Call Center Agent Testbericht

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ab 23,12
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Summe aller Bewertungen
  • Einstellungschancen:  sehr gut
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  gut
  • Sozialleistungen:  durchschnittlich

Erfahrungsbericht von Die_böse_Maus

Die böse Maus telefoniert und telefoniert.....

4
  • Einstellungschancen:  gut
  • Aufstiegschancen:  gut
  • Verdienstmöglichkeiten:  gut
  • Sozialleistungen:  durchschnittlich

Pro:

leichte Tätigkeit im Sitzen, macht Spaß, gutes Gehalt, Arbeitszeiten

Kontra:

immer dasselbe kann langweilen (Outbound)

Empfehlung:

Ja

Hallo!

Nun bin ich schon 20 Jahre alt und habe immer noch keinen Führerschein. Da mich das so langsam immer mehr gewurmt hat, habe ich beschlossen mir einen Job zu suchen, genauer gesagt eine geringfügige Beschäftigung auf 400 € Basis.
Doch wie soll ich einen Job mit meinem Sohn und meinem Studium vereinbaren?
Zwar ist mein Vater, bei dem wir zur Zeit leben leider arbeitslos und kann sich um Sean kümmern, doch komme ich allenfalls damit zurecht ein paar Stunden von ihm getrennt zu sein. Dann muss ich ja auch noch mindestens so und so viel Semesterwochenstunden belegen und in Anglistik ohnehin ein Semester aufholen, da ich dieses neu dazuwählen muss und zu allem Überfluss kommen sie ja ohnehin - die Klausuren, die Hausarbeiten und Referate.

Auf der anderen Seite habe ich wiederum auch gewisse Vorlieben. Ein Job in der Gastronomie wäre mein Tod. Man gibt mir ein Tablett in die Hand und kann sich sicher sein, dass ich auf den nächsten 5 Metern stolpern werde. Ein Job am PC sollte es sein, das stand vorn herein fest, denn das entspricht absolut meinen Interessen. “Wird doch Call Center Agent!” schlug mir meine Stiefschwester vor. Ich verzog das Gesicht. “Sind das nicht die Leute, die einem am Telefon was andrehen möchten?” Ich war skeptisch, doch ich begann regelmäßig die Stadt - Zeitung nach Angeboten zu durchforsten und fand ein Angebot: Da wurden Call Center Agents für Vollzeit, Teilzeit und zur Aushilfe (400 € Basis) für sofort gesucht. Und sein Kind kann man mit zur Arbeit bringen, denn es wird eine hausinterne Betreuung angeboten. Der Call Center befand sich in direkter Nähe zu Wohnung meines Vaters, man müsste lediglich 10 Minuten mit der U - Bahn fahren.
Mein Interesse war schnell geweckt und ich rief bei der angegebenen Nummer an...

/// Das Vorstellungsgespräch und der Einstellungstest ///

Die nette Dame am anderen Ende gab mir einen Termin für ein Vorstellungsgespräch- und für einen Einstellungstest. Ein Einstellungstest? Mein Magen zog sich zusammen.
Ich fragte, was mich erwarten würde. Ich würde zur Probe ein Verkaufsgespräch am Telefon führen, es ging um die Vermittlung von Lotto - Tippgemeinschaften und anderen Losen. Tja, von Lotto habe ich überhaupt keine Ahnung, denn ich habe noch nie in meinem Leben Interesse an solchen Glücksspielen gehabt und ein Verkaufsgespräch am Telefon? Kurzum: Ich war total unerfahren, aber einen Versuch war es wert.

Beim Vorstellungsgespräch gab ich an, dass ich Interesse an dem Job auf 400 € Basis habe, da ich hauptberuflich studiere und einen kleinen Sohn habe. Die Dame wirkte auf mich recht kühl, wollte wissen welchen Schulabschluss ich habe, was ich studiere, in welchen Bereichen ich schon mal gejobbt habe und ob ich mir vorstellen könnte 3 Mal wöchentlich 4 ½ Stunden zu arbeiten. Ich kam gleich auf die vom Betrieb angebotene Kinderbetreuung zu sprechen, worauf hin sie mir einen hellen, freundlichen Raum neben den “Call Räumen” zeigte, in dem einige Kinder unterschiedlichen Alters spielten und eine junge Frau gerade aus einem Buch vorlas.
Das sieht nicht schlecht aus, dachte ich bei mir und war in diesem Punkt schon mal beruhigt.

Schnell füllte ich den notwendigen Personalbogen aus und es ging weiter zum Einstellungstest. Eine andere Dame, die Teamleiterin stellte sich vor und gab mir einen sogenannten Telefonleitfaden in die Hand, den ich mir doch bitte durchlesen möge. Dieser Call Center telefoniert wohl für verschiedene Lottogesellschaften und ich hatte hier einen Text vor mir liegen, der mir helfen sollte Fremden am Telefon eine Tippgemeinschaft anzudrehen. Die Adressen habe der Call Center daher, dass diese Personen bereits an einem kostenlosen Gewinnspiel teilgenommen haben.

Nachdem ich 15 Minuten für mich hatte, ging die Dame mit mir und zwei anderen, die von einer Zeitarbeitsfirma kamen den Telefonleitfaden durch. Sie sagte nachdrücklich, dass niemand gezwungen erden soll ein Los zu kaufen oder bei der Tippgemeinschaft mitzumachen. Sagt der Kunde “nein”, geben wir am PC “kein Interesse” ein und die Daten werden gelöscht. An dem kostenlosen Gewinnspiel nimmt der Kunde natürlich trotzdem teil. Und es wird natürlich immer erwartet, dass wir freundlich sind.

Gut, das hatte ich alles verstanden. Es ging zwar darum Abschlüsse (also Kaufverträge) zu machen, aber es sollte nicht mit Druck gearbeitet werden. Bei diesem Einstellungstest ging es zunächst nur mal darum, dass die Teamleiterin schauen wollte, wie wir telefonieren. Freundlichkeit und ein bisschen Redegewandtheit waren gefragt. Den PC bediente sie für uns. Dieser spuckte ein Datenblatt einer Person aus (Name, Adresse usw.) und rief automatisch die Person an. Ich hatte den Telefonleitfaden vor mir liegen und musste im Prinzip den Text nur ablesen (ich versuchte aber, mich etwas davon zu lösen um es flüssiger wirken zu lassen). Man musste den Kunden darauf hinweisen, dass die Verlosung (das Gewinnspiel) nun dann und dann stattfinden würde und verwies sofort danach darauf, dass er/sie ja doch sicherlich unser Lottopaket, ein Los etc. haben möchte. Dafür benötige ich das Geburtsdatum, da die Teilnehmer 18 Jahre alt sein müssen. Dieses gaben die meisten auch bereitwillig heraus, doch bei der Bankverbindung war es dann bei diesem Einstellungstest vorbei. Die gaben die zwei Leute, die ich anrief nicht heraus und damit hatte ich auch keine Abschlüsse gemacht. Eingestellt wurde ich trotzdem, denn “das sei ein guter Anfang”, so hieß es.

/// Vorraussetzungen ///

Ich weiß nicht, ob jeder Call Center einen solchen Test durchführt, aber ansonsten gibt es keine Vorraussetzungen hinsichtlich Schulabschluss oder Ausbildung. Man sollte eine (PC) - Maus bewegen können, weitere PC Kenntnisse wie Word oder Excel werden aber nicht benötigt. Wichtig ist, dass man sehr kommunikativ und aufgeschlossen ist. Man sollte nicht vor Schreck auflegen, wenn sich ein Fremder am anderen Ende meldet. Ein bisschen rhetorischer Budenzauber schadet auch nicht.
Man muss auch keine Texte auswendig lernen, denn den Telefonleitfaden hat man immer vor sich liegen.

/// Zeiten ///

Als 400 € Kraft arbeite ich 3 Mal pro Woche jeweils 4 ½ Stunden, entweder vormittags oder nachmittags. Man trägt sich in einen Schichtplan und die Wünsche werden in der Regel nicht abgelehnt. Alle 1 ½ Stunden müssen a l l e Agents eine zehnminütige Bildschirmpause einlegen. Das heißt also, dass ich nur 20 Minuten verschnaufen kann. Für die Raucher gibt es einen speziellen Raum, in dem ich mich als Nichtraucher aber nicht wage. Die Mütter und Väter, die ihr Kind vor Ort beaufsichtigen lassen rennen dann schnell mal in den “Kinder - Raum” rüber, um Sohn oder Tochter mal einen Bussi zu geben.
Zwischendurch etwas trinken (Kaffee und Wasser wird kostenlos gestellt) oder zur Toilette gehen ist natürlich erlaubt.

/// Wie arbeitet man? ///

Jeder hat seinen eigenen Platz, einen Tisch mit Drehstuhl, Telefon und Headset und einem PC mit flachem Bildschirm. Durch Trennwände sind die Agents voneinander abgeschottet, doch schalldicht sind die Teile ja nun nicht. Man hört die anderen telefonieren und man muss, besonders wenn man eine alte Dame oder einen alten Herrn am Apparat hat, die Kopfhörer mal fester auf die Ohren drücken.

Das PC Programm ist simpel. Man muss wirklich nur die Maus bedienen können und die Buchstaben auf der Tastatur finden, um zum Beispiel anzuklicken, dass die Person nicht erreichbar ist oder um das Geburtsdatum und die Bankverbindung einzugeben.
Neben dem Telefonleitfaden hat man eine Liste neben sich liegen, in die man einträgt wie viele Abschlüsse man während seiner Arbeitszeit gemacht hat. Für jeden Abschuss bekommt man eine minimale Provision von 0,50 € zusätzlich zum Stundenlohn (zur Bezahlung gleich mehr) und um zu vermeiden, dass die Chefin sich bei der Lohnberechnung vertut, soll man das selbst festhalten.

Erwartet wird in meinem Fall, dass man 2 Abschlüsse pro Stunde macht. Das hat mich damals ganz schön schockiert. Wird man etwas gefeuert, wenn man das nicht schafft? Schon am 1.Arbeitstag habe ich 10 Abschlüsse gemacht, so dass diese Befürchtung sich schnell auflöste. Wenn man eine gute Telefonstimme hat und ein paar Argumente parat hat, dem gelingt das auf alle Fälle.

/// Bezahlung ///

Ich bekomme einen Stundenlohn von knapp 8 € und noch mal 0,50 € pro Abschluss.
Da ich ohnehin nicht mehr verdienen darf als 400 €, da ich BAFÖG beziehe und dann auch aus der Familienversicherung fallen würde, bin ich mit der Bezahlung sehr zufrieden. Man erhält eine Gehaltsabrechnung und monatlich zum ersten oder zweiten wird das Gehalt aufs Girokonto überwiesen. Als 400 € Kraft braucht man weder Steuerkarte noch Freistellungsantrag, sondern muss lediglich die Sozialversicherungsausweisnummer nennen und eben seine Bankverbindung.

/// Bewertung ///

Für mich ist dieser Job ideal. Ich verdiene mir knapp 400 € im Monat dazu, um meinen Führerschein zu finanzieren, weiß meinen Sohn betreut (obwohl er nur an einem Tag pro Woche dort die 4 Stunden betreut wird, denn an den anderen beiden passt der Opa auf) und habe eine leichte Arbeit. Man sitzt die ganze Zeit und telefoniert. Ich bin hier im Outbound tätig, was bedeutet dass ich Leute anrufe und nicht dass ich eingehende Anrufe entgegen nehme (das wäre Inbound)
Man muss sich anfangs daran gewöhnen, dass man so gut wie 4 Stunden ununterbrochen redet und auch mal jemand am anderen Ende etwas unfreundlicher ist, aber das passiert schon während der Einarbeitung, die in meinem Call Center nur 2 Tage in Anspruch genommen hat, da alles so leicht verständlich ist.
Zwischendurch sollte man immer viel trinken. Zum einen, weil es eine sitzende Tätigkeit ist und zum anderen weil man spätestens nach dem 3 Telefonat sonst nicht mehr kann.

Je nach Tag telefoniert man für unterschiedliche Lottogesellschaften. Das heißt also, dass man an einem Tag immer nur einen einzigen Text runterrasselt und erst dann bei nächsten Mal, an dem man arbeiten kommt einen anderen vor sich liegen hat. Ich kann Euch nicht verheimlichen, dass das manchmal schon recht monoton ist. Irgendwann kann man die Texte auch schon auswendig. Wer unbedingt ständige Abwechslung erwartet, für den ist den ist der Inbound Bereich wohl interessanter.

Call Center Agents sind meiner Meinung nach keine Modeerscheinung, die sich bald wieder gibt, denn Menschen möchten nun mal bei Fragen und Problemen nicht auf ein Band sprechen müssen. Genauso reagieren die meisten Leute nicht auf Angebote, die per Post oder E-Mail kommen. Von Mensch zu Mensch ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel höher, dass der Call Center Agent den Angerufenen von den Vorteilen eines Produktes überzeugen kann.

Wenn man wie ich den Job nur übergangsweise während des Studiums ausübt, ist er super. Man schult seine kommunikativen Fähigkeiten, lernt mit diesem Programm umzugehen und kann sogar noch eine kleine Provision kassieren. Man hat sicher die Möglichkeit zum Teamleiter / zur Teamleiterin aufzusteigen, wenn man erfolgreich telefoniert, doch das ist eher für Teilzeit und Vollzeitkräfte interessant.

Ich vergebe alles in allem 4 Sterne. Einen ziehe ich ab, weil sich im Outbound Bereich doch gern mal etwas Langeweile einschleicht. Eine Empfehlung spreche ich auf alle Fälle aus.

Danke für Eure Lesungen, Bewertungen und Kommentare

Eure böse Maus (Mausimausmaus bei Ciao)

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