zivilisationsmenschen lustige Zusammenstöße mit der Natur, wenn z. B. die Kokosnüsse fallen und er ganz hilflos nach der Quelle dieser gespenstischen Geräusche sucht. Es gibt viele solcher Stellen, an denen das ganze Kino (das größte am Ort) nicht nur schmunzelt, sondern laut lacht, so herrlich komisch sind sie.
Angespülte FedEx-Pakete kommen ihm zu Hilfe. So bastelt er sich z. B. aus einem Tüllstoff ein Netz.
Als er das Licht eines Schiffes sieht und dorthin paddeln will, muss er erkennen, dass er auf der Insel eingesperrt ist, weil er über die starke Brandung am Korallenriff nicht hinwegkommt.
Als er sich verletzt und mit der blutenden Hand einen Ball anfasst, zeichnet sich auf diesem eine Blutspur ab. Daraus malt er ein Gesicht, gibt dem Ganzen den Namen Wilson und hat einen Gefährten, mit dem er spricht, den er wütend wegschmeißt, dem er, wenn er vom Boot fällt, hinterher springt und den er dann - an der fast traurigsten Stelle des Films - verliert.
So hat er keinen Gefährten mehr, und, obwohl es kein menschlicher Gefährte war wie bei Robinson Crusoe, so ist es doch ein ganz wichtiger Beziehungspunkt in seinem einsamen Leben geworden. Damit ist der Kamerad, den ihm der Zufall zugespielt und den er sich dann selbst geschaffen, mit dem er geredet hat, der ihm die ganze Welt der Menschen ersetzt hat, so gut es ging, verloren. Er ist nun wirklich ganz allein.
***************************************
REST DES INHALTS
Schließlich bastelt er sich – wie dereinst auch Robinson – ein Floß aus kräftigeren Baumstämmen, um nach 4 Jahren der Einsamkeit von der Insel zu fliehen.
Er wird – schon ohnmächtig und fast verdurstet – von einem Ozeanriesen entdeckt und gerettet.
Er erfährt nun nicht nur, dass man eine schöne Todesfeier für ihn gemacht hat, sondern auch, dass seine Freundin, die jahrelang auf ihn gewartet hat, mittlerweile verheiratet und Mutter ist. Nachdem sie nie an seinen Tod hat glauben wollen, haben ihr die Freunde und Verwandten so zugesetzt, dass sie schließlich nachgegeben und eingewilligt hat, jemand, den sie nur mag, aber nicht liebt, zu heiraten.
Bei dem dramatischen Wiedersehen sind alle Beteiligten und Zuschauer von der Frage gepackt, ob nun die alte, die wirkliche Liebe siegen soll und damit die nun einmal entstandene Familie zerstört werden soll, oder ob man die Dinge so akzeptieren wird, wie sie sich nun einmal ergeben haben.
Ganz am Ende des Films stellt er mit 4 Jahren Verspätung dann ein FedEx-Paket zu. Und bei dieser Zustellung begegnet er einer netten jungen Frau, die – möglicherweise allein stehend – ihm den Weg weist, nämlich 4 Wege, für die er sich entscheiden kann und von denen jeder in eine andere Fortsetzung seines Lebens führt.
*******************************************
DIE QUALITÄT DES FILMS
Die Story ist gut ausgedacht. Ich finde sie besser als den Original- Robinson. Man wünscht sich direkt eine Fortsetzung, etwa, dass er mit dieser netten Frau auch noch einmal seine Insel besucht und dort durch irgendwelche Umstände für einige Zeit festgehalten wird.
So gut hat uns allen, auch den Kindern, denen ein anspruchsvoller Film auch einmal zu langweilig sein könnte (14 und 18 Jahre alt), der Film gefallen – vor allem der Mittelteil auf der Insel, dass wir ihn gleich zweimal im Kino angesehen haben.
Die Story haben sich Tom Hanks und der Drehbuchautor gemeinsam ausgedacht.
Dabei haben sie sich beim mittleren Teil, der auf der Insel spielt, mehr Mühe gegeben als bei der Rahmenerzählung. Diese geht über einen durchschnittlichen Hollywood-Film kaum hinaus.
Die schauspielerische Leistung vor allem von Tom Hanks macht den Film zu einem besonderen Erlebnis. Hanks spielt die Hauptperson in den vier Teilen immer passend und zutreffend:
Zunächst den hektischen FedEx-Manager, der die Bescherung und ein Treffen mit seiner Freundin sekundengenau terminieren muss, dann den abgestürzten, in die Steinzeit abgestürzten hilflosen Menschen, der mit seiner Zivilisation ganz schön dumm dasteht, dann den nach vier Jahren schlank und bärtig gewordenen Einsiedler, der sich mit der Natur arrangiert hat, aber doch aus ihr flieht, und schließlich den Mensch, der nach allen Vorkommnissen ernüchtert und geläutert in ein reifes Erwachsenenleben startet.
Im mittleren Teil wird fast nicht gesprochen, es gibt fast keine Musik – und wenn, dann immer dieselbe, aber zurückhaltend eingesetzt – es wirkt nur die großartige schauspielerische Leistung von Tom Hanks, der – gäbe es zwei Oscars für den besten Hauptdarsteller – mit Sicherheit einen erhalten hätte.
Er spielt so natürlich, dass man vergisst, dass es ein Schauspieler ist. Man lebt mit ihm auf der Insel – es ist großartig.
Während er kurz nach der Ankunft noch seine normale Figur hat, muss er nach 4 Jahren Insellebens natürlich viel schlanker, aber auch muskulöser sein. Um das zu erreichen, wurden die Dreharbeiten für 8 Monate unterbrochen. In der Zeit musste Tom Hanks abnehmen und trainieren.
Helen Hunt spielt das durchschnittlichere, normalere Gegenstück zu Chuck Noland, und genauso spielt sie diese Rolle auch: wie die Rolle es erfordert. Damit fällt sie natürlich gegen den herausragenderen Tom Hanks ab.
Die Regie setzt auf den Gegensatz zwischen der zivilisierten Welt und der einsamen Insel. Dabei werden im Mittelteil ganz neue Wege beschritten.
Denn es wirkt ganz bezaubernd, vor allem im Mittelteil, die großartige Regie von Robert Zemeckis, der sich ja schon bisher durch besonders gute Filme ausgezeichnet hatte. Er hat es verstanden, die Gegensätze zwischen der hektischen Welt und der einsamen, ruhigen Insel – dem Paradies? – toll herauszuarbeiten. Er hat – vor allem beim Flugzeugabsturz – Szenen drin, nach denen sich jeder Actionfilm die Finger lecken würde. Wirklich eine tolle Leistung!
Die Kameraführung, die man nur als ungewöhnlich künstlerisch und reif bezeichnen kann und die in dieser Perfektion, kombiniert mit ästhetischem Feinsinn, ganz selten zu finden ist, gehört für mich mit zu den großen Erlebnissen der Filmkunst.
So macht die Kamera nach der Ankunft auf der Insel eine ganz langsame Fahrt um 360 Grad, während der sich Tom Hanks aber weiterbewegt und zu einem Aussichtspunkt steigt.
Der Drehbuchautor Broyles ließ sich, um Erfahrungen aus erster Hand zu sammeln, auf einer einsamen Insel aussetzen. „Das Erste, was mir so in den Sinn kam, war ‚O, mein Gott, ich muss überleben!’ Ich musste herausfinden, wie man zu Trinkwasser kommt, wie man aus einem Stein ein Messer formt und wie man etwas zu Essen organisieren kann. Durch diese Erfahrungen konnte man sich dann ein klein wenig vorstellen, was Chuck durchmachte.“ Diese Erlebnisse hat er schwungvoll, realistisch und witzig verarbeitet.
Das schönste Stück dabei liegt in der Mitte auf der Insel. Diesen Mittelteil könnte ich immer wieder sehen; und das wird wohl auch der Grund sein, die DVD zu kaufen.
Auch die Musik ist großartig, ganz herrlich. Es handelt sich um ein einziges, aber wunderschönes Stück, das auch niemals zusammen mit Sprache oder wichtigen Geräuschen auftritt.
Dieses Stück ist so bezaubernd, dass man es immer wieder hören könnte. So wollte meine Tochter auch gleich den Soundtrack kaufen. Da es sich aber nur um ein einziges Stück handelt, habe ich ihr eigentlich abgeraten, den Soundtrack zu kaufen. Sie hat es natürlich doch getan, und ich muss sagen, es sind vom selben Komponisten viele schöne Stücke darauf – auch wenn die mit diesem Film nichts zu tun haben.
Allerdings gibt es in dem Film zu viel Werbung. Das könnte den einen oder anderen Besucher stören.
EINIGE EINZELHEITEN
1. Beteiligte
Darsteller:
Tom Hanks (Chuck Noland)
Helen Hunt (Kelly Frears)
Regie: Robert Zemeckis
Produzenten: Steve Starkey, Tom Hanks, Robert Zemeckis, Jack Rapke
Drehbuch: William Broyles jr.
Musik: Alan Silvestri
Kamera: Don Burgess
Spezialeffekte: Ken Ralston
Ausstattung: Rick Carter
Schnitt: Arthur Schmidt
Kostüme: Joanne Johnston
2. Sonstiges
Titel Deutschland: Cast Away – Verschollen
Titel USA: Cast Away
Genre: Drama
Farbe, USA, 2000
Kino Deutschland: 2001-01-11
Kino USA: 2000-12-22
Kinoverleih D: UIP
KRITIKEN
Cinema 2001-01: Regisseur Robert Zemeckis lehrt Tom Hanks die Einsamkeit und lässt ihn vier Jahre verwildern. Bevor man selbst Urlaub auf einer einsamen Insel plant sollte man diesen Film gesehen haben.
Kultur Spiegel 2001-01: Für diesen Film nahm Tom Hanks so fanatisch ab, dass ihm amerikanische Journalisten Magersucht unterstellten. Regisseur Robert Zemeckis („Forest Gump“) zeigt mit großer Geduld, was man mit Zivilisationsmüll alles anfangen kann.; dass Hanks ausgerechnet FedEx-M anager ist („The World on Time“), sorgt für ein paar beiläufige Pointen.
EMPFEHLUNG
Ich kann diesen ästhetischen Genuss, dieses Kunstwerk, diesen bei allem künstlerischen Anspruch aber auch herrlich komischen Film nur mit Nachdruck empfehlen. Man muss es aber schaffen, sich die Freude über den schönen Mittelteil nicht durch den schwächeren Rahmen verderben zu lassen.
Auch wenn Anfang und Ende sich nicht über andere gute Hollywood- Produktionen erheben können, die Mitte – die Phase, in der er allein auf der Insel ist – scheint mir ein ganz hohes Filmkunstwerk zu sein, was aber nicht vor lauter Kunst unerträglich wird, sondern so viel Charme und dezenten Witz beinhaltet, dass die Kunst nur hilft, nicht aber stört.
Wer den Film verpasst hat, sollte ihn auf DVD oder Video sehen, wenn er nicht auf die Fernsehwiedergabe warten will.
FAZIT:
Ein wunderschöner Film mit einem der besten Schauspieler, der im Mittelteil mit ruhiger Ästhetik und geistreichem Witz glänzt.
Was kann einen Menschen, der im Paradies lebt, bewegen, dieses Paradies aufzugeben? Was kann ihn dazu veranlassen, sich in höchste Gefahren zu begeben, auch wenn er nur eine winzige Chance zu haben scheint, daraus gerettet zu werden? Warum zieht ein Mensch, der sich mit der Natur arrangiert hat, der keine Feinde, keine Neider, keinen Berufsstress hat, die Flucht aus dem Paradies dem Leben im Paradies vor?
Der Film, der sich mit diesem Problem beschäftigt, der uns in aller Deutlichkeit die Herrlichkeit des Paradieses, aber auch seine Probleme zeigt, gibt darauf zwei Antworten:
1. HOMO ENS SOCIALE EST (lat.: Der Mensch ist ein geselliges Wesen)...
...wurde schon in den frühesten Staatsphilosophien angeführt.: Der Mensch kann auf die Dauer Einsamkeit nicht ertragen. Er tut alles, nimmt jedes Risiko auf sich, unternimmt jede Anstrengung, um nicht einsam sein zu müssen. Er braucht einen Ansprechpartner, er braucht jemand, über den er sich freuen und ärgern kann, jemand, der einfach da ist. Selbst ein schlimmer Mensch ist einem oft lieber als gar keiner.
Das Schlimmste im Alter, so hört man immer wieder von älteren Menschen, ist nicht die Angst vor dem Tod, ist nicht die größer werdende Mühsal, sind nicht die häufiger werdenden Arztbesuche – nein, das Schlimmste im Alter ist die Einsamkeit, das Gefühl, dass keiner da ist, dass die Freunde weggestorben oder unbeweglich geworden sind.
Neben der Furcht vor der Einsamkeit bzw. der Sehnsucht nach Geselligkeit gibt uns der Film eine andere Antwort für die Flucht aus dem Paradies:
2.CHERCHEZ LA FEMME!(„Suchen Sie die Frau!\", frz.)...
...gibt uns den Auftrag, nach einer weiblichen Person zu suchen, welche die Motivation des Handelns sein könnte.
Wer ist die Dame im Hintergrund? Ist sie eine Mutter, eine Gattin, eine Tochter? Ist sie eine Kollegin, eine Schwester, ein weiblicher Star?
Nein, sie ist viel mehr: Es ist die große Liebe, die seine Gattin werden sollte, die Mutter seiner Kinder – aber es kam etwas dazwischen.
Sie und die Unerträglichkeit der Einsamkeit gemeinsam locken Tom Hanks alias Chuck Noland aus dem Paradies in die schrecklich hektische, schrecklich unnatürliche und doch schrecklich geliebte Welt der Zivilisation zurück.
INHALT
Chuck Noland, ein furchtbar hektischer Systemtechniker von FedEx, schult das Personal dieser Firma in der ganzen Welt – gezeigt wird es im Film in Moskau. Dabei ist er so karrierebeflissen, dass er kaum Zeit hat für seine Freundin Kelly, gespielt von Helen Hunt. So werden an Weihnachten die Geschenke im Auto übergeben, während das Flugzeug schon wartet.
Aber es kommt alles anders als erhofft. Das Flugzeug, das ihn nach getaner Arbeit wieder zu ihr bringen soll, stürzt ab. Bei dem Flugzeugabsturz ist er der einzige Überlebende. Der Flugzeugabsturz ist so dramatisch und realistisch unter Verzicht auf Musik dargestellt, dass man ihn fast miterlebt.
Er landet auf einer einsamen Insel, auf der er sich erst einmal zurechtfinden muss. Dabei passieren natürlich dem Zivilisationsmenschen lustige Zusammenstöße mit der Natur, wenn z. B. die Kokosnüsse fallen und er ganz hilflos nach der Quelle dieser gespenstischen Geräusche sucht. Es gibt viele solcher Stellen, an denen das ganze Kino (das größte am Ort) nicht nur schmunzelt, sondern laut lacht, so herrlich komisch sind sie.
Angespülte FedEx-Pakete kommen ihm zu Hilfe. So bastelt er sich z. B. aus einem Tüllstoff ein Netz.
Als er das Licht eines Schiffes sieht und dorthin paddeln will, muss er erkennen, dass er auf der Insel eingesperrt ist, weil er über die starke Brandung am Korallenriff nicht hinwegkommt.
Als er sich verletzt und mit der blutenden Hand einen Ball anfasst, zeichnet sich auf diesem eine Blutspur ab. Daraus malt er ein Gesicht, gibt dem Ganzen den Namen Wilson und hat einen Gefährten, mit dem er spricht, den er wütend wegschmeißt, dem er, wenn er vom Boot fällt, hinterher springt und den er dann - an der fast traurigsten Stelle des Films - verliert.
So hat er keinen Gefährten mehr, und, obwohl es kein menschlicher Gefährte war wie bei Robinson Crusoe, so ist es doch ein ganz wichtiger Beziehungspunkt in seinem einsamen Leben geworden. Damit ist der Kamerad, den ihm der Zufall zugespielt und den er sich dann selbst geschaffen, mit dem er geredet hat, der ihm die ganze Welt der Menschen ersetzt hat, so gut es ging, verloren. Er ist nun wirklich ganz allein.
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REST DES INHALTS
Schließlich bastelt er sich – wie dereinst auch Robinson – ein Floß aus kräftigeren Baumstämmen, um nach 4 Jahren der Einsamkeit von der Insel zu fliehen.
Er wird – schon ohnmächtig und fast verdurstet – von einem Ozeanriesen entdeckt und gerettet.
Er erfährt nun nicht nur, dass man eine schöne Todesfeier für ihn gemacht hat, sondern auch, dass seine Freundin, die jahrelang auf ihn gewartet hat, mittlerweile verheiratet und Mutter ist. Nachdem sie nie an seinen Tod hat glauben wollen, haben ihr die Freunde und Verwandten so zugesetzt, dass sie schließlich nachgegeben und eingewilligt hat, jemand, den sie nur mag, aber nicht liebt, zu heiraten.
Bei dem dramatischen Wiedersehen sind alle Beteiligten und Zuschauer von der Frage gepackt, ob nun die alte, die wirkliche Liebe siegen soll und damit die nun einmal entstandene Familie zerstört werden soll, oder ob man die Dinge so akzeptieren wird, wie sie sich nun einmal ergeben haben.
Ganz am Ende des Films stellt er mit 4 Jahren Verspätung dann ein FedEx-Paket zu. Und bei dieser Zustellung begegnet er einer netten jungen Frau, die – möglicherweise allein stehend – ihm den Weg weist, nämlich 4 Wege, für die er sich entscheiden kann und von denen jeder in eine andere Fortsetzung seines Lebens führt.
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DIE QUALITÄT DES FILMS
Die Story ist gut ausgedacht. Ich finde sie besser als den Original- Robinson. Man wünscht sich direkt eine Fortsetzung, etwa, dass er mit dieser netten Frau auch noch einmal seine Insel besucht und dort durch irgendwelche Umstände für einige Zeit festgehalten wird.
So gut hat uns allen, auch den Kindern, denen ein anspruchsvoller Film auch einmal zu langweilig sein könnte (14 und 18 Jahre alt), der Film gefallen – vor allem der Mittelteil auf der Insel, dass wir ihn gleich zweimal im Kino angesehen haben.
Die Story haben sich Tom Hanks und der Drehbuchautor gemeinsam ausgedacht.
Dabei haben sie sich beim mittleren Teil, der auf der Insel spielt, mehr Mühe gegeben als bei der Rahmenerzählung. Diese geht über einen durchschnittlichen Hollywood-Film kaum hinaus.
Die schauspielerische Leistung vor allem von Tom Hanks macht den Film zu einem besonderen Erlebnis. Hanks spielt die Hauptperson in den vier Teilen immer passend und zutreffend:
Zunächst den hektischen FedEx-Manager, der die Bescherung und ein Treffen mit seiner Freundin sekundengenau terminieren muss, dann den abgestürzten, in die Steinzeit abgestürzten hilflosen Menschen, der mit seiner Zivilisation ganz schön dumm dasteht, dann den nach vier Jahren schlank und bärtig gewordenen Einsiedler, der sich mit der Natur arrangiert hat, aber doch aus ihr flieht, und schließlich den Mensch, der nach allen Vorkommnissen ernüchtert und geläutert in ein reifes Erwachsenenleben startet.
Im mittleren Teil wird fast nicht gesprochen, es gibt fast keine Musik – und wenn, dann immer dieselbe, aber zurückhaltend eingesetzt – es wirkt nur die großartige schauspielerische Leistung von Tom Hanks, der – gäbe es zwei Oscars für den besten Hauptdarsteller – mit Sicherheit einen erhalten hätte.
Er spielt so natürlich, dass man vergisst, dass es ein Schauspieler ist. Man lebt mit ihm auf der Insel – es ist großartig.
Während er kurz nach der Ankunft noch seine normale Figur hat, muss er nach 4 Jahren Insellebens natürlich viel schlanker, aber auch muskulöser sein. Um das zu erreichen, wurden die Dreharbeiten für 8 Monate unterbrochen. In der Zeit musste Tom Hanks abnehmen und trainieren.
Helen Hunt spielt das durchschnittlichere, normalere Gegenstück zu Chuck Noland, und genauso spielt sie diese Rolle auch: wie die Rolle es erfordert. Damit fällt sie natürlich gegen den herausragenderen Tom Hanks ab.
Die Regie setzt auf den Gegensatz zwischen der zivilisierten Welt und der einsamen Insel. Dabei werden im Mittelteil ganz neue Wege beschritten.
Denn es wirkt ganz bezaubernd, vor allem im Mittelteil, die großartige Regie von Robert Zemeckis, der sich ja schon bisher durch besonders gute Filme ausgezeichnet hatte. Er hat es verstanden, die Gegensätze zwischen der hektischen Welt und der einsamen, ruhigen Insel – dem Paradies? – toll herauszuarbeiten. Er hat – vor allem beim Flugzeugabsturz – Szenen drin, nach denen sich jeder Actionfilm die Finger lecken würde. Wirklich eine tolle Leistung!
Die Kameraführung, die man nur als ungewöhnlich künstlerisch und reif bezeichnen kann und die in dieser Perfektion, kombiniert mit ästhetischem Feinsinn, ganz selten zu finden ist, gehört für mich mit zu den großen Erlebnissen der Filmkunst.
So macht die Kamera nach der Ankunft auf der Insel eine ganz langsame Fahrt um 360 Grad, während der sich Tom Hanks aber weiterbewegt und zu einem Aussichtspunkt steigt.
Der Drehbuchautor Broyles ließ sich, um Erfahrungen aus erster Hand zu sammeln, auf einer einsamen Insel aussetzen. „Das Erste, was mir so in den Sinn kam, war ‚O, mein Gott, ich muss überleben!’ Ich musste herausfinden, wie man zu Trinkwasser kommt, wie man aus einem Stein ein Messer formt und wie man etwas zu Essen organisieren kann. Durch diese Erfahrungen konnte man sich dann ein klein wenig vorstellen, was Chuck durchmachte.“ Diese Erlebnisse hat er schwungvoll, realistisch und witzig verarbeitet.
Das schönste Stück dabei liegt in der Mitte auf der Insel. Diesen Mittelteil könnte ich immer wieder sehen; und das wird wohl auch der Grund sein, die DVD zu kaufen.
Auch die Musik ist großartig, ganz herrlich. Es handelt sich um ein einziges, aber wunderschönes Stück, das auch niemals zusammen mit Sprache oder wichtigen Geräuschen auftritt.
Dieses Stück ist so bezaubernd, dass man es immer wieder hören könnte. So wollte meine Tochter auch gleich den Soundtrack kaufen. Da es sich aber nur um ein einziges Stück handelt, habe ich ihr eigentlich abgeraten, den Soundtrack zu kaufen. Sie hat es natürlich doch getan, und ich muss sagen, es sind vom selben Komponisten viele schöne Stücke darauf – auch wenn die mit diesem Film nichts zu tun haben.
Allerdings gibt es in dem Film zu viel Werbung. Das könnte den einen oder anderen Besucher stören.
EINIGE EINZELHEITEN
1. Beteiligte
Darsteller:
Tom Hanks (Chuck Noland)
Helen Hunt (Kelly Frears)
Regie: Robert Zemeckis
Produzenten: Steve Starkey, Tom Hanks, Robert Zemeckis, Jack Rapke
Drehbuch: William Broyles jr.
Musik: Alan Silvestri
Kamera: Don Burgess
Spezialeffekte: Ken Ralston
Ausstattung: Rick Carter
Schnitt: Arthur Schmidt
Kostüme: Joanne Johnston
2. Sonstiges
Titel Deutschland: Cast Away – Verschollen
Titel USA: Cast Away
Genre: Drama
Farbe, USA, 2000
Kino Deutschland: 2001-01-11
Kino USA: 2000-12-22
Kinoverleih D: UIP
KRITIKEN
Cinema 2001-01: Regisseur Robert Zemeckis lehrt Tom Hanks die Einsamkeit und lässt ihn vier Jahre verwildern. Bevor man selbst Urlaub auf einer einsamen Insel plant sollte man diesen Film gesehen haben.
Kultur Spiegel 2001-01: Für diesen Film nahm Tom Hanks so fanatisch ab, dass ihm amerikanische Journalisten Magersucht unterstellten. Regisseur Robert Zemeckis („Forest Gump“) zeigt mit großer Geduld, was man mit Zivilisationsmüll alles anfangen kann.; dass Hanks ausgerechnet FedEx-M anager ist („The World on Time“), sorgt für ein paar beiläufige Pointen.
EMPFEHLUNG
Ich kann diesen ästhetischen Genuss, dieses Kunstwerk, diesen bei allem künstlerischen Anspruch aber auch herrlich komischen Film nur mit Nachdruck empfehlen. Man muss es aber schaffen, sich die Freude über den schönen Mittelteil nicht durch den schwächeren Rahmen verderben zu lassen.
Auch wenn Anfang und Ende sich nicht über andere gute Hollywood- Produktionen erheben können, die Mitte – die Phase, in der er allein auf der Insel ist – scheint mir ein ganz hohes Filmkunstwerk zu sein, was aber nicht vor lauter Kunst unerträglich wird, sondern so viel Charme und dezenten Witz beinhaltet, dass die Kunst nur hilft, nicht aber stört.
Wer den Film verpasst hat, sollte ihn auf DVD oder Video sehen, wenn er nicht auf die Fernsehwiedergabe warten will.
FAZIT:
Ein wunderschöner Film mit einem der besten Schauspieler, der im Mittelteil mit ruhiger Ästhetik und geistreichem Witz glänzt.
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