Kurzgeschichten Testbericht

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Erfahrungsbericht von Nyaasu

Katzen haben 9 Leben

Pro:

Bescheren Katzen Glück im Undglück und sind Freikarten zum weiterleben

Kontra:

Nach dem 9. ist trotzdem Schluss *schnief*

Empfehlung:

Nein

Diese Geschichte widme ich meiner Puhmelkatze, für die ich alles geben würde - wenn\'s sein müsste, auch mein Leben. Ich hab dich lieb, meine kleine Tigerin!

PS: Pro und Kontra bezieht sich auf die (meiner Meinung nach wahre) These, dass Katzen 9 Leben haben...



„Bin wieder da!“ rief Melissa, als sie die Wohnungstür aufschloss. Gleich kam Bella angelaufen und strich ihr schnurrend um die Beine. „Hallo Süße, wie geht’s dir?“ fragte Melissa die Katze und strich ihr liebevoll über das braungetigerte Fell. „Du hast bestimmt Hunger, was? Ich auch! Lass uns mal kucken, was Ma so alles gekauft hat!“ Gemeinsam gingen sie in die Küche.
Nachdem Bella ein Schälchen Katzenfutter bekommen hatte, schnappte sich Melissa eine Packung Hähnchennuggets aus dem Kühlschrank und riss gierig die Packung auf. „Wie gut, dass man diese Dinger auch kalt essen kann, ich sterbe vor Hunger!“ sagte sie und stopfte sich den ersten Nugget in den Mund. Kaum hatte sie sich an den Küchentisch gesetzt, sprang Bella auf den Stuhl neben ihr und schnupperte an den Nuggets. „Na, na, was soll das denn?“ sagte Melissa gespielt tadelnd, „Du hast da doch was!“ Mit einem Blick auf das unberührte Futter im Napf nahm sie einen Nugget aus der Packung und zerteilte ihn sorgfältig in Katzenmundgerechte Stückchen. „Hast ja recht“, sagte sie, „sonderlich appetitlich sieht das Katzenfutter wirklich nicht aus, ich würd’s auch nicht essen wollen.“
Nachdem Bella vier Nuggets gegessen hatte, putzte sie sich kurz das Gesicht und verschwand dann durch das Kabufffenster, welches extra für sie zu jeder Zeit geöffnet war, nach draußen. „Aha, die Tigerin macht mal wieder einen Revierrundgang“, dachte Melissa ging in ihr Zimmer um noch ein bisschen fernzusehen.
In der Werbepause sah sie auf die Uhr. Verdammt, es war schon Viertel vor drei! Um drei wollte sie sich mit Josy am Bahnhof treffen. Sie das wütende Gesicht ihrer Freundin jetzt schon vor sich: „Verdammt, Lissy, kannst du nicht einmal in deinem Leben pünktlich auftauchen???“. Nach der verhauenen Englischklausur war ein Streit mit ihrer besten Freundin das Letzte, was sie heute gebrauchen konnte! Schnell schlüpfte Melissa in ihren Mantel und stürmte aus dem Haus.
Als sie gerade die Badstraße überqueren wollte, um eine Abkürzung durch den Park zu nehmen, sah sie Bella aus genau diesem park auf sie zulaufen. Wahrscheinlich hatte sie wieder ein paar Streunerkämpfe absolviert.
Gerade wollte Melissa auf die Katze zulaufen, als sie von links ein Auto anbrausen sah. Scheiße, es fuhr direkt auf Bella zu, welche fest davon überzeugt zu sein schien, diesem wagen zu entkommen. „Ein Tierleben zu retten ist wichtig“, hatte Melissas Mutter mal gesagt, „aber stelle es nie über ein Menschenleben!“ Doch Melissa sah ihre geliebte Katze bereits unter den Rädern liegen und warf alle Bedenken über Bord. Sie hetzte auf die Katze zu, packte sie und setzte zum Hechtsprung an. Sie landete zwar nicht auf den Füßen, denn schließlich war sie keine Katze, aber den Schmerz in ihren Knien nahm sie gar nicht wahr, auch nicht das Loch in der Hose, denn das wichtigste war, dass Bella in Sicherheit war.
Der Raser hatte angehalten und schimpfte laut hinter ihr, von wegen, was sie sich denn dachte, es hätte wer weiß was passieren können, und so weiter und so fort. Als er näher kam, sah er jedoch die Katze in ihrem Arm und verstummte.
Mittlerweile hatte sich um Melissa eine kleine Menschentraube angesammelt, doch die registrierte sie kaum. Sie drückte Bella so fest an sich, dass die Katze sich heftig wehrte, aber das war egal, sie würde sie nie wieder loslassen. Zumindest nicht in den nächsten Minuten.
Einer der besorgten Schaulustigen wollte schon den Notarzt anrufen, doch Melissa winkte ab, so schlimm sei es nun auch wieder nicht. Die Katze immer noch fest umklammert machte sie sich auf den Heimweg. Josy hatte sie völlig vergessen...

Am nächsten Tag entschuldigte sich Melissa aufrichtig bei Josy, welche ihr das Nichterscheinen unter den gegebenen Umständen aber nicht übel nahm. „Du und deine Katze“, sagte sie kopfschüttelnd, „du hättest sterben können!“ „Ich weiß“, antwortete Melissa, „aber das wäre mir lieber gewesen als tatenlos mit anzusehen, wie meine Katze überfahren wird.“ „Du hast sie echt gern, was?“ Melissa hätte gern gesagt, dass sie Bella mehr leibte als alles andere auf der Welt, aber sie wusste, dass Josy dann wieder beleidigt sein würde, daher nickte sie nur.

Ein paar Tage später holte Melissa das Treffen mit Josy nach.
Die beiden Mädchen schlenderten vergnügt durch die Stadt, blieben an fast jedem Laden stehen und amüsierten sich königlich über die schrägen Klamotten, die es zu kaufen gab.
Danach wollten sie bei Melissa noch ein Video ansehen.
Als sie in vor Melissas Haus angelangt waren, hörten sie ein klägliches Maunzen. Das Haus wurde gerade renoviert, und ganz oben auf dem Gerüst an der Vorderfront saß Bella und blickte über die Holzplanke nach unten! Wie zum Teufel war sie nur da hoch gekommen?? „Oh Gott, Bella!“ schrie Melissa auf und rannte auf das Gerüst zu. „Hilfe, Hilfe!“, rief sie, „Ist denn hier niemand?“. Doch es war schon zu spät, die Bauarbeiter hatten bereits Feierabend.
„Ich muss sie darunter holen!“ dachte Melissa und sah sich verzweifelt nach einer Leiter um. „Lissy, du willst doch nicht wirklich da hochklettern, oder?“ fragte Josy besorgt, „Das ist doch wahnsinnig!“ „Ich kann sie doch nicht da oben sitzen lassen!“ sagte Melissa und war den Tränen nahe. „Ach was, Lissy, die kommt da bestimmt von alleine runter“, versuchte Josy, ihre beste Freundin zu trösten, doch diese schüttelte nur den Kopf. „Wenn sie alleine da runter kommen würde, würde sie ja nicht maunzen.“ „Lass und lieber die Feuerwehr rufen, die doch auch für so was zuständig!“ sagte Josy und kramte nach ihrem Handy.„Wie ist denn die Nummer der Feuerwehr noch mal, Lissy?“ Keine Antwort. „Lissy???“ rief Josy, Schreckliches ahnend, und sie sollte recht behalten, denn Melissa hatte an die an der Seite des Gerüstes angebrachte Leiter entdeckt und erklomm bereits die wackeligen Sprossen.
„Lissy, oh mein Gott, lass das!!!“ schrie Josy verzweifelt, doch Melissa dachte nicht daran, ihre Süße da oben im Stich zu lassen.
Die Leiter hörte und hörte nicht auf, und als Melissa endlich oben ankam, schienen schon Stunden vergangen zu sein. Bella kam freudig schnurrend auf sie zu. „Ach Süße, was bin ich froh, dass es dir gut geht!“, rief Melissa erleichtert und ließ sich völlig erschöpft auf Holzplanke nieder. „Bloß nicht runtersehen!“ sagte ihr ihr Verstand, denn mit wackeligen Gerüsten war nicht zu spaßen!
„Na komm, wir gehen wieder runter!“ sagte Melissa, stand auf und wollte gerade Bella auf den Arm nehmen, als ihr schwindelig wurde. Sie verlor das Gleichgewicht und wollte sich gerade noch an einer der Gerüststangen festhalten, doch es war zu spät - wie ein Stein fiel sie nach unten und blieb bewegungslos auf dem Boden liegen. Den Aufschrei Josys bekam sie schon längst nicht mehr mit...

„Wo bin ich hier?“ Melissa sah sich um. Alles war schwarz, und sie spürte keinen Boden unter den Füßen. Sie tastete mit ihren Händen nach etwas Greifbarem, doch da war nichts. „Bin ich tot? Kann das denn sein?“
Plötzlich erschienen in der Dunkelheit zwei leuchtende grüne Augen. „Du bist nicht tot“, sagte eine beruhigende Frauenstimme, die Melissa unbekannt, aber trotzdem vertraut vorkam. „Denn ich werde nun meine Schuld begleichen.“. „Wer bist du?“ fragte Melissa irritiert, „Und wieso schuldest du mir etwas?“ „Das ist nicht wichtig“, sagte die Stimme. „Mein Leben für deins. ... Mein Leben für deins ... Mein Leben für deins... eben für deins... deins.... „
Die Stimme und die Augen verblassten immer mehr, und die Dunkelheit lichtete sich. Als Melissa die Augen aufschlug, blickte sie in das Gesicht ihrer Mutter. Sie wollte etwas sagen, doch ihre Mutter legte ihr den Finger auf die Lippen. „Sprich nicht“, sagte sie unter Tränen, „du musst doch noch ausruhen.“ „Bella...“ brachte Melissa krächzend hervor. „Es geht ihr gut“, beruhigte sie ihre Mutter, „sie war durch ein offenes Dachbodenfester auf das Gerüst gekommen und auf diesem Wege auch ganz leicht wieder zurück. Irgendwer hat die Hoftür aufgelassen, dadurch ist sie wohl ins Treppenhaus und von da aus auf den Dachboden gelangt. Dein Hochseilakt wäre also gar nicht nötig gewesen.“ Sie nahm die Hand ihrer Tochter und drückte sie fest. „Mein dummes, kleines Mädchen“, flüsterte sie, „was hast du dir nur dabei gedacht? Liebst du diese Katze so sehr?“ Melissa nickte nur, dann glitt sie in einen ruhigen Schlaf über.

„Und, wie geht es unserer Patientin heute?“ fragte der Chefarzt ein paar Tage später bei der Visite. „Sehr gut“, antwortete Melissa strahlend, „wann darf ich wieder nach Hause?“ „Na, na, immer langsam mit die jungen Pferde!“, sagte der Arzt lachend, „Dir geht es zwar besser, aber nach einem so schweren Unfall solltest du nicht zu übermütig sein. Es kommt nicht oft vor, dass Menschen einen Sturz aus dem fünften Stock überleben.“ „Ich weiß, und ich bin auch sehr froh darüber, dass es uns beiden gut geht“, pflichtete Melissa ihm bei. „Uns beiden?“ Der Arzt überlegte kurz. „Ach so, dir und deiner Katze!“ Er grinste. „Na, bei diesem vierbeinigen Früchtchen solltest du dich erst mal bedanken, wenn du wieder zu Hause bist“, meinte er ironisch, doch Melissa nickte nur ernst.
Ja, bedanken auf jeden Fall, denn sie hatte verstanden, was das „Mein Leben für deins“ zu bedeuten hatte. Katzen haben neun Leben, heißt es, und egal, wie viele Bella davon noch übrig hatte, war es jetzt auf jeden Fall eines weniger...


Jaaaa, die Geschichte ist ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, aber ich weiß, dass ich an Melissas Stelle genauso gehandelt hätte!
Das mit \"offener Hoftür - Treppenhaus - Dachboden - Dach\" beruht allerdings auf wahren Begebenheiten, das hat meine Puhmelkatze nämlich auch schon mal geschafft, allerdings stand da glücklichweise kein Gerüst...

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