Glossen Testbericht

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ab 63,14
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Erfahrungsbericht von YetiChris

Mein geheimes Doppelleben

Pro:

Fun und Spaß

Kontra:

Anstrengend und schlafraubend...

Empfehlung:

Ja

Freitag Mittag, 13:30 Uhr

So, Feierabend! Schnell den Hammer aus der Hand gelegt und sich in Wochenende verabschiedet. 2 Tage Ruhe und Frieden, kein ödes Malochen mehr. Schnell nach Hause - Es gilt Vorbereitungen zu treffen! Denn morgen Abend werde ich Terroristen jagen, Luftkämpfe bestehen, Autorennen gewinnen, meine Gegner gnadenlos zur Strecke bringen. Für alle anderen bin ich bodenständig, realistisch, ein bisschen schüchtern und im großen und ganzen harmlos. Nur wenige Wissen: Ich bin eine erbarmungslose Kampfmaschine - gewannt im Umgang mit sämtlichen Waffensystemen, ein geschickter Taktiker, ein kluger Stratege mit Blei und Benzin im Blut. Niemand ist vor mir sicher!
Ja, es ist wahr. Hinter der Maske eines biederen Familienvaters von knapp 30 versteckt sich einer der größten Helden des Universums! Des virtuellen Universums! Aber das darf außer einem kleinen, handverlesenen Kreis von anderen Helden keiner erfahren. Zusammen retten wir die Welt! Niemand sonst ist dazu in der Lage.

Freitag Nachmittag, 17:30 Uhr

Meine Frau ist überrascht: Ich habe mich insgeheim mit der Schwiegermutter ausgesöhnt und somit für einen Babysitter gesorgt, Kinokarten für sie und ihre beste Freundin (die ich nicht ausstehen kann) besorgt und 2 Übernachtungen in einem schicken Wellness-Hotel für sie gebucht. \"Du stehst so sehr unter Druck, ich wollte, das du mal so richtig ausspannen kannst\". Das Argument zieht. Den leisen Zweifel, was ich denn das Wochenende so machen werde, blocke ich mit dem Hammer \"Ich nutze das Wochenende, um mal den Keller aufzuräumen!\". Meine Angetraute schwört mir ewige Liebe und beginnt leise summend, ihre Tasche für das Wochenende zu packen und auch unsere Tochter versandfertig zu machen.

Freitag Abend, 18:30 Uhr

Die immer noch zweifelnd guckende Schwiegermutter habe ich mit einem großen Blumenstrauß endgültig bestochen - jetzt hat sie sowieso nur noch Augen für ihre Enkeltochter. Auch meine Frau ist inzwischen im Hotel angekommen und hat sich telefonisch schon für das tolle Zimmer bedankt. Schön, ich kann also mit den Vorbereitungen loslegen. Schnell zum benachbarten Supermarkt und den Bestand an Alkoholika auf den richtigen Level gebracht. Wieder zuhause den heimischen Esstisch auf die größtmögliche Fläche erweitert und für ausreichend Sitzgelegenheiten gesorgt. Dann muss noch die wichtigste Waffe gewartet werden: Der Computer. Schnell zu unnötige Dinge wie Steuerdaten, Familienfotos und -filme gelöscht und mit den benötigten Spielen ersetzt. Im Internet nach aktuellen Patches gesucht, und die im Keller versteckte neue High-End Grafikkarte eingebaut. Schön, das es der deutschen Wirtschaft momentan so schlecht geht... so konnte ich die Halbierung des letzten Weihnachtsgelds problemlos erklären. Das Geld wanderte in meine geheime Kasse. Auch ein Superheld ist heute genötigt, seine Geheimen Waffen käuflich zu erwerben, und vom Haushaltskonto geht das natürlich schlecht.

Freitag Abend, 21:00 Uhr

Alles fertig, und schon kommen die ersten Mitstreiter. Schnell laden sie ihre Autos aus, um dann konspirativ um die Ecke zu parken - niemand darf uns zusammen sehen! Schnell ist unser Netzwerk betriebsbereit, während die letzten Nachzügler eintreffen, entbrennt eine Heiße Diskussion um die neusten Errungenschaften der modernen Technik. Wird man damit in der Lage sein, das Böse noch besser zu bekämpfen, oder ist es doch mehr Schein als sein?

Freitag Abend, 21:30 Uhr

Unser Geheimzirkel ist vollständig. Wir einigen uns auf die Strategie: Zunächst werden wir das Böse in der Luft bekämpfen, danach mit PS-strotzenden Boliden die Bewunderung leichtbekleideter Blondinen erlangen und als krönenden Abschluss dem globalen Terror Einhalt gebieten. Alles ist bereit.

Freitag Nacht, 23:00 Uhr

Die Luftschlacht ist beendet. Ich scheine etwas aus der Übung zu sein, den die Ergebnisse meiner Mitstreiter sind durch die Bank besser als meine. Nun gut, Luft ist nicht mein Element. Dafür werden die übrigen jetzt meinen Staub schlucken müssen. Allerdings müssen auch die Stärksten Superhelden Nahrung zu sich nehmen. Bei einem vertrauenswürdigen Pizzaservice wird Verpflegung geordert. Auch das Bier wird langsam knapp, zwei unserer Mitstreiter werden ausgewählt, unauffällig und unter Ausnutzung jeglicher Verschleierungstaktiken an einer Tankstelle für Nachschub zu sorgen.

Samstag Nacht, 0:30 Uhr

Frisch gestärkt und mit gelöschtem Durst beginnen die ersten PS-Duelle. Hat das Bier einen höheren Alkoholgehalt? So viel hab ich doch noch gar nicht getrunken. Oder ist die Steuerung nicht richtig konfiguriert? Ja, das muss es sein! Schnell verändere ich die Einstellungen. Trotzdem scheinen meine Hände schnelle zu sein als mein Gehirn, auf jeden Fall kann ich mich nun gar nicht mehr an die Steuerbefehle erinnern. Warum fahre ich rückwärts? Wo ist die Bremse? Ich wollte doch nach Links, wieso fahre ich jetzt nach rechts? Ahhhh!!! Ein Abgrund!!! Schon wieder verloren! Ich bin nicht gut in Form, und das Programm mag mich sowieso nicht....

Samstag Nacht, 2:00 Uhr

Verdammte Schrotmühlen! Kein einziges Rennen konnte ich für mich entscheiden!. Aber auch egal, den jetzt schlägt die Stunde von Captain Justice, dem Rächer aller Terroropfer. Ein M-16 hat nicht genügend Rums, wo ist der Granatwerfer? Handgranaten brauch ich auch noch. Da sind sie...

Samstag Morgen, 3:30 Uhr

Langsam, nichts überstürzen! Hinter jeder Ecke können sie lauern, diese miesen kleinen Bastarde! Langsam die Tür öffnen. Kein Licht. Nachtsichtgerät. Leer. Nächster Raum. Wieder leer. Da! Eine Bewegung. Blitzschnell ziehe ich meine Pistole und warte auf eine weitere Bewegung... Zielen und schießen sind eine Bewegung - Treffer, er fällt. Allerdings trifft mich ein Schlag ins Genick - heißer Scherz - jetzt ist es aus...
... Aber es ist nur mein Sitznachbar, der mir Handfest zu verstehen gibt, was er davon hält, das ich ihm, meinem Verbündeten, eben das Lebenslicht ausgeblasen habe!

Samstag morgen, 5:30 Uhr

Teamleader, ich bin in Schwierigkeiten, brauche Hilfe, keine Munition mehr, und es wimmelt hier nur so von Feinden... was soll ich tun? Holt mich hier aus! Sie kommen!!! MACHT SCHNELL!!! Ich kann die Stellung nicht länger halten! Helft mir!!! Gleich haben sie mich!!! AHHHHHHHHHHHRRRRGGG.....

Samstag morgen, 8:30 Uhr

Irgendetwas rüttelt mich am Arm... ich schrecke hoch! Ich bin über der Tastatur zusammengesackt und offensichtlich eingeschlafen. Der letzte meiner Mitstreiter verabschiedet sich leise von mir. Die anderen wären schon nach Hause gegangen. Es wäre lustig gewesen, das nächste Treffen würde bei ihm stattfinden.
Leider bin ich nicht schnell genug, um ihn noch zu fragen, ob mein heroischer Einsatz die Welt gerettet hat. Ich werfe einen Blick auf den Bildschirm vor mir. Das Ergebnis des letzten Spiels flimmert vor meinen brennenden Augen. Ich kann es nicht klar erkennen, meine Brille ist mir von der Nase gerutscht. Ich taste auf dem Tisch herum, finde sie und setze sie auf. Ich kann meinen Augen nicht trauen, aber es steht in großen Lettern vor mir: Letzter Platz.....

Samstag Abend 19:00 Uhr

Nach einem Helden - Frühstück (3 doppelte Espresso, kalte Pizza)habe ich die Spuren der nächtlichen Heldentaten beseitigt, die Toilette geputzt, und auch der Keller ist in einem halbwegs vorzeigbaren Zustand. Morgen werde ich den Rest erledigen, noch bevor Frau und Tochter wieder zuhause sind. Immerhin muss die Charade aufrecht erhalten werden. Allerdings beginnt der Espresso, inzwischen seine Wirkung zu verlieren. Ich werde müde, und auch Helden brauchen ihren Schlaf. Das nächste mal werde ich wieder der Beste der Besten sein, das steht fest...

2 Tage Später

Als ich heute von der Arbeit wiederkam, wartete meine Frau schon an der Tür auf mich. Wortlos zog sie mich an den Schreibtisch und zeigte auf den Bildschirm. Wo sich früher die Bilder unserer kleinen Familie tummelten, finden sich jetzt Nackte Frauen, im Ordner der Filme findet sich eine Datei mit dem Namen \"Tabulose Supermöpse in XXL\". Jetzt bin ich wirklich in Erklärungsnot... was soll ich sagen? Ich kann mich nicht erinnern, diese Dateien irgendwo heruntergeladen zu haben. Während ich noch überlege, wird mir klar, das die nächste Gelegenheit, mein wahres, heldenhaftes Ich zu zeigen, in weiter Ferne rückt... So schnell wird meine Frau mich nicht mehr aus den Augen lassen!

Aber ich komme wieder! Die Welt braucht Männer wie mich! Sonst versinkt alles im Chaos, so wie gerade meine Beziehung...

(Dieser Text wurde von mir bereits auf meiner privaten Homepage und anderen Internetseiten veröffentlicht - Copyright verbleibt beim Autor)

28 Bewertungen, 1 Kommentar

  • morla

    14.10.2005, 02:08 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    niedlich geschrieben