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Erfahrungsbericht von littlewiggle

Le Pen nicht an die Macht

Pro:

?

Kontra:

vieles

Empfehlung:

Nein

Am 21. April fand ja der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Frankreich statt, der mit einer Art Wahldebakel und mit einer großen Überraschung endete. Ich möchte der yopi-Gemeinde etwas über diese Wahlen erzählen und vor allem überlegen, welche Gründe es gibt, dass sehr viel Franzosen auf einmal rechtsextrem wählen. Die Frage ist deshalb so wichtig, weil sich in Europa wohl ein Rechtsruck andeutet; zumindest fällt diese Feststellung zurzeit ab und zu in den Medien.


Bei der Wahl, die in Frankreich mit dem Begriff Elysée 2002 (der Elysée-Palast ist der Regierungssitz in Paris), bezeichnet wird, traten 16 Kandidaten an.

Kandidaten:

Der wohl bekannteste ist Jaques Chirac, der amtierende Präsident der Republik. Seine Partei RPR wird im Parteienspektrum rechts eingeordnet und in Deutschland wird sie als die neogaullistische Partei bezeichnet, da sie in der Tradition des General de Gaulle stehen.

Lionel Jospin war bisher Premierminister und zusammen mit Chirac formte er die sogenannte Kohabitation. Das bedeutet, dass der Präsident und sein Premierminister aus verschiedenen Parteien sind. Seine Partei ist die PS, die sozialistische Partei.

Jean-Marie Le Pen, die Skandalfigur nicht nur dieses Jahr, gehört der rechtsextremen Volksfront FN an. Er möchte unter anderem die Grenzen wieder dicht machen, den Euro wieder abschaffen und ähnliches; er ist also sehr anti-europäisch und unterstütz traditionelle Werte wie Heimat und Familie.

Alle weiteren Kandidaten waren dieses Jahr kaum von großer Bedeutung und bekamen meist kaum über 5%.


Wahlausgang:

Jaques Chirac fuhr mit 19,88% das höchste Ergebnis ein. Jospin erreichte 16,18% und lag zum Schluss damit knapp hinter Le Pen mit 16,89%.

In manchen Departements bekam Le Pen sogar über 30% der Stimmen, das bedeutet jeder dritte wählte rechtsextrem.


Frage nach dem Warum:

Warum wählt Frankreich den Rechtsextremen? Wähleranalysen ergaben, dass ein Großteil der Le Pen-Wähler gar nicht den wirklich rechtsradikalen Rassisten zuzuschreiben ist. Es muss also andere Gründe geben.

Le Pen profitierte unter anderem davon, dass eines der Wahlkampfthemen innere Sicherheit hieß. Während Jospin und Chirac sich gegenseitig auszustechen versuchten, war er am Ende der lachende Dritte. Selbstbewusst propagierte er seine Ziele, z. B. die Schließung der Grenzen. Der Terror in den USA gab den Menschen ein Gefühl der Unsicherheit und sie liefen zur FN über.

Ausländerfeindlichkeit ist insofern ein Grund, als dass Le Pen viele Stimmen in Gebieten bekam, wo man viel Industrie und viele ausländische Gastarbeiter findet. Viele sind schon in der 3. oder 4. Generation in Frankreich und ihre Nachkommen sind oft sehr gewalttätige Jugendlichen. In manchen Städten oder Vororten trauen sich die Bürger kaum noch auf die Straßen, weil alles mit Arabern z. B. überflutet ist.

Eine Protestwahl, wie die vorletzte Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, wo die DVU über 20% bekam, weil den Leuten keine politische Alternative gegeben war, gab es in dem Sinne in Frankreich nicht. Vielmehr blieben viele der Wahl fern, weil für sie klar war, dass es ein Duell zwischen Jospin und Chirac alleine werden würde. Da die beiden sehr ähnliche Programme verfolgen, konnten sich viele nicht entscheiden und wählten gar nicht, was natürlich indirekt auch Le Pen geholfen hat.

Trotz allem bleibt es für Politologen rätselhaft, dass Le Pen z. B. auch in ländlichen Regionen hohe Prozentzahlen einfährt, wo es kaum Kriminalität/Ausländer gibt usw.

Die großen Verluste für die PS kamen zwar auch überraschend, aber auch in den Jahren zuvor hatten die Sozialisten immer wieder Stimmen verloren.


Konsequenzen:

Jospin trat noch in der Wahlnacht von allen seinen politischen Ämtern zurück.

Es folgten Demonstrationen im ganzen Land gegen Le Pen, die am 1. Mai ihren Höhepunkt erreichten.
Le Pen gab zuvor an, er wolle 100.000 Anhänger für den 1. Mai mobilisieren. Zehntausende Le Pen-Anhänger marschierten durch das Zentrum von Paris. Im Gegenzug demostrierten in ganz Frankreich über 1 Million Menschen gegen Le Pen und die Volksfront (FN). Unter anderem gab es gewerkschaftlich organisierte Maikundgebungen in großen Städten wie Marseille, Lyon, Strassburg, Bordeaux oder Toulouse. In Paris gedachten mehrere Hundert Personen des Mordes an einem jungen Araber durch Rechtsradikale vor sieben Jahren. Auch Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Le Pen kamen am Vormittag in Paris zu ihrem traditionellen Marsch zur Statue der französischen Nationalheldin Jeanne d'Arc im Zentrum der Stadt zusammen.


Meine Meinung:

Man kann nur hoffen, dass Le Pen so schlecht wie möglich bei der Wahl abschneidet. Jeder Prozentpunkt mehr gibt den Rechtsextremen neuen Aufwind, und das darf nicht sein!! Jedenfalls steht fest, dass die Wahl am Sonntag kein Vertrauensbeweis für Chirac wird, sondern eine Volksabstimmung über Le Pen. Schade, dass den Sozialisten praktisch keine Wahl bleibt.

Abschließend ein Zitat, das eine französische Reporterin im Internet schrieb:

"Le Pen ist wie ein schwarzes Etwas, das die politische Materie absorbiert und sie in negative Energie umwandelt."

PS: Dieser Bericht wurde noch VOR dem 2. Wahlgang geschrieben und bei Ciao.com gepostet!

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