Audi A6 Testbericht

Eine Weile hat es gedauert, doch letztendlich ist meine Kaufentscheidung zugunsten des neuen A6 3.0TDI Quattro gefallen. Da ich keine Lust auf ein Eskalationsprodukt hatte (Mercedes E-Klasse W211) und mich nicht ständig schämen wollte (BMW 5er E60), war die Entscheidungsfindung eigentlich leicht - aber wie das so ist mit ganz neuen Modellen, ein gewisses Misstrauen ist angebracht.

Eine mehrtägige Probefahrt mit dem 3.0TDI hat mich von diesem Auto so überzeugt, dass die Unterschrift auf dem Kaufvertrag mehr oder weniger eine Formsache war.

Mittlerweile stehen exakt 1.000km auf dem Tacho, was zumindest eine grobe Einschätzung der Qualitäten des Audi zulassen dürfte.

Im Vergleich zum Vorgänger fällt die verbesserte Geräuschdämmung ins \"Ohr\", insbesondere im Vergleich zum alten 2.5TDI, der deutlich lauter zu vernehmen war. Das Klangbild hat sich vom dauernd näselnden und manchmal nervenden Ton zu einem satten Grollen verändert, das bei höheren Drehzahlen beinahe aggressiv klingt. Die Motorleistung von nunmehr 165kW (225PS) habe ich bislang aus Rücksichtnahme auf die geringe Laufleistung nur vorsichtig gefordert, sie beeindruckt aber auch mit Halbgas in jeder Lebenslage. Meine Befürchtungen, den Verbrauch in Regionen um 10 Liter/100km zu treiben, haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. Bei verhaltener Fahrweise fliessen im Durchschnitt 7,8 Liter durch die Einspritzdüsen, was in Anbetracht des Gewichts von über 1,8 Tonnen sowie des kräftezehrenden Allradantriebs nicht zuviel ist. Ich gehe davon aus, dass der Verbrauch nach einigen tausend Kilometern weiter zurückgeht, da die Motorelektronik dann die durchschnittlich eingespritzte Kraftstoffmenge reduziert. Laut Aussage von Audi kann das durchaus einen Liter weniger auf 100km bedeuten. Was die erreichbare Höchstgeschwindigkeit angeht, war ich von dem zur Probe bereit gestellten A6 mehr als überrascht - die Tachonadel bewegte sich bei Vollgas ein gutes Stück über die 260km/h-Markierung hinaus.

Kommen wir nun mal zur Ausstattung. Gegen Geld ist ja bekanntlich alles möglich, und Geld ist kein Nachteil, wenn man sich den A6 konfiguriert. Einige obligatorische Extras wie \"Acoustic Parking\" an Front und Heck, Sportsitze, mitlenkende Xenon-Scheinwerfer, Airbags im Fond, Multifunktionslenkrad, Telefonvorrüstung mit Bluetooth und das Gepäckraumpaket mit Netz lassen sich prima ergänzen durch \"Luxus-Extras\" wie Leder, elektrische Sitzverstellung, elektrisch verstellbares Lenkrad mit Einstiegsautomatik (wichtig bei langen Beinen in Verbindung mit Sportsitzen!), Schiebedach, MMI + DVD-Navigation, CD-Wechsler, Lichtpaket, Holzeinlagen und wer weiss, was noch alles. Audi bietet hier eine Fülle von teilweise recht teuren Möglichkeiten, die den Fahrzeugpreis schnell auf über 60.000,-- Euro treiben.

Die Verarbeitung ist sehr hochwertig, die Haptik der Materialien entspricht dem Klassenstandard - sie ist auditypisch sogar einen Tick besser als die von Mercedes und vor allem BMW. Die Sitze sind sehr bequem, lassen sich aber nicht weit genug nach unten verstellen, was bei der Option Schiebedach zumindest bei mir für eine recht begrenzte Kopffreiheit sorgt. Zudem verdeckt der Lenkradkranz die oberen Warnleuchten, so dass z.B. der Blinker nur noch akustisch wahrnehmbar ist . Bei meinem alten Benz war das durch die schiere Grösse des Lenkrads unmöglich...
Die Platzverhältnisse sind zwar grosszügig, aber nicht üppiger als beispielsweise bei der alten E-Klasse (W210). Der Kofferraum indes ist unglaublich tief - selbst ich mit meinen 1,93m kann nicht an die Rückbank heranreichen. Leider ist die Kofferraumöffnung nicht sehr gross, was beim Transport von sperrigen Gütern problematisch sein dürfte. Die umklappbare Rückbank schafft im Zweifel eine satte Liegefläche...

Über die Optik des A6 wurde schon viel geschrieben. Mir persönlich gefällt die Front sehr gut, und die Reaktionen von Kollegen und Freunden waren bislang durchweg positiv. Der A6 ist ein Statement, entweder man mag ihn oder eben nicht. Als Lackierung empfehle ich atlasgrau metallic - auf dieser Farbe ist Strassenschmutz schlicht unsichtbar. Wer sich an silber satt gesehen hat, findet hier eine schöne Alternative.

Das interessanteste Thema habe ich bis zum Schluss aufgehoben: MMI. Wer die Threads zum 5er BMW und dem i-Drive-Bediensystem gelesen hat, trifft auf sehr unterschiedliche Meinungen über die Praktikabilität. Im direkten Vergleich gefällt mir das MMI-System deutlich besser, da viele Funktionen durch Tastendruck aufrufbar sind und kein Menüblättern erfordern. Schon nach wenigen Tagen war mir die Tastenbelegung auf dem Mitteltunnel in Fleisch und Blut übergegangen, so dass das System jetzt blind bedienbar ist.
Das Navigationssystem auf DVD-Basis rechnet unglaublich schnell, gibt präzise (wenn auch nicht immer richtige) Fahranweisungen und reagiert schnell auf Verkehrsmeldungen, die auch direkt im Display im Volltext anzeigbar sind. Die Radio- und CD-Wechsler-Bedienung funktionieren intuitiv, hier und auch bei der Telefonbedienung leistet das Multifunktionslenkrad gute Dienste, da viele Funktionen ansteuerbar sind, ohne die Hände vom Lenkrad zu nehmen. Die Bluetooth-Freisprecheinrichtung erlaubt es, das Telefon in der Tasche zu lassen. Eine dingliche Verbindung mit der Handyschale ist sinnvoll, um das Telefon zu laden und die Strahlung im Innenraum zu begrenzen. Bei Kurzstrecken lasse ich es allerdings gern am Gürtel.

Für Technikfreaks bietet der A6 im Car-Setup-Menu weitere Einstellmöglichkeiten. Hier können z.B. die Tonhöhe und Lautstärke des Acoustic Parking getrennt für vorn und hinten eingestellt werden (was sinnvoll ist, um nicht durcheinander zu kommen...), bei vorhandenem Sitzmemory lässt sich der Beifahrersitz fernsteuern, der Softwarestand lässt sich auslesen und einiges mehr. Jeder Bedienblock (Radio, Navigation, Telefon, Setup) hat seine eigene Textfarbe, was die Orientierung erleichtert. Insgesamt ist das System doch ziemlich narrensicher und ohne Studium des 420 Seiten starken Handbuchs bedienbar.

Ich bin bislang mit dem A6 sehr zufrieden, freue mich über den kräftigen Motor und das souveräne Fahrgefühl, spare beim Tanken und zahle bis Ende 2005 keine Steuern. Ich hoffe, von Kinderkrankheiten verschont zu bleiben...