Audi 80 Testbericht

Ja, so wird er liebevoll genannt. Als Ehrerbietung für sein dickes Fell. Was er schon durchgemacht hat, in den letzten 10 Jahren. Touren nach Ungarn, Süddeutschland, kilometerweise Stadtverkehr und Dauervollgas auf der Autobahn. Die Rede ist von dem Audi 80, welchen ich fahre.

Das Auto ist seit 10 Jahren in unserem Besitz, damals war es ein Neuwagen. Das genaue Baujahr weiß ich nicht, denn es ist mir unbekannt, wie lange er auf irgendwelchen Werksparkplätzen herumparkte. Auf jeden Fall ist er Modell 89.
Seit 3 Jahren besitze ich die große Ehre, ihn fahren zu dürfen. Und ich bin sehr zufrieden. Schon mal vorneweg gesagt, im Stich hat er mich noch nicht gelassen. Keine Pannen, seit wir ihn haben, zumindest kann ich mich nicht erinnern.

Doch nun zum Wesentlichen. Entgegen der Natur ist mein Schweinchen nicht rosa, sondern schwarz. Mit Metalliclack überzogen, welcher aber seinen Glanz dank zahlreicher, größtenteils nicht von mir verursachter Kratzer, verloren hat. Gut, solange man ihn aus einiger Entfernung betrachtet, sieht er noch richtig schnuckelig aus. Die Optik stört nur ein wenig der eingedellte Schweller auf der rechten Seite. Aber ihr könnt euch sicher sein, dass der dafür verantwortliche Stein, eher ein kleiner Felsbrocken, der in die Kurve hineinragte, von mir für diese Missetat zur Verantwortung gezogen wurde.
Was mir an Schweinchen so sehr gefällt, ist die Linienführung. Schaut man sich mal andere 10-jährige Autos an, wie einen Ford Escort oder Opel Vectra, dann sind diese doch eher etwas eckig gehalten. Aber der Designer von Audi hat bei Schweinchen richtig gute Arbeit geleistet. Schön geschwungene Linien, abgerundete Kanten, elegante Seitenansicht. Aber nicht zu rund, weil das mir nun auch wieder nicht gefällt. Halt genau richtig. Keine fette Sau!

Ja, dieses 4,40 m lange, 1,695 m breite und 1,397 m hohe Prachtexemplar Ingolstädter Automobilbaukunst steht nun auf dem Parkplatz vor meinem Wohnheim. Mit knapp 1,40 m Höhe reicht er mir gerade mal zu Brust, aber trotzdem ist der Innenraum sehr großzügig. Da ich nun 1,94 m hoch bin, brauche ich auch ein Auto, in dem ich bequem Platz finde. Und bei diesem ist das der Fall. Der Fahrersitz ist höhenverstellbar und lässt sich, je nach Beinlänge, auch noch nach vorne und hinten verschieben. Aber selbst in der vom Lenkrad am Weitesten entfernten Position hat der eventuelle Passagier auf der Rückbank noch ausreichend Platz. Das gleiche gilt auch für den Beifahrersitz, nur das der nicht höhenverstellbar ist. Nur der Seitenhalt könnte etwas besser sein. Bezogen sind sämtliche Sitzgelegenheiten mit schwarzem Stoff, der aber schon unter seinem Alter leidet, sprich an manchen Stellen mehr oder minder defekt ist. Aber Hauptsache, man kann noch drauf sitzen!!!

Das Cockpit finde ich sehr übersichtlich. Große Rundinstrumente zeigen die aktuelle Geschwindigkeit (meist zu schnell *grins*) sowie die Drehzahl an. Des weiteren gibt es noch einen Kilometerzähler, wie in jedem Auto. Der zeigt gerade 184.000 an. Außerdem noch einen Tageskilometerzähler, eine Tankfüllstandsanzeige (meist zu leer), eine Kühlwassertemperaturanzeige und diverse optische Signallampen für die angezogene Handbremse, der Motorölstand, die Zündungsstufe usw. usw. Ach ja, bevor ich es vergesse, selbst in den frühen 90’ern war man schon auf Fortschritt aus, deshalb hat man auch ein digitales Element ins Cockpit gebaut. Eine Uhr!!! Sämtliche Hebel für Blinker, Licht, Scheibenwischer und Warnblinkanlage um das Lenkrad gruppiert und von dort aus auch gut zu erreichen. Das gleiche gilt auch für die Tasten für die Nebelschlussleuchte, die Heckscheibenheizung, die Drehschalter für die Heizung und das Radio. Der Schacht dafür ist so gut platziert, dass man sogar während der Fahrt die CD wechseln kann. Man muß aber nicht, ich will keinen verleiten, denn sonst bekomm ich den Ärger, wenn es dann doch knallt!!! Das Handschuhfach ist ausreichend dimensioniert, aber der Schließmechanismus ist etwas klapperig. Aber mit Schwung geht es zu und bleibt es auch.

Das einzige, was mich stört, sind die Front- und die Heckscheibe, beziehungsweise der Winkel, in dem die verbaut sind. Der ist nämlich so spitz, dass man beim Putzen an die Ritze, durch die das Gebläse den ganzen Dreck pustet, nicht herankommt. Aber diese Bauweise verleiht halt dem Auto eine etwas sportlichere Außenansicht. So, nun kennt ihr Schweinchen von außen und innen.

Ach ja, mit 5 Mann oder Frau kann man bequem fahren, da die Sitze auch selbiges sind.

Fahren, gutes Stichwort. Kommen wir zum Motor. Das Herz meines Schweinchens besteht aus 4 Zylindern, welche in einem Hubraum von 1781 ccm fröhlich auf und ab tanzen. Damit erzeugen sie 66 KW oder 90 PS, wie es beliebt. Allerdings erst, wenn der Tanz den Rhythmus von 5500 Drehungen (pro Minute) erreicht hat. Nahrung bekommt Schweinchen übrigens aus einer Einspritzanlage (nein, kein Vergaser mehr), welche das Einlassventil jedes Zylinders füttert.
Wer gut isst, soll auch gut ausscheiden. So, oder so ähnlich lautet glaub ich ein Sprichwort. Diese Ergebnisse der Verbrennung werden dann durch das Auslassventil zum Katalysator und dann in die Umwelt befördert. Vorletzterer ist übrigens geregelt, wodurch Schweinchen seinen Mief mit Euro 2 Norm in die Umgebung pustet. So, nun mal etwas Mathematik. Ein Einlassventil + ein Auslassventil macht 2 Ventile. Das mal 4, denn jeder Zylinder hat ja so was, dann kommt man auf 8. Sehr gut, Schweinchens Herz ist ein 8V Motor, wobei mir ein V8-Motor besser gefallen würde.

Das Herz ist für Schweinchen ausreichend, laut Papieren rennt es damit 182 km je Stunde. Für ein Schwein nicht schlecht, oder? Je nach Laune und vor allem Außentemperatur sind sogar noch mehr drinnen, das Tacho zeigte schon mal auf der, natürlich geschwindigkeitsunbeschränkten, Autobahn 210 an. Dabei war der Motor nicht mal sehr laut. Generell ist die Geräuschentwicklung des Benzinfressers, der will sogar Super, nicht sehr störend, es sein denn, man dreht ihn aus. Ab 4800 U/min wird’s etwas unangenehm, aber ich liebe diese Töne.
Was mich nur ein wenig stört, ist der Durchzug im unteren Drehzahlbereich. Bis 3000 passiert nun wirklich nicht viel, da ist Schweinchens Herz etwas schlapp. Dann allerdings legt es los, was für eine Beschleunigung von 0-100 km/h in immerhin respektablen 11 Sekunden sorgt.

Doch zu einem guten Motor gehört auch ein gutes Getriebe. Meins hat 5 Gänge, plus den Rückwärtsgang natürlich. Die Übersetzung ist meiner Meinung nach sehr gut auf das Auto abgestimmt, nicht zu kurz und nicht zu lang. Die Schaltwege sind sportlich kurz, was mir noch besser gefällt. Die Gänge flutschen auch leicht rein,
obwohl mir in letzter Zeit die Kupplung sorgen macht. Die kuppelt nämlich manchmal nicht mehr so richtig aus, aber da werd ich wenigstens mal von jemandem gegrüßt.

Was vergessen? Ja! Schweinchen säuft!! Und das nicht zu knapp! Im Schnitt verhaftet es 10 Liter teures Super auf 100 km. Das ist zuviel. Schweinchen sollte mal in eine Selbsthilfegruppe für anonyme Spritsäufer gehen. Oder ich sollte vielleicht doch mal nicht so, sagen wir mal „sportlich“, fahren.

Angetrieben wird Schweinchen über die Vorderhufe. Das Fahrwerk, natürlich original, nichts tiefergelegt oder anderer Quatsch, ist wie die Schaltung, von Werk aus auch relativ sportlich. Ich bin immer wieder erstaunt über die Kurvengeschwindigkeiten. Die Servolenkung (sehr leichtgängig, kann man Tellerwaschen, wie mein Fahrlehrer immer sagte) ist etwas indirekt, aber trotzdem ausreichend. Schweinchen liegt, für seine Größe und Beschaffenheit, sehr gut auf der Straße und zeigt typisches Fronttrieblerverhalten. Es dauert ewig, bis man das Heck zum Ausbrechen bringt. Behuft ist Schweinchen übrigens mit 175/70 R14. Vorn wie hinten. Für die Leute, dies es interessiert, kann ich noch hinzufügen, dass man die Hufe ohne Umschreibung problemlos auf 205/50 R15 verbreitern kann.

So, nun kennt ihr Schweinchen von außen, innen und vorne. Fehlt nur noch hinten, sozusagen der After. Die Ladekapazität des Kofferraums ist ausreichend, was stört ist die hohe Ladekante und die geringe Höhe zwischen
Unterkante und Oberkante des Gepäckabteils. Wie viel Liter genau in den Kofferraum hineingehen, weiß ich nicht, aber es ist ausreichend. Dafür kenne ich das Fassungsvermögen von Schweinchens Futtervorratsbehälters.
70 Liter. Eine Vollfütterung kann also mal schnell 140 DM kosten, daran will ich gar nicht denken. Mann kommt also ca. 700 km weit, falls man nur Autobahn fährt, noch mal 120 km weiter. Das ist mehr als ausreichend!

Meine persönliche Erfahrung mit Schweinchen:

Schweinchen ist ein treues Herz. Hat mich noch nie im Stich gelassen. Gut, eine Schönheit ist es nicht, aber welches Schwein ist das schon? Probleme gibt es aber trotzdem. So will Schweinchen meist nicht so anhalten, wie ich das will, sprich die Bremsen sind nicht der Hammer. Aber das ist ein Problem, das Audi auch noch beim A4 und A6 hat. Solange man sich drauf einstellt, geht das auch.
Des weiteren hab ich ein echtes 3 Liter-Auto. Schweinchen braucht 3 Liter auf 100 km. ÖL!! Na gut, so schlimm ist es nicht, aber alle 1500 km kann man schon einen Liter nachkippen. Allerdings weiß ich nicht, wohin das Öl verschwindet, weil Flecken unter dem Auto hatte ich keine.
Die Zündung macht mir auch Sorgen, aber die Zündkabel haben auch schon 184.000 km auf dem Buckel, da können sie mal nachlassen. Der Meister in der Werkstatt meinte, man könnte schon gar keinen Widerstand mehr messen.
Der Auspuff ist auch schon nicht mehr original. Erst rostete mir eine Aufhängung durch, was mit einer Schelle für 27,50 DM behoben werden konnte. Aber dann riss das Rohr vor dem Kat. Für den Sound geben manche Leute tausende von Mark aus, ich hab über 300 bezahlt, um ihn wieder zu beseitigen! Doof, oder?
Dann gibt es manchmal noch Trouble mit der Elektrik, gerade erst vor kurzem ging das Blinkrelais vorne links nicht mehr, aber seit ich das eine Schlagloch mitgenommen habe, funzt es wieder.
Und nach der Ursache des Polterns an der Forderachse muß ich noch forschen.

Trotzdem bin ich voll zufrieden mit Schweinchen. Auch, wenn man die Rückbank nicht umklappen kann, bekommt man so etwas wie ein Fahrrad oder eine 1,50x0,80m Tischplatte herein, man muß halt nur etwas fummeln.

So, nun kennt ihr mein Schweinchen von innen und von außen, von unten drunter selbst ein wenig. Ich hoffe, ich hab nichts vergessen, sonst wird Schweinchen böse.

Für die Leute, welche sich das nicht aus dem Text herauslesen konnten, hier noch mal die technischen Daten:

Länge/Breite/Höhe: 4,403m/1,695m/1,397m
Gewicht leer/maximal: 1050/1510 kg
Zuladung: 460 kg
Hubraum: 1781 ccm
Leistung KW/PS: 66/90
Beschleunigung 0-100km/h: ca. 11 sec.
v-max: 182 km/h
Getriebe: 5 Gang manuell + Rückwärtsgang
Verbrauch: ca. 10 Liter, Autobahn 8,5
Ausstattung: Zentralverriegelung, Schiebedach (mit Handbetrieb), Servolenkung, Heckscheibenheizung
Baujahr: Ich tippe auf Ende 1990, da es im April 1991 unser Schweinchen
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